Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.775/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_775/2012

Urteil vom 23. August 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig,

gegen

Bundesamt für Migration.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom
29. Juni 2012.

Erwägungen:

1.
X.________ (geb. 1980) stammt aus der Türkei. Vom 2. April 2002 bis zum 5. Juni
2008 war sie mit einem hier niederlassungsberechtigten Landsmann verheiratet
(Trennung 2007). Am 26. August 2008 ehelichte sie in ihrer Heimat einen
weiteren türkischen Gatten, um dessen Nachzug sie in der Folge ersuchte.
X.________ verfügt über zwei Kinder von diesem, welche in der Schweiz leben
(Geburten Juni 2009 und Juli 2011). Der Migrationsdienst des Kantons Bern
beantragte dem Bundesamt für Migration am 6. April 2009, seine Zustimmung zur
Verlängerung der am 14. Februar 2009 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung von
X.________ zu erteilen, was dieses am 2. Juli 2009 ablehnte. Das
Bundesverwaltungsgericht bestätigte den entsprechenden Entscheid auf Beschwerde
hin am 29. Juni 2012. X.________ beantragt, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und ihre Bewilligung zu verlängern.

2.
Die Eingabe erweist sich aufgrund der zutreffenden Ausführungen im
angefochtenen Entscheid, auf die ergänzend verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3
BGG), als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im Verfahren
nach Art. 109 BGG erledigt werden:

2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Der Betroffene muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte
Sachverhalt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E.
7.1, 462 E. 2.4). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung
und an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E.
3 S.104 f.). Die Beschwerdeführerin erhebt hinsichtlich der
Sachverhaltsfeststellung weitgehend nur solche unzulässige Kritik und weist
vorab darauf hin, dass sie als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern das ihr
Mögliche für die Integration getan habe. Ihre Darlegungen sind nicht geeignet,
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten infrage zu stellen. Es ist mit dieser davon auszugehen, dass
die Beschwerdeführerin vorab in türkischen Kreisen verkehrt, sie sich trotz des
Aufenthalts von inzwischen über neun Jahren sprachlich nicht zu integrieren
vermochte und sie seit dem 30. November 2011 Sozialhilfe bezieht, wobei nach
Einschätzung der zuständigen Sozialabteilung vom 7. Februar 2012 keine
Besserung in Sicht ist. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz davon
ausgehen, dass bei der Beschwerdeführerin keine hinreichende Integration im
Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG besteht, auch wenn an das Erfordernis der
beruflichen Integration keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen
(vgl. das Urteil 2C_427/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 5.2 - 5.4).

2.2 Das Bundesverwaltungsgericht durfte auch ohne Verletzung von Bundesrecht
das Vorliegen eines Falles von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG verneinen: Die
Beschwerdeführerin ist erst mit 22 Jahren in die Schweiz gekommen. Sie hat die
Kontakte mit ihrem Heimatland aufrechterhalten. Ihr Ehegatte und der Vater
ihrer Kinder sowie die Eltern und gewisse Geschwister leben immer noch in der
Türkei. Eine Rückkehr dorthin ist ihr unter diesen Umständen ohne Weiteres
zumutbar, zumal sich die Kinder noch in einem anpassungsfähigen Alter befinden
und sie dort mit ihrem Vater zusammengeführt werden. Bei der Anwendung von Art.
50 Abs. 1 lit. b AuG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und
familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer
Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein
Leben in der Schweiz einfacher wäre und - aus welchen Gründen auch immer -
vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Ein persönlicher,
nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche
Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit
der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 43 Abs. 1 AuG
abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345
E. 3.2.3 S. 350 und das Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Es ist
nicht ersichtlich und die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern ihre
Rückkehr in die Türkei in diesem Sinn besondere Probleme stellen würde, die in
einem hinreichend engen Zusammenhang zur ursprünglich anspruchsbegründenden Ehe
und dem damit verbundenen bisherigen (bewilligten) Aufenthalt in der Schweiz
stünden (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350).

3.
3.1 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit
dem vorliegenden Sachentscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

3.2 Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die unterliegende
Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1´000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. August 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar