Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.686/2012
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_686/2012

Urteil vom 13. Juni 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Verfahrensbeteiligte
X.________, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter Y.________,
Beschwerdeführerin, diese vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Raidt,

gegen

Einwohnergemeinde Baden, handelnd durch den Stadtrat, Rathausgasse 1, 5400
Baden, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hannes Baumann, Haselstrasse 1, 5400
Baden,

Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau, Regierungsgebäude,
5000 Aarau.

Gegenstand
Schulgeld, Transportkosten, Kosten für therapeutische Massnahmen,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 4.
Kammer, vom 3. Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________, geboren am 20. April 2001, ist seit ihrer Geburt cerebral gelähmt.
Sie leidet an einer dystonen Cerebralparese, kann ihren Muskeltonus nicht
steuern und ist bei allen täglichen Verrichtungen auf Hilfe angewiesen.
Zwischen 2006 und 2009 besuchte sie den auf anthroposophischer Grundlage
geführten privaten Kindergarten N.________ in M.________. Zuvor waren zwei
Versuche, X.________ in den öffentlichen Kindergarten des Zentrums für
körperbehinderte Kinder (ZEKA) Dättwil aufzunehmen, an der diesbezüglich
negativen Beurteilung der Schulleitung bzw. der Behörden gescheitert. Das
(staatliche) Alternativangebot, eine Aufnahme in den Kindergarten der
Heilpädagogischen Schule (HPS) Wettingen, lehnten die Eltern ab. Seit Beginn
des Schuljahres 2009/2010 wird X.________ von ihrer Mutter in der Kleinschule
L.________ - ebenfalls im Sinne der anthroposophischen Waldorf-Pädagogik
(Rudolf Steiner) - unterrichtet.

B.
Mehrfach hatten die Eltern von X.________ bei der Schulpflege Baden um
Beteiligung an den Ausbildungs- und den damit verbundenen Transportkosten ihrer
Tochter ersucht. Diese letzteren Transportkosten waren in einer ersten Phase -
zwischen dem 12. August 2006 und dem 31. Dezember 2007 von der IV-Stelle Aargau
übernommen worden, und zwar im Rahmen, wie sie beim Besuch des ZEKA in Dättwil
angefallen wären (Fr. 8'190.--). Nachdem die Zuständigkeit der
Invalidenversicherung für die Übernahme solcher Kosten weggefallen war (dazu
unten E. 4.1.1), leistete die Schulpflege Baden mit Beschluss vom 30. Juni
2009"an die Transportkosten für den Besuch des privaten Kindergartens
N.________ (...) mit Wirkung ab 1.1.2008 bis Ende Schuljahr 2008/2009"
Kostengutsprache in der Höhe von Fr. 650.-- pro Monat. Die Schulpflege stellte
dabei auf diejenigen Transportkosten ab, die entständen, wenn X.________ in die
HPS Wettingen eingewiesen worden wäre. Auf weitere Anträge der Eltern um
zusätzliche Kostenbeteiligung ging die Schulpflege zunächst nicht mehr ein. Mit
Beschluss vom 26. Oktober 2010 lehnte sie es sodann ab, sich an den Kosten für
den Besuch der Privatschule L.________ (Heimschulung) zu beteiligen.

C.
Am 2. Mai 2011 liess X.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau
gegen die Einwohnergemeine Baden Klage erheben mit folgenden Anträgen:
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, sich an den Schulungskosten der Klägerin
mit denjenigen Schul- und Transportkosten zu beteiligen, die beim Besuch der
öffentlichen Schule im ZEKA Dättwil, eventuell der HPS Wettingen, anfallen
würden.
2. Es sei festzustellen, dass die Klägerin unabhängig von der Art der Schulung
auf Kosten der Beklagten Anspruch auf die gleichen Therapien sowie Beratungs-
und Unterstützungsangebote hat, wie beim Besuch der öffentlichen Schule.
3. Die Beklagte sei zu verpflichten, an die Kosten des dreijährigen Besuchs des
privaten Kindergartens N.________ durch die Klägerin diejenigen Kosten
beizusteuern, die beim Besuch des öffentlichen Kindergartens im ZEKA Dättwil,
eventuell in der HPS Wettingen, angefallen wären.
4. (Zins, Kosten- und Entschädigungsfolgen).

D. Die Klägerin liess im Wesentlichen geltend machen, sie habe nach Art. 19 BV
Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Schulunterricht. Ziehe der Staat
zur Einlösung dieser Garantie private Schulen zu Hilfe und leisteten jene zu
diesem Zweck unter staatlicher Aufsicht gleichwertige Arbeit, bestehe Anspruch
auf gleiche Kostentragung, "sprich Unentgeltlichkeit". Die Gleichheit erstrecke
sich dabei auf die Übernahme der Kosten privater Schulung im Rahmen dessen, was
auch die öffentliche Schule koste. Auf eine solche Kostenbeteiligung bestehe
ein Anspruch, zumal im Falle der Heimschulung die Eltern bzw. ein Elternteil
ihre Arbeitskraft "in die Schulung des Kindes anstatt in die finanziell
einträgliche Erwerbstätigkeit" stecken würden. Zudem fielen den Eltern auch
Kosten für die Schulräumlichkeiten und die Lehrmittel an.
Mit Urteil vom 3. Februar 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau
die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Dabei auferlegte es der gesetzlichen
Vertreterin der Klägerin Kosten und Auslagen in der Höhe von Fr. 3'426.-- und
verpflichtete sie, der Einwohnergemeinde Baden eine Parteientschädigung von Fr.
4'600.-- auszurichten.

E.
Mit Eingabe vom 10. Juli 2012 lässt X.________ beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben mit den Anträgen, das
letztgenannte Urteil aufzuheben und die Einwohnergemeinde Baden "zu
verpflichten, sich an den Schulungs- und Transportkosten des dreijährigen
Besuchs des privaten Kindergartens und der seit Schuljahr 2009/2010 laufenden
privaten Schulung der Beschwerdeführerin mit denjenigen Schul- und
Transportkosten zu beteiligen, die beim Besuch des öffentlichen Kindergartens
und der öffentlichen Schule im ZEKA Dättwil, eventuell der HPS Wettingen,
gleichfalls anfallen würden".
Die Einwohnergemeinde Baden beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne. Das Verwaltungsgericht hat sich vernehmen lassen,
ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen.
Mit Eingabe vom 5. November 2012 hat sich der Rechtsvertreter von X.________
noch einmal geäussert.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid über eine
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, welche unter keinen der in Art. 83 BGG
genannten Ausschlussgründe fällt, weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 86
Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).

1.2. Die Beschwerdeführerin, welche die Primarschule besucht, ist - gesetzlich
vertreten durch ihre Mutter (vgl. Art. 298 und Art. 304 ZGB) - gemäss Art. 89
Abs. 1 BGG zur Ergreifung dieses Rechtsmittels grundsätzlich legitimiert.
Die Legitimation setzt zusätzlich aber auch ein aktuelles und praktisches
Rechtsschutzinteresse an einer Aufhebung oder Änderung des angefochtenen
Entscheids voraus (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG; BGE 137 II 40 E. 2.1 S. 41 f.;
135 I 79 E. 1.1 S. 81). Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn das Urteil für
den Beschwerdeführer ohne praktischen Nutzen wäre (Fritz Gygi,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage 1983, S. 154). Fehlt einem
Rechtssuchenden das Rechtsschutzbedürfnis, so ist auf den gestellten Antrag
nicht einzutreten; fällt es im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache
gegenstandslos (BGE 137 I 23 E. 1.3 S. 24 f.).
Soweit die Beschwerdeführerin eine Beteiligung an den Transportkosten
einfordert (vgl. Ziff. 2 des Rechtsbegehrens), ist ihr entgegenzuhalten, dass
solche Beiträge bis zum Ende des Schuljahres 2008/2009 bereits - sei es durch
die Invalidenversicherung, sei es durch die Schulpflege Baden - geleistet
worden sind (vorne lit. A und lit. B). Seit Beginn des Schuljahres 2009/2010
wird die Beschwerdeführerin zu Hause von ihrer Mutter unterrichtet; und es
fallen keine Transportkosten mehr an. Insoweit fehlt es der Beschwerdeführerin
an der materiellen Beschwer bzw. am aktuellen und praktischen
Rechtsschutzinteresse. Zwar verzichtet das Bundesgericht ausnahmsweise auf das
Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen
Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können,
eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die
Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse
liegt (BGE 137 I 23 E. 1.3.1 S. 25; 136 II 101 E. 1.1 S. 103). Solche
besonderen Umstände liegen hier nicht vor, so dass in diesem Punkt auf die
Beschwerde nicht einzutreten ist.

