Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.81/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_81/2012

Urteil vom 26. Oktober 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Barmettler,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kantonsgericht des Kantons Schwyz,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
einfache Gesellschaft; unentgeltliche Prozessführung,

Verfassungsbeschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts des Kantons
Schwyz vom 16. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
A.________ (Mieterin) mietete seit 1999 eine 4 ½-Zimmerwohnung an der
X.________strasse in Y.________, in der sie mit ihrer Tochter wohnte. Im März
2003 zog B.________ (Konkubinatspartner) in diese Wohnung ein, in der er mit
der Mieterin bis Ende März 2008 in einem Konkubinatsverhältnis lebte. Danach
zog er aus der Wohnung aus. Vor der Beendigung des Konkubinats und für den
Monat April 2008 bezahlte er der Mieterin als Beitrag an die Mietkosten
monatlich Fr. 1'600.--.

B.
Nach erfolgloser Sühneverhandlung klagte die Mieterin (Klägerin) am 24.
November 2008 beim Bezirksgericht Schwyz gegen den Konkubinatspartner
(Beklagter). Mit ihrer Klagebegründung vom 25. Februar 2009 stellte sie die
Begehren, den Beklagten zu verpflichten, ihr den Mietzinskostenanteil von Fr.
1'600.-- für die Monate Mai bis und mit September 2008 und Fr. 5'000.-- für
Renovations- und Instandstellungsarbeiten in der Ferienwohnung des Beklagten
zuzüglich Zins zu bezahlen.

Das Bezirksgericht wies die Klage mit Urteil vom 21. Oktober 2009 ab.
Die Klägerin focht dieses Urteil beim Kantonsgericht des Kantons Schwyz an und
stellte ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Das
Kantonsgericht wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 16. Juli 2012 ab und setzte
der Klägerin eine Frist zur Zahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.--.

C.
Die Klägerin (Beschwerdeführerin) erhebt Verfassungsbeschwerde mit den
Anträgen, die Verfügung des Kantonsgerichts vom 16. Januar 2012 aufzuheben und
dieses anzuweisen, ihr im kantonalen Berufungsverfahren die unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.

Auf Antrag der Beschwerdeführerin wurde der Beschwerde mit Präsidialverfügung
vom 26. September 2012 die aufschiebende Wirkung erteilt. Die
Beschwerdeführerin stellte zudem das Gesuch, es sei ihr für das
bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
zu bewilligen.

Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann mit dem Entscheid in der
Sache entschieden werden, da es mit der Verfassungsbeschwerde verbunden war und
keine weiteren Vorkehren des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin
erforderlich waren (Urteile 2D_3/2011 vom 20. April 2011 E. 2.4; 4A_20/2011 vom
11. April 2011 E. 7.2.2).

2.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf eine
Beschwerde einzutreten ist (BGE 131 II 58 E. 1 S. 60; 130 I 312 E. 1 S. 317;
130 II 65 E. 1 S. 67, je mit Hinweisen).

2.1 Die angefochtene Verfügung schliesst das Klageverfahren nicht ab und ist
daher ein selbständig eröffneter Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Gegen solche Entscheide ist die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 117 i.V.m. Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG). Diese Voraussetzung ist gegeben, weil die Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung und die Aufforderung zur
Leistung eines Kostenvorschusses einen solchen Nachteil bewirkt, wenn im
Säumnisfall auf das Rechtsmittel nicht eingetreten wird (Urteil 4A_100/2009 vom
15. September 2009 E. 1.3, mit Hinweisen).

2.2 Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137
III 380 E. 1.1 S. 382; 133 III 645 E. 2.2). Bei dieser handelt es sich um eine
Zivilsache, welche den für Beschwerden in Zivilsachen erforderlichen Streitwert
von Fr. 30'000.-- nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), weshalb die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig ist (Art. 113 BGG). Da auch die
übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verfassungsbeschwerde
grundsätzlich einzutreten.

2.3 Mit Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Bei solchen Rechten gilt das Rügeprinzip
(Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Demnach untersucht das Bundesgericht den
angefochtenen Entscheid nicht von sich aus umfassend auf seine
Verfassungsmässigkeit, sondern beschränkt sich auf die Prüfung der in der
Beschwerde rechtsgenüglich vorgebrachten Rügen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397 mit
Hinweis). Diese müssen anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar
und detailliert aufzeigen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden
sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1 S. 234; 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.; je mit
Hinweisen).

3.
3.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte
notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Nach der Rechtsprechung sind Begehren aussichtslos, bei denen die
Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren. Dagegen
gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und
Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als
diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel
verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde
(BGE 129 I 129 E. 2.3.1). Ob dies zutrifft, ist gestützt auf eine summarische
Prüfung nach den Verhältnissen zur Zeit der Gesuchstellung zu beurteilen (BGE
133 III 614 E. 5; 129 I 129 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Diese Beurteilung prüft
das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht mit freier Kognition (BGE 129 I 129
E. 2.3.1).

3.2 Die Vorinstanz erwog, gestützt auf eine summarische Prüfung sei das
kantonale Rechtsmittel der Beschwerdeführerin aussichtslos. Diese habe mit dem
Konkubinatspartner zur Deckung der gemeinsamen Lebensbedürfnisse zwar eine
einfache Gesellschaft gebildet. Deren Zweck habe jedoch den Mietkostenanteil
des Konkubinatspartners nicht erfasst, da die gemeinsam bewohnte Wohnung von
der Beschwerdeführerin allein gemietet worden sei und sie nicht habe nachweisen
können, dass sie die Wohnung ohne den Mietkostenbeitrag des Konkubinatspartners
habe verlassen müssen. Dieser Beitrag sei deshalb nicht bis zur nächstmöglichen
Auflösung des Konkubinatsverhältnisses per Ende September 2008 geschuldet. Die
Beschwerdeführerin berufe sich neu auch auf ein Untermietverhältnis. Ein
solches werde jedoch gemäss der Lehre mit der Aufnahme eines Lebenspartners in
eine Wohnung auch dann nicht begründet, wenn sich dieser an den Mietkosten
beteilige. Dies habe auch vorliegend zu gelten. Das Vorbringen bezüglich der
Untermiete sei ohnehin ein unzulässiges Novum gewesen. Die Beschwerdeführerin
könne für die von ihr erbrachten Renovationsarbeiten kein Entgelt verlangen, da
diese nicht der Zweckverfolgung der einfachen Gesellschaft gedient hätten und
die Beschwerdeführerin weder einen Arbeits- noch einen Werkvertrag hätte
nachweisen können.

3.3 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe Art. 29 Abs. 3 BV
verletzt. Sie habe mit ihrem Aufschub der Beurteilung der Erfolgsaussichten von
über zwei Jahren den Grundsatz missachtet, wonach für die Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege die Erfolgsaussichten im Zeitpunkt der Einreichung
des Gesuchs massgebend sind. Bestehe die Aussicht, dass sich der bisherige
Prozessstandpunkt der Gesuchstellerin im weiteren Verfahren erhärten lassen
könne, dürfe nicht von Aussichtslosigkeit ausgegangen werden.
Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch nicht auf, inwiefern sie bei der
Einreichung des Gesuchs habe davon ausgehen dürfen, ihr Standpunkt lasse sich
im kantonalen Rechtsmittelverfahren, z.B. durch neue Beweise, noch erhärten,
weshalb insoweit eine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV zu verneinen ist.

3.4 Sodann wendet die Beschwerdeführerin dem Sinne nach ein, der
Konkubinatspartner habe gemäss der Klagebeilage 3 im Telefonbuch für sich die
Telefonnummer der Beschwerdeführerin und als Wohnadresse die X.________strasse,
in Y.________ angegeben. Die Vorinstanz habe daher zu Unrecht angenommen, das
Zusammenwohnen mit der Beschwerdeführerin mit Mietkostenbeitrag sei vom Zweck
der einfachen Gesellschaft nicht erfasst gewesen.
3.4.1 Beim Zusammenleben von zwei Personen muss in jedem einzelnen Fall näher
geprüft werden, ob und inwieweit die konkreten Umstände die Anwendung der
Regeln über die einfache Gesellschaft erlauben. Auf die wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Konkubinatspartnern ist jedoch Gesellschaftsrecht nur
insoweit anwendbar, als ein Bezug zur Gemeinschaft gegeben ist (BGE 108 II 204
E. 4a S. 208). Bezüglich der Auflösung ist zu beachten, dass den Beteiligten
jederzeit und unentziehbar das Recht zusteht, das Konkubinat zu beenden (BGE
108 II 204 E. 3a S. 207). Das jederzeitige Beendigungsrecht schliesst jedoch
nicht aus, dass im Rahmen der Liquidation der einfachen Gesellschaft Verträge,
die mit Bezug zur Gemeinschaft abgeschlossen wurden, noch beendet werden müssen
(vgl. BGE 108 II 204 E. 4b S. 209).
3.4.2 Die Beschwerdeführerin war bereits vor dem Konkubinat alleinige Mieterin
der mit dem Konkubinatspartner bewohnten Wohnung, welche sie auch nach
Beendigung des Konkubinats nicht verliess. Demnach wurde dieser Mietvertrag -
unabhängig davon, dass der Konkubinatspartner in der gemieteten Wohnung wohnte
- nicht mit Bezug auf die Gemeinschaft abgeschlossen, weshalb deren Liquidation
diesen Vertrag nicht erfasst.
3.4.3 Die materiellen Erwägungen der Vorinstanz zum Fehlen eines
Untermietvertrages werden von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet. Sie
kritisiert lediglich, die prozessuale Erwägung, wonach die Behauptung der
Untermiete ohnehin als unzulässiges Novum nicht zu hören sei. Dieser
Eventualerwägung kommt jedoch keine entscheiderhebliche Bedeutung zu. Die
Beschwerdeführerin äussert sich auch nicht zur vorinstanzlichen Beurteilung der
Erfolgsausichten der Forderung auf Entschädigung für Renovationsarbeiten.
3.4.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass eine unzutreffende Beurteilung der
Erfolgsaussichten - soweit sie überhaupt rechtsgenüglich gerügt wurde - zu
verneinen ist und damit insoweit Art. 29 Abs. 3 BV nicht verletzt wurde.

4.
4.1 Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz hätte gemäss
dem verfassungsmässig Gebotenen unverzüglich über das Armenrechtsgesuch
entscheiden sollen. Indem sie zuvor eine Berufungsantwort eingeholt habe, habe
sie für die Beschwerdeführerin unnütze Kosten verursacht.

4.2 Auf diese Rüge ist nicht einzutreten, da sich die angefochtene Verfügung
nicht zur Tragung der Parteikosten äussert (vgl. dazu die Urteile 1P.345/2004
vom 1. Oktober 2004 E. 4.3; 5P.16/2002 vom 1. März 2002, E. 3).

5.
5.1 Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe mit der
summarischen Begründung der angeblichen Aussichtslosigkeit das materielle
Urteil bereits vorweggenommen und damit die Fortsetzung des Verfahrens mit
einer Anfechtung des Urteils vor Bundesgericht verhindert.

5.2 Diese Argumentation geht fehl, da gemäss den vorstehenden Erwägungen eine
Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege zu verneinen ist und
die Beschwerdeführerin daher ohne Bezahlung des Kostenvorschusses keinen
Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens hat.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Da diese von vornherein aussichtslos war, kann dem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren nicht
entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Gerichtskosten sind somit
der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Kantonsgericht des Kantons
Schwyz schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Oktober 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Gelzer