Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.324/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_324/2012

Urteil vom 24. September 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Johanna Rinceanu,
Beschwerdeführer,

gegen

X.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Reinert,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
fristlose Kündigung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
11. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 28. März 2001 entliess die X.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) A.________
(Beschwerdeführer) fristlos. Mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 30.
November 2001 verfügte das Amtsgericht Bukarest die Wiedereinstellung. Der
Beschwerdeführer wurde in der Folge nicht wiedereingestellt. Mit Klage vom 4.
Mai 2007 verlangte er vor dem Kantonsgericht Schaffhausen die Salär- und
Bonuszahlungen für die Jahre 2003 - 2006 und behielt sich für die Zeit ab 1.
Januar 2007 das Nachklagerecht vor. Nachdem das Obergericht des Kantons
Schaffhausen die Sache ein erstes Mal an das Kantonsgericht zurückgeschickt
hatte, damit dieses die Angelegenheit unter Anwendung des rumänischen Rechts
beurteile, schrieb dieses mit Verfügung vom 26. Oktober 2010 den
Forderungsprozess zufolge Abschluss eines Vergleichs als erledigt ab. Der
Beschwerdeführer erhob Beschwerde an das Obergericht und beantragte, die
Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis
30. April 2010 Fr. 181'857.19 nebst Zins zu bezahlen und ihn gemäss dem Urteil
des Amtsgerichts Bukarest tatsächlich wieder in seine frühere Position
einzustellen. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde am 11. Mai 2012 ab.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde wiederholt
der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine vor Kantonsgericht gestellten
Rechtsbegehren. Sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für
das Verfahren vor Bundesgericht wies dieses am 20. August 2012 wegen
Aussichtslosigkeit ab, worauf der Beschwerdeführer fristgerecht den
Kostenvorschuss leistete. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerdeschrift aus, er sehe durch den
Entscheid der Vorinstanz ausländisches Recht verletzt und stütze seine
Beschwerde auf Art. 96 BGG. Hilfsweise stütze er seine Beschwerde auf die
Verletzung verfassungsmässigen Rechts gemäss Art. 95 BGG und erhebe insofern
subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 116 BGG. Damit verkennt der
Beschwerdeführer die Tragweite der Bestimmungen des BGG.

1.1 Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nur gegeben, soweit keine
Beschwerde nach den Art. 72-89 BGG zulässig ist (Art. 113 BGG). Da mit Blick
auf den Streitwert die Beschwerde in Zivilsachen offen steht, ist auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten. Dies schadet dem
Beschwerdeführer insoweit nicht, als die Verletzung verfassungsmässiger Rechte
auch in der Beschwerde in Zivilsachen geltend gemacht werden kann (Art. 95 lit.
a BGG; BGE 133 I 201 E. 1 S. 203), wobei für die Rüge der Verletzung von
Grundrechten die speziellen Begründungsanforderungen nach Art. 106 Abs. 2 BGG
gelten, die im Übrigen auch in der Verfassungsbeschwerde massgebend gewesen
wären (Art. 117 BGG).

1.2 Mit Bezug auf ausländisches Recht kann in der Beschwerde in Zivilsachen
gerügt werden, ausländisches Recht sei nicht angewendet worden, wie es das
schweizerische internationale Privatrecht vorschreibt (Art. 96 lit. a BGG). Die
Rüge, das nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht massgebende
ausländische Recht sei nicht richtig angewendet worden, ist nur zulässig,
sofern der Entscheid keine vermögensrechtliche Sache betrifft (Art. 96 lit. b
BGG). In vermögensrechtlichen Streitigkeiten kann ausschliesslich gerügt
werden, die Anwendung des ausländischen Rechts sei willkürlich und verstosse
gegen Art. 9 BV (BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447 f.).

1.3 Nach Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen und des Bundesverwaltungsgerichts. Das
Bundesgericht leitet aus dem Begriff der Letztinstanzlichkeit gemäss Art. 75
Abs. 1 BGG ab, dass der kantonale Instanzenzug für die Rügen, die dem
Bundesgericht vorgetragen werden, ausgeschöpft sein muss (BGE 134 III 524 E.
1.3 S. 527 mit Hinweisen).

1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (
BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130, 397 E. 1.5 S. 401; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252).
Wer sich auf eine Ausnahme von der Bindung des Bundesgerichts an die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz beruft und den Sachverhalt gestützt
darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat mit Aktenhinweisen darzulegen,
dass er entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel
bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (Botschaft zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4339 Ziff. 4.1.4.3 zu Art. 93
E-BGG; Urteile des Bundesgerichts 4A_275/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 2, nicht
publ. in: BGE 137 III 539; 4A_214/2008 vom 9. Juli 2008 E. 1.2, nicht publ. in:
BGE 134 III 570; vgl. auch BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). Neue Vorbringen
sind nur zulässig, soweit erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129 mit Hinweisen), was
wiederum näher darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226; 133 III 393 E. 3
S. 395).

1.5 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon
dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die
Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Eine Aufhebung
rechtfertigt sich nur dann, wenn der Entscheid auch im Ergebnis
verfassungswidrig ist (BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f. mit Hinweisen).

1.6 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Anträge in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Unbeachtlich
sind blosse Verweise auf die Akten; inwiefern das angefochtene Urteil Recht
verletzt, ist in der Rechtsschrift selbst darzulegen (BGE 133 II 396 E. 3.1 S.
399 f. mit Hinweisen).

2.
Obwohl der von der Beschwerdegegnerin eingereichte Vergleich nur von dieser und
nicht vom Beschwerdeführer unterzeichnet worden ist, schloss die Vorinstanz aus
diversen Mitteilungen seines damaligen Rechtsvertreters, dieser habe für ihn
mit der Beschwerdegegnerin einen dem einseitig unterzeichneten entsprechenden
gültigen mündlichen Vergleich abgeschlossen, worin sich die Parteien auf eine
rückwirkenden Wiedereinstellung des Beschwerdeführers und eine einvernehmliche
Auflösung des Arbeitsverhältnisses per 31. Dezember 2002 geeinigt hätten.

2.1 Der Beschwerdeführer verweist auf drei Schreiben seines damaligen Anwalts
und beanstandet, die Vorinstanz lasse ausser Acht, dass dieser dreimal
schriftlich erklärt habe, dass es zu keinem mündlichen Vergleich mit der
Beschwerdegegnerin gekommen sei. Soweit die kantonalen Instanzen von einem
Abschluss eines Vergleichs direkt zwischen dem Beschwerdeführer und der
Beschwerdegegnerin ausgegangen sein sollten, berücksichtigten sie die vom
Beschwerdeführer vorgelegte E-mail vom 19. November 2009 nicht, in der er
seinem damaligen Anwalt geschrieben habe: "As per today, please inform
X.________ and the court that I did not accepted the settlement". Die Rügen
sind unbegründet:
2.1.1 Soweit die Vorinstanz sich nicht auf die vom Beschwerdeführer genannten
Schreiben bezieht, müsste dieser formell zunächst darlegen, wo er sich im
kantonalen Verfahren prozesskonform darauf berufen hat. Zudem müsste er zur
materiellen Ausschöpfung des Instanzenzuges aufzeigen, dass er entsprechende
Rügen bereits vor der Vorinstanz erhoben hat. Ein pauschaler Verweis genügt
dazu nicht.
2.1.2 Auch davon abgesehen kann allein aus der Tatsache, dass die Vorinstanz
ein Dokument oder dessen Inhalt nicht oder nicht vollständig erwähnt, nicht
geschlossen werden, das Gericht habe das Dokument übersehen. Zur Begründung der
Willkürrüge genügt es sodann nicht, Umstände anzuführen, die allenfalls für die
Auffassung des Beschwerdeführers sprechen, wie die Tatsache, dass dieser die
Vereinbarung nicht unterzeichnet hat. Es wäre vielmehr im Einzelnen
aufzuzeigen, inwiefern die davon abweichende Beweiswürdigung der Vorinstanz
offensichtlich unhaltbar ist. Die Vorinstanz stützt sich auf Schreiben, in
denen sie durch den Rechtsvertreter über den mündlichen Abschluss des
Vergleichs und über die Verzögerung bei der Einholung der Unterschrift
informiert wird. Wenn sie diesen Schreiben mehr Gewicht einräumt, als den
Schreiben des Rechtsvertreters, nachdem klar wurde, dass der Beschwerdeführer
den Vergleich nicht zu unterzeichnen gedenkt, ist das nicht offensichtlich
unhaltbar.

2.2 Der Beschwerdeführer thematisiert sodann die Anwendung des rumänischen
Rechts. Er behauptet, zum Abschluss des Vergleichs hätte der Anwalt nach Art.
69 der rumänischen Zivilprozessordnung einer Spezialvollmacht bedurft; ein
mündlicher Vergleich verstosse gegen das Schriftformerfordernis des
Arbeitsvertrages und Schutzvorschriften des rumänischen Arbeitsrechts. Die
Anwendung des rumänischen Rechts, dem der Arbeitsvertrag und damit auch die
Auslegung des vereinbarten Formvorbehalts untersteht, kann das Bundesgericht
indessen nicht überprüfen, da es um eine vermögensrechtliche Angelegenheit geht
(Art. 96 BGG). Zur Begründung der insoweit einzig zulässigen Rüge der
willkürlichen Anwendung des ausländischen Rechts genügt es nicht, darzulegen,
wie das rumänische Recht nach Auffassung des Beschwerdeführers korrekt hätte
angewendet werden müssen, da damit die davon abweichende Auffassung der
Vorinstanz nicht rechtsgenüglich als offensichtlich unhaltbar ausgewiesen wird.
Damit kann die Frage offen bleiben, ob bezüglich der notwendigen Vollmacht
überhaupt rumänisches Recht zur Anwendung kommt, zumal in der Schweiz
prozessiert wird, und insoweit nicht die rumänische ZPO Anwendung findet. Der
Tatsache, dass der Beschwerdeführer für Rügen, bei denen dies nicht bereits aus
dem angefochtenen Entscheid hervorgeht, nicht hinreichend mit konkreten
Aktenhinweisen aufzeigt, dass er die Rügen bereits vor der Vorinstanz erhoben
hat, kommt damit keine wesentliche Bedeutung zu. Mangels hinreichender
Begründung kann insoweit ohnehin nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.

2.3 Soweit der Beschwerdeführer als Verstoss gegen das Willkürverbot rügt, dem
Urteil des Amtsgerichts Bukarest werde keine Beachtung geschenkt, übersieht er,
dass gemäss den Feststellungen der Vorinstanz eine rückwirkende
Wiedereinstellung des Beschwerdeführers vereinbart wurde. Dass das Amtsgericht
Bukarest auch über die Modalitäten einer einvernehmlichen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses nach der Wiedereinstellung geurteilt hätte, ist nicht
festgestellt. Insoweit besteht kein Widerspruch zum rechtskräftigen Urteil des
Amtsgerichts.

3.
Damit ist die Beschwerde in Zivilsachen insgesamt abzuweisen, soweit angesichts
der mangelhaften Begründung überhaupt darauf einzutreten ist. Auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Dem Ausgang des
Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Da keine
Vernehmlassung eingeholt wurde, ist keine Parteientschädigung geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. September 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak