Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.545/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_545/2012

Urteil vom 10. Januar 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
Z.a.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Heer,
Beschwerdeführer,

gegen

X.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Benno Studer,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Abschreibung des Verfahrens,

Beschwerde gegen den Abschreibungsbeschluss des Kantonsgerichts St. Gallen, I.
Zivilkammer, vom 13. August 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a Die Erbengemeinschaft Z.b.________ sel., bestehend aus Z.c.________,
Z.d.________, Z.a.________, Z.e.________ und Z.f.________, verkaufte mit
öffentlich beurkundetem Vertrag vom 16. September 2005 drei Grundstücke zum
Preis von Fr. 897'893.-- an X.________.
A.b In der Folge weigerte sich Z.a.________ im Gegensatz zu den übrigen Erben,
die für die Eigentumsübertragung erforderliche Grundbuchanmeldung zu
unterzeichnen.
A.c Am 19. Dezember 2008 stellten Z.c.________, Z.d.________ und Z.f.________
ein Gesuch um Einsetzung eines Erbenvertreters. Das Amtsnotariat Wil-Toggenburg
entsprach dem Gesuch. Nachdem das Departement des Innern des Kantons St. Gallen
diese Verfügung aufgehoben hatte, hiess das Kantonsgericht St. Gallen den
dagegen erhobenen Rekurs gut und setzte Rechtsanwalt Dr. iur. Y.________ als
Erbenvertreter ein. Die gegen diesen Entscheid geführte Beschwerde wies das
Bundesgericht ab (Urteil des Bundesgerichts 5D_133/2010 vom 12. Januar 2011).

B.
B.a Am 8. September 2009 reichte X.________ (fortan: Kläger, Beschwerdegegner)
vor Kreisgericht Wil gegen Z.a.________ (fortan: Beklagter, Beschwerdeführer)
als Beklagten sowie Z.c.________, Z.e.________, Z.f.________ und Z.d.________
als "mitbeteiligte Parteien" Klage ein mit dem Begehren, das Grundbuchamt sei
anzuweisen, den Kaufvertrag gestützt auf die von den Verkäufern mit Ausnahme
von Z.a.________ unterzeichnete Grundbuchanmeldung und die zu ergehende
richterliche Anordnung im Grundbuch einzutragen und die Eigentumsübertragung
zugunsten des Klägers vorzunehmen. Der Beklagte schloss auf kostenfällige
Abweisung der Klage.
Mit Entscheid vom 18. Oktober 2010 schützte das Kreisgericht Wil die Klage. Die
vom Beklagten erhobene Einrede der fehlenden Passivlegitimation (mit der
Begründung, dass sämtliche Erben gemeinsam hätten beklagt werden müssen) wurde
verworfen. Im Rubrum des Entscheids wurden Z.c.________, Z.d.________,
Z.e.________ und Z.f.________ als "Beteiligte" aufgeführt, welchen "zur Wahrung
ihrer Rechte" auch das Urteil zur Kenntnis zu bringen sei.
B.b Gegen dieses Urteil reichte der Beklagte am 9. März 2011 Berufung beim
Kantonsgericht St. Gallen ein. Er beantragte im Wesentlichen, die Klage
abzuweisen. Der Kläger trug auf Nichteintreten, eventualiter auf Abweisung der
Berufung an.
Im Rahmen eines am 23. März 2011 anhängig gemachten Zwischenverfahrens gegen
den Erbenvertreter beantragte der Beklagte sodann, es sei diesem zu verbieten,
die Anmeldung zur Eigentumsübertragung zu unterzeichnen und das Grundbuchamt
sei anzuweisen, eine Verfügungsbeschränkung und Grundbuchsperre betreffend die
fraglichen Grundstücke vorzumerken. Mit Entscheid vom 14. Juli 2011 wurde
dieses Massnahmegesuch abgewiesen.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 teilte der Erbenvertreter dem
Kantonsgericht mit, die streitgegenständlichen Grundstücke gemäss Kaufvertrag
vom 16. September 2005 seien am 16. Dezember 2011 auf den Kläger übertragen
worden.
Daraufhin wurde ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt, in dem beide
Parteien an ihren Rechtsbegehren gemäss Berufung und Berufungsantwort
festhielten. Mit Beschluss vom 13. August 2012 schrieb das Kantonsgericht St.
Gallen das Verfahren als erledigt ab. Es auferlegte die erstinstanzlichen
Gerichtskosten von Fr. 31'500.-- je zur Hälfte dem Kläger und dem Beklagten. Es
verpflichtete den Beklagten ausserdem, die Gerichtskosten des
Berufungsverfahrens von Fr. 5'000.-- zu bezahlen und den Kläger für dessen
Parteikosten im Berufungsverfahren mit Fr. 20'000.-- zu entschädigen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt
der Beklagte, es sei der Entscheid des Kantonsgerichts vom 13. August 2012
aufzuheben und das Verfahren bis zur vollständigen Erledigung zu sistieren.
Eventualiter sei der Entscheid aufzuheben und die Klage unter Kosten- und
Entschädigungsfolge abzuweisen. Subeventualiter sei der Entscheid des
Kantonsgerichts betreffend die Kosten (Ziff. 2 und 3) aufzuheben, die Kosten
für beide kantonalen Instanzen dem Kläger aufzuerlegen und dieser zu
verpflichten, den Beschwerdeführer zu entschädigen. Subsubeventualiter sei die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.
Am 21. November 2012 reichte der Beschwerdeführer eine nachträgliche Eingabe
ein, zu welcher der Beschwerdegegner am 5. Dezember 2012 Stellung nahm. Die
Vorinstanz verzichtete auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 138 III 46 E. 1 S. 46 mit
Hinweis).
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer
letzten kantonalen Instanz (Art. 75 BGG) in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1 BGG).
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, und der Streitwert
für eine Beschwerde in Zivilsachen wird offensichtlich erreicht (Art. 74 Abs. 1
lit. b BGG). Die Beschwerde wurde innert Frist (Art. 100 BGG) eingereicht, und
der Beschwerdeführer hat ein schutzwürdiges Interesse, den angefochtenen
Abschreibungsbeschluss überprüfen zu lassen (Art. 76 BGG). Auf die Beschwerde
in Zivilsachen ist daher einzutreten. Entsprechend wird auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten (Art. 113 BGG).

2.
Im Rahmen der Beschwerde in Zivilsachen wendet das Bundesgericht das Recht von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die Begründungspflicht des
Beschwerdeführers (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 134 III 102 E. 1.1 S. 104
f.). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht
prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei, welche die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss klar und
substanziiert aufzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III 462 E. 2.4 S. 466 f.).

4.
Das Kantonsgericht schrieb das Berufungsverfahren ab mit der Begründung, nach
dem unangefochten gebliebenen Vollzug des Kaufvertrages durch den
Erbenvertreter sei das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers entfallen.
Der Beschwerdeführer beanstandet, das Verfahren sei unzulässigerweise als
gegenstandslos abgeschrieben worden. Obwohl er sich im abgeschriebenen
Verfahren in erster Linie darauf berufen hatte, es fehle an der
Passivlegitimation, vertritt er nun die Ansicht, es sei die Frage des
rechtsgültigen Grundgeschäftes unbeantwortet geblieben. Mit der entscheidenden
Feststellung im angefochtenen Entscheid, die Eintragung im Grundbuch sei
unangefochten geblieben und der klagegegenständliche Anspruch in der Sache
untergegangen, setzt er sich nicht auseinander. Er bringt in dieser Hinsicht
nur vor, der "Erledigungszustand" sei nicht von Dauer. Er stellt jedoch selbst
nicht in Abrede, dass nach Vollzug der Grundbucheintragung eine
Grundbuchberichtigungsklage erforderlich wäre. Damit verkennt er, dass der
Streitgegenstand des vorliegenden Prozesses, in dem es allein um die Eintragung
des Beschwerdegegners als Eigentümer im Grundbuch ging, mit der Eintragung
tatsächlich und endgültig erledigt ist. Für eine Grundbuchberichtigung bedürfte
es einer neuen Klage. Mit der Sistierung des Verfahrens lässt sich die
Grundbucheintragung nicht rückgängig machen. Auch eine Aufhebung des
angefochtenen Entscheides würde nichts mehr an der bereits vollzogenen
Eintragung ändern. Damit ist ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers,
das einen konkreten Nutzen im Sinne der Änderung der Rechtslage durch die
Änderung des angefochtenen Entscheides voraussetzt, nicht mehr ersichtlich. Der
angefochtene Abschreibungsbeschluss ist daher rechtskonform und die Beschwerde
in der Sache abzuweisen, ohne dass die materiellen Einwände des
Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Entscheid zu prüfen wären.

5.
5.1 Unbestritten richtete sich das kantonale Verfahren noch nach St. Gallischem
Zivilprozessrecht in der bis Ende 2010 gültigen Fassung. Die Vorinstanz
auferlegte die Kosten gestützt auf Art. 266 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b des
Zivilprozessgesetzes vom 20. Dezember 1990 (ZPO/SG) nach Ermessen. Soweit die
Kostenauflage im Ermessen der entscheidenden Behörden liegt, greift das
Bundesgericht auf Willkürbeschwerde nur ein, wenn der Kostenentscheid auf einer
unhaltbaren Würdigung der Umstände beruht, die mit Recht und Billigkeit
schlechterdings unvereinbar ist (BGE 109 Ia 107 E. 2c S. 109; Urteile des
Bundesgerichts 4P.352/1997 vom 18. März 1998 E. 1b; 2P.400/1997 vom 3. März
1998 E. 5b).

5.2 Die Vorinstanz stellte für die Kostenverlegung entscheidend auf den
mutmasslichen Prozessausgang ab, wobei mutmasslich bedeute, dass keine
abschliessende Beurteilung vorzunehmen sei, sondern eine Prognose genüge. Dass
sie entgegen dem Beschwerdeführer nicht berücksichtigte, wer die
Gegenstandslosigkeit verursachte, beruht jedenfalls nicht auf einer unhaltbaren
Würdigung der Umstände (vgl. E. 5.1 hiervor).
Die Vorinstanz ging bezüglich der Passivlegitimation davon aus, es hätten wohl
alle Erben als notwendige Streitgenossenschaft eingeklagt werden müssen. Sie
prüfte sodann verschiedene Prozesshandlungen des Klägers im Hinblick darauf, ob
sein tatsächlicher Wille darauf gerichtet war, sämtliche Erben einzuklagen oder
nur den Beklagten Z.a.________. Sie nahm an, die meisten Indizien sprächen für
ein Ungenügen der Klageschrift, letztlich sei dies aber ungewiss. Gleichzeitig
berücksichtigte sie, dass, wenn sich die Klageschrift als genügend erwiesen
hätte, das Begehren des Klägers wohl hätte geschützt werden müssen. Zu diesem
zweiten Gesichtspunkt äussert sich der Beschwerdeführer nicht. Mangels Rüge
(vgl. E. 2 hiervor) hat es hierbei sein Bewenden. Die hälftige Kostenteilung
wäre demnach nur dann unhaltbar, wenn im Rahmen der Prognose praktisch mit
Sicherheit hätte davon ausgegangen werden müssen, dass die Klage ungenügend
war, sodass es auf die Prozesschancen für den umgekehrten Fall nicht mehr
angekommen wäre. Die Vorinstanz hat aber dargelegt, gerade der Umstand, dass
Z.a.________ der Einzige gewesen sei, der die für den Vollzug des Kaufvertrages
erforderliche Grundbuchanmeldung nicht unterzeichnet hatte, hätte unter dem
Aspekt der erkennbaren Interessenlage rechtfertigen können, die Klageschrift
als in ausreichender Weise gegen alle Erben gerichtet zu betrachten.
Entsprechend sei sie denn auch vorerst von der Erstinstanz verstanden worden.
Der Beklagte selbst habe sodann in seinen Rechtsschriften seine Miterben nicht
bloss als "mitbeteiligte Parteien", sondern als "Beklagte" bezeichnet. Mit
diesen zutreffenden Überlegungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht
auseinander. Der Kostenentscheid erweist sich insoweit jedenfalls nicht als
willkürlich.
Auch die Kostenverlegung für das zweitinstanzliche Verfahren ist nicht zu
beanstanden, zumal der Beschwerdeführer in Kenntnis der zur
Gegenstandslosigkeit des Verfahrens führenden Umstände an seinem Antrag auf
Klageabweisung festgehalten hat.

6.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs.
1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Januar 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak