Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.747/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_747/2012

Urteil vom 5. April 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter,
Beschwerdeführer,

gegen

1. A.Z.________,
2. B.Z.________,
3. C.Z.________,
4. D.Z.________,
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Ilir Daljipi,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Mietrecht; Kündigung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 25.
Oktober 2012.

Sachverhalt:

A.
Im Jahr 2003 vermietete Y.________ mit mündlichem Mietvertrag eine Werkstatt an
X.________ (Beschwerdeführer), in der dieser einen Pneuhandel betreibt. Am 27.
Januar 2011 erklärte die Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht des Bezirks
Bremgarten eine von Y.________ auf den 30. Juni 2011 ausgesprochene Kündigung
des Mietverhältnisses für ungültig und hob sie auf.
Y.________ verkaufte die Liegenschaft per 27. Juni 2011 an A.Z.________,
B.Z.________, C.Z.________ und D.Z.________ (Beschwerdegegner). Diese kündigten
das Mietverhältnis mit dem Beschwerdeführer am 28. Juni 2011 per 31. März 2012
wegen dringenden Eigenbedarfs.

B.
Der Beschwerdeführer focht die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde für Miete
und Pacht des Bezirks Bremgarten an. Es ergab sich keine Einigung. Daraufhin
erhob der Beschwerdeführer Klage beim Bezirksgerichtspräsidium Bremgarten mit
dem Antrag, es sei die Kündigung - da innert der Kündigungssperrfrist
ausgesprochen - für ungültig zu erklären und damit aufzuheben, eventualiter sei
das Mietverhältnis erstmalig um drei Jahre zu erstrecken. Am 27. März 2012 wies
der Präsident I des Bezirks Bremgarten die Klage ab.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an das Obergericht des Kantons
Aargau mit gleichlautendem Antrag. Die Beschwerdegegner beantragten Abweisung
der Berufung. Mit Entscheid vom 25. Oktober 2012 wies das Obergericht die
Berufung ab. Wie schon die erste Instanz anerkannte das Obergericht, dass die
Kündigung zwar vor Ablauf der dreijährigen Sperrfrist nach Art. 271a Abs. 1
lit. e OR ausgesprochen worden war. Es hielt jedoch den dringenden Eigenbedarf
der Beschwerdegegner für ausgewiesen.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, den Entscheid des
Obergerichts vom 25. Oktober 2012, soweit damit seine Berufung abgewiesen
wurde, aufzuheben. Das erstinstanzliche Urteil sei in Gutheissung der Berufung
vom 21. Juni 2012 aufzuheben und die am 28. Juni 2011 ausgesprochene Kündigung
für ungültig zu erklären und damit aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegner beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Die Vorinstanz
verzichtete auf eine Vernehmlassung.
Die Parteien reichten Replik und Duplik ein.

Erwägungen:

1.
In mietrechtlichen Fällen ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn
der Streitwert mindestens 15'000 Franken beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG).
Ficht der Mieter die Kündigung eines unbefristeten Mietverhältnisses an,
entspricht der Streitwert dem Mietzins, der bis zum Zeitpunkt geschuldet ist,
auf den unter Berücksichtigung der dreijährigen Sperrfrist nach Art. 271a Abs.
1 lit. e OR frühestens eine neue Kündigung ausgesprochen werden könnte, sollte
sich die angefochtene Kündigung als ungültig erweisen (BGE 137 III 389 E. 1.1).
Vorliegend wird der Streitwert nach Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG bei einem
monatlichen Mietzins von Fr. 1'000.-- erreicht. Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Gemäss Art. 271a Abs. 3 lit. a OR steht die Sperrfrist, die im Anschluss an den
Entscheid der Schlichtungsbehörde vom 27. Januar 2011 galt, der Kündigung des
Vermieters dann nicht entgegen, wenn diese wegen dringenden Eigenbedarfs des
Vermieters selbst oder naher Verwandter oder Verschwägerter erfolgte. Die
Beschwerdegegner als Käufer der Liegenschaft waren daher grundsätzlich
berechtigt, den Mietvertrag mit dem Beschwerdeführer gemäss Art. 261 Abs. 2
lit. a OR wegen dringenden Eigenbedarfs auf den nächsten gesetzlichen Termin zu
kündigen.
Der dringende Eigenbedarf im Sinne von Art. 271a Abs. 3 lit. a OR ist nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts immer dann gegeben, wenn es dem Vermieter aus
wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht zumutbar ist, auf die Benutzung der
vermieteten Wohnung oder des Hauses zu verzichten. Beim Entscheid über diese
Frage sind alle erheblichen Umstände des Falles zu würdigen. Das Erfordernis
der Dringlichkeit ist dabei nicht allein zeitlich, sondern auch sachlich zu
verstehen. Es müssen Gründe vorliegen, denen auch nach objektiver Beurteilung
eine gewisse Bedeutung zukommt (BGE 132 III 737 E. 3.4.3; 118 II 50 E. 3d S.
55).

Der Entscheid über die Frage, ob dringender Eigenbedarf vorliegt, beruht
weitgehend auf Ermessen (BGE 118 II 50 E. 4 S. 55). Ermessensentscheide dieser
Art überprüft das Bundesgericht an sich frei; es übt dabei aber Zurückhaltung
und greift nur ein, wenn die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen
einen falschen Gebrauch gemacht hat, das heisst wenn sie grundlos von in Lehre
und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie
Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder
wenn sie umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat.
Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als
im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen
(BGE 135 III 121 E. 2 S. 123 f.; 133 III 201 E. 5.4 S. 211; 128 III 428 E. 4 S.
432).

3.
3.1 Die Beschwerdegegner hatten zur Begründung des dringenden Eigenbedarfs
geltend gemacht, sie hätten die Liegenschaft erworben, um darin wohnen sowie
das Autokarosserie- und Autospritzwerk weiterführen zu können, das wegen
Verlusts der bisherigen Mieträumlichkeiten aufgegeben werden musste. Die
Liegenschaft diene mithin als Existenzgrundlage für die Beschwerdegegner 1 und
2 und ihre drei Kinder. Die erste Instanz erachtete den dringenden Eigenbedarf
der Beschwerdegegner als ausgewiesen.
Mit der Berufung wendete der Beschwerdeführer neu ein, die Liegenschaft
enthalte auch noch die von der Schriftehus GmbH und dem Autospritzwerk Beat
Läuchli gemieteten Räume. Die Beschwerdegegner erzielten somit
Mietzinseinnahmen und hätten auf die Nutzung der in der Liegenschaft
vorhandenen, für ein Autospritzwerk geeigneten Räumlichkeiten verzichtet. Der
dringende Eigenbedarf an den ihm vermieteten Räumlichkeiten sei daher nicht
ausgewiesen. Dem hielten die Beschwerdegegner in der Berufungsantwort entgegen,
das Mietverhältnis mit dem Autospritzwerk Beat Läuchli sei ebenfalls am selben
Tag mit derselben Begründung gekündigt worden, damit ihnen diese Räumlichkeiten
zur Einrichtung des Autospritzwerkes zur Verfügung stünden. Das vom
Beschwerdeführer gemietete Mietobjekt solle dagegen als Autokarosseriewerkstatt
genutzt werden. Die Mietzinseinnahmen aus den drei Mietverhältnissen reichten
nach Abzug aller Abgaben nicht aus, um die fünfköpfige Familie der
Beschwerdegegner 1 und 2 zu ernähren und daneben Rückstellungen für die
notwendigen Renovationsarbeiten an der Liegenschaft zu machen.

Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer sich zur
Berufungsantwort der Beschwerdegegner nicht vernehmen liess. Die Ausführungen
der Beschwerdegegner in der Berufungsantwort hätten somit als unbestritten und
die Einwendungen des Beschwerdeführers als widerlegt zu gelten.

3.2 Dem tritt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde entgegen. Eine Replik
und Duplik seien in Art. 312 Abs. 1 ZPO nicht vorgesehen. Er sei daher nicht
verpflichtet gewesen, die Ausführungen der Berufungsantwort zu bestreiten.
Indem die Vorinstanz die Ausführungen der Beschwerdegegner in der
Berufungsantwort als unbestritten und damit als anerkannt beurteilt habe, habe
sie Art. 8 ZGB sowie Art. 150 und Art. 151 ZPO offensichtlich verletzt.

3.3 Der Auffassung des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Er
übersieht, dass er in der Berufung gegen den als nachgewiesen erachteten
dringenden Eigenbedarf neue Einwendungen vorbrachte. Diese neuen Einwendungen
suchten die Beschwerdegegner in der Berufungsantwort durch diesbezügliche
Ausführungen zu widerlegen, wobei dazu notgedrungen auch neue Behauptungen
vorzubringen waren. Der Beschwerdeführer hatte daher allen Anlass, von der
Möglichkeit zur Replik (Art. 316 Abs. 2 ZPO bzw. BGE 132 I 42 E. 3.3.3 und
3.3.4) Gebrauch zu machen. Indem er dies unterliess, nahm die Vorinstanz zu
Recht Verzicht auf eine Stellungnahme an (BGE 138 I 484 E. 2.2; 133 I 100 E.
4.8). Blieben aber die Vorbringen der Beschwerdegegner in deren
Berufungsantwort unbestritten, durfte die Vorinstanz ohne weitere
Beweiserhebungen darauf abstellen und die neuen Einwendungen in der Berufung
des Beschwerdeführers als widerlegt betrachten. Die gerügten Rechtsverletzungen
liegen nicht vor.

4.
Der Beschwerdeführer rügt sodann, es halte vor Art. 271a Abs. 3 lit. a OR in
Verbindung mit Art. 261 Abs. 2 lit. a OR nicht stand, dass die Vorinstanz den
dringenden Eigenbedarf der Beschwerdegegner bejahte. Was er zur Begründung
vorbringt, verfängt nicht. Er meint, der Eigenbedarf könne deshalb nicht
dringend sein, weil in der Liegenschaft bereits ein Autospritzwerk eingemietet
sei, und die Beschwerdegegner sich mit dem Mieter Beat Läuchli darauf geeinigt
hätten, dass er die für das Autospritzwerk gemieteten Räumlichkeiten noch bis
Ende März 2013 nutzen könne.

Dieses Vorbringen erheischt kein Eingreifen des Bundesgerichts in den
vorinstanzlichen Ermessensentscheid (vgl. Erwägung 2). So ist es durchaus
nachvollziehbar, dass die Beschwerdegegner versuchten, mit dem gekündigten
Mieter eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, kann doch eine solche unter
Umständen schneller zum Ziel führen, als wenn der Prozessweg beschritten wird.
Die Dringlichkeit des Eigenbedarfs wird dadurch nicht aufgehoben. Entscheidend
ist, dass die Beschwerdegegner auch dem Mieter die für das Autospritzwerk
genutzten Räumlichkeiten kündigten, weil sie diese selbst für ein
Autospritzwerk nutzen wollen. Zusätzlich wollen sie die vom Beschwerdeführer
gemieteten Räumlichkeiten für eine Autokarosseriewerkstatt nutzen. Aus beiden
Nutzungen soll der Existenzbedarf für die fünfköpfige Familie der
Beschwerdegegner 1 und 2 gedeckt werden. Wenn die Vorinstanz unter diesen
Umständen einen dringenden Eigenbedarf im Sinne von Art. 271a Abs. 3 lit. a OR
bejahte, verstiess sie nicht gegen Bundesrecht.

5.
Der Beschwerdeführer erneuert vor Bundesgericht den Eventualantrag auf
Erstreckung des Mietverhältnisses nicht. Auf die von beiden Vorinstanzen
abgelehnte Erstreckung ist demnach nicht weiter einzugehen.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 68
Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren insgesamt mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. April 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Widmer

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