Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.106/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_106/2012

Urteil vom 25. Juni 2012
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Alain Luchsinger,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hanspeter Geiser,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Forderung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, III.
Zivilkammer, vom 19. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ (Beschwerdeführer) erwarb von Y.B.________ am 20. Juli 2006 eine
Beteiligung von 30 % (Inhaberaktien) an der Z.________ AG mit dem Ziel, die
Papiere in Deutschland an die Börse zu bringen. Am 26. Oktober 2006 erwarb er
vom Verkäufer ein weiteres Aktienpaket, womit er eine Beteiligung von 42 %
erlangte. Dabei vereinbarten die Parteien sinngemäss, der Beschwerdeführer
habe, sofern er beim Verkauf der Aktien einen Nettokapitalgewinn erzielen
sollte, eine Kaufpreisbesserung auf die zusätzlich erworbenen Aktien
entsprechend dem darauf entfallenden Nettokapitalgewinn zu überweisen, maximal
jedoch Fr. 1'000'000.--.

B.
Nachdem Y.B.________ seinen Wohnsitz nach Dubai verlegt und eine Forderung von
Fr. 1'000'000.-- in Betreibung gesetzt hatte, trat er sämtliche Forderungen
gegenüber dem Beschwerdeführer an seine Tochter, Y.A.________
(Beschwerdegegnerin), ab, welche vor dem Kreisgericht St. Gallen den in
Betreibung gesetzten Betrag einklagte. Das Kreisgericht verpflichtete den
Beschwerdeführer am 6. Oktober 2010 zur Zahlung von Fr. 1'000'000.-- nebst Zins
und beseitigte den Rechtsvorschlag. Die dagegen angehobene kantonalrechtliche
Berufung wies das Kantonsgericht St. Gallen am 19. Januar 2012 ab, soweit es
darauf eintrat.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht
im Wesentlichen, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben und auf die Klage
nicht einzutreten oder diese eventuell abzuweisen. Sein Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung wies das Bundesgericht am 13. März 2012 ab. Die
Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit
darauf einzutreten sei, während das Kantonsgericht auf Vernehmlassung
verzichtet. Obwohl kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wurde, hat der
Beschwerdeführer eine Replik eingereicht. Die Beschwerdegegnerin hat diese
Ausführungen pauschal bestritten.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer stellt die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin in
Abrede. Die Abtretung der Forderung sei ausschliesslich erfolgt, um die
kantonalprozessrechtliche Pflicht zur Kautionierung zu umgehen, und daher
nichtig. Die Beschwerdegegnerin habe seine Behauptung, sie sei zur Finanzierung
des Prozesses nicht in der Lage, nicht rechtsgültig bestritten. Daher hätte
über die Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin nicht Beweis abgenommen
werden dürfen und sei die Abtretung zufolge Gesetzesumgehung und
Rechtsmissbrauchs nichtig. Sodann rügt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit
der Beweisverfügung bezüglich der Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin die
Verletzung diverser Bestimmungen der kantonalen Zivilprozessordnung.

1.1 Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. Die Vorinstanz ging sinngemäss
davon aus, die Beschwerdegegnerin verfüge über hinreichende Mittel, um im Falle
ihres Unterliegens die Prozesskosten begleichen zu können. Unter dieser
Voraussetzung kann von vornherein nicht von einer Umgehung der Kautionspflicht
gesprochen werden. Der Beschwerdeführer versucht zwar, die Annahme der
Vorinstanz bezüglich der Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin zu Fall zu
bringen. Er beschränkt sich aber im Wesentlichen darauf, darzustellen, wie das
kantonale Verfahren nach seiner Auffassung korrekt hätte ablaufen müssen. Die
Anwendung des kantonalen Prozessrechts prüft das Bundesgericht indessen nicht
(Art. 95 BGG). Dass die Berücksichtigung der Beweise für die Leistungsfähigkeit
der Beschwerdegegnerin auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV)
hinausläuft, zeigt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenügend (Art. 106 Abs. 2
BGG) auf. Vielmehr unterbreitet er dem Bundesgericht bloss seine eigene Sicht
der Dinge, ohne damit die davon abweichende Auffassung der kantonalen Instanzen
als offensichtlich unhaltbar auszuweisen. In diesem Punkt kann mithin bereits
mangels hinreichender Begründung nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.

1.2 Selbst wenn die Abtretung die Umgehung der Pflicht zur Kautionierung
bezweckt haben sollte, würde dies im Übrigen nicht die Ungültigkeit der
Abtretung nach sich ziehen. Die Kautionspflicht stellt sicher, dass die
Prozesskosten einer Partei gedeckt sind, unabhängig davon, wem die eingeklagte
Forderung zusteht. Eine Abtretung zur Umgehung der Kautionsbestimmung hätte
nicht zur Folge, dass die Zession ungültig beziehungsweise unsittlich,
unmöglich oder rechtswidrig (Art. 20 OR) wäre, sondern lediglich, dass die
Gesetzesbestimmung, die hätte umgangen werden sollen, dennoch angewendet würde
und die Beschwerdegegnerin kautionspflichtig wäre. Die Aktivlegitimation wird
dadurch nicht beeinflusst.

