Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.660/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_660/2012

Urteil vom 9. Juli 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Werner Meier,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 30. Mai 2012.

Erwägungen:

1.
X.________, 1980 geborener Staatsangehöriger von Kosovo, reiste 1993 als
Zwölfeinhalbjähriger im Familiennachzug in die Schweiz ein, wo ihm die
Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. 2001 heiratete er eine Landsfrau,
welche in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung, 2006 eine
Niederlassungsbewilligung erhielt. Die fünf gemeinsamen Kinder (geb. 2000,
2002, 2003, 2005 und 2007) verfügen durch ihre Mutter ebenfalls über die
Niederlassungsbewilligung.

Nachdem gegen X.________ zwischen 2002 und 2010 zahlreiche strafrechtliche
Urteile ergangen waren, gestützt worauf er insgesamt über 50 Monate im
Strafvollzug weilte (so auch zurzeit; definitives Strafende offenbar Mai 2013,
ein Gesuch um bedingte Haftentlassung wurde am 3. April 2012 abgewiesen),
widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich am 16. Dezember 2011 seine
Niederlassungsbewilligung; es ordnete an, dass er die Schweiz unverzüglich nach
der Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen habe (Wegweisung). Den gegen
den Widerrufs- und Wegweisungsentscheid erhobenen Rekurs wies die
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich am 20. März 2012 ab. Gegen diesen
Rekursentscheid gelangte X.________ mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich, wobei er den Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht
mehr in Frage stellte, sondern in Bezug auf die Wegweisung beantragte, die
Frist für deren Befolgung sei auf drei Monate ab der tatsächlichen Entlassung
aus dem Strafvollzug festzusetzen. Mit Urteil vom 30. Mai 2012 wies das
Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. Juli 2012
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts
aufzuheben und den dort gestellten Anträgen stattzugeben, wonach er trotz der
Wegweisung nach der Entlassung aus dem Strafvollzug zunächst zu seiner Familie
zurückkehren könne und den Kanton Zürich bzw. die Schweiz innert angemessener
Ausreisefrist - drei Monate oder eventuell kürzer - zu verlassen habe.

Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig
gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend die Wegweisung
(Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG).

Streitig ist vorliegend allein die Frage der (zeitlichen) Modalitäten des
Vollzugs der Wegweisung. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ist damit nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (BGE
134 II 192 E. 1.3 S. 195; 134 V 138 E. 3 S. 144; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.)
offensichtlich unzulässig (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG). Das eingelegte
Rechtsmittel kann höchstens als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG)
entgegengenommen werden. Es ist noch zu prüfen, ob diesbezüglich die
Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind.

2.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Solche Rügen bedürfen spezifischer
Geltendmachung und Begründung (Art. 106 Abs. 2 BGG). Zur Verfassungsbeschwerde
ist berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder
Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG).

Das Verwaltungsgericht hat sich namentlich in E. 4.2 und 4.3 ausführlich mit
der persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers und auch mit
den praktischen Aspekten einer Ausreise direkt auf den Zeitpunkt der
Haftentlassung befasst. Der Beschwerdeführer kritisiert die dabei vorgenommenen
Gewichtungen und bezeichnet den Entscheid des Verwaltungsgerichts als
unverhältnismässig. Das Gebot verhältnismässigen Handelns stellt kein mit
Verfassungsbeschwerde anrufbares verfassungsmässiges Recht dar (BGE 134 I 153
E. 4.1 S. 156 f.). Der Beschwerdeführer führt zusätzlich aus, "die Vorschrift
von Art. 9 der Bundesverfassung scheint nicht eingehalten, da der Entscheid
unverhältnismässig und damit willkürlich ist, ebenso stützt sich die Beschwerde
auf Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung, soweit sich das Verwaltungsgericht
nicht mit den Vorbringen des Beschwerdeführers befasst, etwa betreffend
Angewiesenheit auf die Hilfe des Onkels im Kosovo für die dortige Eingliederung
- oder die Regelung der Fortdauer der ärztlichen Behandlung." Insofern nennt
der Beschwerdeführer zwar verfassungsmässige Rechte. Inwiefern das
Verwaltungsgericht das Willkürverbot verletzt haben könnte, wird damit aber
nicht dargetan (vgl. zu den Anforderungen an die Begründung der Willkürrüge BGE
133 II 396 E. 3 S. 399 f.), sodass auch offenbleiben kann, ob und wie im
Zusammenhang mit einer Wegweisung das Willkürverbot unter dem Aspekt von Art.
115 lit. b BGG überhaupt angerufen werden kann (vgl. BGE 137 II 305 E. 3 S. 308
ff.). Was die behauptete Gehörsverweigerung betrifft, zeigt der
Beschwerdeführer nicht auf, welche konkreten Vorbringen bezüglich der Hilfe des
Onkels bei der Wiedereingliederung im Kosovo, die im Hinblick auf die
Festsetzung des Ausreisezeitpunkts von Bedeutung sein könnten, vom
Verwaltungsgericht übergangen worden wären.

Als Verfassungsbeschwerde enthält die Rechtsschrift offensichtlich keine
hinreichende Begründung (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).

2.3 Auf die Beschwerde ist mit Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten
Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.

2.4 Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann schon darum nicht
entsprochen werden, weil die Beschwerde aussichtslos erschien (Art. 64 BGG).

Die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) sind damit entsprechend dem Verfahrensausgang
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. Juli 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Feller