Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2D.3/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2D_3/2012

Urteil vom 2. August 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Hänni.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Peter Frei,

gegen

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich,

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Kammer, vom 30. November 2011.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1950) stammt aus der Türkei. Er reiste am 9. Juni 1988 in die
Schweiz ein, wurde als Flüchtling anerkannt und erhielt Asyl. Am 20. Februar
1995 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt. Bereits im Juni bzw.
Oktober 1994 war zweien seiner Söhne die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und
Asyl gewährt worden. 1995 reisten seine Ehefrau und weitere gemeinsame Kinder
in die Schweiz ein, wo sie ebenfalls Asyl erhielten.
Anlässlich eines Streits im Herbst 2001 tötete X.________ seine Ehefrau mit
drei Kopfschüssen und einem Bauchschuss. Das Zürcher Obergericht befand ihn der
vorsätzlichen Tötung für schuldig und bestrafte ihn mit acht Jahren Zuchthaus.
Gleichzeitig ordnete es - aufgrund einer psychischen Erkrankung, die den
schizophrenen Krankheitsbildern zuzurechnen ist - eine stationäre Massnahme
gegen ihn an, aus der er am 28. April 2010 bedingt entlassen wurde. Seither
erfolgte die psychiatrische Betreuung im Wohn- und Pflegeheim A.________ wobei
X.________ schwere Rückfälle erlitt und erneut stationär psychiatrisch
behandelt werden musste. Am 3. März 2009 widerrief das Bundesamt für Migration
sein Asyl, beliess ihm aber den Flüchtlingsstatus.

B.
Aufgrund seiner schweren Straffälligkeit widerrief die Sicherheitsdirektion des
Kantons Zürich (Migrationsamt) am 28. Juni 2010 die Niederlassungsbewilligung
von X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Den hiergegen erhobenen Rekurs
lehnte der Regierungsrat des Kantons Zürich am 16. März 2011 ab. Eine dagegen
gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ab, soweit
es darauf eintrat.

C.
Vor Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Vollzug der Wegweisung gegen Art.
25 Abs. 2 und 3 BV, gegen Art. 3 der Genfer Flüchtlingskonvention (Abkommen
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, FK; SR 0.142.30),
Art. 3 Ziff. 1 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(Folterschutzkonvention; SR 0.105) sowie gegen Art. 3 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verstosse. Eventuell sei der Kanton Zürich anzuhalten, dem Bundesamt für
Migration die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers zu beantragen resp. bei
einem neuen Entscheid seien zusätzliche Abklärungen des Sachverhalts
vorzunehmen. X.________ ersucht zudem um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung.
Das Verwaltungsgericht, der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Bundesamt
für Migration beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Amt für Justizvollzug
des Kantons Zürich resp. der dort Fallverantwortliche spricht sich sinngemäss
für eine Gutheissung der Beschwerde aus, wurde allerdings nicht zur
Vernehmlassung eingeladen.

D.
Mit Verfügung vom 25. Januar 2012 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gegen
Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig, die Bewilligungen
betreffen, auf die weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Anspruch
einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Sie ist ausgeschlossen gegen Entscheide
über die vorläufige Aufnahme (Ziff. 3) und die Wegweisung (Ziff. 4). Der
Ausschlussgrund gilt nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (BGE 134 II
192 E. 1.3 S. 195; 134 V 138 E. 3 S. 144; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.) auch,
wenn damit diese Gebiete betreffende Vollzugsentscheide angefochten werden.
Gegen entsprechende kantonale Entscheide steht indessen die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 ff. BGG; Art. 114 i.V.m. Art. 86 Abs. 1
lit. d BGG; BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307; Urteil 2D_67/2009 vom 4. Februar 2010
E. 2.1). Der Betroffene kann in diesem Rahmen - in dem es nicht mehr um den
negativen Sach-, sondern mit der Wegweisung lediglich noch um den damit
verbundenen Vollzugsentscheid geht - keine Rügen erheben, die Gegenstand des
Entscheids über den Widerruf bzw. über die Nichtverlängerung der Bewilligung
gebildet haben oder hätten bilden müssen (BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307; Urteile
2C_425/2010 vom 17. August 2010 E. 4 und 2D_67/2009 vom 4. Februar 2010 E. 2.4
und 5). Das Migrationsamt des Kantons Zürich hat den Beschwerdeführer, welcher
nach wie vor als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gilt, am
4. März 2010 angehalten, die Schweiz zu verlassen und das Vorliegen von
Vollzugshindernissen verneint. Nur noch die Verfassungsmässigkeit des - durch
das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 30. November 2011 bestätigten -
Vollzugs dieses Wegweisungsentscheids bildet Gegenstand der subsidiären
Verfassungsbeschwerde, auf die in diesem Umfang grundsätzlich einzutreten ist
(vgl. die weiteren Einschränkungen in E.1.2-1.4).

1.2 Zur Verfassungsbeschwerde ist legitimiert, wer (a) vor der Vorinstanz am
Verfahren teilgenommen oder zu Unrecht keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten
hat und (b) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung
des angefochtenen Entscheids dartun kann (Art. 115 BGG). Das erforderliche
rechtlich geschützte Interesse ergibt sich dabei nicht bereits aus dem
verfassungsrechtlichen Willkürverbot oder dem Verhältnismässigkeitsgebot (vgl.
BGE 134 I 153 E. 4; PETER UEBERSAX, Einreise und Anwesenheit, in: Uebersax/
Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2009, N. 7.147). Zur Willkürrüge
ist eine Partei nur legitimiert, wenn sie sich auf eine gesetzliche Norm
berufen kann, die ihr im Bereich der betroffenen und angeblich verletzten
Interessen einen Rechtsanspruch einräumt oder zumindest den Schutz ihrer
Interessen bezweckt (vgl. BGE 133 I 185 E. 6.1 S. 198).

1.3 Das Bundesamt für Migration verfügt die vorläufige Aufnahme, wenn der
Vollzug der Weg- oder Ausweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht
zumutbar ist (Art. 83 Abs. 1 AuG). Diese "kann" von den kantonalen Behörden
beantragt werden, nicht aber vom Betroffenen selber (Art. 83 Abs. 6 AuG; ZÜND/
ARQUINT HILL, Beendigung der Anwesenheit, Entfernung und Fernhaltung, in:
Ausländerrecht, a.a.O., N. 8.103). Sie ist keine Aufenthaltsbewilligung,
sondern ein vorübergehender Status, der die Anwesenheit regelt, solange der
Wegweisungsvollzug - d.h. die exekutorische Massnahme der Wegweisung zur
Beseitigung des rechtswidrigen Zustands - nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich erscheint (vgl. RUEDI ILLES, in: Caroni/Gächter/Thurnherr
[Hrsg.], SHK Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, N.
2 f. zu Art. 83 AuG; SPESCHA/KERLAND/BOLZLI, Handbuch zum Migrationsrecht,
2008, S. 117 f.; PETER BOLZLI, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Migrationsrecht,
3. Aufl. 2012, N. 1 ff. zu Art. 83 AuG). Der Beschwerdeführer macht geltend,
die Vorinstanz habe in willkürlicher Weise verneint, dass bei ihm
Wegweisungsvollzugshindernisse bestünden. Der Vollzug der Wegweisung sei ihm
unzumutbar bzw. unzulässig. Auf seine Willkürrügen und den damit verbundenen
Antrag, den Kanton anzuhalten, beim Bundesamt für Migration um eine vorläufige
Aufnahme nachzusuchen, ist mangels eines entsprechenden Rechtsanspruchs nicht
einzutreten (vgl. BGE 137 II 305 E. 3 S. 308 ff.).

1.4 Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid bzw. das Verneinen von
Vollzugshindernissen durch die kantonalen Behörden kann mit der subsidiären
Verfassungsbeschwerde hingegen an das Bundesgericht gelangt werden, soweit sich
die betroffene ausländische Person dabei auf besondere verfassungsmässige
Rechte beruft, die ihr unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne
von Art. 115 lit. b BGG verschaffen. Die entsprechenden Rügen müssen indessen
jeweils rechtsgenügend begründet werden (Art. 116 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG);
das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amtes wegen,
sondern nur soweit diese klar, sachbezogen und falls möglich belegt dargetan
werden ("qualifizierte Rügepflicht"; vgl. BGE 136 II 489 E. 2.8 S. 494; 133 II
249 E. 1.4.2 S. 254, 396 E. 3.1 S. 399). Soweit der Beschwerdeführer eine
Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte rechtsgenügend dartut (Art.
115-117 BGG), ist auf seine Eingabe einzutreten. Dies ist nicht der Fall
hinsichtlich des in der Rechtsschrift erwähnten Art. 8 EMRK, der ohnehin die
nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende Bewilligungsfrage
betreffen würde.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör dahin gehend, dass seine psychische Situation unrichtig gewürdigt worden
sei, ebenso sei die Vorinstanz ihrer Pflicht zur weiteren
Informationsbeschaffung bezüglich der aktuellen Verfolgungssituation in der
Türkei nicht nachgekommen. Ihm sei gestützt auf Art. 29 und 30 Abs. 3 BV sowie
Art. 6 EMRK eine mündliche Verhandlung zuzugestehen.

2.2 Unter die zulässige Geltendmachung von verfassungsmässigen Rechten fällt
auch die Geltendmachung einer Gehörsverletzung (Art. 29 BV; Art. 6 EMRK), nicht
jedoch eine allgemeine Anrufung des Untersuchungsgrundsatzes. Zum Anspruch auf
rechtliches Gehör gehört das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in
seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern sowie das
Recht auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen rechtserheblichen
Beweismittel (BGE 135 II 286 E. 5.1 S. 293; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 127 I 54
E. 2b S. 56; 127 I 54 E. 2b S. 56). Indessen räumt Art. 29 Abs. 2 BV keinen
Anspruch auf eine mündliche Anhörung ein (BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.).
Auch steht die Verfassungsgarantie einer vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht
entgegen. Das Gericht kann auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn es
aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne
Willkür annehmen kann, seine Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen
nicht geändert (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153 E. 3 S. 157). Anspruch
auf eine mündliche Anhörung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK besteht, wenn der
Beschwerdeführer die Verletzung von "civil rights" im Sinne der Konvention
geltend machen kann.

2.3 Eine Gehörsverletzung ist im vorliegenden Verfahren nicht ersichtlich: Zum
einen kann ein Wegweisungsverfahren nicht als zivilrechtliche Streitigkeit im
Sinne von Art. 6 EMRK gelten; zum anderen durfte die Vorinstanz im Rahmen des
fremdenpolizeilichen Wegweisungsverfahrens auf die mündliche Befragung und
Würdigung der Umstände zu den Erkrankungen des Beschwerdeführers im
Strafverfahren abstellen. Eine Gehörsverletzung liegt auch hinsichtlich der
behaupteten unzulässigen Rückkehr in den Verfolgerstaat nicht vor: Die
Vorinstanz durfte sich insbesondere auf die Stellungnahme des Bundesamtes für
Migration als Fachbehörde stützen (vgl. dazu unten E. 4.3). Gerügt wird
schliesslich noch, dass eine Gehörsverletzung auch dahin gehend bestehe, als
die "besonderen Umstände" der Tatbegehung von der Vorinstanz nicht
berücksichtigt worden seien. Auch diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass
alle Umstände bezüglich der Tatbegehung im Rahmen des strafrechtlichen
Verfahrens gewürdigt worden sind; im Rahmen des Wegweisungsverfahrens sind sie
nicht mehr Verfahrensgegenstand. Eine Verletzung von Art. 29 BV liegt demnach
nicht vor. Der angerufene Art. 30 Abs. 3 BV schliesslich schreibt bloss vor,
dass eine Gerichtsverhandlung öffentlich zu sein hat, wenn eine solche
angeordnet worden ist; die Frage, ob eine mündliche öffentliche Verhandlung
geboten ist, regelt diese Bestimmung nicht (BGE 128 I 288 E. 2.3-2.7 S. 291
ff.; vgl. auch Urteil 9C_833/2011 vom 24. Mai 2012 E. 5.1); auch diese
Bestimmung ist demnach nicht verletzt.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer sieht im Wegweisungsvollzug eine qualifizierte
Verletzung der ihm als Flüchtling zustehenden verfassungsmässig geschützten
Rechte: So stehe er unter dem Schutz des Rückschiebeverbots, insbesondere wiege
seine Straftat nicht so schwer, dass sie jenen Schutz durchbrechen könnte; in
seinem Heimatstaat drohe ihm zudem eine unmenschliche Behandlung i.S.v. Art. 3
EMRK.

3.2 Ein Flüchtling darf - unter Vorbehalt von Art. 5 AsylG
(Non-Refoulement-Prinzip; Art. 33 Ziff. 1 FK; Art. 25 Abs. 2 BV; vgl. unten E.
3.3) - nur ausgewiesen werden, wenn er die innere oder äussere Sicherheit
gefährdet oder die öffentliche Ordnung "in schwerwiegender Weise" verletzt hat
(vgl. Art. 65 AsylG sowie Art. 32 Ziff. 1 FK; BGE 135 II 110 E. 2.2.1 S. 113;
127 II 177 E. 3b S. 183; siehe auch FELLER/TÜRK/NICHOLSON, La protection des
réfugiés en droit international, 2008, S. 133 ff.; ZÜND/ARQUINT HILL, in:
Ausländerrecht, a.a.O., Rz. 8.89 ff.); insofern wird die Möglichkeit seiner
Ausweisung flüchtlings- bzw. asylrechtlich beschränkt (BGE 135 II 110 E. 2.2 S.
113; Urteile 2A.51/2006 vom 8. Mai 2006 E. 2.2 und 2A.313/2005 vom 25. August
2005 E. 2.2; je mit Hinweisen).
Im Aufnahmestaat begangene Straftaten sind kein Grund zur Aberkennung der
Flüchtlingseigenschaft. Der Betroffene bleibt, auch wenn das Bundesamt wegen
einer besonders verwerflichen strafbaren Handlung das Asyl widerrufen hat (Art.
63 Abs. 2 AsylG), im Genuss des ihm konventionsrechtlich gewährten
völkerrechtlichen Schutzes, solange er materiell weiterhin als Flüchtling im
Sinne von Art. 1 FK zu gelten hat. Dem Flüchtling ohne Asyl kommt demnach unter
Umständen im international-flüchtlingsrechtlichen Kontext ein subsidiärer, zum
Asyl komplementärer Schutz zu (vgl. Art. 83 Abs. 8 AuG; BGE 135 II 110 E. 2.2
S. 113; WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Ausländerrecht, a.a.O., Rz. 11.48 und 11.77
ff.; PETER BOLZLI, in: Spescha/Kerland/Bolzli, Migrationsrecht, Zürich 2008,
Vorbemerkungen zu Art. 83-88 sowie N. 26 zu Art. 83 AuG; RUEDI ILLES, Art. 83,
in: STK AuG, a.a.O., N. 18 ff.).

3.3 Kein Flüchtling darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen
werden, in dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse,
Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder
wegen seiner politischen Anschauung gefährdet ist oder in dem er Gefahr läuft,
zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden (Art. 5 Abs. 1 AsylG bzw.
Art. 33 Ziff. 1 FK). Dieser als Rückschiebeverbot bzw. Non-Refoulement-Gebot
bezeichnete Grundsatz entfällt, wenn erhebliche Gründe für die Annahme
bestehen, dass der Betroffene die Sicherheit der Schweiz gefährdet, oder wenn
er als "gemeingefährlich" zu gelten hat, weil er wegen eines besonders schweren
Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist (Art. 5 Abs. 2
AsylG bzw. Art. 33 Ziff. 2 FK). Nur ein besonders schweres Verbrechen vermag
den Rückschiebeschutz von Art. 5 Abs. 1 AsylG aufzuheben. Eine Ausnahme vom
Non-Refoulement-Prinzip rechtfertigt sich bloss, wenn der Täter für die
Allgemeinheit des Zufluchtsstaats eine Gefahr bildet. Auf die entsprechende
Gemeingefährlichkeit darf nicht allein aufgrund der Verurteilung wegen des
besonders schweren Verbrechens geschlossen werden; es muss zusätzlich vielmehr
eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehen (BGE 135 II 110 E. 2.2.2 S. 114;
Urteil 2A.139/1994 vom 1. Juli 1994 E. 6 mit Hinweisen auf die Doktrin,
bestätigt im Urteil 2A.51/2006 vom 8. Mai 2006 E. 5.2; NÄGELI/SCHOCH,
Ausländische Personen als Straftäter und Straftäterinnen, in: Ausländerrecht,
a.a.O., N. 22.212 ff.).

3.4 Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz straffällig geworden, wobei sein
Verschulden besonders schwer wiegt: Das Obergericht des Kantons Zürich hat ihn
am 28. November 2003 wegen vorsätzlicher Tötung zu 8 Jahren Zuchthaus
verurteilt, nachdem er am 23. Oktober 2001 seine Frau im Streit erschossen
hatte. Der Beschwerdeführer hat mit dieser Tat massiv gegen die hiesigen
strafrechtlichen und moralischen Normen verstossen. Vom Zürcher Obergericht
wurde die besondere Kaltblütigkeit der Tat denn auch hervorgehoben; eine
Subsumtion unter den Tatbestand des Mordes (Art. 112 StGB) wurde erwogen,
jedoch gestützt auf eine unzureichende Beweislage verneint. Mit seiner Tat hat
der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung in schwerwiegender Weise gestört
(Art. 65 AsylG); sein Asyl wurde denn auch rechtskräftig widerrufen (Art. 63
Abs. 2 AsylG).
Der schwere Verstoss gegen die öffentliche Ordnung wird vom Beschwerdeführer
anerkannt, er beruft sich jedoch auf seinen subsidiären internationalen
völkerrechtlichen Schutz als Flüchtling: Aufgrund seiner psychischen Erkrankung
sei es ihm nicht zumutbar, in seinen Heimatstaat ausgeschafft zu werden, weil
die unerlässliche intensive medizinische Betreuung nicht gewährleistet sei; es
drohe ihm diesbezüglich eine unmenschliche Behandlung, die gegen Art. 25 Abs. 3
BV und Art. 3 EMRK verstosse (dazu nachfolgend E. 3.5). Ebenso sei er, weil er
seine Frau umgebracht habe, im Falle einer Ausweisung der Rache ihrer Familie
ausgesetzt: In der Türkei bestehe keine genügende polizeiliche
Schutzinfrastruktur, um ihn vor Übergriffen von den Verwandten seiner Frau zu
schützen, sodass bei einer Ausweisung gegen das Gebot, Flüchtlinge nicht in
einen Staat auszuschaffen oder auszuliefern, in dem sie verfolgt werden,
verstossen werde (Art. 25 Abs. 2 BV; Art. 33 Abs. 1 FK;
Non-Refoulement-Grundsatz; dazu nachfolgend E. 3.6).

3.5 Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitlichen Probleme ist darauf
hinzuweisen, dass wegen solcher nur dann auf eine Unzumutbarkeit des
Wegweisungsvollzugs geschlossen werden dürfte, wenn eine notwendige
medizinische Behandlung im Heimatland fehlte und die Rückkehr zu einer raschen
und lebensgefährlichen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands führen würde (
BGE 137 II 305 E. 4.3 S. 312). In Übereinstimmung mit den Feststellungen der
Vorinstanz kann der Beschwerdeführer nicht dartun, dass aufgrund seiner
psychischen Erkrankung sowie wegen der somatischen Probleme (Arbeitsunfall,
Bluthochdruck) eine derart komplexe Situation vorliegt, welche im Falle einer
Rückkehr in den Heimatstaat zu einer raschen und lebensgefährlichen
Beeinträchtigung führte. Es ist davon auszugehen, dass die erforderliche,
allenfalls stationäre psychiatrische Behandlung auch in der Türkei erfolgen
kann, sodass keine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 3 BV bzw.
Art. 3 EMRK vorliegt.

3.6 Mit Bezug auf die behauptete Verfolgungssituation des Beschwerdeführers
durch die Familie seiner Frau ist anzumerken, dass der Schutz des
Non-Refoulement-Grundsatzes auf staatliche Verfolgung zielt. Inwieweit diese
durch den behaupteten fehlenden polizeilichen Schutz, Sippenstreitigkeiten
konsequent und landesweit zu verfolgen, gegeben ist, erscheint nicht
hinreichend dargetan, sodass auf die Ausführungen der Vorinstanz zu verweisen
ist: Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb sich der Beschwerdeführer nicht
an einem anderen Ort als dem von Sippenfehden betroffenen Nurhak-Gebirge
niederlassen könnte. Die Vorinstanz nimmt in ihrem Urteil explizit auch Bezug
auf den Rekursentscheid des Regierungsrats vom 16. März 2011, wo festgestellt
wird, dass sich Mitglieder der Familie mütterlicherseits in der Schweiz
aufhalten oder aufgehalten haben und der Beschwerdeführer keinen Nachstellungen
ausgesetzt war, sondern von jener Familie lediglich gemieden wird. Eine
staatliche Verfolgungssituation, nach der es ausgeschlossen wäre, den
Beschwerdeführer in die Türkei auszuweisen, ist in dieser Hinsicht nicht
dargetan.

3.7 Im Aufnahmestaat begangene Straftaten sind - wie dargelegt - kein Grund zur
Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, jedoch ist das Interesse der Schweiz,
einen straffällig gewordenen Ausländer von der Schweiz fernzuhalten, in erster
Linie anhand seines bisherigen Verhaltens und seines strafrechtlichen
Verschuldens zu beurteilen; wesentlich ist dabei auch die im Strafverfahren
erfolgte Einschätzung der Rückfallgefahr (BGE 135 II 110 E. 4.2 S. 118 f.). Im
Strafverfahren wurde der Beschwerdeführer als erheblich rückfallgefährdet
eingeschätzt; eine ambulante Massnahme wurde als unzureichend angesehen;
vielmehr war eine "lange andauernde stationäre Therapie" in einer
psychiatrischen Klinik empfohlen, die mit der Urteilsfällung im Sinne einer
stationären Massnahme (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) angeordnet wurde; infolge
der weiter bestehenden Möglichkeit eines Rückfalls bildet der Beschwerdeführer
eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Für die Beurteilung kann zudem nicht
entscheidend sein, dass der Beschwerdeführer, dem nach seiner Tat die Freiheit
entzogen war, tatsächlich keine weiteren Delikte verübt hat. Gestützt auf die
rechtskräftige Verurteilung wegen des besonders schweren Verbrechens und die im
Strafverfahren bzw. Straf- und Massnahmevollzug zusätzlich festgestellte
fehlende Einsichtsfähigkeit hinsichtlich der Tat, der weiterhin massiven
Verfolgungsideen und der damit konkreten Wiederholungsgefahr, ist der
Beschwerdeführer als gemeingefährlich zu bezeichnen, weshalb das
Rückschiebungsverbot seiner Wegweisung nicht entgegensteht (E. 3.3 hievor; vgl.
Art. 5 Abs. 2 AsylG; Art. 33 Abs. 2 FK; Urteil 2A.51/2006 vom 8. Mai 2006 E.
4.1).

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht nach wie vor eine akute Gefahr von Folterungen
geltend, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden sei: Wenn er nach
mehr als 20 Jahren Abwesenheit ohne Nachricht wieder an die Türkei ausgeliefert
werde, drohe ihm als ehemaligem Sympathisanten der Kommunistischen Partei noch
immer eine unmenschliche Behandlung oder Bestrafung, indem er erneut
Folterungen ausgesetzt werden könnte (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3 Abs. 1
Folterschutzkonvention; Art. 7 und 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II).

4.2 In Bezug auf das vom Beschwerdeführer angerufene Folterverbot gilt keine
Ausnahme vom Rückschiebeverbot (vgl. die Urteile des EGMR Ahmed gegen
Österreich vom 17. Dezember 1996, Recueil CourEDH 1996-VI S. 2195 Ziff. 46;
Chahal gegen Grossbritannien vom 15. November 1996, Recueil CourEDH 1996-V S.
1831 Ziff. 79 f. und Soering gegen Grossbritannien vom 7. Juli 1989, Serie A,
Band 161 Ziff. 88 f.). Nach dem Völkerrecht sind Folter und jede andere Art
grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung
absolut verboten (Art. 3 EMRK, Art. 7 und Art. 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II [SR
0.103.2]; KÄLIN/MALINVERNI/NOWAK, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte,
Basel 1997, S. 165 ff.). Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in
dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung
oder Bestrafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3 Ziff. 1
Folterschutzkonvention; Urteil 2A.313/2005 vom 25. August 2005 E. 2.2).

4.3 Gemäss der Feststellung der Vorinstanz haben der Beschwerdeführer selber
oder zumindest seine Kinder vor über 20 Jahren der Kommunistischen Partei der
Türkei nahe gestanden. Dem Asylgesuch des Beschwerdeführers wurde primär
entsprochen, weil zuvor zweien seiner Kinder Asyl gewährt wurde, die
mittlerweile jedoch auf diesen Status verzichtet haben, um wieder in die Türkei
reisen zu können. Das Bundesamt für Migration hat diesen Umstand als ein
starkes Indiz gewertet, dass die Familie unterdessen nicht mehr akut verfolgt
wird, und ist daher am 20. März 2009 zur Auffassung gelangt, dass dem
Beschwerdeführer keine Nachteile mehr in seinem Heimatland drohten. Auf diese
Einschätzung des Bundesamtes für Migration als Fachbehörde durfte sich die
Vorinstanz stützen. Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, konkret darzutun,
weshalb ihm noch heute Folter oder andere Nachteile drohen könnten; es sind
auch keine Gründe dargetan, weshalb sich die der Einschätzung des Bundesamtes
für Migration von 2009 zugrunde gelegten Umstände unterdessen wesentlich
geändert haben könnten. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass sich die
Menschenrechtssituation in der Türkei vor dem Hintergrund der
Beitrittsverhandlungen zur EU verbessert hat. Aus den allgemeinen Ausführungen
des Beschwerdeführers zur Situation vor über 20 Jahren ist eine aktuelle
Foltergefährdung nicht dargetan (Erfordernis des "real risk"; Urteil 2C_87/2007
vom 18. Juni 2007 E. 4.3.2).

5.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Da sich die Verfassungsbeschwerde nicht als aussichtslos erweist und der
Beschwerdeführer bedürftig ist, kann die beantragte unentgeltliche Rechtspflege
bewilligt und auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 64
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.

2.1 Es werden keine Kosten erhoben.

2.2 Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt Peter Frei als Rechtsbeistand
beigegeben. Diesem wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr.
2'000.-- ausgerichtet.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. August 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Hänni