Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.672/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_672/2012

Urteil vom 23. April 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
X.________ Ltd.,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Burkhardt,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwälte Daniel Hochstrasser
und Nadja Jaisli Kull,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Internationales Schiedsgericht,

Beschwerde gegen den Final Award des ICC Schiedsgerichts mit Sitz in Zürich vom
8. Oktober 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a Die X.________ Ltd. ist eine Aktiengesellschaft israelischen Rechts mit
Sitz in A.________, Israel. Sie bezweckt den Vertrieb von biotechnologischen
und pharmazeutischen Produkten in Israel und benachbarten Territorien.
Die Y.________ GmbH hat ihren Sitz in Zug und bezweckt hauptsächlich die
Koordination der Aktivitäten der amerikanischen Y.________-Unternehmensgruppe
in Europa, insbesondere die operationelle Leitung, Unterstützung und
Überwachung der in verschiedenen europäischen Ländern bestehenden oder noch zu
errichtenden Geschäftsniederlassungen dieser Gruppe.
A.b Von 2001 bis 2009 agierte die X.________ Ltd. als lokale Vertreiberin für
die Y.________ GmbH im Rahmen diverser Vertriebs- und Versorgungsverträge
betreffend die Promotion, den Verkauf und Vertrieb eines Arzneimittels für "the
territory of Israel, the West Bank, and the Gaza-Palestine Autonomous
Authority".
Am 22. November 2009 einigten sich die Parteien in einem "Transition Agreement"
über die vorzeitige Beendigung aller Vertriebsverträge. Dieses "Transition
Agreement" enthält in Ziff. 7.1 eine Schiedsklausel, welche für die Erledigung
von Streitigkeiten aus und in Zusammenhang mit dem Vertrag ein Schiedsgericht
mit Sitz in Zürich vorsieht. Als Kompensation für die frühzeitige Beendigung
ihrer Vertriebsrechte sollte die X.________ Ltd. gemäss Art. 3.1 des
"Transition Agreements" ein sog. "Transition Payment" in der Höhe von USD
1'050'000.-- erhalten. Der Anspruch auf diese Zahlung setzte gemäss Art. 3.1
i.V.m. Art. 4 des Agreements den Eintritt von vier Bedingungen voraus.
In der Folge entzündete sich zwischen den Parteien ein Streit über die
Erfüllung des "Transition Agreements".

B.
B.a Mit Einleitungsanzeige ("Request for Arbitration") vom 28. November 2010
leitete die X.________ Ltd. gestützt auf Ziff. 7.1 des "Transition Agreements"
ein Schiedsverfahren nach den Bestimmungen der Internationalen Handelskammer
(ICC) ein. Mit Klage vom 29. Juli 2011 ("Statement of Claim") stellte sie dem
ICC Schiedsgericht mit Sitz in Zürich die folgenden Rechtsbegehren gegen die
Y.________ GmbH:
"1. Respondent be ordered to pay to Claimant an amount of USD 1'721'898.50,
plus such amount the Arbitral Tribunal finds fair and equitable in application
of X.________'s right under Article 418u CO, plus interest of 5 %:

1.1 on an amount of USD 752'023.20 since January 17, 2010;

1.2 on an amount of USD 190'805.50 since May 11, 2010;

1.3 on an amount of USD 594'043.20 since May 6, 2010;

1.4 on an amount of USD 27'772.80 since May 6,2010;

1.5 on an amount of USD 8'744.80 since December 28, 2010;

1.6 on an amount of USD 148'600 since December 28, 2010;
2. Respondent be ordered to bear all costs of the arbitration proceedings and
to reimburse Claimant's costs and allorney fees."
Mit Eingabe vom 31. Januar 2012 stellte die Y.________ GmbH ihrerseits folgende
Begehren:
"As to the Main Claim:
Reject with prejudice any and all of Claimant's claims.
As to the Counterclaim:
Order Claimant to pay to Respondent the amount of USD 1'005'142.50 pIus
interest of 5% per annum from 21 June 2010.
As to the Costs:
Order Claimant to bear all costs of these arbitral proceedings, including the
ICC administrative expenses as they will be fixed by the ICC Court, the fees
and expenses of the arbitrators, and all legal and other costs incurred by
Respondent in the course of this arbitration as will be duly specified after
the closing of these proceedings."
B.b Mit Schiedsspruch ("Final Award") vom 8. Oktober 2012 (Verfahrens-Nr. 17631
/GZ) hiess das Schiedsgericht die Widerklage der Y.________ GmbH teilweise gut
und wies die Klage der X.________ Ltd. ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die X.________ Ltd. dem Bundesgericht,
es sei der Schiedsspruch vom 8. Oktober 2012 (Verfahrens-Nr. 17631/GZ)
aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der
Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 54 Abs. 1 BGG ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in einer
Amtssprache, in der Regel in jener des angefochtenen Entscheids. Wurde dieser
in einer anderen Sprache redigiert, verwendet das Bundesgericht die von den
Parteien gewählte Amtssprache. Der angefochtene Entscheid ist in englischer
Sprache abgefasst. Da es sich dabei nicht um eine Amtssprache handelt und sich
die Parteien vor Bundesgericht der deutschen Sprache bedienen, ergeht der
Entscheid des Bundesgerichts auf Deutsch.

2.
Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist die Beschwerde in
Zivilsachen unter den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG (SR 291) zulässig
(Art. 77 Abs. 1 lit. a BGG).

2.1 Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Zürich. Die
Beschwerdeführerin hatte im massgebenden Zeitpunkt ihren Sitz nicht in der
Schweiz. Da die Parteien die Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG nicht
schriftlich ausgeschlossen haben, gelangen diese zur Anwendung (Art. 176 Abs. 1
und 2 IPRG).

2.2 Zulässig sind allein die Rügen, die in Art. 190 Abs. 2 IPRG abschliessend
aufgezählt sind (BGE 134 III 186 E. 5 S. 187; 128 III 50 E. 1a S. 53; 127 III
279 E. 1a S. 282). Nach Art. 77 Abs. 3 BGG prüft das Bundesgericht nur die
Rügen, die in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind; dies
entspricht der in Art. 106 Abs. 2 BGG für die Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht vorgesehenen Rügepflicht (BGE 134 III
186 E. 5 S. 187 mit Hinweis). Appellatorische Kritik ist unzulässig (BGE 134
III 565 E. 3.1 S. 567; 119 II 380 E. 3b S. 382).

2.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den das
Schiedsgericht festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung des Schiedsgerichts weder berichtigen noch ergänzen,
selbst wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 77 Abs. 2 BGG, der die Anwendbarkeit
von Art. 97 BGG sowie Art. 105 Abs. 2 BGG ausschliesst). Allerdings kann das
Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen
Schiedsentscheids überprüfen, wenn gegenüber diesen Sachverhaltsfeststellungen
zulässige Rügen im Sinne von Art. 190 Abs. 2 IPRG vorgebracht oder
ausnahmsweise Noven berücksichtigt werden (BGE 138 III 29 E. 2.2.1 S. 34; 134
III 565 E. 3.1 S. 567; 133 III 139 E. 5 S. 141; je mit Hinweisen). Wer sich auf
eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz beruft und den Sachverhalt gestützt darauf
berichtigt oder ergänzt wissen will, hat mit Aktenhinweisen darzulegen, dass
entsprechende Sachbehauptungen bereits im vorinstanzlichen Verfahren
prozesskonform aufgestellt worden sind (vgl. BGE 115 II 484 E. 2a S. 486; 111
II 471 E. 1c S. 473; je mit Hinweisen).
Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift
durchwegs, indem sie ihre Rügen grösstenteils auf Sachverhaltsdarstellungen
stützt, in der sie die Hintergründe des Rechtsstreits sowie des Verfahrens aus
eigener Sicht schildert und dabei über weite Strecken von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweicht oder diese erweitert, ohne substanziiert
Ausnahmen von der Sachverhaltsbindung geltend zu machen. Darauf ist nicht
einzugehen.

3.
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz in verschiedener Hinsicht eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG) vor.
3.1
3.1.1 Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG lässt die Anfechtung allein wegen der
zwingenden Verfahrensregeln gemäss Art. 182 Abs. 3 IPRG zu. Danach muss das
Schiedsgericht insbesondere den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör
wahren. Dieser entspricht im Wesentlichen dem in Art. 29 Abs. 2 BV
gewährleisteten Verfassungsrecht (BGE 130 III 35 E. 5 S. 37 f.; 128 III 234 E.
4b S. 243; 127 III 576 E. 2c S. 578 f.). Die Rechtsprechung leitet daraus
insbesondere das Recht der Parteien ab, sich über alle für das Urteil
wesentlichen Tatsachen zu äussern, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten, ihre
entscheidwesentlichen Sachvorbringen mit tauglichen sowie rechtzeitig und
formrichtig offerierten Mitteln zu beweisen, sich an den Verhandlungen zu
beteiligen und in die Akten Einsicht zu nehmen (BGE 130 III 35 E. 5 S. 38; 127
III 576 E. 2c S. 578 f.; je mit Hinweisen). Dem entspricht eine Pflicht des
Schiedsgerichts, die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien tatsächlich zu
hören und zu prüfen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich ausdrücklich mit
jedem Argument der Parteien auseinandersetzen muss (BGE 133 III 235 E. 5.2 S.
248 f.; 121 III 331 E. 3b S. 333). Einen Anspruch auf Begründung des Entscheids
ergibt sich aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 190 Abs.
2 lit. d IPRG nach ständiger Rechtsprechung nicht (BGE 134 III 186 E. 6.1 S.
187 mit Hinweisen).
3.1.2 Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit.
d IPRG ist nicht bereits gegeben, wenn ein offensichtliches Versehen des
Schiedsgerichts zu einem Fehlentscheid führt. Eine offensichtlich falsche oder
aktenwidrige Feststellung für sich allein reicht nicht aus, um einen
internationalen Schiedsentscheid aufzuheben. Der Anspruch auf rechtliches Gehör
enthält keinen Anspruch auf einen materiell richtigen Entscheid (BGE 127 III
576 E. 2b S. 577 f.; 121 III 331 E. 3a S. 333). Daher ist es nicht Sache des
Bundesgerichts zu überprüfen, ob das Schiedsgericht sämtliche Aktenstellen
berücksichtigt und richtig verstanden hat.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn den Parteien die
Möglichkeit, am Prozess teilzunehmen, ihn zu beeinflussen und ihren Standpunkt
einzubringen verbaut, mithin ihr Anspruch auf rechtliches Gehör durch das
offensichtliche Versehen faktisch ausgehöhlt wird. Dies allein rechtfertigt es,
den Entscheid ohne Rücksicht auf die materiellen Erfolgschancen der Beschwerde
aufzuheben, da der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht die materielle
Richtigkeit, sondern das Recht auf Beteiligung der Parteien an der
Entscheidfindung garantiert (BGE 127 III 576 E. 2c S. 579). Wer aus einem
offensichtlichen Versehen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ableiten will,
hat demnach aufzuzeigen, dass ihm das schiedsrichterliche Versehen
verunmöglichte, seinen Standpunkt in Bezug auf ein pro-zessrelevantes Thema in
den Prozess einzubringen und zu beweisen (BGE 133 III 235 E. 5.2 S. 248 f.; 127
III 576 E. 2b-f).

3.2 Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin:
3.2.1 Auf S. 49 f. ihrer Beschwerdeschrift kritisiert die Beschwerdeführerin
die "unklare" Begründung des Schiedsentscheids und macht einen Verstoss gegen
ihren Anspruch auf rechtliches Gehör geltend. Die Rüge ist unbegründet, ergibt
sich doch aus Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG nach ständiger Rechtsprechung gerade
kein Anspruch auf Begründung (oben E. 3.1.1 in fine). Das gleiche gilt für die
unter dem Titel "3. Verweigerung des Anspruchs auf Rückerstattung der ersten
Vorauszahlung trotz Rückgabe der ersten Teillieferung" erhobenen Rügen, welche
sich durchwegs in unzulässiger Weise gegen den Inhalt der vorinstanzlichen
Begründung wenden. Mit der angeblich unzureichenden Begründung des
angefochtenen Entscheids zeigt die Beschwerdeführerin keinen in Art. 190 Abs. 2
IPRG vorgesehenen Rügegrund auf.
3.2.2 Unter dem Titel "B. Zum Hauptanspruch des 'Transition Payment'" wirft die
Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, diese sei bei der Beurteilung, ob die
Bedingungen gemäss Art. 3 i.V.m. Art. 4 des "Transition Agreements" eingetreten
sind, zu einem Schluss gelangt, der "zu den prozesskonform und konkret
vorgetragenen Behauptungen beider Parteien wie auch zu den erhobenen Beweisen
in unüberbrückbarem Widerspruch" stehe. Das Schiedsgericht mache "aktenwidrige
Behauptungen", ignoriere "eine Reihe relevanter und zwischen den Parteien
unbestrittener Fakten", mache eine "klar falsche Erwägung", habe "nicht
ansatzweise berücksichtigt, was die Beschwerdeführerin ihm vorgetragen" habe,
bzw. deren "Vorbringen schlicht und einfach nicht zur Kenntnis" nehmen wollen.
Zur Begründung dieser Vorwürfe verweist die Beschwerdeführerin auf zahlreiche
Vorbringen in ihren Rechtsschriften und legt dabei ihre eigene Sicht der Dinge
dar. Ihre Darlegungen erschöpfen sich dabei weitestgehend in rein
appellatorischer Kritik: Dass die Vorinstanz mit ihren angeblichen Versehen der
Beschwerdeführerin geradezu die Möglichkeit genommen hätte, am Prozess
teilzunehmen, ihn zu beeinflussen und ihren Standpunkt einzubringen, legt die
Beschwerdeführerin nicht in einer den Begründungsanforderungen von Art. 77 Abs.
3 BGG genügenden Weise dar. Mit ihren Vorbringen übt sie vielmehr in
unzulässiger Weise inhaltliche Kritik am angefochtenen Schiedsentscheid, ohne
dabei geltend zu machen, dieser verstosse gegen den Ordre public (Art. 190 Abs.
2 lit. e IPRG).
3.2.3 Nichts anderes gilt für die unter den Titeln "C. Ausführungen des
Schiedsgerichts zu Art. 2.8 Transition Agreement", "4. Aktenwidrige, von keiner
einzigen Parteibehauptung gestützte Feststellung, die Beschwerdegegnerin habe
der Beschwerdeführerin einen Betrag von USD 30'844.80 bezahlt" sowie "F.
Abweisung des Anspruchs auf 'Delivery Costs'" vorgebrachten Rügen. Auch hier
wirft die Beschwerdeführerin dem Schiedsgericht vor, dessen Ausführungen würden
"auf einer Reihe aktenwidriger Feststellungen und Hypothesen" oder gar "frei
erfundener Feststellungen" basieren, bringt dabei aber in der Sache einzig
unzulässige inhaltliche Kritik am Entscheid vor, ohne hinreichend begründet
darzulegen, weshalb ihr die angeblichen Versehen der Vorinstanz geradezu
verunmöglichten, ihren Standpunkt in Bezug auf ein prozessrelevantes Thema in
den Prozess einzubringen und zu beweisen. Soweit sie sich unter dem Titel "4.
Award Ziff. 106 f.: Schiedsgericht ignoriert von der Beschwerdeführerin
spezifisch vorgetragene Fakten, da das Witness Statement eines gegnerischen
Zeugen diese Fakten nicht ebenfalls anspricht" über die angeblich
gehörsverletzende Würdigung von (mündlichen bzw. schriftlichen) Zeugenaussagen
beklagt, unterzieht sie in Tat und Wahrheit die Beweiswürdigung des
Schiedsgerichts einer appellatorischen Kritik. Dies ist im Rahmen der
Schiedsbeschwerde nicht zulässig.
3.2.4 Unter dem Titel "D. Zum Hauptanspruch des 'Incentive Payment'" macht die
Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz habe sich "geweigert", Art. 6 des
"Transition Agreements" anzuwenden und damit ihren Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt. Bei dieser Rüge verkennt die Beschwerdeführerin, dass sich aus
dem rechtlichen Gehör kein Anspruch auf eine richtige Anwendung des materiellen
Rechts und vertraglicher Bestimmungen ergibt. Auch hier übt die
Beschwerdeführerin unter dem Deckmantel einer angeblichen Verletzung des
rechtlichen Gehörs unzulässige inhaltliche Kritik am angefochtenen Entscheid.
3.2.5 Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, die Vorinstanz habe ihren
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie Ansprüche beurteilt habe,
"die im Request for Arbitration lediglich provisorisch geltend gemacht und
danach geändert" worden seien, während sie "die in der Klage definitiv geltend
gemachten Ansprüche" ignoriert habe. Auch in diesem Zusammenhang wirft die
Beschwerdeführerin der Vorinstanz diverse "aktenwidrige" Feststellungen vor.
Die Vorwürfe treffen - wie die Beschwerdegegnerin zu Recht einwendet - schon
deshalb nicht zu, weil die Beschwerdeführerin in ihrer Klage ("Statement of
Claim") vom 29. Juli 2011, Ziff. 238, selber ausführt:
"In its Request for Arbitration, X.________ has claimed 'refund of prepayments'
(USD 467'126.40) and 'repurchase costs' (USD 30'844.80) which claims were fully
set-off against the Z.________ invoices. In this Statement of Claim, X.________
raises exactly the same claims, yet it has refined these claims into various
subdivisions (...). The identity of these claims becomes apparent on the basis
of the folloqing table." (Hervorhebung hinzugefügt)
Die Beschwerdeführerin gibt also selber zu, dass sie in ihrer Klage ("Statement
of Claim") keine anderen Ansprüche als in der Einleitungsanzeige ("Request for
Arbitration") geltend gemacht habe, womit ihrer Rüge, die Vorinstanz habe
anstatt auf die Klage auf die Einleitungsanzeige abgestellt und damit die
"definitiv geltend gemachten Ansprüche" ignoriert, die Grundlage entzogen ist.
Abgesehen davon hält das Schiedsgericht in Ziff. 37 des angefochtenen
Entscheids ausdrücklich fest, dass es auf die Rechtsbegehren des "Statement of
Claim" abstelle. Von einem Ignorieren kann keine Rede sein.
3.2.6 Unter dem Titel "G. Abweisung des Anspruchs auf vertraglich vereinbarten
Bonus" wirft die Beschwerdeführerin dem Schiedsgericht eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs vor, indem dieses in Ziff. 151 des angefochtenen Entscheids
auf "ein Argument abgestellt" habe, "welches keine der Parteien vorgebracht hat
und welches sich auch nicht aus dem Vertragswortlaut ergibt". Dieser Vorwurf
ist unbegründet, denn wie die Beschwerdegegnerin zutreffend einwendet, hat das
Schiedsgericht in Ziff. 151 des angefochtenen Entscheids auf Argumente
abgestellt, welche die Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe vom 29. Juni 2012
("Post-Hearing Brief") vorgebracht hat.
3.2.7 Fehl geht sodann auch der Vorwurf, die Vorinstanz habe das rechtliche
Gehör der Beschwerdeführerin verletzt, indem sie die Einwände gegen die
Anwesenheit des Hauptzeugen der Beschwerdegegnerin während der
Schiedsverhandlung nicht berücksichtigt habe. Denn aus dem angefochtenen
Entscheid (S. 21 ff.) geht hervor, dass das Schiedsgericht die Einwände der
Beschwerdeführerin anlässlich der Schiedsverhandlung sehr wohl zur Kenntnis
genommen und berücksichtigt hat.
3.2.8 Schliesslich wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz eine
Gehörsverletzung vor, indem diese "sämtliche Beilagen zu ihrem 'True Rejoinder'
vom 30. März 2012" nachträglich aus dem Recht gewiesen habe "mit der einzigen
Begründung, dass diese am Witness Hearing vom 18. April 2012 nicht erwähnt
worden seien". Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin indessen lediglich
aus, das Vorgehen der Vorinstanz sei "unhaltbar". Damit kommt sie ihrer
Rügepflicht nach Art. 77 Abs. 3 BGG nicht nach, da sie namentlich nicht im
Einzelnen aufzeigt, inwiefern die Begründung des Schiedsgerichts für die
Nichtberücksichtigung der Beilagen mangelhaft sein soll, und auch nicht
darlegt, dass die entsprechenden Beilagen dem Schiedsgericht sowohl rechtzeitig
als auch formrichtig offeriert worden sind. Auf diese Rüge ist nicht
einzutreten.

4.
Die Beschwerdeführerin rügt sodann mehrfach eine Verletzung ihres Anspruchs auf
Gleichbehandlung gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG.
4.1
4.1.1 Der Anspruch auf Gleichbehandlung stimmt inhaltlich weitgehend mit dem
Anspruch auf rechtliches Gehör überein (Urteil 4P.208/2004 vom 14. Dezember
2004 E. 5.1 mit Hinweisen). Er verlangt vom Schiedsgericht insbesondere eine
verfahrensrechtliche Gleichbehandlung der Parteien in vergleichbarer Situation
(BGE 133 III 139 E. 6.1 S. 143; Urteil 4P.196/2002 vom 17. Dezember 2002 E.
3.2).
4.1.2 Die versehentliche Nichtberücksichtigung einer einschlägigen Regel oder
einer erheblichen Tatsachenbehauptung stellt indessen keine Ungleichbehandlung
i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG dar. Denn es geht nicht an, unter dem
Titel der Verletzung von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG eine eigentliche
Willkürrüge einzuführen, welche der eidgenössische Gesetzgeber gerade
ausschliessen wollte. Das Gleichbehandlungsgebot ist mithin weder durch die
Beweiswürdigung noch durch die Rechtsanwendung des Schiedsgerichts berührt,
selbst wenn sich diese als unhaltbar erweisen sollten (Urteil 4A_360/2011 vom
31. Januar 2012 E. 4.1, publ. in: ASA Bull. 2012 S. 634).

4.2 Die Beschwerdeführerin verkennt diese Grundsätze:
4.2.1 Soweit die Beschwerdeführerin an zahlreichen Stellen ihrer
Beschwerdeschrift mit den inhaltlich gleichen Vorwürfen nebst der Verletzung
des rechtlichen Gehörs auch noch einen Verstoss gegen das
Gleichbehandlungsgebot geltend machen will, unterlässt sie es durchwegs in
einer den Begründungsanforderungen nach Art. 77 Abs. 3 BGG genügenden Weise
darzutun, inwieweit nicht nur ihr Gehör verletzt ist, sondern auch eine
vergleichbare Situation vorgelegen haben soll, in der die Parteien
verfahrensrechtlich ungleich behandelt worden sind. Zudem stellen sich die
zahlreichen Vorwürfe der angeblichen Ungleichbehandlung in der Sache als
unzulässige Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung bzw. Rechtsanwendung
heraus, womit die Beschwerdeführerin zum Vornherein keine Ungleichbehandlung
i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG aufzuzeigen vermag.
4.2.2 Dies gilt namentlich auch für die Vorwürfe, die vorinstanzliche
Beweislastverteilung (S. 23 f.), die Nichtberücksichtigung eines Witness
Statements (S. 41 f.) und die Nichtanwendung von Art. 6 des "Transition
Agreements" (S. 52 f.) verstiessen gegen das Gleichbehandlungsgebot. Auch hier
handelt es sich um im Rahmen einer Schiedsbeschwerde nach Art. 190 Abs. 2 IPRG
unzulässige Kritik an der vorinstanzlichen Rechtsanwendung bzw.
Beweiswürdigung.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 18'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 20'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem ICC Schiedsgericht mit Sitz in Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. April 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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