Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.891/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_891/2012

Urteil vom 7. Juni 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Kneubühler, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Tarkan Göksu,

gegen

Einwohnergemeinde Thun, Thunerhof, Hofstettenstrasse 14, Postfach 145, 3602
Thun,

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9.
August 2012.

Erwägungen:

1.
Der 1978 geborene kosovarische Staatsangehörige A.________ reiste 1997 ein
erstes Mal in die Schweiz ein und stellte hier ein Asylgesuch. Im September
1998 tauchte er jedoch unter. Gemäss eigenen Angaben ist er zu dieser Zeit nach
Deutschland gezogen, wo er aufgrund der Heirat mit einer deutschen
Staatsangehörigen eine Anwesenheitsbewilligung erhielt. Diese erste Ehe wurde
im Herbst 2007 geschieden.

 Am 15. Januar 2008 reiste A.________ abermals in die Schweiz ein und heiratete
hier am 31. Januar 2008 eine fünfzehn Jahre ältere Schweizerin, worauf ihm hier
eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Am 26. Juli 2010 gab A.________ die
eheliche Hausgemeinschaft mit seiner schweizerischen Gattin auf; zu einer
Wiederaufnahme der Gemeinschaft kam es nicht.

 Mit Verfügung vom 7. April 2011 verweigerte die Einwohnergemeinde der Stadt
Thun die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________, wobei zur
Begründung im Wesentlichen auf die Aufgabe der ehelichen Hausgemeinschaft
verwiesen wurde. Die von A.________ hiergegen ergriffenen Rechtsmittel wurden
von der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (Entscheid vom 15.
Februar 2012) sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Urteil vom 9.
August 2012) abgewiesen.

2.
Die von A.________ daraufhin beim Bundesgericht eingereichte Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist offensichtlich unbegründet, weshalb
sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung
und Verweis auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu erledigen ist:

2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) haben
ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern Anspruch auf Erteilung
der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Nach Auflösung
der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch auf Erteilung und
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn u.a. die Ehegemeinschaft
mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht
(Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG). Massgeblicher Zeitpunkt für die retrospektive
Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft ist in der Regel die Aufgabe
der Hausgemeinschaft, da sich die ausländische Person ab diesem Moment
grundsätzlich nicht mehr auf ihren bisherigen Anspruch gemäss Art. 42 Abs. 1
AuG stützen kann. Nicht relevant ist demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die
Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden
hat (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117).

 Das Erfordernis des Zusammenwohnens besteht nur dann nicht, wenn für getrennte
Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft
weiter besteht (Art. 49 AuG). Wichtige Gründe für eine Ausnahme vom Erfordernis
des Zusammenwohnens können insbesondere durch berufliche Verpflichtungen oder
durch eine vorübergehende Trennung wegen erheblicher familiärer Probleme
entstehen (Art. 76 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung,
Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Mit Blick auf letztere
Bestimmung ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu bestimmen,
ab welchem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv aufgelöst zu
gelten hat. Grundsätzlich ist dabei auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren
ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 137 II 345 E. 3.1.2 S. 347).

 Unabhängig davon, ob die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre gedauert hat,
besteht der Anspruch des ausländischen Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung auch dann weiter, wenn wichtige persönliche Gründe
einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Wichtige
persönliche Gründe können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der
Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde und die soziale Wiedereingliederung im
Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG).

2.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der gemeinsame Haushalt des
Beschwerdeführers und seiner schweizerischen Gattin nach weniger als drei
Jahren aufgegeben wurde. Der Beschwerdeführer behauptet jedoch sinngemäss, die
Familiengemeinschaft habe trotzdem weiter bestanden und es hätten wichtige
Gründe für das Getrenntleben vorgelegen. In diesem Zusammenhang macht er im
Wesentlichen geltend, er habe seiner Ehefrau namentlich bei der Renovation
ihres Hauses geholfen. Zudem hätten sie auch weiterhin eine sexuelle Beziehung
unterhalten und sie seien mehrmals im Monat miteinander ausgegangen. Er habe
noch bis in den Herbst 2011 mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft
gerechnet, weshalb die Ehe erst ab diesem Zeitpunkt als definitiv gescheitert
bezeichnet werden könne. Dass auch die Ehefrau eine Weiterführung der Ehe nicht
ausgeschlossen habe, zeige sich dadurch, dass sie ihr Eheschutzbegehren während
über einem Jahr sistiert gehalten habe. Im Übrigen sei das Getrenntleben nicht
zuletzt auch auf seine Arbeitstätigkeit in Bulle zurückzuführen gewesen. Selbst
wenn man aber davon ausgehen wolle, dass seine Ehe bereits vor Ablauf von drei
Jahren definitiv gescheitert sei, müsse seine Aufenthaltsbewilligung verlängert
werden, zumal wichtige Gründen seinen weiteren Aufenthalt in der Schweiz
erforderlich machen würden: Um mit seiner schweizerischen Ehefrau
zusammenzuziehen, habe er seine Existenz und seine Aufenthaltsberechtigung in
Deutschland aufgegeben. Er müsste somit in den Kosovo zurückkehren, was ihm
nicht zugemutet werden könne, da er fast keine Beziehung mehr zu seinem
Heimatland habe.

2.3. Die Einwendungen des Beschwerdeführers überzeugen nicht:

 Das System des Ausländerrechts ist nicht darauf angelegt, dass ausländische
Eheleute längere Zeit voneinander getrennt in der Schweiz leben können, um sich
über ihre Beziehung klar zu werden (Urteil 2C_575/2009 vom 1. Juni 2010 E.
3.6). Das Aufenthaltsrecht des ausländischen Ehepartners endet denn auch nicht
erst, wenn eine Berufung auf die Ehe rechtsmissbräuchlich ist. Wie die
Vorinstanz richtig festgehalten hat, kommt der Regelung in Art. 49 AuG i.V.m.
Art. 76 VZAE vielmehr Ausnahmecharakter zu und sie findet nur bei Vorliegen
besonderer Konstellationen Anwendung (Urteile 2C_635/2009 vom 26. März 2010 E.
4.3 und 4.4; 2C_871/2010 vom 7. April 2011 E. 3). Im vorliegenden Fall steht
fest, dass der Beschwerdeführer die Hausgemeinschaft mit seiner schweizerischen
Gattin seit dem 26. Juli 2010 nicht wieder aufgenommen hat. Die von ihm geltend
gemachte Weiterführung von rein freundschaftlichen Kontakten genügt gemäss der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht für die Annahme einer gelebten
Ehegemeinschaft (Urteil 2C_575/2009 vom 1. Juni 2010 E. 3.6 in fine, m.w.H.).
Wie das Verwaltungsgericht überdies zutreffend erkannt hat, lässt sich das
Weiterbestehen einer Ehegemeinschaft auch nicht aus dem Antrag der Ehefrau auf
Sistierung des Eheschutzverfahrens ableiten, da die Gründe für diesen Antrag
nicht ersichtlich sind. Aktenkundig ist dagegen das von der Vorinstanz
angeführte Schreiben der Ehefrau vom 25. Februar 2010 (recte: 2011), mit
welchem diese angab, eine Versöhnung und eine Wiederaufnahme der ehelichen
Gemeinschaft sei zwar nicht ganz ausgeschlossen, jedoch unwahrscheinlich, zumal
der Beschwerdeführer im Kosovo eine neue Bindung eingegangen sei. Bei dieser
Sachlage kann von einer kurzzeitigen, bloss vorübergehenden Trennung keine Rede
mehr sein. Weiter ist es auch nicht nachvollziehbar, inwieweit das
Getrenntleben wegen der Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers in Bulle
erforderlich gewesen wäre: Gemäss den unbestrittenen Feststellungen der
Vorinstanz arbeitete der Beschwerdeführer - abgesehen von einer kurzen
Teilzeitanstellung im Herbst 2010- noch bis Ende Januar 2011 in Gstaad und
Thun. Aus diesen Gründen ist die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts nicht
zu beanstanden, dass für das Getrenntleben des Beschwerdeführers und seiner
Gattin keine wichtigen Gründe i.S.v. Art. 49 AuG vorlagen, die eheliche
Gemeinschaft somit vor Ablauf von drei Jahren aufgelöst wurde und der
Beschwerdeführer mithin von vornherein keinen Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG hat. Bei diesem
Ergebnis erübrigt sich die Prüfung, ob er in der Schweiz gut integriert ist.
Nicht ersichtlich ist sodann, inwiefern wichtige persönliche Gründe - d.h. ein
schwerwiegender Härtefall (BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348) - vorliegen sollten,
welche einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz
erforderlich machen würden (Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG) : Der
Beschwerdeführer lebte bis zu seinem 20. Altersjahr in seinem Heimatstaat.
Zudem ist unbestritten, dass er sich auch danach ferienhalber im Kosovo
aufhielt und seinem dort lebenden Vater bei Behördengängen und administrativen
Abläufen behilflich war. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers darf aus
diesen Umständen sehr wohl geschlossen werden, dass er mit den Verhältnissen im
Kosovo nach wie vor vertraut ist und eine Wiedereingliederung in seiner Heimat
ohne Weiteres möglich erscheint.

3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen.

 Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Juni 2013
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

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