2.
Materiell macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, Grundlage der
Kaufpreisbesserung seien von Y.B.________ akquirierte Aufträge in Deutschland
und Bulgarien gewesen, an deren Umsätzen dieser partizipieren sollte. Die
zugesicherten Aufträge seien indessen frei erfunden gewesen. Der
Beschwerdeführer ist der Auffassung, die von ihm für diese Behauptungen
angerufenen Beweismittel hätten abgenommen werden müssen. Er räumt ein, "dass
die in der schriftlichen Vereinbarung geregelte Kaufpreisnachbesserung einzig
im Verhältnis zum beim Verkauf erzielten Preis steht". Dies schliesse aber
nicht aus, dass der Grund für die Kaufpreisnachbesserung in der persönlichen
Leistung des Verkäufers liege und dieser nur an einem besseren Preis
partizipiere, wenn er einen entscheidenden Beitrag dazu geliefert habe. Der
Beschwerdeführer habe keine Nachbesserungspflicht eingehen wollen, Y.B.________
habe aber darauf beharrt. Entscheidend für das Akzeptieren der
Kaufpreisnachbesserung seien die vorgeschwindelten Zusicherungen gewesen, dass
aufgrund der Akquisitionstätigkeit des Verkäufers aus Deutschland grosse
Umsätze und aus Bulgarien Aufträge für mehrere Millionen eingehen würden.

2.1 Mit diesen Ausführungen macht der Beschwerdeführer genau besehen geltend,
er sei durch eine Täuschung des Verkäufers zum Abschluss der
Kaufpreisnachbesserungsklausel verleitet worden. Eine derartige Täuschung hat
indessen nicht zur Folge, dass keine Kaufpreisnachbesserung geschuldet wäre,
sondern dass der Getäuschte den Vertrag mit Blick auf die Täuschung (ganz oder
teilweise) anfechten kann (Art. 28 Abs. 1 OR). Dass der Beschwerdeführer dies
fristgerecht (Art. 31 OR) getan hätte, ist dem angefochtenen Entscheid nicht zu
entnehmen, und der Beschwerdeführer erhebt diesbezüglich keine hinreichend
substanziierte Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1 BGG), die dem Bundesgericht
eine Ergänzung des Sachverhalts erlauben würde (Art. 105 BGG). Daher kann der
Beschwerdeführer aus einer allfälligen Täuschung nichts zu seinen Gunsten
ableiten.

2.2 Ein Wegfall der Pflicht zur Kaufpreisnachbesserung könnte nur angenommen
werden, wenn die Parteien die Kaufpreisnachbesserung im Sinne einer
eigentlichen Bedingung von der erfolgreichen Akquisitionstätigkeit des
Verkäufers abhängig gemacht hätten. Entsprechendes lässt sich aber dem
Vertragstext nach Treu und Glauben nicht entnehmen. Daher wäre es Sache des
Beschwerdeführers gewesen, einen entsprechenden tatsächlich übereinstimmenden
Parteiwillen zu behaupten. Dass er dies im kantonalen Verfahren prozesskonform
getan hätte, zeigt er nicht rechtsgenügend auf und ist nicht ersichtlich. Die
Vorinstanz hält vielmehr fest, der Beschwerdeführer äussere sich nicht
substanziiert zur Rechtsgrundlage seiner Einwendung betreffend das Ausbleiben
der Geschäfte. Der Annahme einer Bedingung stehen zudem die Ausführungen des
Beschwerdeführers selbst entgegen. Er behauptet nicht, die
Akquisitionstätigkeit sei bei Vertragsschluss eine ungewisse Tatsache gewesen,
von deren Eintritt die Kaufpreisnachbesserung abhängig gemacht worden sei (Art.
151 OR), sondern er macht geltend, er habe der Aufnahme einer
Kaufpreisnachbesserung in die Vereinbarung nur zugestimmt, weil er (infolge der
behaupteten Täuschung) eine bestimmte Tatsache (nämlich die
Akquisitionstätigkeit des Verkäufers und die gestützt darauf zu erwartenden
Geschäfte) als gegeben erachtet habe. Selbst wenn dies zutreffen sollte, läge
keine Bedingung vor und könnte der Beschwerdeführer daraus ohne rechtzeitige
Täuschungsanfechtung nichts zu seinen Gunsten ableiten. Damit kommt den vom
Beschwerdeführer angerufenen Beweismitteln in der Tat keine Bedeutung zu und
ist der angefochtene Entscheid im Ergebnis nicht zu beanstanden.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 12'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 14'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2012

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Klett

Der Gerichtsschreiber: Luczak