Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.930/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_930/2012

Urteil vom 10. Januar 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Christian Flückiger,
Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Migration.

Gegenstand
Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom
21. August 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1988), türkische Staatsangehörige, reiste am 13. September
2004 in die Schweiz ein, nachdem sie am 22. Juli 2004 in ihrer Heimat den in
der Schweiz niedergelassenen türkischen Staatsangehörigen Y.________ geheiratet
hatte. Gestützt auf die Bestimmungen über den Familiennachzug erhielt sie im
Kanton Bern eine Aufenthaltsbewilligung, die regelmässig verlängert wurde,
letztmals bis zum 9. April 2009. Am 15. April 2006 wurde Z.________, der
gemeinsame Sohn der Ehegatten, geboren. Wie sein Vater ist er im Besitze der
Niederlassungsbewilligung.
Mit rechtskräftigem Strafmandat vom 30. Oktober 2007 wurde X.________ wegen
Stellenantritts ohne Bewilligung zu einer Busse von Fr. 120.-- verurteilt.
Am 27. März 2009 ersuchte X.________ um Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Am 13. April 2009 trennte sie sich von ihrem Ehegatten
und lebt seither alleine mit ihrem Sohn.
Aufgrund der Trennung unterbreitete der Migrationsdienst des Kantons Bern das
Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung am 4. Juni 2009 dem Bundesamt
für Migration zur Zustimmung. Mit Verfügung vom 3. November 2009 verweigerte
das Bundesamt diese Zustimmung und ordnete die Wegweisung von X.________ aus
der Schweiz innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Verfügung an.

B.
X.________ erhob dagegen am 2. Dezember 2009 beim Bundesverwaltungsgericht
Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung,
Erteilung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sowie
Widerruf der Wegweisung aus der Schweiz.
Während der Dauer des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde die Ehe
von Y.________ und X.________ am 23. Dezember 2011 geschieden.
Mit Urteil vom 21. August 2012 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde
ab unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

C.
Mit Eingabe vom 21. September 2012 führt X.________ beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, den
Entscheid der Vorinstanz aufzuheben und ihr - der Beschwerdeführerin - die
Niederlassungsbewilligung, eventuell die Zustimmung zur Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, zu erteilen. Zudem beantragt sie Erteilung der
aufschiebenden Wirkung sowie Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung.
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Das Bundesamt für
Migration beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht hat auch die
Akten des kantonalen Migrationsamts eingeholt.
Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom 26. September 2012 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Streitgegenstand vor Bundesgericht kann nur sein, was bereits Gegenstand
des vorinstanzlichen Verfahrens war; neue Begehren sind unzulässig (Art. 99
Abs. 2 BGG). Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens bildete die Verfügung
des Bundesamtes für Migration, womit dieses die Zustimmung zur von der
Beschwerdeführerin nachgesuchten Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Art.
99 AuG; Art. 85 f. der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung,
Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]) verweigerte. Vor der
Vorinstanz beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Zustimmung und
den Widerruf der Wegweisung. Der vor Bundesgericht gestellte Antrag auf
Erteilung der Niederlassungsbewilligung ist neu und daher unzulässig, so dass
darauf nicht einzutreten ist; dass die Vorinstanz Erwägungen über den Anspruch
auf Niederlassungsbewilligung nach Art. 43 Abs. 2 AuG angestellt hat, ändert
daran nichts. Zulässig ist hingegen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten, soweit ein (Eventual-)Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestellt wird, da dieser Antrag vor der
Vorinstanz bereits gestellt wurde und in vertretbarer Weise ein Anspruch auf
Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 50 AuG geltend gemacht wird (Art. 83 lit. c
Ziff. 2 BGG e contrario). Ob der Anspruch tatsächlich besteht, bildet
Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 113 nicht publ. E. 1.1).

1.2 Das Bundesgericht prüft frei die Anwendung von Bundesrecht mit Einschluss
des Verfassungs- und Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat; es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich, ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs.
1 und 2 BGG). Entsprechende Mängel müssen in der Beschwerde entsprechend gerügt
werden; rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist nicht zu
hören (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.
Die Beschwerdeführerin hatte gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG Anspruch auf Erteilung
und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, solange sie mit ihrem in der
Schweiz niedergelassenen ehemaligen Ehemann zusammenwohnte. Dieser Anspruch
besteht nach Art. 50 Abs. 1 AuG nach Auflösung der Ehe weiter, wenn die
Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche
Integration besteht (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren
Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b).

3.
Zu prüfen ist zunächst ein Anspruch aufgrund von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG.
Unbestritten hat die Ehegemeinschaft länger als drei Jahre gedauert. Die
Vorinstanz hat jedoch eine erfolgreiche Integration verneint.

3.1 Die Integration soll längerfristig und rechtmässig anwesenden
Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, am wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Leben der Gesellschaft teilzuhaben (Art. 4 Abs. 2 AuG; vgl. BGE 134
II 1 E. 4.1 S. 4 f.). Dazu ist erforderlich, dass sich Ausländerinnen und
Ausländer mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensbedingungen in der
Schweiz auseinandersetzen und insbesondere eine Landessprache erlernen (Art. 2
Abs. 4 AuG). Nach Art. 77 Abs. 4 VZAE liegt eine erfolgreiche Integration nach
Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG vor, wenn die Ausländerin oder der Ausländer
namentlich die rechtsstaatliche Ordnung und die Werte der Bundesverfassung
respektiert (lit. a) sowie den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum
Erwerb der am Wohnort gesprochenen Landessprache bekundet (lit. b). Nach Art. 4
der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Integration von Ausländerinnen und
Ausländern (VintA; SR 142.205) zeigt sich der Beitrag der Ausländerinnen und
Ausländer zu ihrer Integration namentlich in der Respektierung der
rechtsstaatlichen Ordnung und der Werte der Bundesverfassung (lit. a), im
Erlernen der am Wohnort gesprochenen Landessprache (lit. b), in der
Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen in der Schweiz (lit. c) sowie im
Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung (lit. d).
Das Bundesgericht hat festgehalten, dass das Adverb "namentlich", welches
sowohl in Art. 77 Abs. 4 VZAE wie auch in Art. 4 VintA verwendet wird, auf den
nicht ausschliesslichen Charakter der in diesen Bestimmungen aufgezählten
Kriterien hinweist. Bei der Prüfung der Integrationskriterien verfügen die
zuständigen Behörden über einen grossen Ermessensspielraum, in welchen das
Bundesgericht nur zurückhaltend eingreift (vgl. Art. 54 Abs. 2 und Art. 96 Abs.
1 AuG; vgl. Urteil 2C_668/2011 vom 23. Juli 2012 E. 3.2.1). Bei einem
Ausländer, der in der Schweiz beruflich integriert ist und eine feste
Anstellung hat, immer finanziell unabhängig war, sich korrekt verhält und die
örtliche Sprache beherrscht, bedarf es ernsthafter besonderer Umstände, um eine
erfolgreiche Integration zu verneinen (Urteile 2C_749/2011 vom 20. Januar 2012
E. 3.3; 2C_839/2010 vom 25. Februar 2011 E. 7.1.2). Nicht erforderlich ist eine
besonders qualifizierte berufliche Karriere (Urteil 2C_430/2011 vom 11. Oktober
2011 E. 4.2). Auch das Fehlen besonders enger sozialer Beziehungen schliesst
für sich allein eine erfolgreiche Integration nicht aus (Urteil 2C_839/2010 vom
25. Februar 2011 E. 7.1.2). Keine erfolgreiche Integration liegt vor, wenn eine
Person kein Erwerbseinkommen erwirtschaften kann, welches ihren Konsum zu
decken vermag, und während einer substantiellen Zeitdauer von Sozialleistungen
abhängig ist (Urteile 2C_857/2010 vom 22. August 2011 E. 2.3.1; 2C_546/2010 vom
30. November 2010 E. 5.2.3 f.). Umgekehrt ergibt sich aus dem Umstand, dass die
ausländische Person sich strafrechtlich nichts zuschulden hat kommen lassen und
ihr Unterhalt ohne Sozialhilfe gewährleistet erscheint, für sich allein noch
keine erfolgreiche Integration (Urteil 2C_830/2010 vom 10. Juni 2011 E. 2.2.2).
Ein Indiz gegen eine erfolgreiche Integration ist der Umstand, dass das
gesellschaftliche Leben einer ausländischen Person primär mit Angehörigen des
eigenen Landes erfolgt (Urteil 2C_749/2011 vom 20. Januar 2012 E. 3.3; 2C_546/
2010 vom 30. November 2010 E. 5.2.4).

3.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerin geniesse einen
unbescholtenen Leumund und sei mit Ausnahme eines geringen ausländerrechtlichen
Verstosses während ihres Aufenthalts in der Schweiz nie mit dem Gesetz in
Konflikt geraten. Sie sei bis zum 1. März 2009 keiner Erwerbstätigkeit
nachgegangen, obwohl die Ehegatten nicht in stabilen finanziellen Verhältnissen
gelebt hätten und im Jahre 2006 während einiger Monate von der Sozialhilfe
unterstützt werden mussten. Nach der Trennung sei sie vom 1. März 2009 bis 31.
Mai 2009 zu 40 % als Raumpflegerin und ab dem 29. Juni 2009 während eines nicht
aktenkundigen Zeitraums für rund 10 Stunden pro Woche als
Reinigungsmitarbeiterin tätig gewesen. Ab 16. August 2010 sei sie für
unbestimmte Zeit zu 80 % als Serviceangestellte tätig gewesen. Seit einiger
Zeit sei sie erneut ohne Anstellung und auf Unterstützung durch die öffentliche
Hand angewiesen. Insgesamt sei die Beschwerdeführerin nicht massgeblich
wirtschaftlich integriert. Sie sei auch sprachlich ungenügend integriert; sie
habe zwar drei Deutschkurse besucht, habe aber lediglich Kenntnisse aufgrund
der Stufe A 1.2 des Europäischen Sprachenportfolios, was Kenntnissen der
niedrigsten Stufe entspreche. Bezüglich der sozialen Integration liessen die
Akten wenig Schlüsse zu; zwar sei davon auszugehen, dass in gewissem Umfang
soziale Kontakte bestünden, doch enthielten die Akten keine Hinweise auf das
Bestehen eines Bekannten- oder Freundeskreises. Eine erfolgreiche Integration
sei daher zu verneinen.

3.3 Soweit diese vorinstanzlichen Erwägungen Sachverhaltsfeststellungen sind,
werden sie von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und sind auch sonst
nicht offensichtlich unrichtig, so dass sie für das Bundesgericht verbindlich
sind (vorne E. 1.2). Die Hinweise der Beschwerdeführerin auf ihre seit 29.
August 2012 dauernde 50 %-Beschäftigung sowie ihre im Bericht vom 14. September
2012 attestierten Deutschkenntnisse sind unzulässige Noven (Art. 99 Abs. 1
BGG). Die Beweismittel, mit denen die Beschwerdeführerin die Entwicklung ab
Anfang 2010 bis zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils dokumentieren will,
wurden von der Vorinstanz berücksichtigt, soweit sie ihr vorlagen
(angefochtenes Urteil E. 6.2); soweit dies nicht der Fall ist, können sie nicht
vor Bundesgericht neu eingereicht werden, da sie bereits vor der Vorinstanz
hätten eingereicht werden können.

3.4 Bei dieser sachverhaltlichen Lage hat die Vorinstanz angesichts der
rechtlichen Anforderungen (vorne E. 3.1) mit Recht das Vorliegen einer
erfolgreichen Integration verneint: Auch wenn die Beschwerdeführerin
Deutschkurse besucht und zeitweilig (teilzeitlich) gearbeitet hat, ist
insgesamt trotz bereits längerer Aufenthaltsdauer in der Schweiz weder die
sprachliche noch die wirtschaftliche Integration erfolgreich. Sie wurde denn
auch längere Zeit von der Sozialhilfe unterstützt. Auch wenn zu Gunsten der
Beschwerdeführerin berücksichtigt wird, dass der seit April 2009 ungesicherte
ausländerrechtliche Status die Stellensuche erschwert, so ist doch darauf
hinzuweisen, dass sie schon vorher keine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat,
obwohl sie dazu berechtigt gewesen wäre (Art. 46 AuG). Für eine
gesellschaftliche Integration werden keine Aspekte vorgebracht.

4.
Zu prüfen ist weiter, ob wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt
in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG).

4.1 Solche Gründe können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin das Opfer
ehelicher Gewalt wurde und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland
stark gefährdet erscheint (Abs. 2). Diese Gründe sind nicht abschliessend; ein
nachehelicher Härtefall setzt aber aufgrund der konkreten Umstände eine
erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der
ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen
der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten
Anwesenheitsberechtigung verbunden sind. Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit
gedauert und wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich
ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht begründen, wenn die erneute
Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (Botschaft AuG,
BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754). Entscheidend ist, ob die persönliche,
berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark gefährdet zu gelten hat
und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre (zum Ganzen BGE 138 II
229 E. 3.1; 137 II 345 E. 3.2.3). Nach der Rechtsprechung ist bei der Anwendung
von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG nicht von Bedeutung, wie stark das öffentliche
Interesse an einer Begrenzung der Einwanderung gewichtet wird, sondern allein,
wie sich die Pflicht des Ausländers, die Schweiz verlassen zu müssen, nach der
gescheiterten Ehe auf seine persönliche Situation auswirkt (BGE 137 II 1 E.
4.1, 345 E. 3.2.1). Schliesslich ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG
jeweils den Interessen allfälliger Kinder Rechnung zu tragen, falls eine enge
Beziehung zu ihnen besteht und sie in der Schweiz ihrerseits gut integriert
erscheinen (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754; BGE 138 II 229
E. 3.1; 137 II 345 E. 3.2.2). Dabei sind auch die Anforderungen zu
berücksichtigen, die sich aus Art. 8 EMRK ergeben, denn die wichtigen
persönlichen Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG können nicht
einschränkender verstanden werden als allfällige sich aus Art. 8 EMRK ergebende
Ansprüche auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (BGE 137 I
247 E. 2.2).

4.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerin könne sich als
sorgeberechtigte Mutter eines in der Schweiz niedergelassenen Kindes in Bezug
auf den weiteren Aufenthalt in der Schweiz auf Art. 8 EMRK berufen; der daraus
fliessende Anspruch gelte aber nicht absolut, sondern könne u.a. auch zwecks
Durchsetzung einer restriktiven Einwanderungspolitik eingeschränkt werden.
Müsse eine ausländische Person das Land verlassen, so hätten dies ihre
Familienangehörigen grundsätzlich hinzunehmen, wenn es ihnen ohne weiteres
zumutbar sei, mit ihr auszureisen. Kindern im anpassungsfähigen Alter sei es
grundsätzlich zumutbar, dem sorgeberechtigten Elternteil ins Ausland zu folgen.
Der Sohn der Beschwerdeführerin sei im anpassungsfähigen Alter. Es liege bei
ihm eine fokale Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen unklarer
Ursache sowie ein Entwicklungsrückstand vor. Diese Epilepsie könne mit
Antiepileptika behandelt und kontrolliert werden, was auch in der Türkei
möglich sei. Die Entwicklungsverzögerung werde therapeutisch angegangen; das
Kind benötige Stabilität und Sicherheit, doch sei nicht dargetan, dass es
zwingend auf eine Therapie in der Schweiz angewiesen sei. Der Zugang zu
medizinischer und therapeutischer Versorgung sei in der Türkei grundsätzlich
gewährleistet; die Finanzierung der Behandlung sei durch die in der Schweiz
erworbene IV-Kinderrente von monatlich Fr. 619.-- sichergestellt, auf die der
Sohn der Beschwerdeführerin auch in der Türkei Anspruch habe. Zudem lebe der
Halbbruder des Sohnes mit ähnlichen gesundheitlichen Schwierigkeiten in der
Türkei und werde dort offenbar auch medizinisch und therapeutisch versorgt. Was
die Beziehung zum in der Schweiz niedergelassenen Vater betreffe, so könne
diese weder affektiv noch wirtschaftlich als besonders intensiv bezeichnet
werden. Er lebe seit April 2009 nicht mehr in Familiengemeinschaft mit der
Beschwerdeführerin und dem gemeinsamen Kind und könne schon heute aufgrund
seiner eigenen Erkrankung sein Besuchsrecht nur eingeschränkt ausüben; das
Besuchsrecht liege jedenfalls im Rahmen des Üblichen. Der Vater habe auch keine
Unterhaltspflichten, abgesehen von einer Weiterleitung allfälliger Kinder- und
Ausbildungszulagen. Unter diesen Umständen sei es für den Sohn nicht
unzumutbar, die Schweiz zusammen mit der Mutter zu verlassen und die Beziehung
zum Vater vom Ausland her zu pflegen. In Bezug auf die wichtigen Gründe im
Sinne von Art. 50 Abs. 2 AuG erwog die Vorinstanz, es lasse sich nicht
erkennen, dass die soziale Wiedereingliederung in der Türkei stark gefährdet
wäre, habe doch die Beschwerdeführerin den grössten Teil ihres bisherigen
Lebens dort verbracht. Überdies befinde sich ihre gesamte Familie dort. Den
Anspruch auf allfällige Kinder- und Ausbildungszulagen sowie auf die direkte
Auszahlung der IV-Kinderrente habe sie auch in der Türkei. Insgesamt bestünden
keine wichtigen Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG.

