Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.666/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_666/2012, 2C_667/2012

Urteil vom 18. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Matter.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Legatax Advisors Limited,

gegen

Steueramt des Kantons Solothurn, Schanzmühle, Werkhofstrasse 29c, 4509
Solothurn.

Gegenstand
2C_666/2012
Staatssteuer 2010,

2C_667/2012
Bundessteuer 2010,

Beschwerden gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 21.
Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ ist im Kanton Solothurn steuerpflichtig. Seit dem Jahr 2002 ist er
Eigentümer einer im Kanton Bern gelegenen, rund vierhundertjährigen Alphütte.
Für gegen Fr. 500'000.-- beschloss er eine Totalsanierung der sich allgemein in
einem schlechten Zustand befindlichen Liegenschaft. Im Jahr 2010 unternahm er
eine erste Arbeitsetappe, wofür ihm Kosten von Fr. 106'973.-- erwuchsen.

B.
In seiner Steuererklärung für 2010 machte X.________ die erwähnten Auslagen als
Liegenschaftsunterhaltskosten geltend. Sowohl bei der Staats- als auch bei der
direkten Bundessteuer verweigerten jedoch alle steuerbehördlichen Instanzen des
Kantons Solothurn den beantragten Abzug vom steuerbaren Einkommen, zuletzt das
Kantonale Steuergericht mit Urteil vom 21. Mai 2012. Alle Instanzen erwogen,
dass es sich bei der Totalsanierung praktisch um die Errichtung einer neuen
Baute handle, weshalb die massgeblichen Kosten Anlagecharakter hätten.

C.
Am 4. Juli 2012 hat X.________ Beschwerden in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. In Bezug auf die Staatssteuer
(Verfahren 2C_666/2012) und die direkte Bundessteuer (2C_667/2012) 2010 stellt
er den Antrag, das angefochtene Urteil vom 21. Mai 2012 aufzuheben, die Sache
zur Neubeurteilung an das Steuergericht zurückzuweisen und die geltend
gemachten Liegenschaftsunterhaltskosten zum Abzug von seinem steuerbaren
Einkommen zuzulassen.

D.
Das Steueramt des Kantons Solothurn, das Kantonale Steuergericht Solothurn und
die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde(n),
soweit darauf einzutreten sei.

E.
Mit Replik vom 9. November 2012 hat der Beschwerdeführer an seinem
Rechtsstandpunkt festgehalten.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.
1.1 Die weitgehend gleich lautenden Beschwerden betreffen die gleichen
Parteien, richten sich gegen dasselbe Urteil und werfen übereinstimmende
Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich deshalb, die Verfahren zu vereinigen und
die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in
Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).

1.2 Angefochten ist ein Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss
Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen
werden kann (Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes
vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] sowie Art.
73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR. 642.14]). Der
Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert; auf seine frist- und
formgerecht eingereichten Rechtsmittel ist grundsätzlich einzutreten.

1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift
ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid
beanstandet wird. Das Bundesgericht prüft namentlich die Verletzung von
Grundrechten nur insofern, ais eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Eine diesen Anforderungen
genügende Begründung ist hier nur teilweise zu erkennen, wird doch die Rüge von
Verfassungsverletzungen (Art. 8, 9, 26 und 127 BV) nicht hinreichend
substantiiert. Soweit es an einer genügenden Begründung fehlt, ist auf die
Beschwerden nicht einzutreten.

1.4 Mit seiner Replik hat der Beschwerdeführer Unterlagen eingereicht, welche
mit einer Ausnahme unzulässige neue Beweismittel darstellen (vgl. Art. 99 Abs.
1 BGG). Diese Unterlagen hätten schon viel früher eingebracht werden können und
sind nicht erst durch das Urteil der Vorinstanz veranlasst worden. Folglich
sind sie aus dem Recht zu weisen.

1.5 Mit der Beschwerde kann namentlich eine Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser
sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).

II. Direkte Bundessteuer

2.
2.1 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die
Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die
Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte von den
steuerbaren Einkünften abgezogen werden (Art. 32 Abs. 2 erster Satz DBG in der
ab 1. Januar 2010 gültigen Fassung). Gleich lautet Art. 1 Abs. 1 der
bundesrätlichen Verordnung vom 24. August 1992 über den Abzug der Kosten von
Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer
(Liegenschaftskostenverordnung; SR 642.116, in der ab 1. Januar 2010 gültigen
Fassung). Konkreter bestimmt Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung der ESTV vom
24. August 1992 über die abziehbaren Kosten von Liegenschaften des
Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer
(ESTV-Liegenschaftskostenverordnung; SR 642.116.2) den Begriff der
Unterhaltskosten als "Auslagen für Reparaturen und Renovationen, die nicht
wertvermehrende Aufwendungen darstellen". Nicht abziehbar sind gemäss Art. 34
lit. d DBG die übrigen Kosten und Aufwendungen, insbesondere die Aufwendungen
für die Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Vermögensgegenständen.
In diesem Sinne hat das Bundesgericht festgehalten, dass eine Totalsanierung,
die praktisch einem Neubau gleichkommt, aus steuerlicher Sicht eine Herstellung
darstellt, weshalb die damit verbundenen Kosten einkommenssteuerlich nicht
absetzbar sind (Urteil 2C_63/2010 vom 6. Juli 2010 E. 2.1 StR 65, 864 S. 865,
mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 2A.480/2004 vom 2. Februar 2005 E. 2.3 ASA 75,
488 S. 492 f.). Dieser Praxis folgt auch die Lehre (vgl. u.a. PETER LOCHER,
Kommentar zum DBG; I. Teil, Therwil/Basel 2001, Rz. 49 zu Art. 32 DBG; NICOLAS
MERLINO, Commentaire Romand, Bâle 2008, N 75 in fine ad art. 32 LIFD; FELIX
RICHNER/WALTER FREI/STEFAN KAUFMANN/HANS ULRICH MEUTER, Handkommentar zum DBG,
2. Aufl. Zürich 2009, N 49 ff. zu Art. 32 DBG).

2.2 Wie die Vorinstanz erwogen hat, ist den Umbauplänen und den beigelegten
Fotos (insbesondere zum Zustand vor Inangriffnahme der Arbeiten) zu entnehmen,
dass im Untergeschoss (auf welches sich die meisten der durch den
Beschwerdeführer für die Steuerperiode 2010 eingereichten Rechnungen beziehen)
ein komplett neuer Stall errichtet und das Erdgeschoss (Wohnteil) der Alphütte
vollumfänglich abgebrochen sowie ersetzt wurden; teilweise beibehalten wurden
das Dachgeschoss und das eigentliche Dach. Diese tatsächlichen Feststellungen
des Steuergerichts beanstandet der Beschwerdeführer nicht, weshalb sie für das
Bundesgericht verbindlich sind (vgl. oben E. 1.5). Er bemängelt lediglich, es
sei "befremdlich", den neu errichteten Stall als Neubau zu qualifizieren. Wie
die Vorinstanz jedoch zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich "faktisch" um
einen komplett neuen Stall (vgl. E. 4 des angefochtenen Urteils, zweiter
Absatz). Deshalb ist die steuergerichtliche Schlussfolgerung, die Kosten für
die Ersatzbaute seien keine abzugsfähigen Unterhaltskosten, sondern
wertvermehrende Auslagen (nämlich Herstellungskosten), bundesrechtskonform.
Daran vermag nichts zu ändern, dass die Zweckbestimmung der Baute gleich
geblieben ist. Die Vorinstanz nimmt im Übrigen richtigerweise zur Frage, wie
die künftigen Auslagen für den Wohnteil sowie das Dachgeschoss dereinst
steuerlich zu beurteilen sind, noch nicht Stellung.

2.3 Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, vermag nicht zu überzeugen.
2.3.1 Er geht zunächst davon aus, die Beweislast für die Nichtzulassung der
Abzugsfähigkeit dieser Auslagen liege bei der Steuerbehörde. Hier ist jedoch
der Nachweis für das faktische Vorliegen eines neuen Stalls erbracht worden
(vgl. oben E. 2.2). Deshalb stellt sich die Frage der Beweislast bzw.
-losigkeit gar nicht.
2.3.2 Weiter hält der Beschwerdeführer dafür, vorliegend könne gar keine
Wertvermehrung vorliegen, weil der Ertragswert gleich geblieben sei. Mit dem
neuen jährlichen Pachtzins von Fr. 3'000.-- könne die "Investition" von Fr.
106'973.-- "kaum rentabilisiert werden". Nach anerkannter Bewertungspraxis
entspreche der Wert eines Vermögensbestandteiles der Gesamtheit der
Nutzleistungen, die dieser erbringen könne. Dazu komme, dass die Vorinstanz auf
diese Überlegungen überhaupt nicht eingetreten sei und sie in ihrer
Entscheidfindung nicht berücksichtigt habe, was eine Gehörsverletzung
darstelle.

Wie das Steuergericht richtig geurteilt hat, weist jedoch auch ein rein
landwirtschaftlich genutztes Grundstück einen Marktwert auf, der in der Regel
aus Sachwert und Ertragswert ermittelt wird (Das Schweizerische
Schätzerhandbuch, 4. Aufl. Aarau 2012, S. 294). Das gilt, obwohl das
Bundesrecht eine Bewertung zum Ertragswert vorschreibt (Bundesgesetz vom 4.
Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, Art. 10 [BGBB; SR 211.412.11];
vgl. auch Art. 14 Abs. 2 StHG). Entscheidend ist jedoch, dass bei Auslagen für
Massnahmen an Liegenschaften im Normalfall (und so auch hier) nicht zu fragen
ist, ob dadurch der Wert der Liegenschaft insgesamt erhöht wird. Vielmehr ist
jede einzelne Ausgabe isoliert auf ihre werterhöhende oder -erhaltende Wirkung
zu untersuchen (vgl. u.a. LOCHER, a.a.O., Rz 18 und 25 zu Art. 32 DBG; MERLINO,
a.a.O., N 55 in fine ad art. 32 LIFD; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N
45 ff. zu Art. 32 DBG). Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz zudem davon
absehen dürfen, auf die weither geholten Überlegungen des Beschwerdeführers
näher einzugehen, so dass von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls
keine Rede sein kann.
2.3.3 Ausserdem betont der Beschwerdeführer, weil sich die Alpliegenschaft in
einer geschützten Moorlandschaft befinde, wäre aus gesetzlichen Gründen ein
Abbruch oder Neubau gar nicht möglich gewesen. Den beiliegenden Fotos ist aber
zu entnehmen, dass das Dachgeschoss und das Dach auf Holzpfählen aufgestockt,
alle darunter liegenden Teile (d.h. der Stall und der Wohntrakt) aber
abgerissen und ersetzt wurden. Somit lag jedenfalls ein Teilabbruch und -neubau
vor. Neben dem Stall wurde übrigens neu ein landwirtschaftlicher Einstellraum
errichtet, was sogar eine Kapazitätserweiterung darstellt.
2.3.4 Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die Auslagen
für die vorgeschlagenen Massnahmen von den Agroexperten als abzugsberechtigt
bezeichnet worden sind. Eine solche Stellungnahme vermag die Steuerbehörden
jedoch nicht zu binden.

2.4 Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten betreffend die direkte Bundessteuer als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
III. Kantons- und Gemeindesteuern

3.
Die Rechtslage ist bei den Kantons- und Gemeindesteuern die gleiche wie bei der
direkten Bundessteuer. Art. 9 Abs. 3 Satz 1 StHG (in der ab 1. Januar 2010
gültigen Fassung) hat denselben Wortlaut wie Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG. § 39
Abs. 3 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn
(StG/SO; BSG 614.11) und § 41 Abs. 4 lit. e StG/SO entsprechen Art. 32 Abs. 2
bzw. Art. 34 lit. d DBG. Das zur direkten Bundessteuer Ausgeführte ist damit
für die Staatssteuer ebenfalls massgebend. Die diesbezügliche Beschwerde ist
folglich auch abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

IV. Kosten

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 2C_666/2012 und 2C_667/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (2C_667/2012) wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuer (2C_666/2012) wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Steuergericht des Kantons
Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Dezember 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Matter