Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.605/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_605/2012

Urteil vom 22. Februar 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz, Kolly,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Conrad,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Gerichtlicher Vergleich,

Beschwerde gegen die Verfügung des
Handelsgerichts des Kantons Aargau,
2. Kammer, vom 10. September 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 21. September 2011 reichte X.________ gegen die Y.________ AG eine Klage
beim Handelsgericht des Kantons Aargau ein.
Anlässlich der Instruktionsverhandlung vom 4. September 2012 schlossen die
Parteien einen gerichtlichen Vergleich ab.
Mit Abschreibungsverfügung vom 10. September 2012 schrieb das Handelsgericht
das Verfahren als durch Vergleich erledigt ab (Dispositiv-Ziffer 1), gab den
Vergleich im Wortlaut wieder (Dispositiv-Ziffer 2), auferlegte die
Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- den Parteien je zur Hälfte (Dispositiv-Ziffer
3) und schlug die Parteikosten wett (Dispositiv-Ziffer 4).

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt X.________ dem Bundesgericht, es sei
die Abschreibungsverfügung des Handelsgerichts aufzuheben, der Fall sei neu zu
verhandeln und die Gerichtskosten seien dem Beschwerdegegner aufzuerlegen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihn die "Art und Führung der
Instruktionsverhandlung in seinen Rechten verletzt und schliesslich hieraus zu
einem Vergleich geführt" habe; der Vergleich sei "vom Beschwerdeführer weder
gewollt noch beabsichtigt" gewesen; vielmehr sei er "aus dem Verlauf der
Instruktionsverhandlung als einzige Möglichkeit" erschienen, "ohne erheblichen
wirtschaftlichen Schaden den Rechtsstreit vor diesem Gericht zu beenden". Es
sei keineswegs der Wille des Beschwerdeführers gewesen, ohne den auf ihn
ausgeübten richterlichen Zwang "auf einen für ihn derart schlechten Vergleich
einzugehen". Weiter bemängelt der Beschwerdeführer, dass ihm bis heute kein
Protokoll der Vergleichsverhandlung zugestellt worden sei.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 101 E. 1, 470 E. 1; 135
III 212 E. 1).

1.1 Wird ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein Klagerückzug dem Gericht
zu Protokoll gegeben, so haben die Parteien das Protokoll zu unterschreiben
(Art. 241 Abs. 1 ZPO). Ein Vergleich, eine Klageanerkennung oder ein
Klagerückzug hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides (Art. 241 Abs. 2
ZPO). Das Gericht schreibt das Verfahren ab (Art. 241 Abs. 3 ZPO).

1.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Abschreibungsbeschluss
im Sinne von Art. 241 Abs. 3 ZPO. Dabei handelt es sich um einen rein
deklaratorischen Akt, weil bereits der Vergleich als solcher den Prozess
unmittelbar beendet (LAURENT KILLIAS, in: Berner Kommentar, 2012, N. 28 f. zu
Art. 241 ZPO; PAUL OBERHAMMER, in: Basler Kommentar, 2010, N. 10 zu Art. 241
ZPO; GEORG NÄGELI, in: Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2010, N. 38 zu
Art. 241 ZPO; PASCAL LEUMANN LIEBSTER, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.],
Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 23 zu Art. 241 ZPO;
MARKUS KRIECH, in: Brunner et al. [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung
[ZPO], Kommentar, 2011, N. 15 zu Art. 241 ZPO; FRANCESCO TREZZINI, in:
Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, N. 2
zu Art. 241 ZPO, S. 1068). Der Abschreibungsbeschluss beurkundet den
Prozesserledigungsvorgang im Hinblick auf die Vollstreckung des Vergleichs
(vgl. STEPHEN V. BERTI, Einführung in die Schweizerische Zivilprozessordnung,
2010, N. 243; KILLIAS, a.a.O., N. 33 zu Art. 241 ZPO), erfolgt aber abgesehen
davon der guten Ordnung halber (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, S. 7345), d.h. zum Zwecke der
Geschäftskontrolle (THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2.
Aufl. 2012, N. 1139). Nach zutreffender Auffassung steht gegen den
Abschreibungsbeschluss als solchen kein Rechtsmittel zu Verfügung (so die h.M.:
KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241 ZPO; SUTTER-SOMM, a.a.O., N. 1139; TREZZINI,
a.a.O., N. 2 zu Art. 241 ZPO, S. 1068 ["inimpugnabilità"]; OBERHAMMER, a.a.O.,
N. 7 zu Art. 251 ZPO; KRIECH, a.a.O., N. 16 zu Art. 241 ZPO; a.M. JACQUES
HALDY, in: Bohnet et al. [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N.
38 zu Art. 241 ZPO). Der Abschreibungsbeschluss bildet mithin kein
Anfechtungsobjekt, das mit Berufung oder Beschwerde nach ZPO bzw. - falls er
von einer Vorinstanz i.S. von Art. 75 BGG ergangen ist - mit der Beschwerde
nach BGG angefochten werden könnte. Lediglich der darin enthaltene
Kostenentscheid ist anfechtbar (Art. 110 ZPO).

1.3 Der gerichtliche Vergleich selbst hat zwar die Wirkung eines
rechtskräftigen Entscheides (Art. 241 Abs. 2 ZPO), kann aber einzig mit
Revision nach ZPO angefochten werden (Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO; Botschaft,
a.a.O., S. 7380; Urteil 4A_269/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 3.1). In Bezug auf
materielle oder prozessuale Mängel des Vergleichs ist die Revision mithin
primäres und ausschliessliches Rechtsmittel (KILLIAS, a.a.O., N. 49 zu Art. 241
ZPO; OBERHAMMER, a.a.O., N. 7 f., 12 zu Art. 241 ZPO). Gegen einen Vergleich
stehen weder die Berufung und Beschwerde nach ZPO noch die Beschwerde nach BGG
offen.

1.4 Die Rügen des Beschwerdeführers betreffen ausschliesslich angebliche
(materielle oder prozessuale) Mängel des Vergleichs, welche einzig mit Revision
nach Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO geltend gemacht werden können. Der angefochtene
Abschreibungsbeschluss ist diesbezüglich kein taugliches Anfechtungsobjekt
einer Beschwerde nach BGG. Rügen gegen den Kostenentscheid im
Abschreibungsbeschluss bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Auf die
Beschwerde ist somit mangels tauglichen Anfechtungsobjekts bzw. tauglicher
Rügen nicht einzutreten.

2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 2.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Februar 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Hurni