4.3 Soweit es sich bei diesen Erwägungen um Sachverhaltsfeststellungen handelt,
rügt die Beschwerdeführerin nicht in rechtsgenüglicher Weise, dass diese
offensichtlich unrichtig wären; teilweise beruft sie sich selber auf diese
Feststellungen. In Abweichung davon bringt sie vor, die medizinische Versorgung
des Kindes sei nicht mittels gewöhnlicher Behandlung mit Antiepileptika zu
gewährleisten. Diese Kritik ist rein appellatorisch und daher nicht zu hören
(vorne E. 1.2). Weiter bringt sie vor, in ländlichen Gebieten der Türkei sei
die medizinische Versorgung unterdurchschnittlich bis schlecht und hochstehende
medizinische Behandlung nur für Menschen zugänglich, die über die notwendigen
finanziellen Mittel verfügen. Auch die Vorinstanz ist aber nicht davon
ausgegangen, dass die Versorgung in der Türkei in jeder Beziehung derjenigen in
der Schweiz äquivalent sei; die daraus zu ziehenden Folgerungen sind nicht
Tat-, sondern Rechtsfragen (vgl. hinten E. 4.4.3). Insbesondere kritisiert die
Beschwerdeführerin nicht die vorinstanzliche Feststellung, mit der
schweizerischen IV-Kinderrente könne die notwendige Behandlung in der Türkei
finanziert werden.

4.4 In rechtlicher Beziehung bringt die Beschwerdeführerin auch vor
Bundesgericht nichts vor, was auf wichtige Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 2
AuG (eheliche Gewalt/starke Gefährdung der Wiedereingliederung in der Türkei)
schliessen liesse. Sie beruft sich hauptsächlich auf das Interesse ihres
Sohnes, in der Schweiz bleiben zu können.
4.4.1 In diesem Zusammenhang rügt sie zunächst eine Verletzung von Art. 12 des
Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes
(Kinderrechte-Konvention, KRK; SR 0.107), indem die Vorinstanz ihren Sohn nicht
persönlich angehört habe.
Nach Art. 12 KRK sichern die Vertragsstaaten dem Kind, das fähig ist, sich eine
eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen es berührenden
Angelegenheiten frei zu äussern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes
angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. Zu diesem Zweck wird
dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden
Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen
Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen
Verfahrensvorschriften gehört zu werden. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts sind Kinder (im Rahmen von Scheidungsverfahren) aus
kinderpsychologischen Gründen grundsätzlich erst etwa ab dem 6. Altersjahr
persönlich anzuhören (BGE 131 III 553 E. 1.2). Zudem verlangt Art. 12 KRK dort,
wo das Verfahren hauptsächlich schriftlich ist, wie namentlich im
ausländerrechtlichen Verfahren, nicht zwingend, dass das Kind persönlich
angehört wird, sofern sein Gesichtspunkt angemessen, d.h. durch eine
schriftliche Erklärung des Kindes selber oder seines Vertreters ausgedrückt
werden kann (Urteile 2C_746/2009 vom 16. Juni 2010 E. 4.1; 2A.195/2006 vom 7.
Februar 2007 E. 3). Vorliegend wurden die Interessen des Kindes durch die
Beschwerdeführerin, welche seine gesetzliche Vertreterin und anwaltlich
vertreten ist, im Verfahren eingehend vorgebracht. Die Vorinstanz durfte
deshalb auf eine persönliche Anhörung verzichten, zumal das Kind im Zeitpunkt
des angefochtenen Urteils erst gut sechs Jahre alt war.
4.4.2 Sodann kritisiert die Beschwerdeführerin, dass die Vorinstanz sich auf
das öffentliche Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik bezogen
habe; ein solches Interesse finde keine rechtliche Grundlage und dürfe weder im
Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG noch von Art. 8 Ziff. 2 EMRK
berücksichtigt werden.
Die Vorinstanz hat sich entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin nicht
im Zusammenhang mit Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG, sondern im Rahmen der Würdigung
nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK auf das öffentliche Interesse an einer restriktiven
Einwanderungspolitik berufen. In diesem Rahmen ist die Begrenzung der
Einwanderung ein anerkanntes und zulässiges öffentliches Interesse, welches zur
Einschränkung des Rechts auf Familienleben führen kann (BGE 137 I 284 E. 2.1 S.
288; 135 I 143 E. 2.2 S. 147).
Die Kritik der Beschwerdeführerin ist daher unbegründet.
4.4.3 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, ein allfälliges Interesse an
restriktiver Einwanderungspolitik hätte gegenüber dem Kindeswohl
zurückzutreten. Angesichts der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und der
Unmöglichkeit, die Betreuung in der Türkei zu gewährleisten, werde den Art. 11
und 13 BV, Art. 3, 6 und 16 KRK sowie Art. 8 EMRK nur dann gebührend Rechnung
getragen, wenn Kind und Mutter in der Schweiz bleiben könnten.
Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen (vorne
E. 4.2 und 4.3) ist jedoch die Behandlung des Sohnes grundsätzlich auch in der
Türkei möglich. Soweit die medizinische Versorgung im Heimatland gewährleistet
ist, kann sich der Ausländer auch im Lichte von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG oder
Art. 8 EMRK regelmässig nicht darauf berufen, dass die Versorgung in der
Schweiz einem höheren Standard entspricht (BGE 128 II 200 E. 5.3 S. 209; Urteil
2C_925/2011 vom 22. Juni 2012 E. 5.3 [mit Hinweisen]). Auch die verfassungs-
und staatsvertragsrechtliche Pflicht zur Wahrung des Kindeswohls gibt keinen
Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung in demjenigen Land, in welchem der
höchste Standard der medizinischen Behandlung gewährleistet ist. Dem Sohn ist
daher grundsätzlich zumutbar, zusammen mit seiner sorgeberechtigten Mutter
auszureisen.
4.4.4 Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich darauf, dass ihr Sohn bei
einer Ausreise aus der Schweiz den Kontakt zum hier niedergelassenen Vater
nicht mehr aufrechterhalten könne.
Das unmündige Kind teilt grundsätzlich schon aus familienrechtlichen Gründen
(Art. 25 Abs. 1 und Art. 301 Abs. 3 ZGB; BGE 133 III 505 E. 3.3; Urteil 2C_31/
2007 vom 27. Juli 2007 E. 2.5) das ausländerrechtliche Schicksal des
sorgeberechtigten Elternteils und hat gegebenenfalls mit diesem das Land zu
verlassen, wenn der Elternteil keine Bewilligung (mehr) hat. Ist dem Kind die
Ausreise zumutbar (was grundsätzlich zu bejahen ist, wenn es sich im
anpassungsfähigen Alter befindet), liegt gar kein Eingriff in das Familienleben
vor (BGE 135 I 153 E. 2.1; 122 II 289 E. 3c; Urteil 2C_656/2011 vom 8. Mai 2012
E. 3.2). Etwas anderes gilt, wenn das Kind das Schweizer Bürgerrecht besitzt,
weil es dann einen staatsbürgerrechtlichen Anspruch auf Aufenthalt in der
Schweiz hat (Art. 24 und 25 BV; BGE 135 I 153 E. 2.2.3); es bedarf alsdann
besonderer - namentlich ordnungs- und sicherheitspolizeilicher - Gründe, um die
mit der Ausreise für das Schweizer Kind verbundenen weitreichenden Folgen zu
rechtfertigen (BGE 137 I 247 E. 4.2.1; Urteil 2C_173/2011 vom 24. Juni 2011,
RTiD 2012 I S. 120, E. 4 und 5). Dies gilt jedoch nicht für Kinder ohne
schweizerisches Bürgerrecht, da bei diesen keine spezifischen bürgerrechtlichen
Überlegungen zu berücksichtigen sind (BGE 137 I 247 E. 4.2.3; Urteil 2C_830/
2010 vom 10. Juni 2011 E. 3.2.2); hier genügt die Zumutbarkeit der Ausreise des
Kindes für eine Bewilligungsverweigerung an den sorge- bzw. obhutsberechtigten
Elternteil, wobei die Möglichkeit der Ausübung des Besuchsrechts des in der
Schweiz anwesenheitsberechtigten anderen Elternteils sachgerecht
mitberücksichtigt werden kann (BGE 137 I 247 E. 4.2.3). Nach der Rechtsprechung
hat der nicht sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil gestützt auf Art. 8 EMRK
ausnahmsweise einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn
er sich tadellos verhalten hat und zwischen ihm und seinem Kind in
wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung besteht,
die - würde eine Bewilligung verweigert - wegen der Distanz zwischen der
Schweiz und dem Land, in welches der Ausländer vermutlich auszureisen hätte,
praktisch nicht aufrechterhalten werden könnte (BGE 137 I 247 E. 4.2.3; Urteil
2C_336/2012 vom 3. August 2012 E. 3.2). Geht es umgekehrt darum, dass der
sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil seine Bewilligung einzig zur
Erleichterung der Ausübung des Besuchsrechts zwischen dem Kind und dem anderen
Elternteil erhältlich machen will, so ist mit noch grösserer Zurückhaltung auf
eine Pflicht zu schliessen, ihm eine Bewilligung zu erteilen, als im Falle des
besuchsberechtigten Ausländers, der selber, im Hinblick auf die Ausübung seines
Besuchsrechts, um die Bewilligung nachsucht (BGE 137 I 247 E. 4.2.3).
Vorliegend hat der Vater des Sohnes nach den verbindlichen
Sachverhaltsfeststellungen weder in wirtschaftlicher noch in affektiver
Hinsicht eine besonders enge Beziehung zum Sohn: Er hat ihm gegenüber keine
Unterhaltspflicht (mit Ausnahme einer Weiterleitung allfälliger Kinderzulagen
und der Kinderrente der IV) und sein Besuchsrecht überschreitet jedenfalls
nicht das übliche Mass. Unter diesen Umständen könnte nach der dargelegten
Rechtsprechung der Vater aus der Beziehung zum Kind keinen Anspruch auf
Bewilligung ableiten; umso weniger kann dies die Beschwerdeführerin für sich
selber tun, um dem Sohn die Ausübung des Besuchsrechts zu ermöglichen.

5.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt grundsätzlich die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es kann ihr jedoch die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt werden, da sie bedürftig
ist und die Beschwerde nicht aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren
wird gutgeheissen und es wird der Beschwerdeführerin Fürsprecher Christian
Flückiger als Rechtsbeistand beigegeben. Fürsprecher Flückiger wird aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Migration und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Januar 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein