Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.49/2012
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2012
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_49/2012

Urteil vom 12. September 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Studer,
2. Amt für Wirtschaft und Arbeit
Öffentliche Arbeitslosenkasse,
Untere Sternengasse 2, 4509 Solothurn,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arbeitsleistung und Kompensation,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht,
2. Kammer,
vom 4. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Y.________ (Beschwerdegegner 1) arbeitete ab dem 29. September 2008 im Betrieb
von X.________ (Beschwerdeführer). Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis am 15.
Juni 2009 auf den 31. Juli 2009 und stellte den Beschwerdegegner 1 per sofort
frei.

B.
Mit Teilklage vom 6. Oktober 2009 beantragte der Beschwerdegegner 1 dem
Arbeitsgericht Brugg, den Beschwerdeführer zu verpflichten, ihm Fr. 19'900.--
nebst Zins zu bezahlen und ein Arbeitszeugnis auszustellen. Dem Verfahren trat
die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn (Beschwerdegegnerin 2)
bei. Sie verlangte, ihr zufolge Subrogation vom eingeklagten Betrag Fr.
6'109.70 direkt zuzusprechen. Das Arbeitsgericht hiess die Klage am 12. August
2010 teilweise gut und verpflichtete den Beschwerdeführer, dem Beschwerdegegner
1 Fr. 17'185.90 nebst Zins zu bezahlen und ihm ein Arbeitszeugnis bestimmten
Inhalts auszustellen. Das Begehren der Arbeitslosenkasse wies es ab. Gegen
dieses Urteil appellierte der Beschwerdeführer, im Wesentlichen mit dem Antrag,
dem Beschwerdegegner 1 lediglich Fr. 4'502.65 brutto zu bezahlen. Das
Obergericht des Kantons Aargau wies die Appellation am 4. April 2012 ab.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen
die Aufhebung des Urteils des Obergerichts und die Rückweisung der Sache zur
Vervollständigung des Sachverhalts in Bezug auf Arbeitsleistung und auf
Kompensation von Überstunden und/oder Freizeit während der Freistellungszeit
durch den Kläger. Ferner sei das Obergericht anzuweisen, danach die Klage
abzuweisen. Der Beschwerdegegner 1 schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegnerin 2 hat sich nicht
vernehmen lassen. Das Obergericht hat auf Stellungnahme verzichtet. Der
Beschwerdeführer hat eine Replik, der Beschwerdegegner 1 eine Duplik
eingereicht.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG bestimmt sich der Streitwert bei Beschwerden
gegen Endentscheide nach dem Begehren, die vor der Vorinstanz streitig
geblieben waren. Dies verkennt der Beschwerdeführer, wenn er unter Berufung auf
das erstinstanzliche Urteil, mit welchem dem Beschwerdegegner 1 Fr. 17'185.90
nebst Zins zugesprochen wurde, behauptet, der Streitwert von Fr. 15'000.--
gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG werde für die zu beurteilende
arbeitsrechtliche Streitigkeit erreicht. Er lässt dabei ausser Acht, dass er
sich in seinem Rechtsbegehren vor der Vorinstanz bereit erklärt hat, Fr.
4'502.65 zu bezahlen, womit im Appellationsverfahren einzig noch der Betrag von
Fr. 12'683.25 im Streite lag, wie die Vorinstanz angab. Damit wird die
Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- nicht erreicht.

1.1 Der Beschwerdeführer macht allerdings geltend, das Bundesgericht habe sich
zur Frage der Kompensation von Überstunden während der Freistellungszeit bisher
nicht geäussert. Sollte er damit sinngemäss geltend machen wollen, es stelle
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, womit die Beschwerde in
Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig wäre (Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG), genügen seine Vorbringen den Anforderungen an die Begründung, weshalb der
Frage grundsätzliche Bedeutung zukommen sollte (Art. 42 Abs. 2 zweiter Satz
BGG), nicht. Er zeigt nicht auf, dass sich die aufgeworfene Frage durch die
Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Fall nicht
beantworten liesse (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III 115 E. 1.2 S. 117).
Vielmehr zieht er selbst die Rechtsprechung zur Frage der Verrechnung nicht
bezogener Ferien mit Freistellungszeit (BGE 128 III 271 E. 4) heran. Zwar
erwähnt er, die Erwägung des Bundesgerichts zum Zweck der Ferien (Erholung)
treffe nur teilweise auf die Abgeltung der Überstunden durch Freizeit zu. Er
beruft sich aber selbst auf Art. 24 Abs. 4 GAV Metzgergewerbe, wonach die
Kompensation der Überstunden durch Freizeit von gleicher Dauer nur dann der
Bezahlung zu weichen habe, wenn die Kompensation nicht möglich sei. Damit
stellt er selbst die Analogie zur Abgeltungsregel betreffend Ferien (Art. 329d
Abs. 2 OR) her. Er selbst gewinnt die Lösung durch Anwendung der Rechtsprechung
auf den Einzelfall und zeigt nicht auf, dass eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung zur Debatte steht.

1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen steht damit nicht offen. Zu prüfen bleibt, ob
die Beschwerde als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden
kann (Art. 113 BGG). Mit dieser kann allerdings nur die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht
prüft demnach grundsätzlich nicht, ob die Vorinstanz Bundesrecht korrekt
angewendet hat. Zulässig ist allerdings der Vorwurf, die Rechtsanwendung
verletzte das Willkürverbot nach Art. 9 BV. Der Beschwerdeführer muss aber
angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde und substanziiert
darlegen, worin die Verletzung besteht (BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 133 III
439 E. 3.2 S. 444 mit Hinweis). Das Bundesgericht kann die Verletzung eines
verfassungsmässigen Rechts nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art.
106 Abs. 2 BGG).

1.3 Eine derartige Rüge findet sich jedoch in der Beschwerdeschrift nicht.
1.3.1 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon
dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die
Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Eine Aufhebung
rechtfertigt sich nur dann, wenn der Entscheid auch im Ergebnis
verfassungswidrig ist (BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9;
je mit Hinweisen).
1.3.2 Der Beschwerdeführer vertritt im Wesentlichen die Meinung, analog zur
Ferienkompensation seien zufolge der erwähnten GAV-Regel Überstunden auch ohne
klare Anweisung des Arbeitgebers mit der durch die Freistellung gewonnenen
Freizeit auszugleichen. Damit nennt der Beschwerdeführer Umstände, die seine
Rechtsauffassung stützen sollen. Dies genügt indessen nicht, um die davon
abweichende Auffassung der Vorinstanz als offensichtlich unhaltbar auszuweisen.
Ebenso wenig legt er dar, dass die Vorinstanz bei der Feststellung des
Sachverhalts in Willkür verfallen wäre. Unter diesen Umständen kommt eine
Konversion des Rechtsmittels nicht in Frage.

2.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dieser
Verfahrensausgang führt zur Kosten- und Entschädigungspflicht des
Beschwerdeführers (Art. 65 Abs. 4 lit. c, Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner 1 für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. September 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak