Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.970/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_970/2012

Urteil vom 1. April 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
vertreten durch Von Graffenried AG Treuhand,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.

Gegenstand
Mehrwertsteuer 1. Quartal 2005 - 4. Quartal 2009 (Architekturleistungen)

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 24.
August 2012.

Sachverhalt:

A.
Mit Einschätzungsmitteilung und Verfügung vom 18. Juni 2010 (EM Nr. 339'682)
belastete die Eidgenössische Steuerverwaltung der X.________ AG (nachfolgend
die Steuerpflichtige) für die Steuerperioden vom 1. Dezember 2005 bis 31.
Dezember 2009 Mehrwertsteuern im Betrag von Fr. 66'514.70 nach. Davon entfiel
ein Betrag von Fr. 59'662.80 (EM Pos. 1.1) auf ungenügend versteuerte
Architekturleistungen gegenüber den nahestehenden Personen A.________ (Inhaber
und Verwaltungsratspräsident der Steuerpflichtigen) und B.________
(Geschäftsführer und Delegierter des Verwaltungsrats der Steuerpflichtigen).
Nachdem die Steuerpflichtige Bauabrechnungen eingereicht hatte, korrigierte die
Eidgenössische Steuerverwaltung die Nachbelastung zugunsten der
Steuerpflichtigen um Fr. 6'743.00 (Einspracheentscheid vom 2. September 2011).
An der Nachbelastung gemäss EM Pos. 1.2 (privat genutzte
Geschäftsräumlichkeiten) hielt die Eidgenössische Steuerverwaltung fest. Sie
ist vorliegend nicht mehr bestritten. Die Nachbelastung gemäss EM Pos. 2
(baugewerblicher Eigenverbrauch) war bereits damals nicht bestritten.

B.
Die Steuerpflichtige führte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses
hiess das Rechtsmittel mit Urteil vom 24. August 2012 bezüglich EM Pos. 1.1
(ungenügend versteuerte Architekturleistungen) im Umfang von Fr. 6'532.--
teilweise gut. Grund für die Korrektur war ein (von der Eidgenössischen
Steuerverwaltung anerkannter) Berechnungsfehler beim Stundenaufwand (Urteil E.
3.4.1.2). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C.
Hiergegen führt die Steuerpflichtige Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
24. August 2012 sei aufzuheben und die Steuernachforderung für die fraglichen
Steuerperioden sei (unter Aufhebung der Nachbelastung gemäss EM Ziff. 1.1) auf
maximal Fr. 6'851.20 festzusetzen.
Die Hauptabteilung Mehrwertsteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung
beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht
verzichtete auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts über die Mehrwertsteuer ist zulässig
(Art. 82 f., 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist durch
den angefochtenen Entscheid betroffen und zur Beschwerde legitimiert (Art. 89
lit. a BGG).

1.2 Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung
der allgemeinen Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen, sofern der rechtliche Mangel nicht geradezu
offensichtlich ist. Die Verletzung von Grundrechten kann es nur insofern
prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; zum Ganzen BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 133 II 249
E. 1.4.1 f. S. 254 mit Hinweisen).

1.3 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2).

2.
Am 1. Januar 2010 trat das neue Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die
Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20) in Kraft. Dessen Verfahrensbestimmungen
finden auf hängige Verfahren sofort Anwendung (Art. 113 Abs. 3 MWSTG). In
materieller Hinsicht bleiben die bisherigen Vorschriften auf alle während ihrer
Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen, entstandenen Rechtsverhältnisse und
erbrachten Leistungen anwendbar (Art. 112 Abs. 1 und 2 MWSTG). Vorliegend
finden daher in materieller Hinsicht noch das alte Bundesgesetz über die
Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (aMWSTG; AS 2000 1300) und die zugehörigen
Ausführungsbestimmungen Anwendung.

3.
3.1 Gemäss Art. 5 aMWSTG unterliegen der Mehrwertsteuer u.a. die durch eine
steuerpflichtige Person im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferungen von
Gegenständen (lit. a) und Dienstleistungen (lit. b). Nach Art. 33 Abs. 1 aMWSTG
wird die Steuer vom Entgelt berechnet. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift gehört
zum Entgelt alles, was der Empfänger oder an seiner Stelle ein Dritter als
Gegenleistung für die Lieferung oder die Dienstleistung aufwendet. Im Falle
einer Lieferung oder Dienstleistung an eine nahestehende Person gilt als
Entgelt der Wert, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde (Art. 33 Abs.
2 3. Satz aMWSTG). Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei der
Festsetzung des Entgelts zwischen nahestehenden Personen die Marktkriterien oft
nicht massgebend sind, weshalb der Wert der Leistung durch einen sog.
Drittvergleich zu ergründen ist. Der "Wert, der unter unabhängigen Dritten
vereinbart würde", bemisst sich in diesem Fall nach jenem Preis, den ein
Dritter der gleichen Abnehmerkategorie auf dem Markt zu bezahlen hätte (Prinzip
des "dealing at arm's length"; Urteil 2C_778/2008 vom 8. April 2009 E. 3.1;
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3734/2011 vom 9. Januar 2013 E. 2.3.3).
Für die Bestimmung dieses Wertes zu berücksichtigen sind dabei alle konkreten
Umstände des abgeschlossenen Geschäfts (s. auch BGE 138 II 57 E. 2.2 und 3.1 f.
S. 60 f., 545 E. 3.2 ff., für die direkten Steuern).

3.2 Als nahestehende Personen gelten nach der vor allem zu den direkten Steuern
entwickelten Rechtsprechung insbesondere solche, die an der
leistungserbringenden Kapital- oder Personengesellschaft beteiligt oder die
Mitglieder der Verwaltung und weiterer Organe einer Kapitalgesellschaft oder
Genossenschaft sind. Nahestehend sind aber nicht nur direkte Anteilsinhaber,
sondern auch Personen, zu denen wirtschaftliche oder persönliche (namentlich
verwandtschaftliche) Verbindungen bestehen, die nach den gesamten Umständen als
eigentlicher Grund der zu besteuernden Leistung betrachtet werden müssen.
Nahestehend sind schliesslich auch Personen, denen der Aktionär erlaubt, die
Gesellschaft wie eine eigene zu benutzen (BGE 138 II 57 E. 2.3 und 3, 545 E.
3.4; 131 II 593 E. 5.1 f. S. 607 f.; Urteil 2C_88/2011 vom 3. Oktober 2011 E.
2.1.1, in: RDAF 2012 II 131; 2C_557/2010 vom 4. November 2010 E. 2.2 in: StR 66
/2011 S. 62; 2A.79/2003 vom 27. Januar 2003 E. 1, in: ASA 72 736).

3.3 Es ist unbestritten, dass A.________ als Inhaber und
Verwaltungsratspräsident der Steuerpflichtigen und B.________ als
Geschäftsführer und Delegierter des Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin nahe
stehen. Art. 33 Abs. 2 dritter Satz aMWSTG findet folglich Anwendung. Das
Entgelt für die von der Beschwerdeführerin zu Gunsten dieser beiden Personen
erbrachten Architekturleistungen ist nach dem Wert zu bemessen, der unter
unabhängigen Personen vereinbart worden wäre. Umstritten ist aber, wie dieser
Wert zu bestimmen ist und ob er durch die Eidgenössische Steuerverwaltung
richtig ermittelt worden ist. Die Beschwerdeführerin bestreitet zudem generell,
dass die Voraussetzungen für eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen
erfüllt seien.