2.
Mit der Beschwerde beim Bundesgericht kann die Verletzung von Bundesrecht und
Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Die Verletzung
kantonalen Rechts ist hingegen vor Bundesgericht - abgesehen von den Fällen
gemäss Art. 95 lit. c -e BGG - kein selbstständiger Rügegrund, sondern kann nur
daraufhin überprüft werden, ob damit Bundesrecht verletzt wird, wozu namentlich
auch eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts gehört (BGE 138 I 143 E. 2
S. 149; 136 I 241 E. 2.4 S. 249).
Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG); dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt
eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere
Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung - BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255) geltend gemacht
wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit,
als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist
(Art. 106 Abs. 2 BGG). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht,
muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden,
inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246, 130 I 258 E. 1.3 S. 261 mit Hinweisen).
Willkür in derRechtsanwendung liegt dann vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137
I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil sodann den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser
sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).

3.
Die Beschwerdeführerin will die Einwohnergemeinde Baden verpflichten, für die
private Schulung generelleinen im Verhältnis zu den Kosten der öffentlichen
Schule äquivalenten Beitrag an ihre Eltern auszurichten. Sie beruft sich dabei
auf Bundes- und auf kantonales Recht.

3.1. Bundesrecht

3.1.1. Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht
ist gewährleistet (Art. 19 BV). Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig
(Art. 62 Abs. 1 BV). Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht,
der allen Kindern offen steht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und
untersteht staatlicher Leitung. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich
(Art. 62 Abs. 2 BV).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Verfassungsbestimmungen
grundsätzlich nach denselben Regeln auszulegen wie Normen des einfachen
Gesetzesrechts (BGE 131 I 74 E. 4.1 S. 180 mit Hinweisen). Danach muss die Norm
in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und
Zweck und den ihr zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer
teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Auszurichten ist die
Auslegung auf die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht
nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben
des Gesetz- bzw. Verfassungsgebers aufgegeben ist (eingehend
zur Auslegungsmethodik: BGE 128 I 34).

3.1.2. Art. 19 BV garantiert den "unentgeltlichen" Grundschulunterricht. Nach
dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 62 Abs. 2 Satz 3 BV bezieht sich diese
"Unentgeltlichkeit" aber ausschliesslich auf öffentliche Schulen. Der
Privatschulunterricht wird davon - jedenfalls im Grundsatz (vgl. E. 3.1.5) -
nicht erfasst. Das Bundesgericht sieht - nachdem sich auch aus den Materialien
über die Neuordnung der Verfassung im Bildungsbereich (vgl. etwa Bericht der
Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates vom 23. Juni
2005 [BBl 2005 5479, insbesondere 5520 ff.]) nichts Gegenteiliges ergibt,
keinen Anlass, von diesem klaren Wortlaut abzuweichen.

3.1.3. Daran ändert die Glaubens- und Gewissensfreiheit, auf welche sich die
Beschwerdeführerin ebenfalls beruft (Art. 19 ff. der Beschwerdeschrift),
nichts: Art. 15 BV wird dadurch Rechnung getragen, dass staatliche Schulen
konfessionell und weltanschaulich neutral sein müssen (BGE 123 I 296 E. 4 S.
305 ff., vgl. zur neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung Urteil 2C_897/
2012 vom 14. Februar 2013 [publ. in: JdT 2013 I 100]). Ein Verstoss gegen das
Neutralitätsgebot liegt jedoch erst dann vor, wenn die religiöse Äusserung
seitens der Schule bzw. der Lehrerschaft eine gewisse Intensität erreicht, so
dass Auswirkungen auf die geistige Entwicklung der Kinder und auf ihre
religiösen Überzeugungen nicht auszuschliessen sind (zit. Urteil 2C_897/2012 E.
3.2; BGE 123 I 296 E. 4 S. 305 ff.; 116 Ia 252 E. 7b S. 262 f.). Die
Verpflichtung zur Neutralität staatlicher Schulen schliesst ebenso wenig jedes
weltanschaulich motivierte Handeln im Unterricht aus (vgl. Urteil 2C_724/2011
vom 11. April 2012 E. 3), was - wie die Beschwerdeführerin mit Recht vortragen
lässt - in dieser absoluten Form auch gar nicht möglich wäre.

3.1.4. Aus dem Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) kann die
Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Nach dem Grundsatz von
Art. 8 BV Abs. 1 BV wird verlangt, dass Gleiches nach Massgabe seiner
Gleichheit gleich oder Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich
behandelt wird. Der Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung wird insbesondere
verletzt, wenn hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche
Unterscheidungen getroffen werden, für die ein vernünftiger Grund in den zu
regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn Unterscheidungen
unterlassen werden, die aufgrund der Verhältnisse hätten getroffen werden
müssen (vgl. BGE 136 I 17 E. 5.3 S. 19, 134 I 23 E. 9.1 S. 42 mit Hinweisen).
Entscheidend dabei ist "das Dritte der Vergleichung" ("tertium comparationis")
bzw. die Festlegung des Gemeinsamen, in dem zwei Sachverhalte übereinstimmen:
Wenn der Verfassungsgeber ausdrücklich festlegt, dass der Grundschulunterricht
nur an öffentlichen Schulen unentgeltlich sein muss, dann bringt er damit - als
lex specialis zu Art. 8 Abs. 1 BV - zum Ausdruck, dass der
Grundschulunterricht, der auf privater Basis erteilt wird, nicht gleich zu
behandeln ist.

3.1.5. Aus der Bundesverfassung ergibt sich nach dem Gesagten kein Anspruch auf
staatliche (Mit-) Finanzierung des privaten Grundschulunterrichts, jedenfalls
so lange nicht, als an öffentlichen Schulen ein ausreichender (Art. 19 BV)
Unterricht angeboten wird (vgl. auch BGE 138 I 162 E 3.2 S. 165; 133 I 156 E.
3.1 und 3.3 S. 158 f., Urteil 2C_738/2010 vom 24. Mai 2011 E. 3.3.2; Bernhard
Ehrenzeller/Markus Schott, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller
/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 32 zu Art. 62;
Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
2007, N. 8 zu Art. 19, N. 6 zu Art. 62).

3.1.6. An dieser Rechtslage ändert nichts, dass die Vorinstanz in E. 3.4 des
angefochtenen Entscheides auch Überlegungen über die rechtspolitische
Wünschbarkeit anderer Regelungen angestellt hat (beispielsweise
"Bildungsgutscheine"), ebenso wenig dass solche Regelungen - wie die
Beschwerdeführerin zu Recht vortragen lässt - denkbar wären und in anderen
Ländern vorkommen.

3.2. Kantonales Recht

3.2.1. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, soweit Entgeltlichkeit des
Grundschulunterrichts bestehe, könnten ausserordentliche Situationen
Besonderheiten herbeiführen, in welchen namentlich den unterhaltspflichtigen
Eltern unverhältnismässige Lasten aufgebürdet würden. Solche Ausnahmen erfasse
§ 34 Abs. 3 der Kantonsverfassung vom 25. Juni 1980 (KV/AG), wonach die Träger
der Schulen für Kinder, die wegen der Lage ihres Wohnortes, aus sozialen
Gründen oder wegen einer Behinderung (dazu nachfolgend E. 4) benachteiligt
seien, für ausgleichende Massnahmen zu sorgen hätten. Weitergehende Ansprüche,
insbesondere beim Besuch von Privatschulen, gewährleisteten die
Verfassungsbestimmungen und das Schulgesetz nicht.

3.2.2. Die Beschwerdeführerin legt nicht rechtsgenüglich (Art. 106 Abs. 2 BGG;
vorne E. 2) dar, dass und inwiefern diese Auffassung unzutreffend sein sollte.
Insbesondere ergibt sich ein Anspruch auf unentgeltlichen Privatschulunterricht
nicht daraus, dass auch private Schulen (der Volksschulstufe) unter staatlicher
Aufsicht stehen (§ 33 Abs. 2 KV). Diese Regelung setzt bloss die
bundesrechtlichen Mindestvorgaben von Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BV um.

4.
Andererseits verlangt die Beschwerdeführerin eine staatliche (Mit-)
Finanzierung ihres privaten Grundschulunterrichts angesichts
ihrer individuellen Situation als Behinderte.

4.1. Zur Rechtslage

4.1.1. Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs wurde ein neuer Abs. 3 von
Art. 62 BV aufgenommen (in der Fassung vom 24. November 2004, in Kraft seit 1.
Januar 2008; AS 2007 5765), wonach die Kantone namentlich für eine ausreichende
Sonderschulung aller behinderter Kinder und Jugendlichen bis längstens zum
vollendeten 20. Altersjahr sorgen. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang
damit, dass die Sonderschulung bis Ende 2007 wesentlich in der Verantwortung
der eidgenössischen Invalidenversicherung lag (aArt. 19 IVG, aufgehoben per
Ende 2007, AS 2007 5808), mit der Neuregelung des Finanzausgleichs jedoch den
Kantonen übertragen wurde (vgl. Botschaft zur Neugestaltung des
Finanzausgleichs, BBl 2002 2291 ff.). Gemäss Art. 20 des Bundesgesetzes vom 13.
Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit
Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) sorgen sodann
die Kantone dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung
erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist (Art. 20 Abs. 1
BehiG). Sie fördern, soweit dies möglich ist und dem Wohl des behinderten
Kindes oder Jugendlichen dient, mit entsprechenden Schulungsformen die
Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule (Art. 20
Abs. 2 BehiG). Insbesondere sorgen sie dafür, dass wahrnehmungs- oder
artikulationsbehinderte Kinder und Jugendliche und ihnen besonders nahestehende
Personen eine auf die Behinderung abgestimmte Kommunikationstechnik erlernen
können (Art. 20 Abs. 3 BehiG).
Wie das Bundesgericht bereits mehrfach erkannt hat, besteht auf dieser
Grundlage für Behinderte ein Anspruch auf ausreichende Sonderschulung, aber
kein bundesrechtlicher Anspruch auf Finanzierung einer privaten Sonderschulung,
wenn das an öffentlichen Schulen angebotene Bildungsangebot angemessen und
ausreichend ist (ausführlich BGE 138 I 162, sodann BGE 130 I 352 E. 3.3 S. 354
f.; 129 I 12 E. 6.4 S. 20) und die Integration des behinderten Kindes fördert (
BGE 138 I 162 E. 4.6.2 S. 170).

4.1.2. Die Vorinstanz hat erwogen (E. 3.3.3 des angefochtenen Entscheides),
auch aus dem kantonalen Recht ergebe sich ein Anspruch auf staatliche
Leistungen an Privatschulkosten nur im Rahmen von § 34 Abs. 3 der
Kantonsverfassung (vorne E. 3.2.1), d.h. wenn die Sonderschulung an
öffentlichen Schulen nicht möglich oder nicht ausreichend sei. Diese kantonale
Rechtslage steht nicht im Widerspruch zum Bundesrecht (vgl. Urteil 2C_588/2011
vom 16. Dezember 2011 E. 3.3 und E. 3.4). Die Beschwerdeführerin rügt auch
nicht rechtsgenüglich (Art. 106 Abs. 2 BGG), dass und inwiefern die Vorinstanz
das kantonale Recht bundesrechtswidrig (willkürlich) ausgelegt hätte.

4.2. Zum massgebenden Sachverhalt, zur Beweislast und zur Beweiswürdigung

4.2.1. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz verzichteten die Eltern auf
eine abschliessende Abklärung durch den schulpsychologischen Dienst (SPD) und
entschieden sich vor deren Vorliegen dafür, ihre Tochter einen privaten
Kindergarten besuchen zu lassen (E. 4.6.1 und 4.6.2 des angefochtenen
Entscheides). Ferner stellte das Verwaltungsgericht fest, die HPS wäre
grundsätzlich geeignet, der Beschwerdeführerin eine angemessene und
ausreichende Schulung anzubieten; jedenfalls habe die Beschwerdeführerin nicht
bewiesen, dass dem nicht so wäre.

4.2.2. Die Beschwerdeführerin sieht darin eine willkürliche
Beweislastverteilung und Beweiswürdigung (Art. 9 BV) sowie eine Verletzung
ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) durch Nichtabnahme
angebotener Beweismittel (u.a. durch Verzicht auf die persönliche Befragung
ihrer Mutter). Sie macht geltend, nach dem Grundsatz "negativa non sunt
probanda" sei weder erforderlich noch möglich zu beweisen, dass "die in der
privaten Heimschulung erzielten grossartigen Fortschritte" in der HPS oder
anderen öffentlichen Institutionen nicht auch möglich gewesen wären.

4.2.3. Die Beschwerdeführerin behauptet einen Anspruch auf staatliche
Finanzierung ihrer Privatschulung; die tatbeständlichen Voraussetzungen dazu
hat sie deshalb zu beweisen (Art. 8 ZGB). Der Umstand, dass dazu negative
Tatsachen bewiesen werden müssen, also die Forderung des Negativbeweises, ist
nicht grundsätzlich unzulässig, ist aber bei der Beweiswürdigung und im Rahmen
der Anforderungen an die Mitwirkungspflicht der Gegenpartei zu berücksichtigen;
er ändert nichts an der objektiven Beweislastverteilung (BGE 137 II 313 E.
3.5.2 S. 325; 133 V 205 E. 5.5 S. 217; 119 II 305 E. 1b/aa S. 305/306; Urteil
5D_63/2009 vom 23. Juli 2009 E. 3.3).

4.2.4. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht hinreichend substantiiert, dass
und inwiefern Behinderte allgemein oder sie speziell als Einzelperson an der
HPS Wettingen auf ein nicht ausreichendes Bildungsangebot treffen bzw. dort
ungenügend ausgebildet würden. Dass das ZEKA Dättwil eine Aufnahme in den
Kindergarten abgelehnt hat, ist dafür irrelevant. Die Aussage der
Beschwerdeführerin, die HPS Wettingen sei nur für die Schulung geistig
Behinderter - was für sie selber nicht zutreffe - geeignet, wurde so weder von
der Vorinstanz festgestellt noch von der Beschwerdeführerin belegt. Ihre
Argumentation, sie wäre durch den Besuch der HPS Wettingen als geistig
behindert "abgestempelt" worden, erscheint daher unbegründet. Auch dass die HPS
der Beschwerdeführerin anfänglich einen Intelligenzquotienten von unter 75
attestierte, belegt nicht, dass dort nicht eine angemessene ausreichende
Schulung möglich gewesen wäre.

4.2.5. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin legen zwar dar, dass nach
Auffassung ihrer Mutter der private Kindergarten bzw. die private Schulung
besser geeignet wäre; sie belegen aber nicht, inwiefern in der HPS Wettingen
eine ausreichende Schulung nicht möglich sein sollte. Da der Standpunkt der
Mutter durch ihre mehreren aktenkundigen Stellungnahmen bekannt war, durfte die
Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428) ohne
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) auch auf
deren persönliche Befragung verzichten. Selbst wenn im Übrigen eine private
Schulung für die Bedürfnisse der Beschwerdeführerin geeigneter erschiene,
ergäbe sich daraus kein Anspruch auf staatliche finanzielle Leistungen;
massgebend ist der ausreichende Unterricht (vorne E. 4.1.1).

5.
Bei dieser Rechts- und Sachlage hat die Vorinstanz mit Recht einen Anspruch der
Beschwerdeführerin auf die eingeklagten staatlichen Geldleistungen verneint.

6.
Abschliessend ist über die Rüge zu befinden, wonach die Vorinstanz hinsichtlich
der Kostenauflage das Behindertengleichstellungsgesetz verletzt habe:

6.1. Art. 10 Abs. 1 BehiG über die Kostenfreiheit von Verfahren gilt für
Ansprüche nach Art. 7 oder 8 BehiG, somit auch für den benachteiligungsfreien
Zugang zu Aus- und Weiterbildung (Art. 8 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 5
lit. b und Art. 3 lit. f BehiG; Urteil 2C_930/2011 vom 1. Mai 2012 E. 3.1), und
ist an sich von der kantonalen Behörde von Amtes wegen anzuwenden.
Vorausgesetzt ist aber immerhin, dass es - wie in analogen Fällen etwa von Art.
13 Abs. 5 GlG oder Art. 343 Abs. 3 a OR bzw. heute Art. 114 ZPO (vgl. BGE 135
III 470 E. 1.2 und 3, 131 III 451 E. 3, 124 I 223 E. 3 sowie Urteil 2A.400/2005
vom 19. Dezember 2005) - in der Sache wirklich um einen solchen Anspruch geht,
nicht bloss um eine andere Problematik, die einen gewissen Zusammenhang mit
Behinderungen hat. Dass und weshalb es sich um einen Anspruch nach Art. 7 bzw.
8 BehiG handelt, hat derjenige darzutun, der daraus Rechte ableitet; die
Behörde kann darauf abstellen, was der (potentiell) Anspruchsberechtigte
hierbei geltend macht (zit. Urteil 2C_930/2011 E. 3.2).

6.2. Die Beschwerdeführerin hat vor der Vorinstanz primär einen Anspruch auf
die Ausrichtung eines Kostenäquivalents - im Rahmen dessen, was auch die
öffentliche Schulung kosten würde - an ihre Eltern geltend gemacht (vgl. vorne
lit. C). Auch soweit sie sich auf ihre individuelle Lage bezog, trug sie nicht
vor, sie werde gegenüber nicht Behinderten im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BehiG
benachteiligt, sondern sie wollte mit ihrer Argumentation den behaupteten
generellen Anspruch auf ein solches Kostenäquivalent in ihrer individuellen
Situation begründen. In der Sache ging es ihr um eine Angelegenheit, die zwar
einen gewissen Zusammenhang mit ihrer Behinderung hat, doch musste das
Verwaltungsgericht aufgrund der Ausführungen in der Klageschrift nicht darauf
schliessen, die Klägerin mache einen Anspruch im Sinne von Art. 8 Abs. 2 BehiG
geltend. Die Kostenauflage durch das Verwaltungsgericht (vorne lit. C) verletzt
Art. 10 BehiG daher nicht.

6.3. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, es laufe dem Gerechtigkeitsgedanken in
unerträglicher Weise zuwider, dass das Verwaltungsgericht zu ihren Lasten der
Einwohnergemeinde Baden eine Parteientschädigung zugesprochen habe, so richten
sich die Voraussetzungen für die Ausrichtung einer solchen nach dem kantonalen
Recht (S. 24 des angefochten Entscheides). Die Beschwerdeführerin tut nicht
hinreichend dar, inwiefern die Vorinstanz dieses kantonale Recht willkürlich
angewendet hätte (vgl. vorne E. 2).

7.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.
Bei diesem Ausgang trägt die unterliegende Beschwerdeführerin nach Art. 66 in
Verbindung mit Art. 65 Abs. 3 BGG die Gerichtskosten. Ein Anwendungsfall von
Art. 65 Abs. 4 lit. d BGG liegt aus den in E. 6.2 dargelegten Gründen auch vor
Bundesgericht nicht vor.
Die Einwohnergemeinde Baden hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Einwohnergemeinde Baden, dem
Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau sowie dem
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Juni 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben