Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.57/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_57/2012

Urteil vom 27. Januar 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Bessler,

gegen

Migrationsamt Schaffhausen,
Mühlentalstrasse 105, 8200 Schaffhausen,
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Beckenstube 7, Postfach, 8201
Schaffhausen.

Gegenstand
Widerruf/Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 2.
Dezember 2011.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1976) stammt aus Mazedonien. Er kam 1991 im
Familiennachzug in die Schweiz und heiratete am 6. Juli 2006 eine im deutschen
Grenzgebiet zur Schweiz lebende italienische Staatsangehörige. Aus der
Beziehung gingen zwei Kinder hervor (geb. 2003 bzw. 2007), die sich bei ihrer
Mutter befinden. Zwischen 2001 und 2008 wurde X.________ wiederholt straffällig
und drei Mal ausländerrechtlich verwarnt.

1.2 Am 10. November 2008 lehnte das Migrationsamt Schaffhausen es ab, die am 4.
Februar 2008 ausgelaufene Aufenthaltsbewilligung von X.________ zu verlängern;
gleichzeitig wies es ihn unter sofortiger Vollstreckbarkeit seines Entscheids
weg. Mit Urteil vom 4. Februar 2010 entschied das Bundesgericht, dass
X.________ den Ausgang des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtverlängerung
seiner Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz abwarten dürfe (Urteil 2C_669/
2009). Am 31. März 2009 wies der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen den
Rekurs von X.________ in der Sache selber ab. Mit Urteil vom 2. Dezember 2011
bestätigte das Obergericht des Kantons Schaffhausen diesen Entscheid.

1.3 X.________ gelangt hiergegen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Er
beantragt, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben und seine
Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.

2.
Die Eingabe erweist sich als offensichtlich unzulässig und kann ohne
Weiterungen durch den Präsidenten als Einzelrichter im vereinfachten Verfahren
nach Art. 108 BGG erledigt werden:

2.1 Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche
Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht
einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Betroffene muss
einen solchen in vertretbarer Weise geltend machen und rechtsgenügend
begründen, andernfalls tritt das Bundesgericht auf seine Eingabe nicht ein
(vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3). Der
Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 8 EMRK und Art. 13 BV. Aus diesen
Bestimmungen ergibt sich grundsätzlich weder ein Recht auf Aufenthalt in einem
bestimmten Staat noch auf Wahl des den Betroffenen für das Privat- oder
Familienleben am geeignetsten erscheinenden Orts (BGE 130 II 281 E. 3.1). Der
Beschwerdeführer verfügt in der Schweiz über keine Angehörigen mit einem
gefestigten Anwesenheitsrecht (vgl. hierzu BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285); seine
Frau und Kinder leben vielmehr in Deutschland. Er kann sich für den behaupteten
Bewilligungsanspruch gegenüber der Schweiz somit nicht auf den Schutz seines
Familienlebens berufen.

2.2 Aus dem Schutz seines Privatlebens kann der Beschwerdeführer ein Recht auf
Verbleib in der Schweiz nach der Rechtsprechung nur unter besonderen Umständen
ableiten. Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration
genügen für sich allein nicht; es bedarf hierfür vielmehr besonders intensiver,
über eine normale Integration hinausgehender privater Bindungen
gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. entsprechender vertiefter
sozialer Beziehungen zum ausserfamiliären Bereich (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S.
286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22; Urteil 2C_266/2009 vom
2. Februar 2010 E. 3 - 5). Das Bundesgericht hat es abgelehnt, schematisch von
einer bestimmten Aufenthaltsdauer an eine solche besondere, einen Anspruch auf
die Einräumung eines Anwesenheitsrechts begründende Verwurzelung in den
hiesigen Verhältnissen anzunehmen; die Aufenthaltsdauer bildet in diesem
Zusammenhang vielmehr nur ein Element unter anderen (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S.
287). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellt im
Zusammenhang mit einer allfälligen Verletzung von Art. 8 EMRK ebenfalls nicht
allein auf die Dauer der bisherigen Anwesenheit ab, sondern nimmt seinerseits
eine Gesamtwürdigung vor (vgl. das Urteil Gezginci gegen Schweiz vom 9.
Dezember 2010 §§ 60 ff. [keine Verletzung von Art. 8 EMRK durch die
Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung bei einer Anwesenheit von rund 30
Jahren, geringer Straffälligkeit und Verschuldung]).