4.
4.1 Im Mehrwertsteuerrecht gilt das Selbstveranlagungsprinzip. Die
steuerpflichtige Person hat gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung
unaufgefordert innert der gesetzlichen Frist in der vorgeschriebenen Form über
die Steuer und die Vorsteuer abzurechnen (Art. 46 aMWSTG). Sie hat ihre
Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und so einzurichten, dass sich daraus
die für die Feststellung der Steuerpflicht und die Berechnung der Steuer und
abziehbaren Vorsteuern massgebenden Tatsachen leicht und zuverlässig ermitteln
lassen (Art. 58 Abs. 1 aMWSTG).
Nur wenn der Steuerpflichtige seiner Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht
nicht nachgekommen ist oder sich aus seinen Geschäftsbüchern und Unterlagen die
für die Bestimmung der Steuer massgebenden Einzelheiten nicht ergeben oder wenn
die Buchhaltung aus anderen (formellen) Gründen keine Gewähr für die
Richtigkeit bietet, ist die Eidgenössische Steuerverwaltung nach Art. 60 aMWSTG
berechtigt und verpflichtet, eine Schätzung der steuerbaren Umsätze sowie der
Steuer und der Vorsteuern nach pflichtgemässem Ermessen (sog.
Ermessenseinschätzung) vorzunehmen. In der zweiten Tatbestandsvariante schreibt
Art. 60 aMWSTG eine Ermessenseinschätzung auch vor, wenn die ausgewiesenen
Ergebnisse - selbst bei formell einwandfreien Aufzeichnungen - mit dem
wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht übereinstimmen.
In beiden Tatbestandsvarianten von Art. 60 aMWSTG hat die Eidgenössische
Steuerverwaltung dabei diejenige Schätzungsmethode zu wählen, die den
individuellen Verhältnissen im Betrieb des Steuerpflichtigen soweit als möglich
Rechnung trägt und auf plausiblen Annahmen beruht und deren Ergebnisse der
wirklichen Situation möglichst nahe kommen (zum Ganzen, Urteil 2C_835/2011 vom
4. Juni 2012 E. 2.1-2.3, in: StR 67/2012 S. 709 [Zusammenfassung]; 2A.253/2005
vom 3. Februar 2006 E. 3.1-3.2, 4.1, in: RDAF 2007 II 318; s. auch BGE 105 Ib
181 E. 2a und 4a, für die Warenumsatzsteuer).

4.2 Ist eine derartige Schätzung nach Ermessen zu Recht erfolgt, hat die
steuerpflichtige Person nachzuweisen, dass die Schätzung unrichtig ist. Darin
liegt keine unzulässige Umkehr der Beweislast, wie die Beschwerdeführerin rügt
(Urteil 2A.642/2004 vom 14. Juli 2005 E. 5.4, in: ASA 75 S. 495). Die
Ermessensveranlagung ist vielmehr die Folge davon, dass - aus welchen Gründen
auch immer - keine oder unvollständige Aufzeichnungen vorliegen oder die
ausgewiesenen Ergebnisse mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht
übereinstimmen (Art. 60 aMWSTG) und die Eidgenössische Steuerverwaltung die
Steuer selbst nach pflichtgemässem Ermessen hilfsweise schätzen muss. Anlass
für die Ermessensveranlagung bildet allein der Umstand, dass trotz
durchgeführter Untersuchung durch die Verwaltung - es gilt die
Untersuchungsmaxime - der Sachverhalt nicht ausreichend erhellt werden konnte
und somit ein Bereich der Unsicherheit verbleibt, der aber durch plausible
Annahmen und Schätzungen ergänzt und ausgefüllt werden muss, weil die
Steuerpflicht eine allgemeine ist. Was dabei von der Verwaltung verlangt werden
kann, ist, dass sie mit einer geeigneten Methode hilfsweise selbst eine
Umsatzschätzung vornimmt, die den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe
kommt.

4.3 Da das Ergebnis der Ermessensveranlagung selbst auf einer Schätzung beruht,
kann sich die steuerpflichtige Person bei der Anfechtung einer
Ermessensveranlagung nicht mit allgemeiner Kritik begnügen. Vielmehr muss sie
dartun, dass die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vorgenommene
Schätzung offensichtlich fehlerhaft ist, und auch den Beweis für ihre
vorgebrachten Behauptungen erbringen (Urteile 2A.437/2005 vom 3. Mai 2006 E.
3.3, in: ASA 76 S. 773; 2C_569/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 4).
Das Bundesverwaltungsgericht, an welches eine solche Ermessensveranlagung
weitergezogen wird, prüft diese daher nur mit Zurückhaltung daraufhin, ob die
Schätzung sachlich begründet ist und sich auf geeignete Schätzungsgrundlagen
und -methoden und taugliche Hilfsmittel stützt. Insbesondere setzt das
Bundesverwaltungsgericht nicht sein eigenes Ermessen an Stelle des Ermessens
der Steuerverwaltung (Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts A-1484/2006 vom
19. Juni 2007 E. 6.3, vom Bundesgericht bestätigt mit Urteil 2C_426/2007 vom
22. November 2007 E. 4.3, in: ASA 77 S. 343; A-1425/2006 und A-426/2006 vom 6.
November 2008 E. 2; A-1376/2006 vom 20. November 2007 E. 4.3).

Das Bundesgericht seinerseits ist an die Ermessenseinschätzung gebunden, wenn
sie auf einer richtigen und vollständigen Tatbestandsermittlung und auf einer
sachgemässen Abwägung der Gesamtheit der für die Veranlagung massgebenden
Verhältnisse beruht. Es prüft derartige Schätzungen ebenfalls nur mit
Zurückhaltung daraufhin, ob offensichtliche Fehler oder Irrtümer vorliegen,
wobei es dem Steuerpflichtigen obliegt, die Unrichtigkeit der Schätzung zu
beweisen. Der Beschwerdeführer darf sich somit nicht darauf beschränken, die
Kalkulationsgrundlagen der Ermessensveranlagung allgemein zu kritisieren; er
muss vielmehr nachweisen, dass die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung
vorgenommene Schätzung offensichtlich fehlerhaft ist (Urteile 2C_835/2011 vom
4. Juni 2012 E. 2.4, in: StR 67/2012 S. 709 [Zusammenfassung]; 2A.109/2005 vom
10. März 2006 E. 2.3, in: StR 61/2006 S. 558 [Zusammenfassung]; 2A.437/2005 vom
3. Mai 2006 E. 3.3, in: ASA 76 S. 773).

4.4 Wie das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid (E. 2.3.3) und
die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrer Vernehmlassung (Ziff. 2.2) zu
Recht festhalten, kommen die vorerwähnten, für eine Ermessenstaxation geltenden
Grundsätze und verfahrensrechtlichen Besonderheiten auch zum Zug, wenn - wie im
vorliegenden Fall - der Preis im Drittvergleich nach Art. 33 Abs. 2 3. Satz
aMWSTG bestimmt werden muss und keine direkt vergleichbaren Drittpreise bekannt
sind (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3734/2011 vom 9. Januar 2013 E.
2.3.4).

5.
Vorliegend überprüfte die Eigenössische Steuerverwaltung im Rahmen ihrer
Kontrolle die von der Beschwerdeführerin gegenüber A.________ und B.________ in
Rechnung gestellten Architekturhonorare unter dem Aspekt des Drittvergleichs
auf ihre Angemessenheit hin. Da keine detaillierten Bauabrechnungen vorlagen,
bestimmte sie die Bausumme aufgrund der Gebäudeversicherungswerte. Das
Architekturhonorar setzte sie auf 15 Prozent der Bausumme resp. der
Gebäudeversicherungswerte fest. Es handelt sich um einen Erfahrungswert der
Eidgenössischen Steuerverwaltung, wonach Architekturleistungen üblicherweise 15
Prozent der Bausumme betragen. Dabei stellte sie für die drei Bauprojekte ein
erhebliches Missverhältnis zwischen dem von ihr ermittelten Preis wie für
Dritte (Fr. 750'000.--, Fr. 247'500.-- und Fr. 300'000.--) einerseits und den
bezahlten Architekturleistungen (Fr. 245'200.--, Fr. 107'600.-- und Fr.
99'999.--) andererseits fest. Aus diesem Grund hegte sie Zweifel daran, dass
die Aufzeichnungen die tatsächlichen Verhältnisse glaubwürdig wiedergeben und
einem Drittvergleich standhalten, und bestimmte das im Drittvergleich
massgebende Entgelt (in Anwendung von Art. 33 Abs. 2 in fine aMWSTG) nach
pflichtgemässem Ermessen.
Im Einspracheverfahren reichte die Beschwerdeführerin die Bauabrechnungen nach.
Diese ermöglichten eine Neuberechnung der aufwandbestimmenden Baukosten gemäss
Art. 7.5 der "Ordnung für Leistungen und Honorare der Architektinnen und
Architekten" des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (Ordnung SIA
102). In einem zweiten Schritt ermittelte die Eidgenössische Steuerverwaltung
den Stundenaufwand anhand der Ordnung SIA 102 sowie den "Empfehlungen der
Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen
Bauherren" (KBOB), welche ihrerseits weitgehend auf die Ordnung SIA 102
verweisen. Für die Stundenansätze orientierte sich die Eidgenössische
Steuerverwaltung an dem durch die KBOB erarbeiteten Schreiben, "Verträge mit
Architekten und Ingenieuren, Empfehlungen zur Honorierung, Ansätze für Vergaben
im freihändigen Verfahren", des Jahres 2008. Auf diese Weise ermittelte die
Eidgenössische Steuerverwaltung für die drei Projekte einen Wert der erbrachten
Architekturleistungen von Fr. 1'246'192.--, was abzüglich der von der
Beschwerdeführerin verbuchten Architekturhonorare von Fr. 496'959.-- (brutto)
nicht abgerechnete Leistungen im Wert von Fr. 749'233.-- ergab. Die
Neuberechnung stützte sich somit nicht mehr auf den Erfahrungswert der
Verwaltung (15 Prozent der Bausumme resp. des Gebäudeversicherungswertes),
sondern wurde nach dem geschätzten Zeitaufwand berechnet.
Die Vorinstanz bestätigte diese Berechnung, wobei sie den Fehler der
Eidgenössischen Steuerverwaltung beim Stundenaufwand korrigierte (angefochtenes
Urteil E. 3.4.1.2). Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid (E. 3.3) auch
eingehend dargelegt, dass es beim Normenwerk der SIA - so auch bei der Ordnung
SIA 102 - um ein paritätisch erarbeitetes Gemeinschaftswerk von Fachpersonen,
Bauherrschaften, Unternehmern, Lieferanten und Behörden handelt, das in der
Praxis anerkannt ist, und dass auch die Empfehlungen der KBOB weitgehend auf
diese Normen verweisen. Sie hielt fest, es sei der Beschwerdeführerin nicht
gelungen nachzuweisen, dass die Berechnung des Entgelts für die
Architekturleistungen nach den Empfehlungen der KBOB und der Ordnung SIA 102 in
ihrem Fall zu einem bundesrechtswidrigen Ergebnis führe (angefochtenes Urteil
E. 3.4.3).

6.
6.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht mehr, dass die Ermittlung des
Architektenhonorars für die in Frage stehenden Leistungen den Vorgaben der
SIA-Normen entspricht. Sie räumt auch ein, dass sie "ihre Leistungen an
A.________ und B.________ unbestrittenermassen zu günstigen Konditionen
erbracht (hat)". Sie anerkennt ferner, dass die von ihr verbuchten Erträge
"unbestrittenermassen von den SIA-Empfehlungen" abweichen. Sie wendet aber ein,
dass A.________ in der Regel mit Pauschalen arbeite und deshalb entsprechend
günstigere Preise anbieten könne. Die Ersparnis, die durch den Verzicht auf das
aufwändige Erfassen von Stunden, Erstellen detaillierter Offerten, Einholen von
Kostenvoranschlägen usw. entstehe, betrage gegenüber der SIA-Leistungstabelle
mindestens 20 Prozent, in gewissen Fällen sogar über 40 Prozent. Daher sei die
Berechnung nach den Baukosten und dem daraus ermittelten Zeitaufwand keine
geeignete Berechnungsmethode zur Überprüfung der von der Beschwerdeführerin
verwendeten Pauschalangebote. Die Vorinstanz gehe offenbar davon aus, dass die
Eidgenössische Steuerverwaltung über eigene branchenspezifische Erfahrungswerte
verfüge. Die EStV hätte somit nicht auf unverbindliche Preisempfehlungen einer
privatrechtlichen Organisation abstellen dürfen, sondern hätte ihre eigenen
Erfahrungszahlen anwenden müssen. Die Beschwerdeführerin weist auch darauf hin,
dass sie sich damals in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befunden
habe und im Bauwesen ein beinahe schon ruinöser Preiskampf im Gange gewesen
sei. Auf diesem Hintergrund seien die gegenüber A.________ und B.________
verrechneten Preise durchaus marktüblich. Die Stichhaltigkeit dieser Einwände
ist im Folgenden zu prüfen.

6.2 Unbegründet ist vorab der Einwand, die Voraussetzungen für eine Veranlagung
nach Ermessen seien nicht gegeben. Handelt es sich bei den Leistungsempfängern
um nahestehende Personen, muss sich die Steuerpflichtige den Drittvergleich der
von ihr verrechneten Preise gefallen lassen. Ergibt dieser, dass die
verrechneten Preise unter dem Wert liegen, der unter unabhängigen Personen
vereinbart worden wäre, ist die Preisfestsetzung nach den im Drittvergleich
gewonnenen Ergebnissen zu bestimmen. Sofern die Steuerverwaltung über keine
branchenspezifischen Erfahrungszahlen verfügt, ist dieser Wert durch Schätzung
zu ermitteln. Das ergibt sich aber aus dem Wesen der Ermessensveranlagung und
ist nicht bundesrechtswidrig (s. auch E. 2.2.1 im angefochtenen Entscheid).

6.3 Wie die Vorinstanz zu Recht dargelegt hat, sind die Normen des SIA weithin
anerkannt und finden breite Anwendung. Die vom SIA erarbeiteten Honoraransätze
werden in der Literatur als objektiv ausgewogen und angemessen beurteilt
(angefochtenes Urteil E. 3.3.3). Diese Berechnung ist daher beim Drittvergleich
zur Bestimmung des Marktwertes der erbrachten Leistungen durchaus geeignet.
Auch die Beschwerdeführerin bestreitet nicht mehr, dass die Berechnung der
Honoraransätze nach den massgebenden Bestimmungen der SIA-Normen durch die
Eidgenössische Steuerverwaltung richtig erfolgte. Sie räumt auch ein, die
Leistungen an A.________ und B.________ zu günstigen Konditionen erbracht zu
haben.

6.4 Die Kritik an der von den Vorinstanz bestätigten Methode beschränkt sich
somit im Wesentlichen auf den Einwand, die Beschwerdeführerin biete Dritten
gegenüber Pauschalangebote zu Konditionen an, die wesentlich günstiger seien,
als wenn die Offerten aufgrund der SIA-Normen ausgearbeitet würden.
Diesbezüglich hat aber die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich
festgestellt, die Beschwerdeführerin habe weder nachgewiesen, dass sie sich in
der fraglichen Periode in einer schwierigen Situation befunden, noch dass sie
gegenüber unabhängigen Dritten ihre Leistungen zu deutlich günstigeren
Konditionen angeboten habe (angefochtenes Urteil E. 3.4.2.1). Die erstmals im
bundesgerichtlichen Verfahren vorgelegten Jahresrechnungen können als neue
Beweismittel nicht berücksichtigt werden, da nicht erst der angefochtene
Entscheid zu dieser Beweisvorlage Anlass gab (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das gilt
auch für die neu eingereichten Konkurrenzofferten. Die Beschwerdeführerin ist
damit der Beweisführungspflicht für die von ihr behaupteten Tatsachen nicht
nachgekommen. Ein berechtigter Einwand gegen die Berechnung des
Architektenhonorars nach den Ansätzen der Ordnung SIA 102 und den Empfehlungen
der KBOB ist damit nicht dargetan.

7.
Es ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz aufgrund der
erheblichen Differenz zwischen den abgerechneten und den neu berechneten
Architekturleistungen eine Schätzung des massgeblichen Drittpreises als
erforderlich erachtete und den methodischen Ansatz der Eidgenössischen
Steuerverwaltung zur Ermittlung von Bausumme, Stundenaufwand und Stundenansatz
als tauglich anerkannte. Eine Bundesrechtsverletzung ist damit nicht dargetan.

8.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Da die Beschwerdeführerin unterliegt, sind ihr die Gerichtskosten aufzuerlegen
(Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist
namentlich auch dem Aufwand Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. April 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Wyssmann

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