Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2D.26/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2D_26/2012

Urteil vom 7. August 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwälte Simon Kobi und/oder Peter
Hofer,

gegen

Gemeinde Küsnacht, Bauamt, Abteilung Tiefbau, Obere Dorfstrasse 32, Postfach,
8700 Küsnacht ZH, vertreten durch Rechtsanwältinnen Claudia Schneider Heusi und
/oder Laura Mazzariello,

Y.________ AG,

Gegenstand
Submission (Abweisung des Gesuches um Erteilung der aufschiebenden Wirkung),

Verfassungsbeschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons
Zürich, 1. Abteilung, Abteilungspräsident, vom 24. April 2012.

Erwägungen:

1.
Die Gemeinde Küsnacht schrieb im Zusammenhang mit der Sanierung einer Strasse
Tiefbau- und Strassenbauarbeiten aus. Der Zuschlag ging mit Vergabeentscheid
vom 28. Februar 2012 an die Y.________ AG. Dagegen gelangte die übergangene
Bewerberin X.________ AG an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, wobei
sie darum ersuchte, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Dem Gesuch wurde am 10. April 2012 zunächst superprovisorisch entsprochen. Nach
Einholung einer Replik wies der Präsident der 1. Abteilung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich das Gesuch mit (Zwischen-) Verfügung vom
24. April 2012 ab. Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 3. Mai 2012
beantragte die X.________ AG dem Bundesgericht, die Verfügung vom 24. April
2012 sei aufzuheben; es sei der gegen den Vergabeentscheid vom 28. Februar 2012
beim Verwaltungsgericht erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu
erteilen und es sei der Vergabegemeinde und der Y.________ AG zu verbieten, bis
zu einem rechtskräftigen Entscheid des Verwaltungsgerichts einen Vertrag
betreffend das streitige Vergabegeschäft abzuschliessen. Dem gleichzeitig
gestellten Gesuch um aufschiebende Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren
entsprach der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung mit Verfügung
vom 4. Mai 2012 superprovisorisch, indem er bis zum Entscheid über das Gesuch
alle Vollziehungsvorkehrungen untersagte.
In ihrer Vernehmlassung vom 21. Mai 2012 teilte die Gemeinde Küsnacht mit, dass
sie am 25./27. April 2012 den Werkvertrag mit der Y.________ AG geschlossen
habe; sie beantragte, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie
abzuweisen. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hob darauf
mit Verfügung vom 13. Juni 2012 die superprovisorisch angeordnete Untersagung
aller Vollziehungsvorkehren vom 4. Mai 2012 auf und wies das Gesuch um
aufschiebende Wirkung ab. Zugleich wurde den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit
eingeräumt, sich zur Frage einer allfälligen Gegenstandslosigkeit des
bundesgerichtlichen Verfahrens bzw. zur Regelung der Verfahrenskosten und
Parteientschädigungen zu äussern. Die Beschwerdeführerin beantragte am 29. Juni
2012, auf die Beschwerde vom 3. Mai 2012 einzutreten und diese materiell zu
behandeln; eventualiter, für den Fall des Nichteintretens auf die Beschwerde,
ersucht sie darum, die Verfahrenskosten der Gemeinde Küsnacht oder der
Y.________ AG aufzuerlegen und ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen. Die
Gemeinde Küsnacht hat ihre Vernehmlassungsanträge bestätigt. Eine Stellungnahme
der Y.________ AG ist nicht eingegangen.

2.
2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ist zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer ein schutzwürdiges
Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat.
Fehlt es daran schon zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung, wird darauf nicht
eingetreten, fällt dieses Interesse später dahin, ist das Verfahren
abzuschreiben (BGE 137 I 23 E. 1.3.1 S. 24).
Gegenstand der Beschwerde bildet einzig die Frage, ob das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich verfassungsmässige Rechte verletzt hat, indem es der bei ihm
anhängig gemachten Beschwerde nicht aufschiebende Wirkung erteilte und davon
absah, der Gemeinde Küsnacht und der Y.________ AG in diesem Vergabegeschäft
den Abschluss eines Vertrags zu untersagen. Nachdem der Vertrag am 25./27.
April 2012 abgeschlossen worden ist, hat die Beschwerdeführerin kein
erkennbares schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids. Die Beschwerde ist erst nach Vertragsschluss
eingereicht worden, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Daran ändert nichts,
dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung keine Kenntnis
vom Vertrag hatte.

2.2 Die Beschwerdeführerin beharrt indessen auf einer Behandlung der
Beschwerde. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf ein aktuelles
Rechtschutzinteresse, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage
jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an
ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes
öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige bundesgerichtliche Prüfung
im Einzelfall kaum je möglich wäre (BGE 137 II 40 E.2.1 S. 41; 136 I 79 E. 1.1
S. 81; 136 II 101 E. 1.1 S. 103).
Soweit die Beschwerdeführerin meint, eine Gutheissung der vorliegenden
Beschwerde könnte unmittelbar zur Aufhebung des Werkvertrags führen, irrt sie:
Ihr im kantonalen Verfahren gestelltes Gesuch zielte allein auf die
Verhinderung des Vertragsabschlusses ab, nicht aber auf die Regelung der
Verhältnisse im Falle eines bereits erfolgten Vertragsschlusses (vgl. Urteil
2C_811/2011 vom 5. Januar 2012 E. 1.4); weder die angefochtene Verfügung noch
die dagegen gerichtete Beschwerde haben denn auch eine solche Regelung zum
Gegenstand. Auch sonst fehlen die Voraussetzungen, vorliegend die Frage der
Rechtsfolgen eines allenfalls unzulässigerweise abgeschlossenen Vertrags zu
prüfen. Wie es sich mit der Möglichkeit des Dahinfallens eines Vertrags
verhält, der aufgrund eines mit Mängeln behafteten Beschaffungsverfahrens
geschlossen wurde, ist eine noch ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung, über die in einem ordentlichen Verfahren umfassend entschieden
werden muss (vgl. Urteile 2C_611/2011 vom 16. Dezember 2011 E. 2.2 und 2C_339/
2010 bzw. 2C_434/2010 vom 11. Juni 2010 E. 3.2). Sie kann sich ohnehin wohl
bloss dann ernsthaft stellen, wenn die Rechtswidrigkeit des Vergabeentscheids
selber im diesbezüglichen Hauptverfahren festgestellt würde (ein entsprechendes
Rechtsmittelverfahren fällt nach Vertragsschluss nicht dahin, wird doch ein
Rechtsschutzinteresse in Form eines Feststellungsinteresses grundsätzlich
anerkannt, vgl. Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den
Binnenmarkt, BGBM; SR 943.02); eine allfällige Mangelhaftigkeit der
Zwischenverfügung über die aufschiebende Wirkung rechtfertigte für sich allein
die Ungültigkeitserklärung eines Vertrags nicht, wenn im Nachhinein im
Hauptverfahren die Rechtmässigkeit des Vergabeentscheids festgestellt werden
sollte.

2.3 Auf die Beschwerde ist wegen offensichtlich fehlender Legitimation mit
Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht
einzutreten.

2.4 Für die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist von Bedeutung,
dass der Werkvertrag unmittelbar nach Eröffnung der Verfügung über die
Verweigerung der aufschiebenden Wirkung geschlossen worden ist. Dies dürfte
zwar vermutlich verfassungsmässiger Prüfung Stand halten (vgl. Urteil 2C_634/
2008 vom 11. März 2009). Indessen hat hier die Beschwerdeführerin rasch
reagiert und die Zwischenverfügung vom 24. April 2012 innert acht Tagen beim
Bundesgericht angefochten. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie von der
Vergabestelle über den am 27. April 2012 definitiv zustande gekommenen Vertrag
informiert worden wäre. Unter solchen Umständen rechtfertigt es sich nicht, sie
im Hinblick auf die Kostenregelung als unterliegende Partei zu betrachten.
Vielmehr ist es im Wesentlichen der Gemeinde sowie der Zuschlagsempfängerin
zuzuschreiben, dass Verfahrenskosten entstanden sind. Es rechtfertigt sich
daher, die Gerichtskosten ihnen aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 3 und 5 BGG)
und sie zur Ausrichtung einer Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin zu
verpflichten (vgl. Art. 68 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Gemeinde Küsnacht und der
Y.________ AG, unter solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Die Gemeinde Küsnacht und die Y.________ AG, haben die Beschwerdeführerin unter
solidarischer Haftung für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, Abteilungspräsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. August 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Feller