2.3 Der Beschwerdeführer ist erst im Alter von 15 Jahren in die Schweiz
gekommen und in seinem Heimatland sozialisiert worden. Zwar hält er sich
inzwischen seit rund 20 Jahren in der Schweiz auf, doch hat er sich hier nicht
zu integrieren vermocht: Zwischen 2001 und 2008 wurde er zu verschiedenen
Freiheitsstrafen von insgesamt 28 Monaten (bedingt) und diversen Bussen
verurteilt; dabei fällt vor allem seine Verurteilung vom 3. September 2008 zu
24 Monaten bedingt wegen mehrfachen Raubs, mehrfacher Tätlichkeit,
geringfügigen Diebstahls, Sachbeschädigung und mehrfacher Übertretung des
Betäubungsmittelgesetzes ins Gewicht. Weder die drei gegen ihn ausgesprochenen
ausländerrechtlichen Verwarnungen (10. August 2001, 12. September 2002, 4. März
2005) noch die Geburt seiner ersten Tochter bzw. seine anschliessende
Verheiratung vermochten ihn zu stabilisieren. Zwar will er inzwischen die
nötigen Lehren gezogen und sich seit 2008 korrekt verhalten haben; das genügt
indessen nicht, um ihm einen vertretbar geltend gemachten Bewilligungsanspruch
gestützt auf den Schutz seines Privatlebens zu verschaffen. Dies gilt umso
mehr, als er anfangs 2009 - so der von der Vorinstanz verbindlich festgestellte
Sachverhalt, den der Beschwerdeführer nicht den Anforderungen von Art. 105 Abs.
2 BGG genügend infrage stellt - wiederum mehrfach Marihuana gekauft hat. Seit
2008 wussten der Beschwerdeführer und seine in Deutschland lebenden
Angehörigen, dass er die Schweiz allenfalls würde verlassen müssen. Entgegen
der Kritik des Beschwerdeführers kann nicht gesagt werden, die Behörden hätten
sein Verfahren "verschleppt", weshalb er darauf habe vertrauen dürfen, in der
Schweiz bleiben zu können. Schliesslich wurde er bereits im Urteil des
Bundesgerichts vom 4. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass er keinen Anspruch
auf die von ihm beantragte Bewilligungsverlängerung hat (E. 1.1).

2.4 Dem Beschwerdeführer fehlt es unter diesen Umständen auch an einem
rechtlich geschützten Interesse, um im Rahmen einer subsidiären
Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) an das Bundesgericht gelangen zu
können (vgl. das Urteil 2C_896/2010 vom 9. August 2011 E. 2.2). Dieses kann
Bewilligungsentscheide im Ermessensbereich (vgl. Art. 96 AuG) nicht überprüfen,
selbst wenn sich die betroffene Person auf einen ausländerrechtlichen Härtefall
im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG beruft (vgl. auch Art. 83 lit. c Ziff. 5
BGG). Zwar kann mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde unabhängig von einem
Bewilligungsanspruch eine Verletzung von Parteirechten gerügt werden, deren
Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (sog. "Star"-Praxis:
BGE 137 II 305 E. 2 mit Hinweisen); der Beschwerdeführer erhebt indessen keine
entsprechenden Rügen. Soweit er die Verfahrensdauer vor dem Kantonsgericht
kritisiert und damit sinngemäss eine Rechtsverweigerung/-verzögerung geltend
machen will, genügt der Hinweis, dass die beanstandete Verfahrensdauer ihm eine
längere Anwesenheit ermöglicht hat, und es ihm freigestanden hätte, eine
Rechtsverzögerungsbeschwerde zu führen, falls er tatsächlich der Ansicht
gewesen sein sollte, die Behörden verletzten das Beschleunigungsgebot.

3.
3.1 Auf die vorliegende Eingabe ist somit weder als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende
Wirkung ebenso gegenstandslos wie der verfahrensrechtliche Antrag auf
persönliche Anhörung und mündliche Verhandlung.

3.2 Die vorliegende Eingabe hatte gestützt auf die publizierte Rechtsprechung
und den Hinweis auf den fehlenden Bewilligungsanspruch im Urteil vom 4. Februar
2010 als aussichtslos zu gelten, weshalb das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen ist (Art. 64 BGG). Der
Beschwerdeführer wird dementsprechend kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es
sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Eingabe wird weder als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten noch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten.

2.
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgewiesen.

2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Obergericht des Kantons
Schaffhausen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Januar 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar