Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.828/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_828/2012

Urteil vom 26. März 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Egli.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Dina Raewel,

gegen

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Migrationsamt, Postfach, 8090 Zürich,
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 25. Juni 2012.

Erwägungen:

1.
Der tunesische Staatsangehörige X.________ (geb. 1972) heiratete am 6. Juni
2006 die Schweizer Staatsangehörige Y.________ (geb. 1969) und erhielt in der
Folge eine Aufenthaltsbewilligung des Kantons Zürich. Aus der Ehe gingen die
Tochter A.________ (geb. 26. Mai 2009) und der Sohn B.________ (geb. 23. April
2011) hervor. Die Eheleute zogen per 1. November 2007 in den Kanton Neuenburg,
wo X.________ eine bis letztmals 5. Juni 2010 verlängerte
Aufenthaltsbewilligung erhielt. Im Herbst 2009 zogen die Eheleute wieder in den
Kanton Zürich. Sie beendeten ihr Zusammenleben nach zahlreichen, auch längeren
Unterbrechungen spätestens im Dezember 2010. Der Eheschutzrichter übertrug die
elterliche Sorge für die Kinder während der Dauer des Getrenntlebens der
Ehefrau.
Von August 2006 bis Juli 2007 stellte die Ehefrau wegen häuslicher Gewalt
insgesamt drei Strafanträge gegen X.________, die sie jedoch wieder zurückzog.
In den folgenden Jahren wurde X.________ zweimal wegen häuslicher Gewalt
gegenüber der Ehefrau verurteilt: Am 14. März 2008 erfolgte eine Verurteilung
zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen unter anderem wegen einfacher
Körperverletzung. Am 25. Mai 2010 wurde X.________ wegen mehrfacher Drohung und
mehrfacher Tätlichkeit zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen und einer Busse
von Fr. 300.-- verurteilt.
Mit Verfügung vom 4. März 2010 verweigerte die Sicherheitsdirektion
(Migrationsamt) des Kantons Zürich eine Aufenthaltsbewilligung für den Kanton
Zürich (Kantonswechsel). Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies den dagegen
erhobenen Rekurs am 8. Februar 2012 ab, soweit er nicht gegenstandslos war. Die
anschliessende Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich blieb
erfolglos.
Vor Bundesgericht beantragt X.________ sinngemäss die Aufhebung des Urteils des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. Juni 2012 und die Erteilung der
Aufenthaltsbewilligung unter Gewährung des Wohnsitzwechsels in den Kanton
Zürich.

2.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit sie
überhaupt den gesetzlichen Begründungs- wie Rügeanforderungen genügt; sie kann
ohne Weiterungen mit summarischer Begründung im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 BGG erledigt werden.
2.1
2.1.1 Soweit der Beschwerdeführer mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde die
Gewährung des Wohnsitzwechsels in den Kanton Zürich beantragt, ist darauf nicht
einzutreten, da die vom Kanton Neuenburg ausgestellte Aufenthaltsbewilligung
unstrittig am 5. Juni 2010 erloschen ist (vgl. Art. 61 Abs. 1 lit. c AuG [SR
142.20]; Urteil 2C_671/2010 vom 20. Januar 2011 E. 2).
2.1.2 Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 50 AuG, Art. 8 EMRK sowie Art.
13 BV und macht in vertretbarer Weise einen Bewilligungsanspruch geltend,
weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist
(Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario; Urteil 2C_821/2011 vom 22. Juni 2012
E. 1, nicht publ. in: BGE 138 II 229).
2.1.3 Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Beschwerde auf die
Ausführungen in seiner vorinstanzlichen Rechtsschrift verweist, erfüllt seine
Eingabe die Begründungsanforderungen nicht, weshalb darauf nicht einzutreten
ist (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 138 III 252 E. 3.2 S. 258; 134 II 244 E.
2.1-2.3 S. 245 ff.; 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.). Abzustellen ist auf den
Sachverhalt zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids; nachträglich
eingetretene Tatsachen und Beweismittel ("echte Noven") bleiben damit
unberücksichtigt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229; 133 IV 342
E. 2.1 S. 343 f.).

2.2 Mit Bezug auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG konnte die Vorinstanz offenlassen,
ob die eheliche Gemeinschaft länger als drei Jahre bestanden hat, da es gemäss
zutreffender vorinstanzlicher Würdigung bereits am Kriterium der "erfolgreichen
Integration" fehlt: Der Beschwerdeführer musste mehrfach Sozialhilfeleistungen
in Anspruch nehmen; eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt gelang
nicht (vgl. Urteile 2C_1104/2012 vom 28. Januar 2013 E. 4.3; 2C_930/2012 vom
10. Januar 2013 E. 3.1; je mit Hinweisen). Zudem schliesst es das strafbare
Verhalten des Beschwerdeführers aus, von einer erfolgreichen Integration zu
sprechen (vgl. Art. 77 Abs. 4 VZAE [SR 142.201]). Der kriminelle Unrechtsgehalt
der Taten des Beschwerdeführers lässt sich entgegen seinen Ausführungen nicht
dadurch relativieren, dass sich seine Aggressionen auf die Ehefrau bezogen
(vgl. Urteil 2C_1039/2012 vom 16. Februar 2013 E. 3.3 mit Hinweisen).
Angesichts der im Dezember 2010 erfolgten Trennung der Eheleute und des bereits
zuvor eheschutzrechtlich angeordneten und fortdauernden Kontaktverbots fällt
nicht entscheidend ins Gewicht, dass in jüngerer Zeit keine Straftaten mehr zu
beklagen sind. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer auch gegenüber Behörden
aggressiv auftrat, indem er gegen Ende 2010 bzw. Anfang 2011 an die zuständige
Sozialberaterin E-Mails mit unwahren Äusserungen bzw. Beschimpfungen verfasste.

2.3 Zu prüfen ist weiter, ob wichtige persönliche Gründe einen weiteren
Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG).
Dabei sind auch die Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus Art. 8 EMRK
und Art. 13 BV ergeben (Urteile 2C_930/2012 vom 10. Januar 2013 E. 4.1; 2C_422/
2012 vom 16. Dezember 2012 E. 3.3).
2.3.1 Gestützt auf diese Normen hat der nicht sorge- bzw. obhutsberechtigte
Ausländer ausnahmsweise dann einen Anspruch auf Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung, wenn zwischen ihm und seinem Kind in wirtschaftlicher
und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung besteht, die - würde eine
Bewilligung verweigert - wegen der Distanz zwischen der Schweiz und dem Land,
in das der Ausländer vermutlich auszureisen hätte, praktisch nicht
aufrechterhalten werden könnte. Zudem muss sich der Ausländer tadellos
verhalten haben (Urteile 2C_467/2012 vom 25. Januar 2013 E. 2.1.5; 2C_382/2012
vom 7. Dezember 2012 E. 2.3).
2.3.2 Die letztgenannte Voraussetzung ist beim Beschwerdeführer aufgrund seiner
Straftaten nicht erfüllt (vgl. E. 2.2). Darüber hinaus hat die Vorinstanz zu
Recht entschieden, dass weder in wirtschaftlicher noch in affektiver Hinsicht
eine besonders enge Beziehung vorliegt: Der Beschwerdeführer sieht seine
Tochter im Rahmen eines begleiteten Besuchsrechts alle zwei Wochen und während
jeweils drei Stunden. Im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils bestand
einstweilen kein Besuchsrecht für den Sohn. Auch bezahlt der Beschwerdeführer
keine Unterhaltsbeiträge für seine Kinder. Unter diesen Umständen entfällt ein
Bewilligungsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG oder Art. 8 EMRK bzw. Art.
13 Abs. 1 BV. Entgegen dem Beschwerdeführer ist ihm zumutbar, sein Besuchsrecht
im Rahmen von Kurzaufenthalten vom Ausland her auszuüben, wobei allenfalls die
Modalitäten des Besuchsrechts geeignet aus- bzw. umzugestalten sind. Im Übrigen
können die familiären Beziehungen nicht nur besuchsweise, sondern auch vom
Ausland aus über Briefverkehr, Telefonate, E-Mail oder Internet (Skype etc.)
gepflegt werden.
Schliesslich ist zwar ebenfalls das Kindeswohl zu berücksichtigen, wie der
Beschwerdeführer geltend macht (vgl. Art. 11 BV; Art. 3 des Übereinkommens vom
20. November 1989 über die Rechte des Kindes [UNO-KRK; SR 0.107]). Über Art. 8
EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV hinausgehende Ansprüche auf Bewilligung ergeben sich
aus der UNO-KRK und Art. 11 BV vorliegend jedoch nicht (vgl. BGE 135 I 153 E.
2.2.2 S. 156 f.; 124 II 361 E. 3b S. 367 f.; Urteil 2C_956/2012 vom 22. Februar
2013 E. 3.4.3 mit Hinweisen).
2.3.3 Mit dem knappen Hinweis auf den "Arabischen Frühling" vermag der
Beschwerdeführer nicht zu begründen, weshalb seine soziale Eingliederung im
Herkunftsland stark gefährdet erscheinen soll (Art. 50 Abs. 2 AuG; vgl. Urteil
2C_903/2011 vom 11. Juni 2012 E. 4.4).

2.4 Der angefochtene Entscheid verletzt nach dem Gesagten weder Art. 50 AuG
noch Art. 8 EMRK oder Art. 13 Abs. 1 BV. Für alles Weitere kann auf die
zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109
Abs. 3 BGG).

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
infolge Aussichtslosigkeit nicht zu entsprechen (Art. 64 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Egli