Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.458/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_458/2012

Urteil vom 30. Oktober 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Buchli,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. A.________,
2. B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Hess,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Kosten,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, II.
Zivilkammer, vom 20. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
A.________ und B.________ (Beschwerdegegner) liessen im Jahre 2005 ein
Einfamilienhaus in Hanglage erstellen. Die Baumeisterarbeiten (Betonarbeiten
inklusive Abdichtungen) übernahm die X.________ AG (Beschwerdeführerin), welche
für die Ausführung der Abdichtungsarbeiten eine Unterakkordantin hinzuzog. Nach
Bezug des Hauses traten im Frühjahr 2006 Feuchtigkeitsschäden auf. Nach von der
Beschwerdeführerin durchgeführten Sanierungsarbeiten, welche keinen Erfolg
zeigten, wies diese jegliche Verantwortung für die aufgetretenen Wasserschäden
von sich. In der Folge gab die Bauherrschaft ein Gutachten in Auftrag, welches
zwei Sanierungsvarianten aufzeigte und deren Kosten mit Fr. 205'000.-- und mit
Fr. 116'000.-- bezifferte. Die Verantwortung für die Mängel lag gemäss
Gutachten zu 56 % bei der Planung und Bauleitung und zu 44 % beim Baumeister.
Nachdem die Beschwerdeführerin das Ergebnis des Gutachtens nicht akzeptiert
hatte, gelangten die Beschwerdegegner nach erfolgloser Schlichtungsverhandlung
an das Bezirksgericht Imboden und beantragten, die Beschwerdeführerin zu
verpflichten, einen Kostenvorschuss von Fr. 90'000.-- oder 44 % der
Sanierungskosten von insgesamt Fr. 205'000.-- zu bezahlen, unter Vorbehalt des
Nachklagerechts.

B.
Am 11. März 2009 erliess der Bezirksgerichtspräsident eine Beweisverfügung,
worin er die Einholung einer von den Beschwerdegegnern anbegehrten Expertise
ablehnte. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess der Bezirksgerichtsausschuss
Imboden mit Beiurteil vom 1. September 2009 gut und wies seine Vorinstanz an,
eine gerichtliche Expertise betreffend Ursache, Verschuldensanteile,
Mängelbeseitigungskosten und Kostenvorschusshöhe einzuholen. Am 22. Januar 2010
betraute der Bezirksgerichtspräsident vier Gutachter mit der Beantwortung der
aufgeworfenen Fragen und auferlegte beiden Parteien einen Kostenvorschuss von
je Fr. 200'000.--. Gegen diese Verfügung erhoben die Beschwerdegegner wiederum
Beschwerde an den Bezirksgerichtsausschuss, der diese mit Beiurteil vom 4. Mai
2010 abwies. Auf die dagegen angestrengte Beschwerde trat das Bundesgericht
nicht ein (Urteil des Bundesgerichts 4A_401/2010 vom 1. November 2010).

C.
Nach Eingang des Urteils des Bundesgerichts setzte der Bezirksgerichtspräsident
den Parteien mit Verfügung vom 9. Dezember 2010 eine letzte Nachfrist zur
Leistung des Kostenvorschusses bis zum 17. Januar 2011 unter Hinweis auf die
Säumnisfolgen. Die Beschwerdegegner suchten am 13. Januar 2011 um eine
Erstreckung dieser Frist bis 28. Februar 2011 für Fr. 150'000.-- und für die
restlichen Fr. 50'000.-- bis zum Beginn der Vorarbeiten für die Expertise
eventuell bis 10 Tage davor nach. Daraufhin erstreckte der
Bezirksgerichtspräsident die Frist zur Leistung des gesamten Vorschusses mit
unilateraler Verfügung vom 17. Januar 2011 bis zum 28. Februar 2011. Nachdem
dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mündlich mitgeteilt worden war, der
Kostenvorschuss der Gegenseite sei noch nicht eingegangen, die Frist zur
Leistung aber erstreckt, ersuchte die Beschwerdeführerin den
Bezirksgerichtspräsidenten am 2. Februar 2011, den mit der Verfügung vom 9.
Dezember 2010 angedrohten Säumnisfolgen Nachachtung zu verschaffen. Mit
Verfügung vom 4. Februar 2011 stellte sich dieser auf den Standpunkt, die
angesetzte "letzte Nachfrist" sei nicht unerstreckbar. Da die Beschwerdegegner
plausibel gemacht hätten, dass sie Willens und in der Lage seien, den
Kostenvorschuss zu leisten, die Mittel aber nicht sofort erhältlich machen
könnten, würde es angesichts der Höhe der verlangten Vertröstung eine
Rechtsverweigerung darstellen, die Fristerstreckung zu verweigern. Dagegen
erhob die Beschwerdeführerin "Rechtsverweigerungsbeschwerde im Sinne von Art.
237 lit. a der Bündner Zivilprozessordnung", welche das Kantonsgericht des
Kantons Graubünden mit Urteil vom 14. April 2011 abwies, soweit es darauf
eintrat. Der Kostenvorschuss war von den Beschwerdegegnern zwischenzeitlich
innert der erstreckten Frist geleistet worden.

D.
Daraufhin gelangte die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht und beantragte
im Wesentlichen, das Urteil vom 14. April 2011 aufzuheben, die Sache zur
Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen und dieses anzuweisen, den
bei der Erstinstanz hängigen Prozess kostenfällig abzuschreiben. Eventuell sei
das Kantonsgericht zu verpflichten, die Erstinstanz zu einer entsprechenden
Entscheidung anzuhalten. Auf diese Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein,
da es die Voraussetzungen für die Anfechtung dieses Zwischenentscheides im
Sinne von Art. 93 BGG nicht als gegeben erachtete. Ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil drohe nicht, da das Bundesgericht auf Beschwerde gegen
den Endentscheid die Abschreibung des Verfahrens veranlassen könnte, sofern
sich die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend erweisen sollte. Da
die Beschwerdeführerin nicht beantragt hatte, das Bundesgericht selbst solle
das Verfahren abschreiben, erachtete das Bundesgericht die Anträge mit Blick
auf das Erfordernis, einen materiellen Antrag zu stellen (BGE 133 III 489 E.
3.1), und die Möglichkeit, das Verfahren durch einen Endentscheid zu beenden
(Art. 93 Abs. 1 lit. b und Art. 107 Abs. Abs. 1 BGG), als ungenügend (Urteil
des Bundesgerichts 4A_333/2011 vom 1. November 2011).

E.
Neben der Beschwerde an das Bundesgericht hatte die Beschwerdeführerin am 23.
Mai 2011 den Bezirksgerichtspräsidenten ersucht, ihr die Verfügung vom 17.
Januar 2011 zu eröffnen und ihr Gelegenheit zu geben, in das von der
Gegenpartei gestellte Gesuch vom 13. Januar 2011 Einsicht zu nehmen und dazu
Stellung zu beziehen. Mit Verfügung vom 3. Januar 2012 erkannte der
Bezirksgerichtspräsident, die Beschwerdeführerin werde vom Verfahren
ausgeschlossen, solange sie nicht den Kostenvorschuss von Fr. 200'000.--
leiste. Am 11. Januar 2012 erinnerte die Beschwerdeführerin an ihr Gesuch vom
23. Mai 2011, das immer noch der Beantwortung harre. Am 13. Januar 2012
antwortete der Bezirksgerichtspräsident, mangels Bezahlung des
Kostenvorschusses stünden der Beschwerdeführerin keine
Verfahrensmitwirkungsrechte mehr zu und werde ihre Eingabe vom 23. Mai 2011
nicht beantwortet.

F.
Die Beschwerdeführerin focht die beiden Verfügungen vom 3. und vom 13. Januar
2012 fristgerecht an. Sie verlangte im Wesentlichen deren Aufhebung, den beim
Bezirksgericht hängigen Prozess abzuschreiben und sie ausseramtlich zu
entschädigen. In Eventualbegehren beantragte sie die Rückweisung an das
Bezirksgericht zur Abschreibung des Verfahrens beziehungsweise die Zustellung
des Fristerstreckungsgesuchs vom 13. Januar 2011 zur Stellungnahme sowie die
ordnungsgemässe Zustellung und Eröffnung der Verfügung vom 17. Januar 2011. Mit
Urteil vom 20. Juni 2012 vereinigte das Kantonsgericht beide Verfahren und trat
auf die Beschwerden nicht ein.

G.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen,
die beim Bezirksgericht hängige Klage abzuschreiben, eventuell eine Rückweisung
zur Abschreibung oder zur Durchführung eines ordnungsgemässen Verfahrens und zu
neuer Entscheidung. Die Beschwerdegegner beantragen, auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventuell diese abzuweisen, beides unter Kostenfolge. Das
Kantonsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei, und verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil befasst sich mit Zwischenentscheiden im Sinne des BGG
und betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand (Art. 92 BGG). Die
Beschwerde in Zivilsachen steht damit nur offen, wenn durch die Gutheissung der
Beschwerde sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand
an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann,
dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint (Art.
93 Abs. 1 lit. b BGG; BGE 133 III 629 E. 2.4 S. 633 mit Hinweisen) oder wenn
der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann
(Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), wobei der mögliche Nachteil rechtlicher Natur sein
muss, also auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid des
Bundesgerichts nicht mehr behoben werden könnte (BGE 137 III 380 E. 1.2.1 S.
382 mit Hinweisen). Die bundesgerichtliche Praxis zur Zulässigkeit der
Anfechtung eines Zwischenentscheides nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist streng,
zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen
Zwischenentscheid nicht selbständig anfechten, können sie ihn doch mit dem
Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs.
3 BGG; BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292 mit Hinweis).

1.1 In der Beschwerde wird der angefochtene Entscheid in zwei Punkten
beanstandet:
1.1.1 Hauptsächlich ist die Beschwerdeführerin der Auffassung, die Verfügung
vom 17. Januar 2011 sei nichtig und das Verfahren abzuschreiben. Diesbezüglich
könne das Bundesgericht durch einen sofortigen Endentscheid einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen.
1.1.2 Die Beschwerdeführerin rügt sodann eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör, da ihr im kantonalen Beschwerdeverfahren die
Beschwerdeantwort der Beschwerdegegner nicht zugestellt worden sei. Daher habe
sie sich zu Behauptungen in der Beschwerdeantwort, die mit Bezug auf die
Nichtigkeit der Verfügung vom 17. Januar 2011 wesentlich gewesen wären, nicht
äussern können. In diesem Punkt drohe der Beschwerdeführerin ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil.

1.2 Die Beschwerdeführerin ist bereits einmal an das Bundesgericht gelangt und
hat die von ihr behauptete Unzulässigkeit der Fristerstreckung für die Leistung
des Kostenvorschusses thematisiert. Auf diese Beschwerde konnte das
Bundesgericht mit Blick auf die ungenügenden Rechtsbegehren nicht eintreten
(zit. Urteil 4A_333/2011). Vor dem Hintergrund, dass sich das Bundesgericht aus
prozessökonomischen Gründen wenn möglich nur einmal mit einem Fall befassen
soll (BGE 133 III 629 E. 2.3 S. 632 mit Hinweisen), kann es nicht zulässig
sein, die bereits einmal mit nicht hinreichender Begründung thematisierte Frage
anlässlich des nächsten Zwischenentscheides mit verbesserten Rechtsbegehren
erneut aufzuwerfen. Es wäre vielmehr an der Beschwerdeführerin gewesen, dem
Bundesgericht mit hinreichenden Rechtsbegehren bereits im Verfahren 4A_333/2011
die Möglichkeit zur Herbeiführung eines Endentscheides und damit zur Prüfung
der von ihr mit etwas abgewandelter Begründung erneut aufgeworfenen
Rechtsfragen zu eröffnen. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

1.3 Mit Blick auf die geltend gemachte Gehörsverletzung ist entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführerin kein nicht wieder gutzumachender Nachteil
ersichtlich. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die unterlassene Zustellung
könne im Hauptverfahren nicht nachgeholt und die Gehörsverletzung vor
Bundesgericht mit Blick auf die eingeschränkte Kognition nicht geheilt werden.
Sie rügt die Gehörsverletzung aber mit Bezug auf Tatsachen, denen für die
Beurteilung der behaupteten Nichtigkeit der Fristerstreckung Bedeutung zukommen
soll. Das Verfahren ist aber nach wie vor erstinstanzlich hängig. Die
Beschwerdeführerin hat darin die Unzulässigkeit der Fristerstreckung
thematisiert. Auf Beschwerde gegen den kantonalen Endentscheid hin könnte das
Bundesgericht diese Frage prüfen. Würde die Prüfung zu Gunsten der
Beschwerdeführerin ausfallen, wäre damit ein allfälliger Nachteil behoben.
Beschwert ist die Beschwerdeführerin allerdings insoweit, als die Vorinstanz
ihr Kosten- und Entschädigungsfolgen auferlegt hat. Auch dies gereicht ihr aber
nicht zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da sie den
Zwischenentscheid diesbezüglich beim Bundesgericht anfechten könnte, nachdem
der kantonale Endentscheid ergangen ist (BGE 135 III 329 E. 1.2.2 S. 333 f.).

2.
Mit Blick auf die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen sind die
Voraussetzungen für die Anfechtung des Zwischenentscheides nicht gegeben. Daher
ist auf die Beschwerde nicht einzutreten und wird die Beschwerdeführerin
kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit insgesamt Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Oktober 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak