Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.580/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_580/2012

Urteil vom 18. Februar 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Zehnder,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kleb,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Werkvertrag, Vertragsabschluss,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, vom 28. August 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Y.A.________ AG mit Sitz in L.________ (nachfolgend: Beklagte,
Beschwerdegegnerin) war Bauherrin der Überbauung "W.________" in M.________.
Die X.________ AG (nachfolgend: Klägerin, Beschwerdeführerin), eine
Bauunternehmung, wurde mit Werkvertrag vom 14. März 2008 mit Baumeisterarbeiten
beauftragt. Nach Ausführung dieser Arbeiten blieben Unstimmigkeiten zwischen
den Parteien hinsichtlich der Vergütung und der Mängelhaftigkeit der erbrachten
Leistungen.

B.
B.a
Mit Eingabe vom 15. März 2010 reichte die Klägerin beim Kantonsgericht Zug
gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von Fr. 481'842.75 nebst 5 % Zins seit 24.
Juli 2009 ein, wobei sie sich auf den Werkvertrag vom 14. März 2008 und
Zusatzbestellungen stützte.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, sofern darauf eingetreten werde,
und erhob Widerklage. Mit dieser verlangte sie für den Fall, dass auf die Klage
eingetreten und diese nicht mangels Passivlegitimation abgewiesen werden
sollte, den allenfalls zu ihren Gunsten lautenden Saldo der von ihr zur
Verrechnung gestellten Forderungen heraus und die Lieferung der vertraglich
vereinbarten Garantiescheine. Sie bestritt vorweg die örtliche Zuständigkeit
des Kantonsgerichts Zug und ihre Passivlegitimation. Sie sei zwar Bauherrin der
Überbauung "W.________" gewesen. Für die Ausführung des Bauvorhabens habe sie
jedoch die Y.B.________ AG mit Sitz in N.________ als Generalunternehmerin
beauftragt. Diese habe in der Folge die Verträge als Bestellerin mit den
Subunternehmern, u.a. mit der Klägerin, abgeschlossen. Folgerichtig sei der
Werkvertrag mit der Klägerin vom 14. März 2008 nicht von ihr, der Beklagten
(mit Sitz in L.________), sondern von der Y.B.________ AG mit Sitz in
N.________ unterzeichnet worden. Zwischen den Parteien bestünde demnach kein
Vertrag und sie sei daher nicht passivlegitimiert. Der Gerichtsstand befinde
sich am Sitz der Y.B.________ AG als der einzuklagenden Partei.
Am 19. Oktober 2011 schützte das Kantonsgericht die Klage und die Widerklage
teilweise. Es verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Fr. 287'732.70 zu
bezahlen, und die Klägerin (und Widerbeklagte), den vertraglich geschuldeten
Garantieschein zu liefern. Im Übrigen wies es Klage und Widerklage ab.
B.b Gegen dieses Urteil reichte die Beklagte am 21. November 2001 beim
Obergericht des Kantons Zug Berufung ein mit dem Begehren, das Urteil des
Kantonsgerichts sei aufzuheben.
In ihrer Eingabe vom 26. Dezember 2011 schloss die Klägerin auf Abweisung der
Berufung und erhob Anschlussberufung, mit der sie im Wesentlichen beantragte,
die Beklagte sei zu verpflichten, den ihr vom Kantonsgericht zugesprochenen
Betrag von Fr. 287'732.70 mit 5 % seit dem 24. Juli 2009 zu verzinsen.
Das Obergericht schützte die Berufung mit Urteil vom 28. August 2012, hob das
Urteil des Kantonsgerichts Zug vom 19. Oktober 2011 auf und wies die Klage ab.
Ebenso wies es die Anschlussberufung ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zug aufzuheben, die Berufung der Beklagten
ans Obergericht abzuweisen und ihre Anschlussberufung gutzuheissen.
Eventualiter sei die Sache zur Beurteilung der Anschlussberufung an das
Obergericht zurückzuweisen. Die Beklagte und das Obergericht schliessen auf
kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Obwohl kein weiterer Schriftenwechsel
angeordnet wurde, haben die Parteien eine Replik und eine Duplik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil ist ein verfahrensabschliessender Endentscheid (Art. 90
BGG) einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG.
Sodann übersteigt der Streitwert die Grenze nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG. Da
auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist - unter Vorbehalt
einer hinlänglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) -
grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art.
96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls
wird darauf nicht eingetreten. In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht kann das Bundesgericht
nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68 mit
Hinweis).

3.
3.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei
"willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Überdies muss die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die
gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3 S. 341, 462 E. 2.4 S. 466
f.). Soweit die beschwerdeführende Partei den Sachverhalt ergänzen will, hat
sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante
Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen
prozesskonform eingebracht hat (Urteile des Bundesgerichts 4A_275/2011 vom 20.
Oktober 2011 E. 2, nicht publ. in: BGE 137 III 539; 4A_214/2008 vom 9. Juli
2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 III 570).

3.2 Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin teilweise. So macht sie
geltend, Z.________ habe den Werkvertrag "als einzelzeichnungsberechtigter
Verwaltungsrat der Beklagten unterzeichnet". Sie rügt in diesem Zusammenhang,
die Vorinstanz habe willkürlich und in Verletzung des rechtlichen Gehörs der
Klägerin die Aussage von Z.________ vor Kantonsgericht, wonach er den
Werkvertrag "für die Beklagte unterzeichnete" nicht berücksichtigt. Das
angefochtene Urteil hält fest, es sei unbestritten, dass Z.________ den
Werkvertrag ausdrücklich im Namen der Y.B.________ AG und ohne Hinweis auf ein
Vertretungsverhältnis unterzeichnete. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht,
dass diese vorinstanzliche Feststellung unzutreffend sei und legt auch nicht
dar, wo im vorinstanzlichen Verfahren sie ihre Behauptung, wonach Z.________
als Verwaltungsrat der Beklagten unterzeichnet hätte, bereits prozesskonform
eingebracht hätte. Darauf ist somit nicht weiter einzugehen.
Nicht weiter einzugehen ist auch auf die Tatsachenbehauptung, X.________ habe
anlässlich der Vertragsunterzeichnung Z.________ daraufhin angesprochen,
weshalb hier die Y.A.________ AG auftrete. Dieser habe ihm erklärt, das müsse
ihn nicht kümmern, das sei aus steuerlichen Gründen so. Er (Z.________)
vertrete beide Gesellschaften. Die Vorinstanz hat dazu keine Feststellungen
getroffen und die Beschwerdeführerin legt nichts dar, woraus sich die
Voraussetzungen für eine Ergänzung des Sachverhalts (vgl. E. 3.1 hiervor)
ergeben würden. Das Gleiche gilt für den Hinweis der Beschwerdeführerin, gemäss
ihrem im Handelsregister publizierten Zweck trete die Beschwerdegegnerin als
Werkerstellerin auf.

4.
Zu prüfen ist, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Vertrag zustande
gekommen ist.

4.1 Der Inhalt der beiderseitigen Erklärungen bestimmt sich in erster Linie
nach dem wirklichen Willen der Vertragsparteien (Art. 18 Abs. 1 OR). Kann eine
tatsächliche Einigung nicht festgestellt werden, ist die Vereinbarung nach dem
Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang
sowie den gesamten Umständen verstanden werden durfte und musste. Für die
Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
massgeblich. Nachträgliches Parteiverhalten ist dafür nicht von Bedeutung; es
kann jedoch - im Rahmen der Beweiswürdigung - auf einen tatsächlichen Willen
der Parteien schliessen lassen. Während das Bundesgericht die objektivierte
Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage prüfen kann, beruht die
subjektive Auslegung auf Beweiswürdigung, die vorbehaltlich der Ausnahme von
Art. 105 Abs. 2 BGG der bundesgerichtlichen Überprüfung entzogen ist (BGE 132
III 626 E. 3.1 S. 632 mit Hinweisen).

4.2 Das Kantonsgericht ging davon aus, der subjektive Parteiwillen lasse sich
nicht mehr eruieren, und legte daher den Vertrag normativ aus. Namentlich
aufgrund des Wortlauts des Werkvertrags vom 14. März 2008, wonach die Beklagte
Bauherrin war, während der Y.B.________ AG nur die Funktion der Bauleitung
zukam, sei die Beklagte die Vertragspartnerin gewesen. Dass der Vertrag von der
Y.B.________ AG unterzeichnet worden sei, ändere daran nichts. Denn einerseits
sei der unterzeichnete Z.________ sowohl einzelzeichnungsberechtigter
Delegierter des Verwaltungsrats der Y.B.________ AG als auch
einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsratspräsident der Beklagten gewesen.
Aufgrund des vorvertraglichen Schriftverkehrs hätte die Klägerin nach Treu und
Glauben von einer Vollmacht der Beklagten an die Y.B.________ AG zur
Unterzeichnung des Werkvertrags ausgehen dürfen.

4.3 Die Vorinstanz bezweifelte, dass sich ein natürlicher Konsens betreffend
die tatsächlich gewollte Vertragsgegenpartei nicht mehr feststellen lasse.
Entgegen dem Kantonsgericht liesse sich dieser nicht nur gestützt auf die
Aussagen von X.________ und Z.________ als Organe der jeweiligen Gesellschaften
eruieren, ein entsprechender Beweis könne allenfalls auch mit Indizien geführt
werden. Im Ergebnis hielt sie aber nur fest, es deute "sehr Vieles" darauf hin,
dass die Y.B.________ AG mit der Klägerin ein Eigengeschäft abgeschlossen und
dies dem Willen beider Parteien entsprochen habe. Entgegen der Erstinstanz sei
auch der Wortlaut nicht eindeutig, sondern weise "eher" auf die Y.B.________ AG
als Vertragspartnerin, was "wohl auch deren tatsächlichem Willen entsprach".
Damit stellte die Vorinstanz aber - entgegen dem, was die Beschwerdegegnerin
anzunehmen scheint - selbst ebenfalls nicht eine entsprechende tatsächliche
Willensübereinstimmung fest, sondern äusserte lediglich eine (überwiegend
wahrscheinliche) Vermutung.

5.
Ist der wirkliche Wille der Parteien unbewiesen geblieben, sind ihre
Erklärungen nach dem Vertrauensprinzip auszulegen (vgl. E. 4.1 hiervor).

5.1 Die Vorinstanz hielt der Beschwerdeführerin entgegen, sie habe gemäss Art.
8 ZGB zu beweisen, dass zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin ein
tatsächlicher oder zumindest normativer Konsens betreffend Vertragsabschluss
bestanden habe. Diesen Nachweis habe sie nicht erbracht, weshalb die Klage ohne
weiteres mangels Passivlegitimation abzuweisen sei.
Es trifft zu, dass die Beschwerdeführerin für den Vertragsschluss mit der
Beschwerdegegnerin die Beweislast trägt. Beweisen muss - und kann - sie aber
nur Tatsachen, das heisst die tatsächliche Willensübereinstimmung oder
allenfalls, wenn dieser Nachweis misslingt, Umstände, die bei der Auslegung
nach dem Vertrauensprinzip zu ihren Gunsten zu berücksichtigen wären.
Rechtsfrage ist demgegenüber, ob gestützt auf das Vertrauensprinzip von einem
Vertrag mit der Y.B.________ AG oder von einem solchen mit der
Beschwerdegegnerin auszugehen ist.

5.2 Die Rechtsfrage, welcher Vertragsschluss aufgrund des Vertrauensprinzips
anzunehmen ist, prüft das Bundesgericht frei (vgl. E. 4.1 hiervor).
5.2.1 Im Werkvertrag wird die Beklagte als "Bauherr", die Y.B.________ AG als
"Projektleitung" und die Klägerin als "Unternehmer" bezeichnet. Die
Bezeichnungen stehen ohne weitere Angaben zu Beginn des Vertrages, daneben
werden in gleicher Weise der Architekt, der Geologe und der Bauingenieur
aufgeführt. Die Unklarheit entstand, weil auf diese Weise nicht explizit
angegeben wurde, zwischen wem der Vertrag abgeschlossen wurde. Entgegen der
Erstinstanz, die massgeblich auf die Bezeichnung der Beklagten als Bauherr
abstellte, erachtete die Vorinstanz diesen Ausdruck als mehrdeutig. In der
Fachsprache sei der Bauherr der "Herr des gesamten Baugeschehens", von dem das
Bauvorhaben ausgehe. Er müsse aber nicht zwingend auch der Besteller und damit
Vertragspartner des Bauunternehmers sein. Seien an der Bauausführung auch
Subunternehmer beteiligt, so sei der "Bauherr" nur der Erstbesteller, Besteller
und damit Vertragspartner des Subunternehmers aber der vom "Bauherrn"
beauftragte Unternehmer. Entsprechend müssten die Parteibezeichnungen
sinngemäss den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, zu keiner Zeit sei die Y.B.________ AG
als Werkbestellerin oder auch nur als Generalunternehmerin oder die Klägerin
als Subunternehmerin bezeichnet worden, wie von der Beschwerdegegnerin
behauptet. Die Vorinstanz habe diese Behauptung als zutreffend übernommen, was
willkürlich und eine "frei erfundene Sachverhaltsfeststellung" sei. Die Rüge
geht ins Leere. Die Vorinstanz hat keine entsprechenden tatsächlichen
Feststellungen gemacht, die das Bundesgericht binden. Vielmehr hat sie in
allgemeiner Form analysiert, welche Bezeichnungen in welchen Konstellationen
von Bauwerkverträgen verwendet werden und daraus in objektivierender Auslegung
abgeleitet, dass aus der Bezeichnung "Bauherr" nichts Entscheidendes abgeleitet
werden kann.
Indessen ist ihr nicht zu folgen. Die SIA-Norm 118 ist integrierender
Bestandteil des Werkvertrages. Inhalt und Zweck der Norm ist nach ihrer
Präambel unter anderem, die in den von ihr bestimmten Verträgen gebräuchlichen
Begriffe zu klären. Massgeblich ist daher, welche Bezeichnungen diese Norm
verwendet. Art. 2 Abs. 1 SIA-Norm 118 bestimmt: Die entgeltliche Ausführung
einer Bauarbeit für einen anderen, den Bauherrn, erfolgt auf Grund eines
Werkvertrages. Der Bauherr ist Besteller, der Ausführende ist Unternehmer im
Sinne des Art. 363 OR. Zwar trifft zu, wie die Vorinstanz annimmt, dass als
"Bauherr" allgemein ausschliesslich der "Herr des gesamten Baugeschehens"
verstanden wird. Ein (General-)Unternehmer, der im eigenen Namen
Werkvertragsarbeiten an Subunternehmer weiter vergibt, ist nach diesem
Sprachgebrauch kein Bauherr. Die Terminologie der Norm ist jedoch gerade eine
andere, denn nach ihr wird jeder Besteller (unabhängig welcher Vergabestufe)
eines Bauwerkes als Bauherr bezeichnet. Bauherr im Sinn der Norm kann daher
auch ein General- oder Totalunternehmer sein, der Arbeiten, die er dem
Hauptbesteller schuldet, seinerseits an Dritte weiter vergibt (ROLAND
HÜRLIMANN, in: Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 1-37, Gauch/Stöckli [Hrsg.],
2009, N. 4 zu Art. 2 SIA-Norm 118). Daraus folgt, dass jemand, der in einem
SIA-118-Vertrag als Bauherr bezeichnet wird, auch Besteller ist. Es ist daher
entscheidend, dass die Beklagte - und nur sie - im Vertrag als Bauherr
bezeichnet ist. Wäre die Y.B.________ AG Bestellerin, müsste sie nach der
Terminologie der SIA Norm 118 als Bauherrin bezeichnet sein. Sie ist aber nach
der Vertragsbezeichnung nur Projekt(Bau-)leiterin. Als solche tritt sie gemäss
Ziff. 6 des Vertrages als Vertreterin "des Auftraggebers" auf. Damit übernimmt
der Vertrag wiederum die Bezeichnungen und Unterscheidungen, wie sie in Art. 3
Abs. 3 und Art. 33 ff. der SIA-Norm 118 verwendet werden. Wenn die Y.B.________
AG als Bauleitung Vertreterin des Auftraggebers ist, kann sie nicht
gleichzeitig der Auftraggeber sein. Der Vertrag enthält demgegenüber, und
anders als es die Vorinstanz anzunehmen scheint, überhaupt keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Y.B.________ AG als Generalunternehmerin hätte tätig sein
sollen. Die verwendeten Bezeichnungen sprechen daher ganz klar für die
Passivlegitimation der Beklagten.
5.2.2 Dem steht auf den ersten Blick entgegen, dass Z.________ den Vertrag im
Namen der Y.B.________ AG unterzeichnet hat. Die Vorinstanz wie schon zuvor das
Kantonsgericht gingen zu Recht davon aus, dass der so unterzeichnete Vertrag
die Beschwerdegegnerin nur verpflichten konnte, wenn von einer Vertretung
letzterer durch die Y.B.________ AG bei Vertragsabschluss auszugehen ist.
Während die Erstinstanz annahm, die Beschwerdeführerin habe nach dem
Vertrauensprinzip von einem Vertretungsverhältnis ausgehen dürfen, verneinte
dies die Vorinstanz. Zwar anerkannte sie, dass eine Vertretungswirkung nicht
nur eintritt, wenn der Vertreter zu erkennen gibt, dass er in Vertretung
handelt (Art. 32 Abs. 1 OR), sondern auch aufgrund einer stillschweigenden
Erklärung, wenn der Dritte aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis
schliessen musste (Art. 32 Abs. 2 OR). Dabei sei kein Vertretungswille
erforderlich; es komme nur darauf an, ob der Dritte nach dem Vertrauensprinzip
schliessen musste und durfte, dass ein Handeln in fremdem Namen vorliege.
Solche Umstände seien jedoch hier nicht ohne Weiteres ersichtlich und die
Klägerin habe im vorinstanzlichen Verfahren auch gar nicht behauptet, dass sie
der Meinung gewesen sei, die Y.B.________ AG habe beim Abschluss als
bevollmächtigte Vertreterin der Beklagten gehandelt.
Art. 3 Abs. 3 der SIA-Norm 118, der unter dem Randtitel "Arten des Abschlusses"
steht, sieht ausdrücklich vor, dass sich der Bauherr beim Vertragsabschluss
durch die Bauleitung vertreten lassen kann. Zwar heisst dies nicht, dass die
Bauleitung dadurch bereits ohne weiteres zum Abschluss des Werkvertrages
ermächtigt ist. Für die Phase vor Abschluss des Werkvertrages gibt die Norm
(anders als für die Phase nach Vertragsabschluss) keine Vollmacht der
Bauleitung kund. Für die Stellvertretungsvollmacht gelten vielmehr die
allgemeinen Bestimmungen von Art. 33 ff. OR (ANTON EGLI, in: Kommentar zur
SIA-Norm 118, a.a.O., N. 6 zu Art. 3 und N. 2d zu Art. 19 SIA-Norm 118).
Indessen zeigt die explizite Erwähnung in Art. 3 Abs. 3 der Norm doch, dass für
die Praxis die Vertretung beim Abschluss nichts Unübliches ist. Entgegen der
Vorinstanz bestehen nun im vorliegenden Fall sehr wohl besondere Umstände,
nämlich dadurch, dass Z.________ sowohl vertretungsbefugtes Organ der
Y.B.________ AG wie der Beschwerdegegnerin war. Er war es somit, der als Organ
der Bauherrin der Bauleitung die Ermächtigung zur Vertretung beim
Vertragsabschluss erteilen konnte. Angesichts dieser Personalunion musste die
Klägerin ohne weiteres davon ausgehen, dass Z.________ gleichzeitig mit der
Unterzeichnung als Organ der Y.B.________ AG diese namens der Beklagten zur
Unterzeichnung ermächtigte bzw. diese genehmigte.
5.2.3 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass aufgrund einer Auslegung nach dem
Vertrauensprinzip die Beklagte passivlegitimiert ist. Daran ändert auch das von
der Vorinstanz hervorgehobene nachvertragliche Verhalten (dem nur für das
tatsächliche Verständnis der Beschwerdeführerin Bedeutung zukommt) im
Zusammenhang mit der Ausstellung des Garantiescheins und den Zahlungen nichts.
Diese lassen keine zwingenden Rückschlüsse zu, weil Schriftverkehr und
Abwicklung über die Projektleitung nicht ungewöhnlich sind.

6.
Damit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Dem Ausgang des
Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdegegnerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zug vom 28. August 2012 wird aufgehoben und die Sache zu neuer
Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Februar 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak