Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.579/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_579/2012

Urteil vom 17. Januar 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Hänni.

Verfahrensbeteiligte
X.________ und 108 Mitbeteiligte,
alle vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Gion-Andri Decurtins,
Beschwerdeführende,

gegen

Kantonale Heilmittelkontrolle Zürich,
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Heilmittelabgabe (Verfahrensteilnahme),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3.
Kammer, vom 8. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich nahmen am 30. November 2008 die
Volksinitiative "Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug" an. Damit ist es
auch den Ärztinnen und Ärzten der Städte Zürich und Winterthur generell
gestattet, eine Privatapotheke zu führen und an Patientinnen und Patienten, die
bei ihnen in Behandlung stehen, Medikamente abzugeben. Verschiedene
Rechtsmittel hiergegen blieben erfolglos. Das Bundesgericht hat insbesondere im
Verfahren der abstrakten Normenkontrolle die betreffende Bestimmung als
rechtmässig erachtet (Urteil 2C_53/2009 vom 23. September 2011, publiziert in:
ZBl 113/2012 S. 194). Die neue Regelung ist als § 25a des Gesundheitsgesetzes
(Gesundheitsgesetz des Kantons Zürich vom 2. April 2007 [GesG/ZH]) seit dem 1.
Mai 2012 in Kraft.

B.
Die im Rubrum aufgeführten Personen führen alle eine Apotheke in Zürich oder in
Winterthur. Bereits am 24. Oktober 2011 haben sie die Gesundheitsdirektion des
Kantons Zürich (nachfolgend: Gesundheitsdirektion) darum ersucht, zu allen
Verfahren beigeladen zu werden, in denen es um die Bewilligung einer
Privatapotheke gehe. Die Gesundheitsdirektion überwies die Eingaben
zuständigkeitshalber der Kantonalen Heilmittelkontrolle Zürich. Diese
vereinigte die Gesuche und lehnte sie am 21. November 2011 ab. Einen dagegen
eingereichten Rekurs wies die Gesundheitsdirektion am 24. Februar 2012 ab. Auch
eine Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich blieb erfolglos
(Urteil vom 8. Mai 2012).

C.
Gegen diesen Entscheid erheben die Apothekerinnen und Apotheker (nachfolgend:
Beschwerdeführende) am 11. Juni 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten. Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben und sie seien als Partei, eventualiter als Beigeladene in alle
Verfahren zur Bewilligung einer Privatapotheke in Zürich und Winterthur
einzubeziehen. Sie stellen ausserdem den Subeventualantrag, ihnen sei
Akteneinsicht für alle Verfahren zu erteilen, in welche Ärztinnen und Ärzte der
Städte Zürich und Winterthur eine Bewilligung beantragen, um eine
Privatapotheke führen zu können. Sub-subeventualiter sei das Verfahren an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Während die Gesundheitsdirektion auf eine
Vernehmlassung verzichtet hat, beantragen die kantonale Heilmittelkontrolle und
das Verwaltungsgericht die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in Angelegenheiten des
öffentlichen Rechts, der nicht unter den Ausnahmekatalog von Art. 83 BGG fällt,
weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich
offen steht (Art. 82 lit. a BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ist
zudem eine letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG.
Sein Urteil kann nicht beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

1.2 Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen
hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hatte, durch den
angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse
an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Voraussetzung ist bei den
Beschwerdeführenden erfüllt: Die Vorinstanz hat ihre Beschwerde abgewiesen und
damit ihre Berechtigung zur Teilnahme an den Bewilligungsverfahren für
Ärztinnen und Ärzte zur Führung einer Privatapotheke verneint. Zur Anfechtung
eines solchen Entscheids sind sie ohne Weiteres befugt, denn sie haben ein
berechtigtes Interesse an der Überprüfung ihrer Beschwerdebefugnis durch das
Bundesgericht.

2.
Die Beschwerdeführenden machen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie eine willkürliche Anwendung des kantonalen
Verfahrensrechts geltend. In der Sache handelt es sich um ein und denselben
Beschwerdegrund, nämlich die Rüge, ihnen sei unzulässigerweise die Teilnahme am
kantonalen Verfahren um Erteilung der Bewilligungen zur Führung einer
Privatapotheke verweigert worden. Diesen Einwand prüft das Bundesgericht mit
freier Kognition: Gemäss Art. 111 Abs. 1 und 3 BGG dürfen die Kantone die
Legitimationsvoraussetzungen nicht enger umschreiben als Art. 89 BGG. Die
Formulierung von § 21 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons
Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH), wonach derjenige zum Rekurs berechtigt ist,
der durch eine Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat, stimmt mit derjenigen von Art. 89 Abs. 1 lit. b
und c BGG überein. Wenn die Vorinstanz somit die Befugnis der
Beschwerdeführenden zur Teilnahme am Verfahren in Anwendung des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich zu Unrecht verneint hätte,
würde dies zugleich einen Verstoss gegen Bundesrecht darstellen. Falls die
Beschwerdeführenden mit andern Worten gestützt auf Art. 89 BGG legitimiert
wären, die vorliegend strittigen Bewilligungen für die Medikamentenabgabe mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht
anzufechten, dürfte die Befugnis zur Ergreifung der zur Verfügung stehenden
kantonalen Rechtsmittel nicht verneint werden (vgl. BGE 135 II 145 E. 5 S. 149
f.; Urteil 2C_587/2012 vom 24. Oktober 2012 E. 2.1; vgl. zum alten Recht das
Urteil 2A.59/2001 vom 14. Juni 2001 E. 2b).

3.
3.1 Die Beschwerdeführenden begründen ihre besondere Betroffenheit mit einer
Beeinträchtigung in ihrer Wettbewerbsstellung. Mit der Zulassung des
Medikamentenverkaufs durch die Ärzteschaft werde nicht nur der Markt für neue
Konkurrenten im Sinne einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung geöffnet, sondern
das bereits bestehende ärztliche Monopol zum Ausstellen von Rezepten um eine
Verkaufsberechtigung erweitert. Zugleich sehen die Beschwerdeführenden in § 25a
GesG/ZH aber auch eine Schutznorm zugunsten der Apotheker, da der
Medikamentenverkauf durch die Ärzteschaft beschränkt werde.

3.2 Bei der Prüfung der Legitimation der Beschwerdeführenden hat die Vorinstanz
zunächst festgehalten, das Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetz definiere den
Parteibegriff nicht. Es sei jedoch ausgehend von der Bestimmung der
Beschwerdebefugnis in § 21 und 49 VRG/ZH vom selben Parteibegriff auszugehen,
wie ihn Art. 6 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das
Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz; SR 172.021) für das
Verwaltungsverfahren des Bundes umschreibe. Demnach sei als Partei zum
Verfahren zuzulassen, wer vom Prozessausgang stärker als die Allgemeinheit
betroffen sei und in einer besonderen, nahen Beziehung zur Streitsache stehe.
Drittbetroffene müssten demnach durch die im Streit liegende behördliche
Anordnung persönlich einen unmittelbaren rechtlichen oder faktischen Nachteil
erleiden. Diese Ausführungen treffen zu und führen nicht zu einem engeren
Legitimationsbegriff als dies Art. 89 Abs. 1 BGG vorgibt. Dies wird von den
Beschwerdeführenden in der Sache auch nicht bestritten; insbesondere handelt es
sich bei der von ihnen hervorgehobenen Unterscheidung zwischen "spezifischer,
qualifizierter Beziehungsnähe" und "besonderer Beziehungsnähe" bloss um
semantische, nicht um inhaltliche Differenzen.

3.3 Nach einer langjährigen Rechtsprechung vermag die Konkurrentenstellung
allein noch keine Legitimation zur Beschwerdeführung gegen Bestimmungen zu
begründen, die Andere begünstigen. Vielmehr folgt diese Art des Berührtseins
aus dem Prinzip des freien Wettbewerbs und schafft deshalb noch keine besondere
schutzwürdige Beziehungsnähe (BGE 125 I 7 E. 3d S. 9; 109 Ib 198 E. 4d/e S. 202
f.; Urteil 2C_53/2009 vom 23. September 2011 E. 1.3). Anders verhält es sich
nach der Rechtsprechung, wenn Bestimmungen mit wirtschaftspolitischer
Zielsetzung in Frage stehen, die gerade das Konkurrenzverhältnis zwischen
verschiedenen Gewerbetreibenden regeln wollen. Diesfalls ist eine besondere
Beziehungsnähe und damit ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung
zu bejahen. Das Gleiche gilt, wenn gesetzliche Vorschriften Konkurrenten
ungleich behandeln oder in ungleicher Weise auf sie angewendet werden (BGE 127
II 264 E. 2c S. 269; 125 I 7 E. 3e S. 9 f. und E. 3g/cc S. 12; Urteile 2C_94/
2012 vom 3. Juli 2012 E. 2.3; 2C_53/2009 vom 23. September 2011 E. 1.3).

3.4 Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 2C_53/2009 vom 23. September 2011
verschiedene Apothekerinnen und Apotheker als legitimiert erachtet, in einem
Verfahren der abstrakten Normenkontrolle die hier im Anwendungsfall zur
Diskussion stehende Bestimmung von § 25a GesG/ZH überprüfen zu lassen. Es hat
dies damit begründet, die bisherige Norm (§ 17 aGesG/ZH) habe nur die Ärztinnen
und Ärzte ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur berechtigt, mit
Bewilligung der Direktion des Gesundheitswesens eine Privatapotheke zu führen;
es habe sich somit um eine Schutznorm zugunsten der Apotheken in den beiden
Städten gehandelt (Urteil 2C_53/2009 vom 23. September 2011 E. 1.3 am Ende).
Das Gericht hat aber an derselben Stelle auch festgehalten, mit der neuen
Regelung von § 25a GesG/ZH solle der bis dahin bestehende Schutz vor Konkurrenz
durch die Ärzteschaft dahinfallen.
Hat die Bestimmung von § 25a GesG/ZH (im Gegensatz zu § 17 aGesG/ZH) nicht mehr
den Zweck, die Apotheken vor Konkurrenz durch Selbstdispensation der hierzu
berechtigten Ärzte zu schützen, kommt ihr in dieser Hinsicht keine
wirtschaftspolitische Zielsetzung mehr zu. Es fehlt mithin an einer speziellen
Zulassungs- oder Kontingentierungsordnung, die spezifisch das
Konkurrenzverhältnis zwischen Apotheker- und Ärzteschaft mit Bezug auf die (zu
bewilligende) Selbstdispensation regelt und als solche die besondere,
legitimationsbegründende Beziehungsnähe schafft. Was bleibt, ist demnach einzig
die Betroffenheit der Apothekerinnen und Apotheker als Gewerbetreibende
aufgrund einer möglicherweise verstärkten Konkurrenz. Diese ist indes dem
Prinzip des freien Wettbewerbs eigen und vermag kein schutzwürdiges Interesse
an der Beschwerdeführung zu begründen (vgl. BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; 125 I
7 E. 3d S. 9 mit Hinweisen; vgl. Urteil 2C_854/2011 vom 10. Mai 2012 E. 3.2).

3.5 Die Rechtsprechung betreffend die Legitimation von Konkurrenten ist in der
Lehre kritisiert worden, worauf die Beschwerdeführenden hinweisen. Ihre
Vorbringen geben jedoch keinen Anlass dazu, an dieser Stelle vertieft auf die
Kritik einzugehen: Ihr Anliegen läuft darauf hinaus, in der Konstellation eines
verschiedenen Berufskategorien geöffneten Marktes jedem Konkurrenten zu
ermöglichen, gegen die Erteilung einer reinen Polizeibewilligung an einen
grundsätzlich zur Marktteilnahme berechtigten Gesuchsteller Beschwerde zu
erheben bzw. schon am entsprechenden Bewilligungsverfahren beteiligt zu werden.
Eine derartige Ausweitung der Legitimation wäre jedenfalls schon aus
Praktikabiliätsgründen nicht gerechtfertigt und ist abzulehnen. Das
Rechtsmittel ist somit in Übereinstimmung mit der Vorinstanz als verpönte
Konkurrentenbeschwerde zu qualifizieren.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdeführenden nicht in
schutzwürdigen Interessen betroffen und damit nicht befugt sind, die Erteilung
von Bewilligungen für die Medikamentenabgabe an Ärztinnen und Ärzte
anzufechten. Die Vorinstanz hat deshalb deren Gesuche zu Recht abgewiesen, die
darauf abgezielt haben, als Partei oder als Beigeladene am kantonalen Verfahren
teilnehmen zu dürfen (Eventualbegehren). Mangels Teilnahme am Verfahren waren
ihnen auch weder ein Recht auf Akteneinsicht einzuräumen noch die erteilten
Bewilligungen zuzustellen, weshalb sich das Subeventualbegehren als unbegründet
erweist. Bei diesem Verfahrensausgang erübrigt sich ebenso eine Rückweisung an
die Vorinstanz (Sub-Subeventualbegehren).

5.
5.1 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet und somit abzuweisen.

5.2 Bei diesem Verfahrensausgang tragen die Beschwerdeführenden die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 1
und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind keine zu sprechen (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführenden unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Januar 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Hänni