Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Revision 2F.18/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2F_18/2012

Urteil vom 3. Oktober 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
A.X.________,
Gesuchsteller,

gegen

Amt für Migration des Kantons Schwyz,
Postfach 454, 6431 Schwyz,
Regierungsrat des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, Kollegiumstrasse 28, 6430
Schwyz.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_28/2012
vom 18. Juli 2012.

Erwägungen:

1.
1.1 A.X.________ (geb. 1984) stammt aus Serbien, ist in der Schweiz geboren und
verfügte hier über eine Niederlassungsbewilligung. Am 29. August 2003 heiratete
er die Schweizer Bürgerin B.X.________. Aus der Beziehung ging 2008 der
gemeinsame Sohn C.X.________ hervor. Die Ehe wurde am 10. Juli 2010 geschieden
und C.X.________ unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt. Am 29.
September 2010 verurteilte das Strafgericht Schwyz A.X.________ wegen
mehrfacher Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB), mehrfacher Tätlichkeiten
(Art. 126 StGB), mehrfacher Drohung (Art. 180 StGB) usw. im Rahmen einer
Auseinandersetzung mit seiner Gattin zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und
6 Monaten, wobei es den Vollzug im Umfang von 24 Monaten aufschob.

1.2 Gestützt hierauf widerrief das Amt für Migration des Kantons Schwyz am 15.
März 2011 die Niederlassungsbewilligung von A.X.________ und hielt ihn an, das
Land zu verlassen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz bestätigte
kantonal letztinstanzlich diesen Entscheid am 23. November 2011. Mit Urteil vom
18. Juli 2012 wies das Bundesgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten seinerseits ab, soweit es darauf
eintrat; die mit der Eingabe verbundene subsidiäre Verfassungsbeschwerde wies
es ab (Urteil 2C_28/2012). Das Bundesgericht hielt fest, dass es sich bei der
Tat zwar um ein Beziehungsdelikt gehandelt habe, doch zeuge dieses von einem
grossen Gewaltpotenzial: Gemäss Strafurteil habe A.X.________ seine Ehefrau
während mehr als vier Stunden schwer drangsaliert, sie mehrfach gewürgt, ihr
mit dem Tod gedroht und durch das Ansetzen eines Brotmessers an ihrem Hals eine
unmittelbare Lebensgefahr zumindest in Kauf genommen. Dieses Verhalten sprenge
den Rahmen eines nachvollziehbaren Ehestreits bei Weitem und offenbare eine
erhebliche verbrecherische Gesinnung, die sich auch gegen andere richten könne.

1.3 A.X.________ ist am 5. September 2012 unter anderem mit dem sinngemässen
Antrag an das Bundesgericht gelangt, das Urteil vom 18. Juli 2012 aufzuheben
und die Sache neu zu beurteilen. Die Bundesrichter Zünd, Seiler und Donzallaz
sowie Gerichtsschreiber Klopfenstein hätten in den Ausstand zu treten; ebenso
alle Richter, welche der Schweizerischen Volkspartei (SVP) angehörten. Mit
Verfügung vom 12. September 2012 wies das präsidierende Mitglied der Abteilung
das Gesuch von A.X.________ um aufschiebende Wirkung ab, am 18. September 2012
wurde dieser eingeladen, bis zum 10. Oktober 2012 einen Kostenvorschuss von Fr.
1'000.-- zu leisten, worauf A.X.________ am 21. September 2012 ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege stellte und beantragte, dass das präsidierende
Abteilungsmitglied ebenfalls in den Ausstand zu treten habe.

2.
2.1 Grundsätzlich ist diejenige Abteilung des Bundesgerichts für die
Beurteilung eines Revisionsgesuchs zuständig, die das ursprüngliche Urteil
getroffen hat. In der Regel darf darüber in der gleichen Zusammensetzung
entschieden werden (vgl. Art. 34 Abs. 2 BGG; Urteil 2F_20/2012 vom 25.
September 2012 E. 1.2.2). Da es sich bei einem Revisions- nicht um ein
Beschwerdeverfahren handelt (vgl. Art. 108 und 109 BGG), ist indessen
grundsätzlich in Normalbesetzung - d.h. in der Regel zu dritt - über ein
Revisionsgesuch zu befinden (vgl. ELISABETH ESCHER, in: Niggli/Uebersax/
Wiprächtiger [Hrsg.], BSK Bundesgerichtsgesetz, N. 7 zu Art. 128); dabei dürfen
das ursprünglich instruierende Gerichtsmitglied bzw. der mitwirkende
Gerichtsschreiber beigezogen werden, soweit gegen sie nicht andere
Ausstandsgründe als die (blosse) Beteiligung am umstrittenen Entscheid geltend
gemacht werden (vgl. das Urteil 2F_11/2011 vom 9. August 2011).

2.2 Der Beschwerdeführer begründet sein Ausstandsbegehren ausschliesslich mit
der (angeblichen) Fehlerhaftigkeit des Urteils vom 18. Juli 2012, was als
Ausstandsgrund nach dem Gesagten grundsätzlich nicht genügt. Da am vorliegenden
Verfahren weder die Bundesrichter Zünd, Seiler oder Donzallaz bzw.
Gerichtsschreiber Klopfenstein noch ein Gerichtsmitglied, welches der SVP
angehört, beteiligt sind, erübrigen sich weitere Ausführungen in diesem
Zusammenhang. Soweit der Beschwerdeführer den Ausstand des präsidierenden
Mitglieds verlangt, begründet er seinen Antrag nicht weiter; allein die
Tatsache, dass dieses das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen hat,
genügt hierzu nicht (vgl. Art. 34 Abs. 2 BGG); da das Ausstandsgesuch
untauglich ist, kann darüber unter Mitwirkung des präsidierenden Mitglieds
entschieden werden (BGE 105 Ib 301 E. 1c S. 304).

3.
3.1 Urteile des Bundesgerichts werden mit ihrer Ausfällung rechtskräftig; es
steht kein ordentliches Rechtsmittel dagegen offen (vgl. Art. 61 BGG). Das
Bundesgericht kann auf seine Entscheide nur zurückkommen, wenn einer der vom
Gesetz abschliessend genannten Revisionsgründe (Art. 121 ff. BGG) vorliegt,
wobei das entsprechende Gesuch den Vorgaben von Art. 42 Abs. 2 BGG genügend zu
begründen ist, d.h., der Gesuchsteller hat in gedrängter Form, sachbezogen und
in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im zur Revision beantragten
Entscheid darzutun, weshalb und inwiefern ein bestimmter Revisionsgrund
vorliegen soll.
3.2
3.2.1 Die Eingabe des Gesuchstellers genügt diesen Anforderungen nicht:
Sämtliche Darlegungen, welche nicht das zur Revision beantragte Urteil
betreffen - wie etwa jene zum gegen den Beschwerdeführer verhängten
Einreiseverbot sowie zu den von ihm beantragten Straf-, Disziplinar- und
Haftungsverfahren gegen Behördenmitglieder bzw. seinen Anwalt -, gehen mangels
Zuständigkeit des Bundesgerichts zum Vornherein an der Sache vorbei. Revidiert
könnte nur werden, was Gegenstand des Urteils vom 18. Juli 2012 gebildet hat,
nämlich die Frage der Zulässigkeit des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung.
Soweit die Eingabe des Gesuchstellers vom 21. September 2012 als Beschwerde
gegen den Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September
2012 über die aufschiebende Wirkung im Verfahren betreffend des Einreiseverbots
zu verstehen sein sollte, wäre hierauf wegen Unzulässigkeit des Rechtsmittels
nicht einzutreten (Art. 83 lit. c Ziff. 1 BGG [Einheit des Verfahrens]; THOMAS
HÄBERLI, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], a.a.O., N. 55 zu Art. 83
BGG)
3.2.2 Der Gesuchsteller legt nicht dar, dass ein und welcher Revisionsgrund
vorliegen würde; ein solcher ist auch nicht ersichtlich: Wegen Verletzung von
Verfahrensvorschriften kann die Revision gemäss Art. 121 BGG unter anderem
verlangt werden, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind (lit. c) oder
das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht
berücksichtigt hat (lit. d). Die Begründung eines Begehrens stellt keinen
Antrag dar und eine Rüge ist keine revisionsrelevante Tatsache (vgl. das Urteil
2F_12/2011 vom 19. Juli 2011 E. 2); das Übergehen einer prozesskonform
vorgetragenen Kritik bildet deshalb keinen Revisionsgrund. Der Revisionsgrund
von Art. 121 lit. d BGG liegt nur vor, wenn das Gericht eine Tatsache oder ein
bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit einem falschen Wortlaut wahrgenommen
hat, nicht wenn die Tatsache oder das Aktenstück in der äusseren Erscheinung
richtig wahrgenommen wurde und allenfalls bloss eine unzutreffende
beweismässige oder rechtliche Würdigung vorliegt (BGE 115 II 399 E. 2a; Urteil
4F_1/2007 vom 13. März 2007 E. 6.1; PIERRE FERRARI, in: Corboz et al. [Hrsg.],
Commentaire de la LTF, 2009, N. 17 zu Art. 121). Die Revision dient nicht dazu,
um angebliche Rechtsfehler (fälschlicherweises Nichteintreten, Verweigerung des
rechtlichen Gehörs usw.) zu korrigieren (BGE 122 II 17 E. 3) oder in der
ursprünglichen Rechtsschrift Verpasstes nachzuholen (vgl. die Urteile 2F_20/
2012 vom 25. September 2012 E. 2.1 und 4F_1/2007 vom 13. März 2007 E. 5.2;
ESCHER, a.a.O., N. 9 zu Art. 121 BGG).
3.2.3 Der Gesuchsteller wiederholt lediglich, was er bereits vorgetragen hat
und im Urteil vom 18. Juli 2012 berücksichtigt, jedoch anders bewertet worden
ist, als von ihm gewünscht. Soweit er geltend macht, er sei entgegen der
Feststellung des Bundesgerichts nie straffällig geworden, verkennt er, dass er
rechtskräftig verurteilt wurde und er einen Teil der Strafe auch verbüsst hat.
Die Richtigkeit des Strafurteils konnte im ausländerrechtlichen Entscheid vom
18. Juli 2012 zum Vornherein nicht infrage gestellt werden, weshalb dies auch
im vorliegenden Verfahren nicht möglich ist; der Gesuchsteller hätte
diesbezüglich das Strafurteil anfechten müssen. Soweit er die am 18. Juli 2012
vorgenommene Interessenabwägung beanstandet, verkennt er, dass das
Bundesgericht auf seine Argumente (Beziehungsdelikt, Verschulden der Frau usw.)
eingegangen ist, wegen seiner "erheblichen verbrecherischen Gesinnung, die sich
auch gegen andere richten könnte", das öffentliche Interesse an seiner
Entfernung aus dem Land indessen stärker gewichtet hat als sein Interesse, sich
weiter hier aufhalten zu können. Dies bildet eine im Revisionsverfahren nicht
rügbare rechtliche Beurteilung (vgl. FERRARI, a.a.O., N. 19 zu Art. 121 BGG).
3.2.4 Zwar weist der Gesuchsteller auf verschiedene Vorkommnisse bei den
Justizbehörden des Kantons Schwyz hin, doch legt er nicht rechtsgenügend dar,
dass und inwiefern durch ein Verbrechen oder Vergehen im Sinne von Art. 123
Abs. 1 BGG zu seinem Nachteil auf den bundesgerichtlichen Entscheid vom 18.
Juli 2012 eingewirkt worden wäre; die verschiedenen von ihm geäusserten
globalen Unterstellungen gegen die Justizbehörden genügen hierzu nicht. Der
Gebrauch von anstandsverletzenden Äusserungen, Übertreibungen, Drohungen und
verfehlten geschichtlichen Vergleichen machen diesbezügliche Behauptungen nicht
glaubwürdiger. Es steht dem Gesuchsteller frei, durch den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) abklären zu lassen, ob die Schweiz mit
der durch das bundesgerichtliche Urteil geschützten Beendigung seines
Aufenthalts Art. 8 EMRK verletzt hat oder nicht; nach eigenen Angaben hat er
das entsprechende Verfahren eingeleitet; ein Revisionsgrund liegt nicht vor.

4.
4.1 Da die Gründe, welche der Gesuchsteller anführt, weshalb das Urteil 2C_28/
2102 zu revidieren sei, die Voraussetzungen von Art. 121 ff. nicht erfüllen,
ist sein Gesuch abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten ist. Es
erübrigt sich, einen Schriftenwechsel durchzuführen (vgl. Art. 127 BGG). Mit
dem vorliegenden Entscheid in der Sache selber wird das Gesuch um
Wiedererwägung des Entscheids über die aufschiebende Wirkung für die Dauer des
bundesgerichtlichen Verfahrens gegenstandslos (vgl. Art. 126 BGG).

4.2 Die vorliegende Eingabe hatte keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg,
weshalb dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden kann
(Art. 64 BGG). Der Beschwerdeführer wird für das Revisionsverfahren
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
1.1 Das Ausstandsgesuch gegen Bundesrichter Zünd, Seiler und Donzallaz sowie
gegen Gerichtsschreiber Klopfenstein wird als gegenstandslos abgeschrieben.

1.2 Auf das Ausstandsgesuch gegen Bundesrichterin Aubry Girardin wird nicht
eingetreten.

2.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
3.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.2 Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 3. Oktober 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aubry Girardin

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar