Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.613/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_613/2012

Urteil vom 3. Dezember 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss
Gerichtsschreiber Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________ Consulting AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwältin
Martina Schwaninger Preiss,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Darlehen,

Beschwerde gegen das Urteil des
Obergerichts des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, vom 10. September 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) überwies der X.________ Consulting AG
(Beschwerdeführerin) am 25. Mai 2009 einen Betrag von Fr. 640'000.--. Am 3.
Juli 2009 unterzeichneten die Parteien einen ausdrücklich als Darlehensvertrag
bezeichneten Vertrag über Fr. 640'000.--. In den Vertragsbestimmungen wurde als
Zweck des Darlehens erwähnt, dass der Beschwerdeführerin damit ermöglicht
werden sollte, einen Bau in Z.________ fertigzustellen. Weiter wurde bestimmt,
dass die Rückzahlung je nach Verkauf der Liegenschaften, jedoch spätestens Ende
2009 zu erfolgen habe. Als Sicherheit sollten "100 % der Inhaberaktien" dienen.
Im Sommer 2010 verhandelten A.________ von der Beschwerdegegnerin und der
damalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin über eine vergleichsweise
Erledigung der Darlehensrückzahlung.

B.
Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Klage vom 6. April 2011 beim Richteramt
Solothurn-Lebern, die Beschwerdeführerin sei zu verpflichten, ihr Fr.
659'375.35, namentlich Fr. 640'000.-- zuzüglich Zins zu 5 % vom 25. Mai bis 31.
Dezember 2009, zuzüglich 5 % Verzugszins von Fr. 659'375.35 seit 1. Januar 2010
zu bezahlen.

Am 20. Juni 2011 richtete die Beschwerdeführerin ein Schreiben an die
Beschwerdegegnerin mit der Mitteilung, dass sie den Darlehensvertrag wegen
Willensmängeln (Irrtum, arglistige Täuschung, Übervorteilung etc.) anfechte und
den Darlehensvertrag rückwirkend per Vertragsschluss als nichtig erachte. Sie
machte im Prozess geltend, es handle sich beim Vertrag um ein reines
Scheingeschäft bzw. sie sei infolge Täuschung von einem solchen ausgegangen.
Der Darlehensvertrag sei demzufolge ex tunc nichtig. Ein Anspruch auf
Rückforderung des streitbetroffenen Betrages aus ungerechtfertigter
Bereicherung sei verjährt und die Rückforderung dementsprechend verwirkt.

Das Richteramt hiess die Klage mit Urteil vom 1. Dezember 2011 gut. Es
verneinte mit einlässlicher Begründung, dass es sich beim Vertrag um ein
Scheingeschäft gehandelt habe und die Beschwerdeführerin Grund gehabt habe, von
einem solchen auszugehen. Die kaufmännisch nicht unbedarfte B.________ habe als
Vertreterin der Beschwerdeführerin genau gewusst, um was es beim
Darlehensgeschäft ging. Zudem sei nicht klar geworden, worin der Irrtum
vorliegend bestanden haben solle. Ferner betrachtete es das Gericht nicht als
erstellt, dass B.________ von A.________ zum Vertragsschluss "gedrängt" oder
absichtlich getäuscht worden sei. Schliesslich habe die Beschwerdeführerin die
Anfechtungsfrist nach Art. 31 OR nicht gewahrt.

Mit Urteil vom 10. September 2012 wies das Obergericht des Kantons Solothurn
eine gegen diesen Entscheid gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin ab.

C.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen dieses Urteil mit Eingabe vom 15. Oktober
2012 Beschwerde beim Bundesgericht.

Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde im vorliegenden
Fall verzichtet.

Am 12. November 2012 wurde ein Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Endentscheid des Obergerichts (Art. 90 BGG) betrifft eine
vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 72 BGG mit einem
Fr. 30'000.-- übersteigenden Streitwert (Art. 74 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde
ist somit als Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG zu behandeln.

1.1 Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). In der
Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene
Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht kann das Bundesgericht nur insofern
prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1; 133 III 439
E. 3.2 S. 444).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei
"willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der
Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1; 133 III 393 E. 3).

Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die
gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(vgl. BGE 136 II 508 E. 1.2; 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E.
7.1, 462 E. 2.4 S. 466). Soweit sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie
zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante
Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen
prozesskonform eingebracht hat (Urteile 4A_214/2008 vom 9. Juli 2008 E. 1.2,
nicht publ. in: BGE 134 III 570; 4A_470/2009 vom 18. Februar 2010 E. 1.2).
Überdies ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern die Behebung des gerügten
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2). Auf eine Kritik an den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt,
namentlich auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung, ist nicht
einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3, 396 E. 3.1 S. 399).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Vorinstanz habe fälschlicherweise
angenommen, die Frist zur Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums nach Art. 31
Abs. 1 OR sei von ihr nicht eingehalten worden. Sie macht sinngemäss geltend,
sie habe erst am 24. Dezember 2010 (Einreichung des Ladungsbegehrens) zur
Kenntnis genommen, dass die Beschwerdegegnerin den Vertrag vollstrecken wolle.
Damit sei die Irrtumserklärung vom 20. Juli 2012 (recte: 20. Juni 2011)
innerhalb der Jahresfrist nach Entdeckung des Irrtums erfolgt.

Es kann mangels Entscheiderheblichkeit offen blieben, wie es sich mit dieser
Rüge verhält. Denn die Erstinstanz verneinte mit einlässlicher Begründung, dass
der Vertragsschluss überhaupt mit einem Willensmangel behaftet sei, namentlich
auf absichtlicher Täuschung beruhe. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin im
Berufungsverfahren nach den vorinstanzlichen Feststellungen keine Rügen, die
den Anforderungen genügten, die im Rahmen einer Berufungsbegründung gestellt
werden; vielmehr wiederholte sie im Wesentlichen bloss ihre Ausführungen vor
der Erstinstanz und setzte sich auch im Weiteren nicht hinreichend mit der
Argumentation der Erstinstanz auseinander, wonach eine Täuschung nicht
nachgewiesen sei. Die Vorinstanz hielt schliesslich fest, die
Beschwerdeführerin lege nicht dar, worin die Täuschung liegen solle, sei doch
unbestrittenermassen der Geldbetrag von Fr. 640'000.-- von der
Beschwerdegegnerin auf das Konto der Beschwerdeführerin geflossen. Auch wenn
die Vorinstanz die Berufung formal als unbegründet abwies, trat sie mit diesen
Erwägungen auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin zu diesem Punkt
grösstenteils nicht ein, weil diese den Begründungsanforderungen im Rahmen
eines Berufungsverfahrens nicht genügten. In der vorliegenden Beschwerde wird
mit keinem Wort dargelegt, welche Rechte der Beschwerdeführerin die Vorinstanz
damit verletzt haben soll. Auch versäumt es die Beschwerdeführerin
rechtsgenüglich darzulegen, welche Rechte die Vorinstanz verletzt haben soll,
indem sie das Vorliegen eines Willensmangels in Bestätigung des
erstinstanzlichen Entscheids verneinte. Ist damit nicht dargetan, dass die
Vorinstanz Bundesrecht verletzt hätte, indem sie verneinte, dass der
Vertragsschluss mit einem Willensmangel behaftet war, kann die Frage der
Wahrung der Frist nach Art. 31 OR offen bleiben.

3.
Weiter rügt die Beschwerdeführerin sinngemäss, die Vorinstanz habe das
Willkürverbot (Art. 9 BV) und den Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt,
indem sie ihre am 17. Juli 2012 gestellten Anträge abgelehnt habe, bei der
Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die Akten des Strafverfahrens gegen
A.________ beizuziehen und das Verfahren zu sistieren.

Die Beschwerdeführerin begründet nicht hinreichend, welche Rechte die
Vorinstanz verletzt haben soll, indem sie das Berufungsverfahren nicht
sistierte. Auf diesen Punkt ist mangels hinreichender Begründung nicht
einzutreten.

Den Antrag auf Beizug der Akten des Strafverfahrens gegen A.________ wies die
Vorinstanz unter Hinweis auf Art. 317 Abs. 1 ZPO ab, weil nicht rechtsgenüglich
dargelegt sei, welche neuen, vor erster Instanz noch nicht bekannten Tatsachen
(damit) bewiesen werden sollten. Damit verneinte die Vorinstanz sinngemäss,
dass die Beschwerdeführerin rechtsgenügend dargelegt habe, welche erheblichen
Tatsachen mit den als neue Beweismittel beizuziehenden Akten bewiesen werden
sollten. Die Beschwerdeführerin geht im vorliegenden Verfahren nicht
hinreichend darauf ein und macht nicht rechtsgenügend unter Hinweis auf
bestimmte Akten geltend, dass die Vorinstanz offensichtlich (Art. 105 Abs. 2
BGG) zu Unrecht verneint hätte, dass sie im Berufungsverfahren dargelegt hätte,
welche für den Ausgang des Berufungsverfahrens erheblichen Tatsachen sie mit
den Strafakten beweisen wolle (vgl. dazu BGE 135 II 286 E. 5.1). Wenn die
Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang rügt, es sei nicht nachvollziehbar,
wie die Vorinstanz dazu komme, dass die Ausführungen gemäss Eingabe vom 17.
Juli 2012 nicht als Noven zu taxieren seien, geht dies an der Sache vorbei, hat
die Vorinstanz den Beweisantrag doch nicht aus diesem Grund abgelehnt. Eine
Gehörsverletzung oder eine falsche bzw. willkürliche Rechtsanwendung ist nicht
dargetan.

4.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz hätte angesichts der
geltend gemachten Noven ihrem Antrag auf eine mündliche Parteiverhandlung
stattgeben müssen. Indem sie eine solche verweigert habe, habe sie den
Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin verletzt.

Diese Rüge ist nicht hinreichend begründet. Die Beschwerdeführerin legt nicht
dar, welche zulässigerweise ins Verfahren eingebrachten, entscheiderheblichen
Noven die Durchführung einer mündlichen Parteiverhandlung vor zweiter Instanz
erfordert haben sollen und weshalb (Art. 316 Abs. 1 ZPO). Auf die Gehörsrüge
kann daher nicht eingetreten werden.

5.
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten
werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der Beschwerdegegnerin durch das
bundesgerichtliche Verfahren kein Aufwand entstanden ist, hat sie keinen
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Dezember 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Widmer