Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.79/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_79/2012

Urteil vom 4. Dezember 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Reitze.

Verfahrensbeteiligte
X.________ SA,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Fluri,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Wydler,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Zuständigkeit,

Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau
vom 18. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Y.________ (Kläger, Beschwerdegegner) arbeitete bei der X.________ SA
(Beklagte, Beschwerdeführerin) als externer Verkaufsberater.
Mit Klagebewilligung vom 14. Dezember 2011 erhob Y.________ am 28. Dezember
2011 beim Bezirksgericht Arbon Klage gegen die X.________ SA und machte eine
Lohnforderung von Fr. 6'161.85 brutto geltend.
Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Arbon trat mit Entscheid vom 3. März/ 5.
April 2012 auf die Klage wegen Unzuständigkeit nicht ein. Er erwog, gemäss
Schiedsklausel im Arbeitsvertrag sei ein Schiedsgericht in Lausanne zuständig.
Diese Klausel sei zulässig. Die Beschwerdeführerin habe sich nicht vorbehaltlos
auf die Klage eingelassen, sondern habe schon im Vermittlungsverfahren die
örtliche Zuständigkeit bestritten.
Dagegen erhob der Beschwerdegegner Beschwerde an das Obergericht des Kantons
Thurgau. Dieses hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 18. Juni 2012 gut und
wies die Sache zur materiellen Beurteilung an das Bezirksgericht zurück. Es
befand, die Beschwerdeführerin habe sich vor dem Bezirksgericht auf die Sache
eingelassen, indem sie dem Gericht am 31. Januar 2012 ein Zwischenzeugnis, ein
Arbeitszeugnis und das Personalreglement, mithin Beweismittel, eingereicht
habe. Jedenfalls habe sie sich spätestens dann eingelassen, als sie
unaufgefordert am 17. Februar 2012 die Beweismittel mit einem "Rapport" ergänzt
habe, in dem sie den Sachverhalt dargestellt und damit Ausführungen zum
Sachverhalt aus ihrer Sicht gemacht und sich zur Sache geäussert habe.

B.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit "Beschwerde in Zivilsachen", den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 18. Juni 2012 aufzuheben.
Der Beschwerdegegner und die Vorinstanz beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin reichte unaufgefordert eine Replik ein. Der
Beschwerdegegner verzichtete auf Gegenbemerkungen.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1 S. 147; 136 II 101 E. 1 S. 103,
470 E. 1 S. 472).

1.2 Im angefochtenen Entscheid wird die Zuständigkeit des angerufenen
staatlichen Gerichts bejaht und daher die Sache zur materiellen Beurteilung an
das Bezirksgericht Arbon zurückgewiesen. Die Vorinstanz entschied auf
kantonaler Ebene endgültig über die Zuständigkeit. Der angefochtene Entscheid
stellt demnach einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über die
Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 Abs. 1 BGG dar, gegen den die Beschwerde
zulässig ist.

1.3 Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Vor- und
Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel
anzufechten (BGE 134 V 138 E. 3 S. 144; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.).
Vorliegend beträgt der Streitwert der Hauptsache Fr. 6'161.85. Die für die
Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen in arbeitsrechtlichen Fällen
geltende Grenze von Fr. 15'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) ist demnach nicht
erreicht. Die Beschwerdeführerin macht auch nicht geltend, es stelle sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG. Da die Beschwerde in Zivilsachen in der Hauptsache nicht zulässig ist,
scheidet diese auch gegen den vorliegenden Zwischenentscheid aus. Die erhobene
Beschwerde ist als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen (Art. 113
BGG).

2.
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Die Verletzung dieser
Rechte kann das Bundesgericht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 117 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; 134 II 244 E. 2.2 S.
246). Der Beschwerdeführer muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darlegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt
worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 133 III 589 E. 2 S. 591 f.).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe mit ihrer Annahme,
dass sich die Beschwerdeführerin auf das staatliche Verfahren eingelassen habe,
Art. 17 und Art. 61 ZPO verletzt. Sie beanstandet damit lediglich die
Verletzung von einfachem Bundesgesetzesrecht. Die Verletzung eines
verfassungsmässigen Rechts, wie etwa des Willkürverbots, rügt und begründet sie
nicht. Sie erhebt damit keine zulässigen Beschwerdegründe, weshalb auf die
Beschwerde auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten werden
kann.
Damit kann offen bleiben, ob auf die Beschwerde auch mangels rechtsgenüglichen
Antrags nicht einzutreten wäre, nachdem die Beschwerdeführerin lediglich die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids beantragt (vgl. BGE 134 III 379 E. 1.3
S. 383 mit Hinweis).

3.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Der Rechtsvertreter des
Beschwerdegegners reichte eine Honorarnote über Fr. 2'028.80 (inkl. MWST) ein.
Angesichts des tiefen Streitwerts und der geringen Schwierigkeit des Falles,
der mit einem Nichteintreten erledigt wird, rechtfertigt sich indessen
praxisgemäss eine Parteientschädigung von lediglich Fr. 1'000.--.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Dezember 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Die Gerichtsschreiberin: Reitze