Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.752/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
2C_752/2012

Urteil vom 19. November 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Winiger.

Verfahrensbeteiligte
interieursuisse, Schweizerischer Verband der Innendekorateure und des
Möbelfachhandels,
Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Berufsbildung und Technologie.

Gegenstand
Rechtsverzögerung/Rechtsverweigerung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 4.
Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
Der Schweizerische Verband der Innendekorateure und des Möbelfachhandels (im
Folgenden: interieursuisse) beantragte Anfang 2011 beim Bundesamt für
Berufsbildung und Technologie (im Folgenden: BBT) die Ausstellung eines
sogenannten Vor-Tickets für den Erlass einer neuen Verordnung über die
berufliche Grundbildung "Raumgestalterin/Raumgestalter EFZ"
(Bildungsverordnung). Im Verlauf der darauf folgenden Korrespondenz ersuchte
interieursuisse wiederholt um Ausstellung einer beschwerdefähigen Verfügung.
Mit Schreiben vom 22. November 2011 teilte das BBT mit, dass auf die Vergabe
eines Vor-Tickets bzw. Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung momentan
verzichtet werde.

B.
Am 9. Januar 2012 erhob interieursuisse beim Bundesverwaltungsgericht
Beschwerde gegen das BBT wegen unrechtmässigen Verweigerns oder Verzögerns
einer anfechtbaren Verfügung gemäss Art. 46a VwVG (SR 172.021) und beantragte,
es sei festzustellen, dass das Verfahren vor dem BBT zu lange dauere bzw. der
Erlass einer anfechtbaren Verfügung unrechtmässig verweigert werde; das BBT sei
aufzufordern, das Verfahren um Erteilung eines Vor-Tickets beförderlich
abzuschliessen sowie zügig eine anfechtbare Verfügung zu erlassen. Mit Urteil
vom 4. Juli 2012 ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht
eingetreten.

C.
Mit Eingabe vom 8. August 2012 erhebt interieursuisse Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Beantragt wird die
Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2012 (Ziff. 1).
Weiter sei festzustellen, dass das Verfahren vor dem BBT zu lange dauere bzw.
dass der Erlass einer anfechtbaren Verfügung unrechtmässig verweigert werde
(Ziff. 2). Das BBT sei aufzufordern, das Verfahren um Erteilung eines
Vor-Tickets beförderlich abzuschliessen und zügig eine anfechtbare Verfügung zu
erlassen (Ziff. 3).
Das BBT beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten
werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Gegen den Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit
des öffentlichen Rechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich zulässig (vgl. Art. 82 lit.
a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist gestützt
auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.

1.2 Der angefochtene Entscheid ist ein Nichteintretensentscheid, der keine
materielle Beurteilung der Streitsache enthält. Verfahrensgegenstand ist damit
einzig die Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht mit Recht einen
Nichteintretensentscheid gefällt hat. Eine Gutheissung der Beschwerde kann
deshalb nur zur Folge haben, dass das Bundesverwaltungsgericht über die bei ihm
eingereichte Beschwerde materiell entscheiden muss. Erweist sich hingegen die
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als unbegründet, so
bleibt es bei dessen Nichteintretensentscheid. So oder so kann das
Bundesgericht im vorliegenden Verfahren keine materielle Prüfung vornehmen.
Soweit die Beschwerde Anträge in der Sache (vgl. Ziff. 2 und 3 der
Rechtsbegehren) enthält, ist darauf nicht einzutreten (Urteil 2C_272/2012 vom
9. Juli 2012 E. 1.1 mit Hinweis).

1.3 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245
f.), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht
prüft solche Rügen nur, wenn sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und
begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S.
254; 133 IV 286 E. 1.4 S. 287). Auf ungenügend begründete Rügen und bloss
allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es
nicht ein. Zudem müssen die erhobenen Rügen in der Beschwerde selber enthalten
sein; der blosse Verweis auf Ausführungen in vorinstanzlichen Rechtsschriften
oder Akten reicht nicht aus (vgl. BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.).
Die vorliegende Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nur zum Teil.

2.
2.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen, Voraussetzung für eine
Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde sei, dass die
Rechtsuchenden zuvor ein Begehren auf Erlass einer Verfügung bei der
zuständigen Behörde gestellt hätten und ein Anspruch auf Erlass einer solchen
Verfügung bestehe (vgl. angefochtener Entscheid E. 3.1). Sodann hat das
Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, gemäss seiner Praxis komme dem
Vor-Ticket-Entscheid des BBT keine Verfügungsqualität zu; zum einen lasse sich
dem Berufsbildungsgesetz keinerlei Verpflichtung des BBT entnehmen, über die
Vor-Ticket-Vergabe mittels Verfügung zu entscheiden, zum anderen werde mit dem
Vor-Ticket-Entscheid nur ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen
Berufsbildungsverordnung unternommen, ohne dass dabei ein Rechtsverhältnis im
Sinne von Art. 5 VwVG festgelegt werden solle. Weiter räume der
Vor-Ticket-Entscheid auch keine Berechtigung auf finanzielle Unterstützung
durch den Bund ein (vgl. angefochtener Entscheid E. 4.2 und 4.3). Das
Bundesverwaltungsgericht hat damit bestätigt, dass Entscheide des BBT zur
Vergabe sogenannter Vor-Tickets im Verfahren zum Erlass neuer
Bildungsverordnungen nicht in Verfügungsform ergehen müssten. Damit bestehe
kein Anspruch auf Erlass einer entsprechenden Verfügung, weshalb eine
notwendige Voraussetzung für eine Rechtsverweigerungs- und
Rechtsverzögerungsbeschwerde nicht erfüllt sei und entsprechend auf die
Beschwerde nicht einzutreten sei (vgl. angefochtener Entscheid E. 5).

2.2 Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, vermag nicht aufzuzeigen,
inwiefern der angefochtene Nichteintretensentscheid bundesrechtswidrig sein
soll.
2.2.1 Die Rügen des Beschwerdeführers beschränken sich im Wesentlichen auf den
Vorwurf, das BBT habe durch sein Verhalten eine Rechtsverweigerung bzw.
Rechtsverzögerung begangen. Hingegen legt der Beschwerdeführer nicht konkret
dar, welche Normen des Bundesrechts durch den Nichteintretensentscheid des
Bundesverwaltungsgerichts verletzt worden sein sollen. Insofern erweist es sich
als fraglich, ob die Beschwerde den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG (vgl.
E. 1.2 und 1.3 hiervor) zu genügen vermag. Die Frage kann indes offen gelassen
werden.
2.2.2 Gemäss bundesgerichtlicher Praxis sind verwaltungsorganisatorische
Anordnungen und verwaltungsinterne Instruktionen keine anfechtbaren Entscheide,
weil sie nicht unmittelbar Rechte und Pflichten der Bürger begründen (BGE 136 I
323 E. 4.4 S. 329; 131 IV 32 E. 3 S. 34; 128 I 167 E. 4.2 S. 170 f.; 121 II 473
E. 2b S. 478 f.); dies gilt auch dann, wenn solche Anordnungen mittelbare
Auswirkungen auf Private haben, wie etwa die Umbenennung einer Poststelle (BGE
109 Ib 253 E. 1). Die Rechtsprechung lässt indessen die direkte Anfechtung von
verhaltenslenkenden Verwaltungsverordnungen wie etwa Richtlinien zu, soweit sie
geschützte Rechte des Bürgers berühren und Aussenwirkungen entfalten und wenn
gestützt darauf keine Verfügungen bzw. Anordnungen getroffen werden, deren
Anfechtung möglich und dem Betroffenen zumutbar ist (BGE 128 I 167 E. 4.3 S.
171 ff. mit Hinweisen, vgl. auch 128 II 156 E. 2c S. 161 f.). Für das
Rechtsschutzbedürfnis ist mithin entscheidend, ob es eine Rechtsnorm gibt, die
einen konkreten Rechtsanspruch festlegt. Bei Beeinträchtigung durch Gesetz
zugesicherter Ansprüche muss eine Anfechtungsmöglichkeit bestehen (Urteil
2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E. 4.4.5 mit Hinweis).
Für das Eintreten auf ein Begehren um Erlass einer Verfügung oder ein
entsprechendes Rechtsmittel würde es an sich genügen, dass ein solcher Anspruch
in vertretbarer Weise geltend gemacht wird; ob er effektiv besteht, wäre
alsdann Frage der materiellen Prüfung (Urteil 2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E.
4.4.6 mit Hinweis auf BGE 137 I 296 E. 4.3.1 S. 300).
2.2.3 Vorliegend kann sich der Beschwerdeführer indes auf keine
bundesrechtlichen Vorschriften stützen, die ihm einen Rechtsanspruch
verschaffen würden. Aus Art. 19 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über
die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG; SR 412.10) lässt sich auf jeden
Fall kein Anspruch auf Erlass einer Verfügung ableiten. Der dort genannte
Antrag bezieht sich auf den Erlass einer Verordnung, nicht einer Verfügung. Ein
Anspruch auf Erlass einer Verordnung besteht nur unter besonderen
Voraussetzungen (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.4 und 2.5 S. 314 ff.). Gemäss dem
"Handbuch Verordnungen" des BBT bzw. den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) besteht auf Bundesebene ein
verbundpartnerschaftlich ausgehandelter Masterplan Berufsbildung, der mittels
eines Ticket-Systems bestimmt, wann welche Organisationen der Arbeitswelt mit
einer Bildungsverordnung beginnen können. Mit dem Antrag auf ein Vor-Ticket
signalisiert die Organisation der Arbeitswelt bloss, dass die Vorarbeiten so
weit fortgeschritten sind, dass sie mit der Erarbeitung der
Berufsbildungsverordnung beginnen kann und gewillt ist, die Reform
durchzuführen. Erst die zweite Phase, der positive Ticket-Entscheid, bedeutet
grünes Licht für die Fortsetzung der Arbeiten und ist zugleich eine
Verpflichtung für die Organisationen der Arbeitswelt sowie für die Kantone, mit
den Vorbereitungen für die Implementierung der neuen Verordnung zu beginnen
(vgl. angefochtener Entscheid E. 4.1). Unter diesen Umständen sind die
Ausführungen der Vorinstanz, der Vor-Ticket-Entscheid müsse nicht in
Verfügungsform ergehen, nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich,
inwiefern der Vor-Ticket-Entscheid, der gar nicht rechtssatzmässig vorgesehen
ist, Rechte oder Pflichten begründen könnte, was Voraussetzung für den Erlass
einer Verfügung wäre. Dies gilt umso mehr, als selbst der Beschwerdeführer
ausführt, der positive Vor-Ticket-Entscheid berechtige nicht direkt zu
finanzieller Unterstützung.
2.2.4 Somit durfte das Bundesverwaltungsgericht, nachdem es bereits aufgrund
einer summarischen Prüfung erkannt hat, dass keine Pflicht zum Erlass einer
anfechtbaren Verfügung besteht, das Beschwerdeverfahren durch Nichteintreten
beenden (MARKUS MÜLLER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum
Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2008, N. 9 zu Art. 46a VwVG).

3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Bei diesem
Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Berufsbildung und
Technologie und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Winiger