Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.851/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_851/2012
2C_852/2012

Urteil vom 19. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Kneubühler,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Matter.

Verfahrensbeteiligte
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch SwissInterTax AG,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Recht, Bändliweg 21, Postfach,
8090 Zürich.

Gegenstand
2C_851/2012
Staats- und Gemeindesteuern 2007,

2C_852/2012
Direkte Bundessteuer 2007,

Beschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom
27. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Y.________ erwarben am 27. September 2007 eine 1930 erbaute
Liegenschaft in Herrliberg ZH zum Preis von 2,3 Mio. Franken. Es handelt sich
um ein angebautes Einfamilienhaus mit Garten, das in den Jahren 1960/70 sanft
renoviert worden war. 2007 und 2008 sanierten die Eheleute X.________ und
Y.________ das Haus total für Fr. 1'273'081.--. Insbesondere die
Dachkonstruktion musste ersetzt und der Dachstock vollständig ausgebaut werden;
ferner wurde das Treppenhaus in die Mitte des Hauses verlegt sowie ein Balkon
angebaut, und es mussten sämtliche Leitungen neu verlegt werden. Von den
Totalkosten entfielen Fr. 462'005.-- auf das Jahr 2007.

B.
In ihrer Steuererklärung für 2007 machten X.________ und Y.________ u.a.
Liegenschaftsunterhaltskosten von Fr. 327'147.-- geltend. Davon anerkannte der
zuständige Steuerkommissär des Kantonalen Steueramtes Zürich bei der Staats-
und der direkten Bundessteuer nur einen ermessensweise bestimmten Betrag von
Fr. 115'501.---. Die hiergegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel wurden
allesamt abgewiesen, zuletzt vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit
Urteilen vom 27. Juni 2012. Sämtliche Instanzen gingen davon aus, dass es sich
bei der Liegenschaft um ein vernachlässigtes Objekt handelte, weshalb die -
damals noch geltende - Dumont-Praxis anwendbar sei.

C.
Am 11. September 2012 haben X.________ und Y.________ beim Bundesgericht
Beschwerden gegen die verwaltungsgerichtlichen Urteile eingereicht. In Bezug
auf die Staatssteuer (Verfahren 2C_851/2012) und die direkte Bundessteuer
(2C_852/2012) beantragen sie sinngemäss, die angefochtenen Urteile aufzuheben
und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen; eventualiter seien
zusätzliche Fr. 172'200.-- als Liegenschaftskosten zum Abzug vom steuerbaren
Einkommen zuzulassen.

D.
Das Kantonale Steueramt Zürich, das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie
die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde(n),
soweit darauf einzutreten ist.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.
1.1 Die weitgehend gleich lautenden Beschwerden betreffen dieselben Parteien,
richten sich gegen praktisch übereinstimmende Urteile und werfen identische
Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich deshalb, die Verfahren zu vereinigen und
die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in
Verbindung mit Art. 24 BZP; siehe u.a. BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).

1.2 Angefochten sind Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich in
einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund
gemäss Art. 83 BGG fallen und daher mit Beschwerde an das Bundesgericht
weitergezogen werden können (Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 146 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR
642.11]; Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR.
642.14]). Die Beschwerdeführer sind gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert; auf ihre
frist- und formgerecht eingereichten Rechtsmittel ist einzutreten.

1.3 Mit der Beschwerde kann namentlich eine Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es
kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz
abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil
den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1
BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1
BGG).

II. Direkte Bundessteuer

2.
2.1 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die
Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte von den
steuerbaren Einkünften abgezogen werden (Art. 32 Abs. 2 erster Satz DBG in der
bis Ende 2009 gültigen Fassung, AS 2009 1515). Nicht abziehbar sind die übrigen
Kosten und Aufwendungen, insbesondere die Aufwendungen für die Anschaffung,
Herstellung oder Wertvermehrung von Vermögensgegenständen (Art. 34 lit. d DBG).
2.1.1 Nach Art. 1 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung des Bundesrats vom 24.
August 1992 über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens
bei der direkten Bundessteuer (Liegenschaftskostenverordnung; SR 642.116, in
der bis Ende 2009 gültigen Fassung, AS 2009 1517) bzw. nach Art. 1 Abs. 2 lit.
a der Verordnung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. August 1992 über
die abziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten
Bundessteuer (SR 642.116.2, in der bis Ende 2009 gültigen Fassung, AS 2009
1519) waren nicht abziehbar die Kosten, die ein Steuerpflichtiger zur
Instandstellung einer neuerworbenen, vom bisherigen Eigentümer vernachlässigten
Liegenschaft kurz nach der Anschaffung aufwenden musste. Diese Regelungen
entsprachen der mit BGE 99 lb 362 eingeleiteten, in BGE 123 II 218 präzisierten
und seit dem 1. Januar 2010 abgeschafften (AS 2009 1515 ff.) so genannten
Dumont-Praxis.
2.1.2 Damit sollte eine steuerpflichtige Person, die eine im Unterhalt
vernachlässigte Liegenschaft kaufte, um sie instandzustellen, steuerlich nicht
besser gestellt werden als derjenige Steuerpflichtige, der ein bereits
renoviertes Grundstück erwarb (Urteil 2A.480/2004 vom 2. Februar 2005 E. 2.1
ASA 75, 488 S. 491 f. mit Hinweis). Die Frage, wann eine Liegenschaft in diesem
Sinne als vernachlässigt galt, war nach der bundesgerichtlichen Praxis anhand
der konkreten Umstände zu beantworten. Massgebliche Indizien waren namentlich
das Alter des erworbenen Gebäudes, die Art und der Umfang der vorgenommenen
Arbeiten, das Verhältnis zwischen Renovationsaufwand und Erwerbspreis sowie die
Höhe des Kaufpreises (Urteil 2C_348/2010 vom 10. Oktober 2010 E. 2.1; Urteil
2G_595/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 2.2; Urteil 2G_525/2008 vom 23. Juli 2008
E. 4; Urteil 2A.71/2006 vom 21. Juni 2006 E. 3.1.1; Urteil 2A.480/2004 vom 2.
Februar 2005 E. 2.2 ASA 75, 488 S. 492; Urteil 2A.389/2003 vom 10. März 2004 E.
2). Auf diese Indizien stützten sich auch die meisten Kantone (vgl. den Anhang
zum Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 3.
September 2007 betreffend die parlamentarische Initiative 04.457 zur
Einschränkung der Dumont-Praxis, BBI 2007 7993 ff. insbesondere S. 8006:
"Auswertung der Umfrage der SSK in den Kantonen betr. Anwendung der
"Dumont-Praxis") sowie die herrschende Lehre (vgl. DONATUS HÜRZELER, Unterhalt
oder wertvermehrende Aufwendungen? Änderung der «Dumont-Praxis», Berner Notar
1998, S. 256 ff., insbesondere S. 257 f.; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG; 1.
Teil, Therwil/Basel 2001, N 49 zu Art. 32 DBG; FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN
KAUFMANN/HANS ULRICH MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. Zürich 2009, N 65
zu Art. 32 DBG).
2.1.3 Lag eine in diesem Sinne vernachlässigte Liegenschaft vor, so konnten nur
die Instandhaltungskosten, d.h. die Auslagen zur Beseitigung von Schäden, die
seit dem Erwerb eingetreten waren, sowie 50 Prozent für Massnahmen zur
rationellen Energieverwendung (vgl. Art. 8 der Liegenschaftskostenverordnung)
abgezogen werden, im Gegensatz zu den kurz nach der Anschaffung angefallenen
Instandstellungskosten (vgl. BBI 2007 7997).

2.2 Vorliegend handelt es sich um eine 77-jährige Liegenschaft, die zwar nach
rund der Hälfte ihres Bestehens "sanft renoviert" wurde, aber - obwohl immer
bewohnt - offensichtlich einen aufgestauten Unterhaltsbedarf hatte. Art und
Umfang der vorgenommenen Arbeiten gingen ebenfalls klar über das hinaus, was
bei einer sich in gutem Zustand befindenden Liegenschaft zum normalen
periodischen Unterhalt gehört. Dazu fielen Auslagen für Arbeiten an, die rund
die Hälfte des Erwerbspreises ausmachten.
2.2.1 Diverse Kantone gingen schon von einer "vernachlässigten" Liegenschaft
aus, wenn sie älter als 15 bis 30 Jahre war, und (kumulativ) die
Instandstellungskosten 20% bis 25% des Erwerbspreises ausmachten (BBI 2007,
7998 bzw. 8006). Im Übrigen räumen selbst die Beschwerdeführer ein, dass ein
Grossteil der Arbeiten selbst bei einer objektiv-technischen Betrachtungsweise
wertvermehrend waren. Damit handelte es sich hier eindeutig um eine im Sinne
der erwähnten Rechtsprechung "vernachlässigte" Liegenschaft.
2.2.2 Damit wären hier - abgesehen von 50 Prozent der Kosten für Massnahmen der
rationellen Energieverwendung (vgl. oben E. 2.1.3) oder vom Pauschalabzug - an
sich überhaupt keine Kosten als werterhaltend absetzbar gewesen (und zwar
selbst im Fall, dass bei der Dachkonstruktion der Liegenschaft verborgene
Mängel aufgetaucht sein sollten, vgl. BGE 103 lb 197 E. 3 S. 199 ff.).
"Ermessensweise" liess der zuständige Steuerkommissär dann aber einen
pauschalen Abzug von 25% der im Jahre 2007 angefallenen Auslagen, ausmachend
Fr. 115'501.--, zum Abzug zu. Ein solches "Entgegenkommen ex aequo et bono"
entspricht an sich nicht der bundesrechtlichen Regelung bzw. der
bundesgerichtlichen Praxis (vgl. oben E. 2.1.2). Es erübrigt sich jedoch,
weiter auf diesen Punkt einzugehen, da das angefochtene Urteil aufgrund des
Verbots einer reformatio in peius nach Art. 107 Abs. 1 BGG ohnehin nicht zu
Ungunsten der Beschwerdeführer korrigiert werden kann.
2.2.3 Unter den gegebenen Umständen hat die Vorinstanz kein Bundesrecht
verletzt, wenn sie den beantragten zusätzlichen Kostenabzug verweigert hat.
Auch ein teilweiser Abzug wäre mit Blick auf die gesetzliche Regelung und die
bundesgerichtliche Praxis nicht gerechtfertigt gewesen. Ebenso wenig beruht die
Beurteilung des Verwaltungsgerichts auf einem offensichtlich unrichtigen
Sachverhalt (vgl. oben E. 1.3).
2.2.4 Unbegründet ist im Übrigen die Rüge der Beschwerdeführer, das
Verwaltungsgericht habe ihr rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihrem
Antrag, den im Vorfeld des Kaufs beigezogenen Fachmann als Zeugen anzuhören,
nicht stattgegeben habe. Dieser Zeuge hätte zur Frage der periodischen
Überprüfung des Dachstocks aussagen können.

Indessen braucht die Frage, ob eine vernachlässigte Liegenschaft im Sinne der
Dumont-Praxis vorlag, nicht für jeden Bauteil im Besonderen nachgewiesen zu
werden. Insgesamt handelte es sich - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat
- um eine solche Liegenschaft, weshalb sich die Anhörung des beantragten Zeugen
zur genannten Einzelfrage erübrigte. Ohnehin steht nicht fest, ob dieser
Fachmann, der den problematischen Zustand des Dachstocks vorher nicht erkannt
hatte, überhaupt in der Lage gewesen wäre, über die Kontrolltätigkeit in den
Vorjahren etwas Relevantes auszusagen.

2.3 Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde betreffend die direkte
Bundessteuer als unbegründet und ist abzuweisen.

III. Kantons- und Gemeindesteuern

3.
Die Rechtslage ist bei den Kantons- und Gemeindesteuern die gleiche wie bei der
direkten Bundessteuer (Art. 9 Abs. 1 StHG). § 30 Abs. 2 des Zürcher
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG; LS 631.1, in der bis Ende 2010 gültigen
Fassung, Abl 2009, 716) und § 33 lit. d StG entsprechen Art. 32 Abs. 2 bzw.
Art. 34 lit. d DBG. Das bereits Ausgeführte ist damit für die Staatssteuer
ebenfalls massgebend (Urteil 2C_63/2010 vom 6. Juli 2010 E. 3, in StR 65
[2010], S. 864 ff. nicht publiziert; vgl. auch Urteil 2A.480/2004 vom 2.
Februar 2005 E. 3 ASA 488 S. 493 f.), weshalb auch die diesbezügliche
Beschwerde abzuweisen ist.

IV. Kosten

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens den Beschwerdeführern unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 65 f.
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 2C_851/2012 und 2C_852/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2007 (2C_852/2012) wird
abgewiesen.

3.
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuer 2007 (2C_851/2012)
wird abgewiesen.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
Solidarhaft auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Kantonalen Steueramt Zürich, dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Dezember 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Matter