Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.8/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_8/2012

Urteil vom 12. April 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

Verfahrensbeteiligte
G.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Steiner,
Beschwerdeführer,

gegen

1. X.________ Versicherung AG,
2. X.________ Kranken-Versicherung AG,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Versicherungsvertrag; Kostenregelung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, II.
Zivilkammer, vom 24. Oktober 2011.

Sachverhalt:

A.
Am 9. Dezember 2001 verunfallte H.________ (Geschädigter) im Restaurant
Y.________ an der Z.________gasse in Q.________. Er ist bei der X.________
Versicherung AG (Beschwerdegegnerin 1) nach dem Versicherungsvertragsgesetz vom
2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1) und bei der X.________ Kranken-Versicherung
AG (Beschwerdegegnerin 2) nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die
Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) gegen Unfall versichert. Er meldete der
X.________ den Unfall am 19. Dezember 2001 und trat ihr gleichzeitig seine
allfälligen Haftpflichtansprüche ab. In der Folge erbrachte diese Leistungen
von Fr. 94'129.10 (VVG-Ansprüche) und von Fr. 29'735.35 (KVG-Ansprüche).

G.________ (Beschwerdeführer) ist Miteigentümer zur Hälfte an der Liegenschaft
Z.________gasse in Q.________. Die Versicherungen und der Beschwerdeführer
konnten sich nicht darüber einigen, wer die Kosten der Heilbehandlung zu tragen
habe.

B.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten dem Bezirksgericht Maloja mit Klage vom
28./29. August 2007, der Beschwerdeführer sei zu verpflichten, ihnen die
Beträge von Fr. 94'129.10 (Beschwerdegegnerin 1) bzw. von Fr. 29'735.35
(Beschwerdegegnerin 2), je nebst Zins zu bezahlen. Das Bezirksgericht hiess die
Klagen mit Urteil vom 5. Mai 2009 gut. Am 9. Februar 2010 wies das
Kantonsgericht von Graubünden eine vom Beschwerdeführer gegen dieses Urteil
erhobene Berufung ab. Mit Urteil vom 7. Juni 2010 (4A_576/2010) hiess das
Bundesgericht eine vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde in
Zivilsachen teilweise gut. Es hob das Urteil des Kantonsgerichts auf, soweit
darin der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, der Beschwerdegegnerin 1 Fr.
94'129.10 zuzüglich Zins zu bezahlen, und wies die Klage der Beschwerdegegnerin
1 ab. Im Umfang, in dem sich die Beschwerde gegen die Gutheissung der Klage der
Beschwerdegegnerin 2 richtete, wies das Bundesgericht dieselbe ab, soweit es
darauf eintrat. Ferner wies es die Sache zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht zurück.

C.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2011 entschied das Kantonsgericht, die Kosten des
Bezirksgerichts Maloja für die Verfahren mit den Prozessnummern 110-2007-24 und
110-2007-26 von insgesamt Fr. 15'880.-- sowie die vermittleramtlichen Kosten
von Fr. 600.-- gingen zu 2/5 (Fr. 6'592.--) zu Lasten des Beschwerdeführers und
zu 3/5 (Fr. 9'888.--) zu Lasten der Beschwerdegegnerin 1. Der Beschwerdeführer
habe die Beschwerdegegnerin 2 für das Verfahren vor Bezirksgericht mit Fr.
12'551.30 aussergerichtlich zu entschädigen, und die Beschwerdegegnerin 1 den
Beschwerdeführer mit Fr. 5'467.50 (Ziffer 2 Dispositiv). Die Kosten des
Kantonsgerichts für das Verfahren ZK2 09 41 von Fr. 9'544.-- gingen zu 2/5 (Fr.
3'817.60) zu Lasten des Beschwerdeführers und zu 3/5 (Fr. 5'726.40) zu Lasten
der Beschwerdegegnerin 1. Der Beschwerdeführer habe die Beschwerdegegnerin 2
für das Berufungsverfahren mit Fr. 2'484.85 aussergerichtlich zu entschädigen
und die Beschwerdegegnerin 1 den Beschwerdeführer mit Fr. 2'851.65 (Dispositiv
Ziffer 3).

D.
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, es seien die
Ziffern 2 und 3 des Dispositivs des Kantonsgerichtsurteils vom 24. Oktober 2011
aufzuheben. Die Verfahrenskosten der ersten und zweiten Instanz seien im
Verhältnis von ¾ zu Lasten der Beschwerdegegnerin 1 und ¼ zu Lasten des
Beschwerdeführers zu verteilen. Die ausserordentlichen Gerichtskosten seien
folgendermassen zu verteilen: Der Beschwerdeführer habe die
Beschwerdegegnerinnen 1 und 2 für ¼ der diesen entstandenen Parteikosten zu
entschädigen während die Beschwerdegegnerin 1 den Beschwerdeführer zu ¾ für
dessen gesamte Aufwendungen zu entschädigen habe. Eventuell sei die
Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Vorinstanz beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Entscheid, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die
Beschwerdegegnerinnen beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten,
eventuell sei sie abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 404 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) gilt für
Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes - am 1. Januar 2011 -
rechtshängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der
betroffenen Instanz. Die Vorinstanz wies darauf hin, dass dieser Vorschrift
nicht ausdrücklich zu entnehmen sei, welches Recht anwendbar sei, wenn die
Rechtsmittelinstanz den angefochtenen Entscheid (vorliegend: der unter altem
kantonalem Prozessrecht ergangene Entscheid des Kantonsgerichts vom 9. Februar
2010) aufhebe und die Sache zur Fortsetzung des Hauptverfahrens, zur
Durchführung eines Beweisverfahrens oder zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die untere Instanz
zurückweise. Lehre und (kantonale) Rechtsprechung würden die Frage kontrovers
beantworten. Für die vorliegend einzig noch zu entscheidende Frage der
Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen der kantonalen Verfahren, die
vollständig nach kantonalem Recht durchgeführt worden seien, scheine es
naheliegend, weiterhin das bisherige Recht anzuwenden. Die Frage brauche
indessen nicht abschliessend beantwortet zu werden, da die Kostenverteilung im
neuen Recht (Art. 106 ZPO) im Wesentlichen gleich geregelt sei wie im
bisherigen kantonalen Recht (Art. 122 aZPO/GR) und in erster Linie nach
Massgabe von Obsiegen und Unterliegen gemessen am Durchdringen der Parteien mit
ihren Rechtsbegehren erfolge. Nach beiden Verfahrensordnungen bleibe dem
Gericht aber ein gewisser Ermessensspielraum.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren kann die Frage nach dem anwendbaren Recht
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht offen gelassen werden. Die
Anwendung des kantonalen Zivilprozessrechts kann vom Bundesgericht einzig unter
dem Blickwinkel des Willkürverbots nach Art. 9 BV überprüft werden (BGE 135 V 2
E. 1.3; 134 II 349 E. 3 S. 351; 133 III 462 E. 2.3; 131 I 31 E. 2.1.2.1),
während es die Kostenverlegung nach den Bestimmungen der ZPO grundsätzlich -
d.h. mit der praxisgemässen Zurückhaltung bei der Prüfung von
Ermessensentscheiden (vgl. BGE 135 III 121 E. 2 S. 123 f.) - frei prüft.

Nach der inzwischen, d.h. seit Fällung des angefochtenen Entscheids, ergangenen
Rechtsprechung des Bundesgerichts wurde die angesprochene Frage in dem Sinn
entschieden, dass bei Aufhebung eines nach Art. 404 ZPO unter altem
Verfahrensrecht ergangenen Entscheides nach Inkrafttreten der ZPO, die
Rückweisungsinstanz erneut nach altem Verfahrensrecht zu entscheiden hat. Denn
die Aufhebung des Entscheids versetzt das Verfahren in den Stand zurück, in dem
es sich vor Ausfällung desselben befand (Urteil 4A_641/2011 vom 27. Januar 2012
E. 2.2 mit Hinweisen). Der vorliegend angefochtene Kostenentscheid ist demnach
- entsprechende Rügen vorausgesetzt (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. Erwägung 2) -
einzig unter dem Gesichtswinkel einer willkürlichen Anwendung des kantonalen
Verfahrensrechts zu prüfen. Damit hatte der Beschwerdeführer angesichts der
Hinweise im angefochtenen Urteil zu rechnen.

2.
Die beschwerdeführende Partei, die eine willkürliche Anwendung von kantonalem
Recht rügen will, hat die Rechtsnorm, die qualifiziert unrichtig angewandt bzw.
nicht angewandt worden sein soll, zu bezeichnen und anhand der angefochtenen
Subsumtion im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der Entscheid offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem und offensichtlichem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl.
BGE 134 II 349 E. 3 S. 352; 132 I 13 E. 5.1 S. 18; 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.). Auf
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 134 V 138 E. 2.1; 133 II 396 E. 3.1 S. 399). Willkür liegt nicht
schon vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist. Willkür liegt zudem nur
vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das
Ergebnis unhaltbar ist (BGE 135 V 2 E. 1.3; 134 II 124 E. 4.1; 133 I 149 E.
3.1; 132 III 209 E. 2.1, je mit Hinweisen).

Diesen Anforderungen an die Begründung genügt die vorliegende Beschwerdeschrift
nicht.

3.
Die Vorinstanz berücksichtigte bei der Kostenverteilung den Aufwand, der im
Zusammenhang mit verschiedenen im Prozess sich stellenden Fragen angefallen
sei. Sie erwog u.a., bei der Kostenverteilung sei vorliegend grundsätzlich zu
berücksichtigen, dass es sich um zwei verschiedene Prozesse handle, in denen
unabhängig vom Streitwert ein weitgehend identischer Aufwand entstanden sei.
Somit rechtfertige es sich nicht, wie im Bundesgerichtsverfahren, einzig auf
die Höhe des Unterliegens nach Massgabe der eingeklagten Gesamtforderung
abzustellen. Für das Verfahren vor Bezirksgericht sei zu berücksichtigen, dass
zumindest bis zur Hauptverhandlung zwei getrennte Verfahren durchgeführt worden
seien, bevor über beide Klagen ein einziges Urteil ergangen sei. Aufgrund der
Verfahrenszusammenlegung durch die Erstinstanz und des Umstands, dass der
Beschwerdeführer gegen das Urteil des Bezirksgerichts ein einziges Rechtsmittel
erhoben habe, sei vor Kantonsgericht ein gemeinsames Verfahren durchgeführt
worden, in dem aber immer noch über zwei Klagen unterschiedlicher
Rechtssubjekte zu entscheiden gewesen sei.
Der Beschwerdeführer formuliert dagegen keine ausdrückliche Willkürrüge, in der
er eine offensichtlich unhaltbare Anwendung bestimmter Rechtsnormen geltend
machen würde. Immerhin rügt er es wiederholt als "unhaltbar", dass die ab der
erstinstanzlichen Hauptverhandlung materiell vereinigten Verfahren für den
Kostenentscheid wieder getrennt und die Kostenentscheide einfach wieder
aufgeteilt worden seien, und dass die Vorinstanz meine, aufgrund der Anfechtung
mehrerer Punkte in beiden Verfahren könne für das Berufungsverfahren nicht von
einer Kostentragung nach dem Obsiegen ausgegangen werden; da es sich um ein
vereinigtes Verfahren handle, rechtfertige es sich nicht, die verschiedenen
Kosten und Entschädigungen anders als nach dem Obsiegen zu verteilen. Auch
insoweit zeigt der Beschwerdeführer aber nicht rechtsgenügend auf, weshalb es
geradezu willkürlich sein soll, wenn die Vorinstanz aufgrund ihrer Überlegungen
vom Prinzip der Kostenverteilung nach Obsiegen und Unterliegen mit den
gestellten Rechtsbegehren abwich, sondern beschränkt sich auf eine rein
appellatorische Darlegung seiner Sicht der Dinge. Unabhängig davon zeigt der
Beschwerdeführer sodann nicht auf, weshalb die Kostenverteilung nach dem
angefochtenen Entscheid auch im Ergebnis offensichtlich unhaltbar sein soll.

4.
Auf die Beschwerde kann demnach mangels hinreichender Begründung nicht
eingetreten werden. Ob die Beschwerde auch mangels hinreichend beziffertem
Rechtsbegehren unzulässig ist, wie die Beschwerdegegnerinnen mit guten Gründen
geltend machen, kann bei dieser Sachlage offen bleiben. Bei diesem
Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. April 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Widmer