Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.382/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_382/2012

Urteil vom 3. Oktober 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Reber,
Beschwerdeführer,

gegen

Pensionskasse X.________,
vertreten durch Fürsprecher Ulrich Bühler,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Werkmangel,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, vom 23. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
B.________ verunfallte bei einem Sturz vom Balkon seiner Mietwohnung auf
denjenigen der darunterliegenden Wohnung tödlich, worauf die Pensionskasse
X.________ (Klägerin und Beschwerdegegnerin) den beiden Kindern des
Verunfallten je eine Halbwaisenrente von CHF 221.-- pro Monat ausrichtete. Für
diese Leistungen will die Klägerin auf den Eigentümer und Vermieter der
Mietwohnung A.________ (Beklagter und Beschwerdeführer) Rückgriff nehmen. Sie
ist der Auffassung, der Sturz sei durch einen Werkmangel verursacht worden,
nämlich das Balkongeländer, das lediglich eine Höhe von 82 cm aufweist. Daher
hafte der Beklagte nach Art. 58 OR für die Folgen des Sturzes. Sie macht
geltend, durch das Ableben des Verunfallten hätten dessen Kinder mit Blick auf
den von ihm monatlich geschuldeten Betrag von insgesamt EUR 536.-- einen
Versorgerschaden im Sinne von Art. 45 Abs. 3 OR erlitten. Die Klägerin sei bis
zur Höhe ihrer Leistungen in die entsprechende Schadenersatzforderung gegen den
Beklagten eingetreten. Sie reichte am 24. November 2010 vor dem Amtsgericht
Solothurn-Lebern eine begründete Klage ein, in der sie vom Beklagten Fr.
36'570.-- verlangte. Während das Amtsgericht die Klage abwies, bejahte das
Obergericht des Kantons Solothurn die Haftung des Beklagten grundsätzlich. Es
setzte diese aber zufolge Selbstverschuldens um 50 % herab, so dass sich die
Haftung auf die Hälfte des von ihr angenommenen Versorgerschadens von EUR
37'453.-- reduziere. Diese Summe sei niedriger, als die
Hinterlassenenleistungen der Klägerin. Daher verpflichtete das Obergericht den
Beklagten, der Klägerin EUR 18'726.50 zu bezahlen, und es wies die Berufung im
Übrigen ab.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beklagte dem Bundesgericht im
Wesentlichen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen,
soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf
kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Eventuell sei der Beschwerdeführer zu verpflichten, der Beschwerdegegnerin den
Gegenwert von EUR 18'726.50 in Schweizerfranken zu bezahlen, sowie den
Parteikostenanteil gemäss dem obergerichtlichen Urteil. Das Obergericht
beantragt unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid, die Beschwerde
abzuweisen, und hat im Übrigen auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die Vorinstanz habe der Beschwerdegegnerin
einen Betrag in EURO (EUR) zugesprochen, obwohl diese sowohl in der Klage als
auch in der Berufung die Zusprechung eines Betrages von 36'570.-- Franken (CHF)
verlangt habe. Darin erblickt er eine Verletzung der Dispositionsmaxime. Er ist
sodann mit Bezug auf die Aktivlegitimation der Auffassung, die Vorinstanz nehme
eine falsche Verteilung des Regresssubstrates unter den Sozialversicherern vor.
Beide Fragen werden nur prozessrelevant, sofern der Beschwerdeführer überhaupt
für den eingetretenen Schaden haftet. Da er in der Beschwerde seine Haftung
auch im Grundsatz bestreitet, namentlich das Vorliegen eines Werkmangels sowie
eines rechtlich relevanten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs,
erscheint es gerechtfertigt, die Frage der Haftung vorab zu behandeln.

2.
Die Vorinstanz betrachtete das Geländer als mangelhaft, da es entgegen der
einschlägigen SIA-Norm nicht eine Höhe von 100 cm, sondern von lediglich 82 cm
aufweise.

2.1 Die Vorinstanz hielt fest, bei den entsprechenden Normen handle es sich um
die Empfehlungen eines privatrechtlichen Vereins, die sich auf Neubauten und
Gebäudesanierungen bezögen. Die SIA-Norm 358 ("Geländer und Brüstungen"),
Ausgabe 1996, gelte für die Projektierung von Geländern und Brüstungen in
Hochbauten. Hochbauten in diesem Sinne seien unter anderen Wohnbauten.
Ausnahmen seien gemäss der Norm zulässig in Wohnbauten, die der Eigentümer
selbst benutze. Schutzziel der Norm sei gemäss ihrem Wortlaut, "Personen mit
einem normalen Verhalten vor Absturz und Sturz zu sichern. Sicherheit gegenüber
einer Gefährdung besteht dann, wenn diese Gefährdung durch geeignete aus dem
massgebenden Gefährdungsbild abgeleitete Massnahmen auf ein akzeptierbar
kleines Mass beschränkt ist. Als normales Verhalten gilt die mögliche und
vernünftige Vorsicht eines Benutzers [...] gegenüber einer für ihn erkennbaren
Gefährdung durch Absturz."

2.2 Die Vorinstanz hielt fest, die Norm empfehle in Ziff. 3.14 für Geländer und
Brüstungen eine Höhe von mindestens 1.0 m, welche das hier interessierende
Balkongeländer mit 82 cm deutlich unterschreite. Dem Umstand, dass im Zeitpunkt
der Erstellung des Mehrfamilienhauses im Jahre 1959 noch keine derartigen
Normen existierten und die einschlägige Norm erst seit 1996 in Kraft steht,
mass die Vorinstanz keine Bedeutung bei, da die SIA-Norm im Zeitpunkt des
Unfalls in dieser Fassung seit mehr als 10 Jahren in Kraft gewesen sei und den
aktuellen Standard gebildet habe. Besondere Gründe dafür, dass ein geringeres
Niveau hätte ausreichen sollen, seien nicht ersichtlich. Aufgrund der
deutlichen Abweichung von 18 % steige die Gefahr eines unfreiwilligen Sturzes
für Personen, die sich auf dem Balkon der entsprechenden Mietwohnung befinden,
erheblich. Die Aufwendungen für ein Anheben des Geländers wären mit Blick auf
dessen bisherige Ausgestaltung relativ bescheiden, zumal es genügt hätte, in
der erforderlichen Höhe eine Metallstange anzubringen. Dass sich der
Verunfallte nie über die Höhe des Balkongeländers beschwert habe,
beziehungsweise die Kenntnis eines Mangels durch den Benutzer begründe
allenfalls ein Selbstverschulden des Betroffenen, weil sich der Mieter den
Verhältnissen hätte anpassen können, schliesse aber eine Haftung nach Art. 58
OR nicht aus.

2.3 Der genaue Hergang des Unfalls konnte nicht rekonstruiert werden. Gestützt
auf die Zeugenaussage des Mieters der darunterliegenden Wohnung, wonach der
Verunfallte die Angewohnheit gehabt haben soll, sich rücklings auf das
fragliche Balkongeländer zu setzen, ging die Vorinstanz zu Gunsten des
Beschwerdeführers davon aus, der Verunfallte habe sich entweder rücklings an
das Geländer gelehnt oder sich auf dieses gesetzt, das Gleichgewicht verloren
und sei über das Geländer gestürzt. Die Vorinstanz erkannte, eine SIA-konforme
Ausführung des Geländers hätte das Risiko eines Sturzes wesentlich verringert.
Je nach dessen Ausgestaltung wäre ein eigentliches Sitzen auf das Geländer gar
nicht möglich gewesen. Jedenfalls verleite das zu niedrige Geländer aber dazu,
sich darauf zu setzen. Andererseits wirke sich die Höhe auch bei einem
grossgewachsenen Menschen auf die Gleichgewichtsverteilung aus, die wiederum
entscheidend für den Verlust des Gleichgewichts sei. Die Vorinstanz kam zum
Schluss, der Sturz hätte sich höchst wahrscheinlich nicht ereignet, wenn das
Geländer die vorgeschriebene Höhe gehabt hätte.

3.
Nach Art. 58 Abs. 1 OR haftet der Werkeigentümer für den Schaden, der durch
fehlerhafte Anlage oder Herstellung oder durch mangelhaften Unterhalt des Werks
verursacht wird. Ob ein Werk fehlerhaft angelegt oder mangelhaft unterhalten
ist, hängt vom Zweck ab, den es zu erfüllen hat. Ein Werkmangel liegt vor, wenn
das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet (
BGE 130 III 736 E. 1.3 S. 741 f.; 126 III 113 E. 2a/cc S. 116; je mit
Hinweisen). Die Frage, ob ein Werk mängelfrei ist, bestimmt sich nach
objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung dessen, was sich nach der
Lebenserfahrung am fraglichen Ort zutragen kann (BGE 123 III 306 E. 3b/aa S.
310 f.; 122 III 229 E. 5a/bb S. 235). Nach einem Unfall gewonnene Erkenntnisse,
die zu einer zusätzlichen Sicherung Anlass geben, lassen nicht ohne Weiteres
auf fehlerhaften Unterhalt schliessen (Urteil des Bundesgerichts 4A_20/2009 vom
23. März 2009 E. 2.3.1; HEIERLI/SCHNYDER, in: Basler Kommentar,
Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N. 17 zu Art. 58 OR).

3.1 Eine Schranke der Sicherungspflicht bildet die Selbstverantwortung. Der
Werkeigentümer darf mit einem vernünftigen und dem allgemeinen Durchschnitt
entsprechenden vorsichtigen Verhalten der Benützer des Werkes rechnen und
braucht geringfügige Mängel, die bei solchem Verhalten normalerweise nicht
Anlass zu Schädigungen geben, nicht zu beseitigen (BGE 116 II 422 E. 1 S. 424
mit Hinweis). Vorzubeugen hat der Werkeigentümer nicht jeder erdenklichen
Gefahr. Er darf Risiken ausser Acht lassen, welche von den Benützern des Werks
oder von Personen, die mit dem Werk in Berührung kommen, mit einem Mindestmass
an Vorsicht vermieden werden können. Ein ausgefallenes, unwahrscheinliches
Verhalten muss nicht einberechnet werden. Eine weitere Schranke der
Sicherungspflicht bildet die Zumutbarkeit. Zu berücksichtigen ist, ob die
Beseitigung allfälliger Mängel oder das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen
technisch möglich ist und die entsprechenden Kosten in einem vernünftigen
Verhältnis zum Schutzinteresse der Benützer und dem Zweck des Werks stehen. Dem
Werkeigentümer sind Aufwendungen nicht zuzumuten, die in keinem Verhältnis zur
Zweckbestimmung des Werks stehen (BGE 130 III 736 E. 1.3 S. 742 mit Hinweisen).

3.2 Dass eine Baute im Zeitpunkt ihrer Erstellung den Regeln der Baukunst
entspricht, ist für die Frage, ob die Baute mangelhaft ist, nicht
ausschlaggebend. Denn es kann einen Mangel im Unterhalt darstellen, wenn die
durch den technischen Fortschritt indizierten Massnahmen zur Reduktion der von
einem Werk ausgehenden Gefahren nicht ergriffen werden, sofern die
entsprechenden Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse der
Benützer und dem Zweck des Werks stehen (vgl. schon BGE 55 II 80 E. 2 S. 85 mit
Hinweisen; BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 58a zu Art. 58 OR).
Andererseits reicht die Tatsache allein, dass eine Baute nicht alle Vorteile
der neusten Technik aufweist, nicht aus, um sie als mangelhaft auszuweisen
(Urteil des Bundesgerichts 4C.209/1991 vom 28. Dezember 1992 E. 6a; BREHM,
a.a.O., N. 58a zu Art. 58 OR; vgl. auch BGE 102 II 343 E. 1c S. 346 mit
Hinweis; 58 II 356 S. 360; WERRO, in: Commentaire romand, Code des obligations
I, 2. Aufl. 2012, N. 20 zu Art. 58 OR; HEIERLI/SCHNYDER, a.a.O., N. 17 zu Art.
58 OR). Dass Sicherheitsstandards für ein Werk oder ein Produkt erhöht werden,
bedeutet nicht zwingend, dass alle älteren Modelle, die den neuen Standard
nicht erfüllen, umgehend modernisiert oder aus dem Verkehr gezogen werden
müssten. Zu prüfen ist vielmehr unter Berücksichtigung der konkreten Umstände,
ob die nicht dem neusten Standard entsprechende Werksausführung noch
hinreichende Sicherheit bietet (vgl. BGE 102 II 343 E. 1c S. 346; 59 II 394 S.
395; 58 II 356 S. 360) oder ob mit Blick auf die vom Werk ausgehende Gefahr der
korrekte Unterhalt eine Anpassung an den neuen Standard gebietet (vgl. BGE 55
II 80 E. 2 S. 85 ).

3.3 Das Balkongeländer befindet sich auf einer Höhe von 82 cm. Im Unterschied
zu dem in BGE 55 II 80 S. 81 beurteilten auf beiden Seiten ohne Geländer von
einer Mauer von 32 cm Höhe eingefassten in der Nacht nicht beleuchteten
Treppenhaus bietet es einen gewissen Schutz gegen Stürze. Der Balkon ist Teil
einer privaten Mietwohnung und steht damit dem Publikumsverkehr nicht offen.
Beim Verunfallten handelte es sich um einen langjährigen Mieter, der mit den
Verhältnissen vertraut war. Obwohl er nach den Feststellungen der Vorinstanz
gegen zwei Meter gross war, hatte er gegenüber dem Beschwerdeführer die Höhe
des Balkons nie beanstandet. Dass es bezüglich der Höhe des Balkongeländers je
zu Problemen oder Beschwerden anderer Mieter gekommen wäre, ist nicht
festgestellt (vgl. demgegenüber BGE 55 II 80 E. 2 S. 86, wo gewisse Mieter das
Anbringen einer Abschrankung beziehungsweise eines Geländers auf der 32 cm
hohen Mauer gewünscht hatten).

3.4 Ein Geländer ist nicht dazu bestimmt, sich rücklings daran anzulehnen oder
als Sitzgelegenheit zu dienen. Wenngleich bei der gegebenen Höhe auch mit einer
entsprechenden (Fehl-)Nutzung gerechnet werden muss und wohl ein Werkmangel
vorläge, wenn das Geländer unter dem Gewicht einer Person nachgeben würde, kann
nicht erwartet werden, dass sämtliche Balkongeländer so konstruiert werden,
dass man sich überhaupt nicht darauf setzen kann oder dabei keine Gefahr eines
Sturzes besteht. Angesichts der überdurchschnittlichen Körpergrösse des
Verunfallten wäre anhand der konkreten Gegebenheiten abzuklären, ob er sich
auch auf ein normkonformes Geländer gesetzt hätte und ob diesfalls die Gefahr,
das Gleichgewicht zu verlieren, tatsächlich geringer gewesen wäre. Die
allgemeinen Feststellungen der Vorinstanz, wonach das tiefere Geländer zum
Sitzen verleite und ein höheres Geländer auch bei grösseren Menschen die
Gewichtsverteilung beeinflusse, genügen nicht, um diese Punkte rechtsgenüglich
zu klären.

3.5 Die Frage braucht nicht weiter vertieft zu werden. Auch wenn sich der
Verunfallte vor dem Sturz nur rücklings an das Geländer gelehnt haben sollte
(auf diese Variante beruft sich die Beschwerdegegnerin), würde dies im Ergebnis
nichts ändern. Zu beurteilen ist nicht der Fall einer mit den Örtlichkeiten
nicht vertrauten Person, die beim Anlehnen oder dem Versuch, sich abzustützen,
von der niedrigen Höhe des Geländers überrascht wird (vgl. BGE 55 II 80, wo
kein Geländer vorhanden war). Als langjähriger Mieter war der Verunfallte mit
der Höhe des Geländers vertraut. Wenngleich es den Werkeigentümer grundsätzlich
nicht entlastet, dass der Geschädigte einen Mangel kennt (BREHM, a.a.O., N. 56
zu Art. 58 OR), bestimmt sich die Frage, ob ein Mangel vorliegt, nach dem
Schutzbedürfnis des Benutzers vor der Gefahr, die von dem Werk ausgeht.
Diesbezüglich spielt im konkreten Fall die Kenntnis der Gegebenheiten eine
Rolle, denn bei einer Nutzung des Balkons gemäss der unter den gegebenen
Umständen zu erwartenden Vorsicht ging vom Balkongeländer keine wesentliche
Gefahr aus. Wenn der Verunfallte sich trotz der ihm bekannten Höhe des
Geländers gewohnheitsmässig auf dieses setzte oder sich rücklings daran
anlehnte, benutzte er es nicht bestimmungsgemäss und liess es an der objektiv
zu erwartenden Vorsicht mangeln (BGE 116 II 422 E. 1 S. 424). Dass dieses
gewohnheitsmässige Verhalten dem Beschwerdeführer bekannt gewesen wäre, ist
nicht festgestellt. Auch bei diesem Fehlgebrauch kam es aber offenbar bis zum
Unfall nie zu Problemen. Eine über das vom Verunfallten bewusst eingegangene
Risiko hinausreichende Gefahr ging vom Geländer nicht aus. Bevor sich der
Unfall ereignete, lagen keine Umstände vor, die mit Blick auf das
Schutzbedürfnis des Verunfallen eine sofortige Anpassung an die SIA-Norm hätten
notwendig erscheinen lassen. Zum Unfall kam es nicht in erster Linie, weil das
Geländer zu niedrig war, sondern weil der Verunfallte durch sein Verhalten die
Gefahr eines Unfalles erhöhte und es dabei für einmal an der gebotenen Vorsicht
mangeln liess. Der Unfall ist somit nicht auf einen Werkmangel, sondern auf
eigenverantwortliches Handeln des Verunfallten zurückzuführen.

4.
Nach dem Gesagten war zumindest vor dem Unfall nicht davon auszugehen, das
Balkongeländer stelle eine Gefahr für den Verunfallten dar, die mit Blick auf
dessen Schutzbedürfnis eine umgehende Erhöhung des Geländers ausserhalb einer
allfälligen Gebäudesanierung als geboten hätte erscheinen lassen. Damit
entfällt eine Haftung gestützt auf Art. 58 OR und braucht auf die weiteren
Rügen nicht eingegangen zu werden. Die Beschwerde ist gutzuheissen und die
Klage abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die
Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig und sind die Kosten des
kantonalen Verfahrens durch die Vorinstanz entsprechend neu zu verlegen. Auch
auf die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers braucht daher nicht
eingegangen zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die
Klage abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird an das Obergericht zurückgewiesen zu neuer Entscheidung über die
Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Oktober 2012
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak