Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.407/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_407/2012

Urteil vom 20. Februar 2013
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

1. Verfahrensbeteiligte
X.________ SE,
2. Y.________ GmbH,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Sprecher,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

Z.________ B.V.,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Wiebecke,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Internationales Schiedsgericht,

Beschwerde gegen den Schiedsentscheid des Schiedsgerichts mit Sitz in Zürich
vom 29. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a Die X.________ SE (Beschwerdeführerin 1) ist eine Europäische
Aktiengesellschaft (Societas Europaea) mit Sitz in Wien.
Die Y.________ GmbH (Beschwerdeführerin 2) ist eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung österreichischen Rechts mit Sitz in I.________
(Österreich).
Die Z.________ B.V. (Beschwerdegegnerin) ist eine geschlossene
Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in Amsterdam.
A.b Die Beschwerdegegnerin und die Q.________ GmbH als Verkäuferinnen schlossen
am 30. Juli 2008 mit den Beschwerdeführerinnen als Käuferinnen einen
Aktienkaufvertrag ab (Share Purchase and Acquisition Agreement [SPA]).
Gegenstand des Vertrags waren sämtliche Aktien der R.________ AG, einer
österreichischen Tochtergesellschaft der Beschwerdegegnerin.
A.c Auf den Vertrag ist gemäss Ziffer 14.2 SPA österreichisches Recht
anwendbar. Gemäss Ziffer 8.1 SPA stand der Vertrag u.a. unter der
aufschiebenden Bedingung, dass die kartellrechtliche Freigabe durch die
österreichischen Wettbewerbsbehörden und weitere Instanzen erteilt werde. In
Ziffer 8.5 SPA haben die Parteien vereinbart, dass sie ihre "best endeavours"
einsetzen würden, um diese Bedingung zu erfüllen. Gemäss Ziffer 8.7 SPA durfte
jede Partei vom Vertrag zurücktreten, falls der Unternehmenszusammenschluss
nicht innert elf Monaten seit Unterzeichnung des SPA genehmigt würde, sofern
die zurücktretende Partei sich selbst an die Bestimmungen des SPA gehalten
hatte ("[...] provided that the Party intending to rescind this Agreement has
complied with all terms and obligations of the SPA").
A.d Da die kartellrechtliche Freigabe in der Folge nicht innert vertraglich
vereinbarter Frist erwirkt werden konnte, erklärten die Beschwerdeführerinnen
am 1. Juli 2009 den Rücktritt vom Vertrag. Per 16. September 2009 trat auch die
Beschwerdegegnerin vom Vertrag zurück.
In der Folge stellte sich die Beschwerdegegnerin auf den Standpunkt, der
Rücktritt der Beschwerdeführerinnen sei ungültig, da diese ihrer vertraglichen
Pflicht zur Förderung der kartellrechtlichen Freigabe ("best endeavours")
gemäss Ziffer 8.5 SPA nicht genügt hätten.

B.
Gestützt auf die Schiedsklausel in Ziff. 14.3 SPA leitete die
Beschwerdegegnerin am 19. Oktober 2009 ein Schiedsverfahren bei der
Internationalen Handelskammer (ICC) ein. Mit ihrer Schiedsklage verlangte sie
zuletzt die Zahlung von EUR 140 Mio. zuzüglich Zins und rund EUR 5 Mio.
Verzugszins mit Zinseszins. Die Beschwerdeführerinnen verlangten die Abweisung
der Klage und machten widerklageweise Zahlung von EUR 800'000.-- nebst Zins für
frustrierte Aufwendungen aufgrund von Vertragsverletzungen der
Beschwerdegegnerin geltend.
Mit Schiedsentscheid vom 29. Mai 2012 stellte das Dreierschiedsgericht mit Sitz
in Zürich fest, dass der Rücktritt der Beschwerdeführerinnen zu Unrecht erfolgt
und damit wirkungslos ist (Ziff. 1), wohingegen der Rücktritt der
Beschwerdegegnerin rechtmässig und wirksam ist (Ziff. 2). Weiter verurteilte
das Schiedsgericht die Beschwerdeführerinnen zur Zahlung von Schadenersatz im
Umfang von EUR 30 Mio. nebst laufenden und aufgelaufenen Zinsen an die
Beschwerdegegnerin (Ziff. 3) und wies die Widerklage der Beschwerdeführerinnen
ab (Ziff. 5).

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführerinnen dem
Bundesgericht, es sei der Schiedsentscheid vom 29. Mai 2012 aufzuheben und es
sei die Sache zur teilweisen Wiederholung des Beweisverfahrens (Wiederholung
der Zeugenbefragungen) sowie zur Ergänzung des Beweisverfahrens an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zu erteilen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der
Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz beantragt Abweisung.
Die Beschwerdeführerinnen reichten in der Folge Replik, die Beschwerdegegnerin
und die Vorinstanz Duplik ein.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 erklärten die Beschwerdeführerinnen, das Gesuch
um Gewährung der aufschiebenden Wirkung zurückzuziehen.

D.
Mit Präsidialverfügung vom 25. Juli 2012 wurde das Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung infolge Rückzugs abgeschrieben.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 54 Abs. 1 BGG ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in einer
Amtssprache, in der Regel in jener des angefochtenen Entscheids. Wurde dieser
in einer anderen Sprache redigiert, verwendet das Bundesgericht die von den
Parteien gewählte Amtssprache. Der angefochtene Entscheid ist in englischer
Sprache abgefasst. Da es sich dabei nicht um eine Amtssprache handelt und sich
die Parteien vor Bundesgericht der deutschen Sprache bedienen, ergeht der
Entscheid des Bundesgerichts auf Deutsch.

2.
Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist die Beschwerde in
Zivilsachen unter den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG (SR 291) zulässig
(Art. 77 Abs. 1 lit. a BGG).

2.1 Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Zürich. Beide
Parteien hatten im relevanten Zeitpunkt ihren Sitz ausserhalb der Schweiz. Da
die Parteien die Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG nicht schriftlich
ausgeschlossen haben, gelangen diese zur Anwendung (Art. 176 Abs. 1 und 2
IPRG).

2.2 Die Beschwerde in Zivilsachen im Sinne von Art. 77 Abs. 1 BGG ist
grundsätzlich rein kassatorischer Natur, d.h. sie kann nur zur Aufhebung des
angefochtenen Entscheids führen (vgl. Art. 77 Abs. 2 BGG, der die Anwendbarkeit
von Art. 107 Abs. 2 BGG ausschliesst, soweit dieser dem Bundesgericht erlaubt,
in der Sache selbst zu entscheiden).
Der Beschwerdeantrag erweist sich somit insoweit als zulässig, als die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt wird. Soweit hingegen die
Rückweisung der Streitsache an die Vorinstanz zur teilweisen Wiederholung des
Beweisverfahrens sowie zur Ergänzung des Beweisverfahrens verlangt wird, ist
auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.3 Zulässig sind allein die Rügen, die in Art. 190 Abs. 2 IPRG abschliessend
aufgezählt sind (BGE 134 III 186 E. 5 S. 187; 128 III 50 E. 1a S. 53; 127 III
279 E. 1a S. 282). Nach Art. 77 Abs. 3 BGG prüft das Bundesgericht nur die
Rügen, die in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind; dies
entspricht der in Art. 106 Abs. 2 BGG für die Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht vorgesehenen Rügepflicht (BGE 134 III
186 E. 5 S. 187 mit Hinweis). Appellatorische Kritik ist unzulässig (BGE 119 II
380 E. 3b S. 382).
2.4
2.4.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den das
Schiedsgericht festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde
liegt, als auch jene über den Ablauf des Schiedsverfahrens, namentlich die
Parteivorbringen (Urteile 4A_678/2011 vom 31. Mai 2012 E. 2.4; 4A_439/2010 vom
20. Oktober 2011 E. 2.1; 4A_210/2009 vom 7. April 2010 E. 2). Das Bundesgericht
kann die Sachverhaltsfeststellung des Schiedsgerichts weder berichtigen noch
ergänzen, selbst wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 77 Abs. 2 BGG, der
die Anwendbarkeit von Art. 97 BGG sowie Art. 105 Abs. 2 BGG ausschliesst).
Allerdings kann das Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen des
angefochtenen Schiedsentscheids überprüfen, wenn gegenüber diesen
Sachverhaltsfeststellungen zulässige Rügen im Sinne von Art. 190 Abs. 2 IPRG
vorgebracht oder ausnahmsweise Noven berücksichtigt werden (BGE 133 III 139 E.
5 S. 141; 129 III 727 E. 5.2.2 S. 733; je mit Hinweisen). Wer sich auf eine
Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz beruft und den Sachverhalt gestützt darauf berichtigt oder
ergänzt wissen will, hat mit Aktenhinweisen darzulegen, dass entsprechende
Sachbehauptungen bereits im vorinstanzlichen Verfahren prozesskonform
aufgestellt worden sind (vgl. BGE 115 II 484 E. 2a S. 486; 111 II 471 E. 1c S.
473; je mit Hinweisen).
2.4.2 Die Beschwerdeführerinnen verkennen diese Grundsätze teilweise: Sie
stellen ihren rechtlichen Vorbringen eine mehrseitige Sachverhaltsdarstellung
voran, in der sie die Hintergründe der Auseinandersetzung sowie des Verfahrens
aus eigener Sicht schildern. Dabei weichen sie über weite Strecken von den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab oder erweitern diese, ohne
substanziiert Ausnahmen von der Sachverhaltsbindung geltend zu machen. Diese
Darlegungen haben insoweit unbeachtet zu bleiben.

3.
Die Beschwerdeführerinnen werfen der Vorinstanz die Verletzung ihres Rechts auf
Beweis (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG) vor, indem diese Dr. A.________ nicht als
Zeuge einvernommen und die Anhörung von Experten zum österreichischen Recht
unterlassen habe. Weiter habe die Vorinstanz das Recht der
Beschwerdeführerinnen auf Gleichbehandlung (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG)
verletzt, indem diese der Beschwerdegegnerin im Rahmen der Zeugenbefragung mehr
Zeit eingeräumt und mehrere verspätete Eingaben der Beschwerdegegnerin
zugelassen habe.

3.1 Die Partei, die sich durch eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs oder
einen anderen nach Art. 190 Abs. 2 IPRG relevanten Verfahrensmangel für
benachteiligt hält, verwirkt ihre Rügen, wenn sie diese nicht rechtzeitig im
Schiedsverfahren vorbringt und nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt,
um den Mangel zu beseitigen (Urteil 4A_617/2010 vom 14. Juni 2011 E. 3.1, publ.
in: ASA Bulletin 1/2012, S. 138 ff., 141 f.; BGE 119 II 386 E. 1a S. 388; vgl.
auch Urteil 4A_682/2011 vom 31. Mai 2012 E. 3.1 mit Hinweis auf den revidierten
Art. 1466 des französischen Code de procédure civile: "La partie qui, en
connaissance de cause et sans motif légitime, s'abstient d'invoquer en temps
utile une irrégularité devant le tribunal arbitral est réputée avoir renoncé à
s'en prévaloir"). Die bundesgerichtliche Überprüfung des Schiedsspruches auf
Verfahrensverstösse ist mithin insoweit subsidiär, als die Parteien
entsprechende Mängel zunächst beim Schiedsgericht so zu rügen haben, dass diese
noch im laufenden Schiedsverfahren behoben werden können. Denn es widerspricht
Treu und Glauben, einen Verfahrensmangel erst im Rahmen eines
Rechtsmittelverfahrens zu rügen, obgleich im Schiedsverfahren die Möglichkeit
bestanden hätte, dem Schiedsgericht die Gelegenheit zur Behebung dieses Mangels
zu geben (BGE 119 II 386 E. 1a S. 388; Urteil 4P.72/2001 vom 10. September 2001
E. 4c).
3.2
3.2.1 Gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid wurde die
Einvernahme von Dr. A.________, Generaldirektor der österreichischen
Bundeswettbewerbsbehörde, als Zeuge von der Beschwerdegegnerin in deren Replik
vom 14. Januar 2011 beantragt. Die Beschwerdeführerinnen behaupten, dass sie
mit Eingabe vom 24. Januar 2011 ihrerseits die Einvernahme von Dr. A.________
beantragt hätten. Gemäss der Vorinstanz hat das österreichische
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Schreiben vom 24. März
2011 erklärt, dass Dr. A.________ keine Erlaubnis erteilt werden könne, als
Zeuge direkt vor einem privaten Schiedsgericht auszusagen. In der Folge wurde
Dr. A.________ weder direkt noch rechtshilfeweise als Zeuge einvernommen, worin
die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung ihres Rechts auf Beweis ausmachen
wollen.
3.2.2 In ihrer Beschwerde an das Bundesgericht behaupten die
Beschwerdeführerinnen, sie hätten in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2011
"nochmals ausdrücklich ihren Antrag auf Zeugenbefragung von Dr. A.________"
bekräftigt und seien damit "ihrer Obliegenheit nachgekommen, das Untätigbleiben
der Vorinstanz schon während des Schiedsverfahrens zu rügen".
Die entsprechende Stelle im Verhandlungsprotokoll, auf welche die
Beschwerdeführerinnen verweisen, vermag eine entsprechende Rüge indessen nicht
zu belegen. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Rechtsvertreter der
Beschwerdeführerinnen dem Schiedsgericht folgende Frage unterbreitet hat:
"Is it the view of the Tribunal that the Tribunal should make any more efforts
to hear the Official Parties?"
Diese zurückhaltend und vorsichtig formulierte Frage bezeichnen die
Beschwerdeführerinnen zwar als "Rüge". Sie geben dabei aber immerhin zu, dass
die angebliche Rüge in einer "moderaten Form" vorgebracht worden sei, was sie
damit erklären, "dass die Parteien eines Schiedsverfahrens eine natürliche
Hemmung vor Rügen" hätten und daran interessiert seien, "dass ihnen das
Schiedsgericht wohlgesonnen ist". Die Parteien seien bestrebt, das
Schiedsgericht "nicht durch dauernde und scharfe Rügen zu verärgern".
Wenn auch solche Beweggründe nachvollziehbar sind, vermögen sie nichts daran zu
ändern, dass in der blossen Frage, ob das Gericht der Auffassung sei, dass noch
mehr Anstrengungen zur Einvernahme der Zeugen gemacht werden sollten, keine
Rüge eines Verfahrensmangels ausgemacht werden kann. Aus der unverbindlichen
Fragestellung musste die Vorinstanz nicht schliessen, dass die
Beschwerdeführerinnen in der Nichteinvernahme von Dr. A.________ einen
eigentlichen Verstoss gegen ein Verfahrensgrundrecht sehen. Entsprechende
Möglichkeiten, dies dem Schiedsgericht bis zur Urteilsfällung im Mai 2012 in
hinreichender Deutlichkeit mitzuteilen, hätten die Beschwerdeführerinnen im
vorinstanzlichen Verfahren indessen ohne weiteres gehabt. Indem sie diese
jedoch nicht ausschöpften, haben sie ihr Recht, sich im Rechtsmittelverfahren
vor Bundesgericht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu berufen,
verwirkt. Auf die entsprechende Rüge ist nicht einzutreten.

3.3 Das Gleiche gilt für die Rüge, in der Nichtanhörung diverser Experten zum
österreichischen Recht liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dass diese
Rüge bereits vor dem Schiedsgericht erhoben worden wäre, ergibt sich weder aus
der Beschwerdeschrift noch dem festgestellten Prozesssachverhalt, obwohl die
Möglichkeit hierzu vor Ausfällung des angefochtenen Entscheids vom 29. Mai 2012
ohne weiteres bestanden hätte. Mangels Ausschöpfung der entsprechenden
Rügemöglichkeit sind die Beschwerdeführerinnen auch mit diesem Vorbringen nicht
zu hören.

3.4 Die Beschwerdeführerinnen bringen sodann vor, die Vorinstanz habe ihnen nur
14 Stunden für Zeugenbefragungen eingeräumt, während sie der Beschwerdegegnerin
insgesamt 23 Stunden eingeräumt habe. Darin sehen sie eine Ungleichbehandlung
i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG, die sie im vorinstanzlichen Verfahren
angeblich "wiederholt" gerügt haben.
Die entsprechenden Stellen im Protokoll der Verhandlung vom 9. Mai 2011, aus
denen die Beschwerdeführerinnen derartige Rügen ableiten wollen, lauten wie
folgt:
"[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: A short statement as to time and
as to language. Just for the record, in our figures I estimate that as the
total time spent all together the Claimant has spent 18 hours and 50 minutes,
the Respondent only 13 hours and 3 minutes, more than five hours less. (...)
May I refer you to order number 9 paragraph 7. 'The parties will have equal
time during the evidential hearing to use' and it goes on, which confirms this
point. Mr Chairman, reluctantly, and by no means personally, I have to raise in
that respect objections. The Respondent's right to be heard and to be treated
equally is really at stake here. We had to reduce our questions in chief, in
cross and in re."
"[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: Having heard Claimant has used
more than 23 hours and we only 14 hours I think that my initial remarks as to
the imbalance of time are still maintained."
"[Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen]: (...) I must say, I have not
checked it, that we were stopped asking questions on several occasions even if
it now turns out that the Claimant are upfront more than nine hours. That is a
point where I really feel that we were at a disadvantage."
Mit diesen Vorbringen hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen
angetönt, dass seiner Ansicht nach die Gleichbehandlung "auf dem Spiel" stünde
und er das Gefühl habe, "im Nachteil" zu sein. Dabei handelt es sich zwar
durchaus um Einwände ("objections") bzw. (kritische) Bemerkungen ("remarks")
betreffend die Verfahrensführung, eine hinreichend deutliche Rüge, das
Verfahren leide an einem Verfahrensmangel im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. d
IPRG, kann darin jedoch kaum gesehen werden. Zudem haben es die
Beschwerdeführerinnen unterlassen, Anträge auf Wiederholung bzw. Ergänzung von
Zeugeneinvernahmen zu stellen, und haben damit bis zur Ausfällung des
Schiedsurteils im Mai 2012 nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um
dem Schiedsgericht die Gelegenheit zu geben, die angebliche Ungleichbehandlung
zu beseitigen. Indem die Beschwerdeführerinnen dies unterliessen und
abwarteten, ob das Urteil zu ihren Gunsten ausfallen würde, verwirkten sie das
Recht, sich im Rechtsmittelverfahren vor Bundesgericht auf eine angebliche
Ungleichbehandlung i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG zu berufen. Auf die
entsprechende Rüge ist ebenfalls nicht einzutreten.

3.5 Eine weitere Ungleichbehandlung sehen die Beschwerdeführerinnen darin, dass
die Vorinstanz mehrere angeblich verspätete Eingaben der Beschwerdegegnerin
i.S. von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG zugelassen, während sie das Gutachten von
Prof. B.________ als verspätet zurückgewiesen habe. Auch in Bezug auf diesen
Verfahrensmangel behaupten die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerde an das
Bundesgericht, sie hätten eine entsprechende Rüge bereits im vorinstanzlichen
Verfahren vorgebracht. Das entsprechende Schreiben vom 21. Juni 2011, das sie
hierfür als Beleg anrufen, bezieht sich indessen lediglich auf Einwände in
Bezug auf die Abänderung des Verfahrens-Zeitplans. Eine eigentliche Rüge kann
darin nicht gesehen werden. Bis zur Ausfällung des Schiedsurteils im Mai 2012
haben es die Beschwerdeführerinnen jedenfalls unterlassen, das Schiedsgericht
mit hinreichender Deutlichkeit auf eine Ungleichbehandlung in Bezug auf die
Zulassung angeblich verspäteter Eingaben der Beschwerdegegnerin hinzuweisen.
Auf die entsprechende Rüge ist somit nicht einzutreten.

4.
Die Beschwerdeführerinnen werfen der Vorinstanz sodann eine Verletzung ihres
rechtlichen Gehörs vor (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG), indem diese ihr Gesuch
vom 8. Juli 2011 um Zulassung und Berücksichtigung eines Gutachtens von Prof.
B.________ mit prozessleitender Verfügung Nr. 17 vom 3. August 2011 als
verspätet abgewiesen habe.

4.1 Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG lässt die Anfechtung allein wegen der
zwingenden Verfahrensregeln gemäss Art. 182 Abs. 3 IPRG zu. Danach muss das
Schiedsgericht insbesondere den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör
wahren. Dieser entspricht - mit Ausnahme des Anspruchs auf Begründung - dem in
Art. 29 Abs. 2 BV gewährleisteten Verfassungsrecht (BGE 130 III 35 E. 5 S. 37
f.; 128 III 234 E. 4b; 127 III 576 E. 2c). Die Rechtsprechung leitet daraus
insbesondere das Recht der Parteien ab, sich über alle für das Urteil
wesentlichen Tatsachen zu äussern, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten, ihre
entscheidwesentlichen Sachvorbringen mit tauglichen sowie rechtzeitig und
formrichtig offerierten Mitteln zu beweisen, sich an den Verhandlungen zu
beteiligen und in die Akten Einsicht zu nehmen (BGE 130 III 35 E. 5 S. 38; 127
III 576 E. 2c; je mit Hinweisen).

4.2 Die Vorinstanz begründete die Abweisung des Gesuchs damit, dass
Expertengutachten gemäss Ziffer 1.4 der Procedural Rules vom 23. März 2010
zusammen mit der Klageschrift und der Klageantwort bzw. mit der Replik und der
Duplik einzureichen sind. Damit sei das Gutachten von Prof. B.________
verspätet eingereicht worden.

4.3 Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, dass sie das Gutachten erst im
Nachgang zu Replik und Duplik eingereicht haben, machen aber geltend, der
Zeitplan gemäss den Procedural Rules vom 23. März 2010 sei lediglich
"provisional", d.h. "vorläufig". Dieser Einwand ist unbehelflich, denn wie die
Beschwerdegegnerin zutreffend vorbringt, bedeutet "vorläufig" nicht, dass eine
Partei sich nicht an den vereinbarten Verfahrenszeitplan zu halten hat.
Vielmehr bedeutet die Bezeichnung als "vorläufiger Zeitplan" nur den Vorbehalt
einer Änderung durch das Schiedsgericht, in der Regel nach Rücksprache der
Parteien. Dass eine entsprechende Änderung des Zeitplans erfolgt wäre, machen
die Beschwerdeführerinnen nicht geltend und ist aus dem angefochtenen Entscheid
auch nicht ersichtlich. Damit hat die Vorinstanz das Gesuch um Zulassung des
Gutachtens von Prof. B.________ zu Recht als verspätet abgewiesen. Eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.

5.
Die Beschwerdeführerinnen werfen der Vorinstanz schliesslich eine Verletzung
ihres rechtlichen Gehörs vor (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG), indem diese bei der
Auslegung von Ziff. 6 SPA ("best endeavours"-Klausel) auf ein "vollkommen
überraschendes rechtliches Konstrukt", nämlich die Lehre vom Wegfall der
Geschäftsgrundlage abgestellt habe.

5.1 Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht kein gehörsrechtlicher
Anspruch der Parteien, zur rechtlichen Würdigung der durch sie in den Prozess
eingeführten Tatsachen noch besonders angehört zu werden. Eine Ausnahme besteht
namentlich dann, wenn ein Gericht seinen Entscheid auf einen Rechtsgrund zu
stützen beabsichtigt, auf den sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben
und mit dessen Erheblichkeit sie vernünftigerweise nicht rechnen mussten (BGE
130 III 35 E. 5 S. 39; 126 I 19 E. 2c/aa S. 22; 124 I 49 E. 3c S. 52; 123 I 63
E. 2d S. 69; 115 Ia 94 E. 1b S. 96 f.). Bei der Frage, ob die Rechtsanwendung
des Schiedsgerichts als überraschend im Sinne der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu qualifizieren ist, handelt es sich um eine Ermessensfrage,
bei deren Beurteilung sich das Bundesgericht auf dem Gebiet der internationalen
Schiedsgerichtsbarkeit Zurückhaltung auferlegt (BGE 130 III 35 E. 5).

5.2 Gemäss Ziffer 8.1 SPA stand der Vertrag u.a. unter der aufschiebenden
Bedingung, dass die kartellrechtliche Freigabe durch die österreichischen
Wettbewerbsbehörden und weitere Instanzen erteilt werde. In Ziffer 8.5 SPA
haben die Parteien vereinbart, dass sie ihre "best endeavours" einsetzen
würden, um diese Bedingung zu erfüllen. Zwischen den Parteien war umstritten,
welches Mass an "best endeavours" bzw. "Bemühungen" gemäss dieser Klausel
geschuldet war. Während die Beschwerdegegnerin die Auffassung vertrat, dass
damit eine uneingeschränkte Pflicht zur Zusammenarbeit der Parteien gemeint
war, hielten die Beschwerdeführerinnen dafür, dass es bei Ziffer 8.5 lediglich
darum gehe, eine treuwidrige Bedingungsvereitelung zu sanktionieren. Eine
Pflicht der Parteien, eigene kommerzielle Interessen zu opfern, um die
kartellrechtliche Freigabe zu erwirken, sei damit nicht gemeint.
Das Schiedsgericht folgte im Wesentlichen der strengeren Auffassung der
Beschwerdegegnerin, wonach aus Ziffer 8.5 SPA eine eigentliche
Zusammenarbeitspflicht abgeleitet werden müsse, siedelte das erforderliche Mass
an Anstrengungen aber etwas tiefer an als die Beschwerdegegnerin und begründete
dies mit der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. In der Sache fand das
Schiedsgericht damit einen Mittelweg zwischen den Standpunkten der Parteien,
der freilich näher bei jenem der Beschwerdegegnerin als bei jenem der
Beschwerdeführerinnen liegt.

5.3 Wenn auch nicht gänzlich nachvollziehbar erscheinen mag, inwiefern die
Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage im Zusammenhang mit der Auslegung von
Ziff. 8.5 relevant ist, kann doch von einer überraschenden Rechtsanwendung
keine Rede sein. Denn das Schiedsgericht hat seinen Entscheid nicht auf eine
Auslegung von Ziff. 8.5 abgestützt, mit welcher die Beschwerdeführerinnen
überhaupt nicht rechnen mussten. Es hat vielmehr einen Standard an "best
endeavours" festgelegt, welcher sich in der Bandbreite bewegt, die durch die
Parteivorbringen abgesteckt war. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer
Vernehmlassung zutreffend vorbringt, war der vom Schiedsgericht ermittelte
Standard denn auch argumentativ von den Parteien abgedeckt und die Parteien
mussten damit rechnen, dass das Schiedsgericht eine Lösung zwischen ihren
extremen Standpunkten finden könnte. Die Rüge, die Vorinstanz habe bei der
Auslegung von Ziff. 8.5 SPA das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerinnen
verletzt, ist unbegründet.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführerinnen kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 100'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen (unter
solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen) auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerinnen haben die Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 200'000.-- zu entschädigen (unter
solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen).

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht mit Sitz in Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Februar 2013

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Hurni