Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.53/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_53/2012

Urteil vom 25. Januar 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin X.________,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.

Gegenstand
Ausländerrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 12. Dezember 2011.

Erwägungen:

1.
1.1 Y.________ (geb. 1962) ist amerikanischer und pakistanischer Doppelbürger.
Er reiste im Juni 2000 in die Schweiz ein, wo er am 20. Juni 2005 eine
Niederlassungsbewilligung erhielt. Am 16. Oktober 2007 heiratete er die
ukrainische Staatsangehörige A.________ (geb. 1980). Am 25. Februar 2008 kam
der gemeinsame Sohn B.________ zur Welt. Im April 2009 trennten sich die
Eheleute Y.________ und A.________. Im Zusammenhang mit heftigen ehelichen
Auseinandersetzungen wurde Y.________ wiederholt wegen häuslicher Gewalt
angehalten; in diesem Zusammenhang soll er auch Richter und Beamte bedroht
haben.

1.2 Am 4. März 2010 widerrief das Amt für Migration des Kantons Luzern die
Niederlassungsbewilligung von Y.________ und wies ihn weg. Die Verfügung
erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Das Bundesamt für Migration erliess
gleichentags eine zehnjährige Einreisesperre, welche das
Bundesverwaltungsgericht am 25. Februar 2011 auf drei Jahre, d.h. bis zum 4.
März 2013, beschränkte. Y.________ verliess am 5. März 2010 die Schweiz. Seine
Einreisesperre wurde in der Folge wiederholt suspendiert, damit er das
(begleitete) Besuchsrecht zu seinem Sohn wahrnehmen und die Kontakte zu seiner
Anwältin und neuen Lebenspartnerin X.________ pflegen konnte.

1.3 Am 14. April 2010 ersuchte X.________ darum, Y.________ den Familiennachzug
"zwecks Zusammenlebens im Konkubinat und späterer Eheschliessung" zu gestatten.
Ferner ersuchte sie um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für ihn zur
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit; eventuell sei ihm vorzeitig und
wiedererwägungsweise die Niederlassungsbewilligung zu erteilen. Am 10.
September 2010 beantragte X.________, ihrem Partner eine Aufenthaltsbewilligung
aus medizinischen Gründen zu erteilen. Das Amt für Migration wies die Gesuche
am 5. Oktober 2010 ab, was das Justiz- und Sicherheitsdepartement und das
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern auf Beschwerde hin am 10. Januar bzw. 12.
Dezember 2011 bestätigten.

1.4 X.________ und Y.________ beantragen vor Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern aufzuheben; es sei festzustellen, "dass
der Widerruf der C-Bewilligung ein Fehlurteil" gewesen sei, und es sei das Amt
für Migration des Kantons Luzern anzuweisen, Y.________ "die
Niederlassungsbewilligung" zu "restituieren"; gegebenenfalls sei ihm eine
solche unter erleichterten Voraussetzungen (Art. 30 Abs. 1 lit. k AuG [SR
142.20]) zu gewähren oder ihm gestützt auf Art. 8 EMRK eine
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

2.
Die vorliegende Eingabe erweist sich als offensichtlich unzulässig und kann
ohne Weiterungen durch den Präsidenten als Einzelrichter im vereinfachten
Verfahren nach Art. 108 BGG erledigt werden:

2.1 Die Rechtsschriften an das Bundesgericht haben die Begehren und deren
Begründung zu enthalten, wobei in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Die Begründung
muss sachbezogen sein, d.h. den Gegenstand des angefochtenen Entscheids
betreffen, und in gezielter Form auf die für dessen Ergebnis massgeblichen
Erwägungen der Vorinstanz eingehen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3). Zwar
prüft das Bundesgericht die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit
freier Kognition (BGE 133 II 249 E. 1.1); dies befreit die Beschwerdeführer
indessen nicht davon, kurz darzulegen, dass und inwiefern die
Eintretensvoraussetzungen gegeben sind. Soweit diese nicht offensichtlich
erscheinen, ist es - insbesondere im Bereich des Ausländerrechts und der
Ausschlussgründe von Art. 83 BGG - nicht Aufgabe des Gerichts, anhand der Akten
oder weiterer noch beizuziehender Unterlagen nach allfälligen
Anspruchssituationen zu suchen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; Urteile 2C_1012/2011
vom 19. Dezember 2011 E. 2.1 und 2C_174/2011 vom 8. November 2011 E. 2.2.2
sowie BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356). Eine solche muss von den
Betroffenen in vertretbarer Weise dargetan werden, andernfalls das
Bundesgericht im Rahmen von Art. 83 BGG auf die Beschwerde nicht eintritt.
Soweit die Beschwerdeführer lediglich ihre bereits vor dem Verwaltungsgericht
vorgebrachten Ausführungen wiederholen, ohne gleichzeitig darzulegen, inwiefern
dessen Erwägungen dazu Bundesrecht verletzen würden, ist ihre Eingabe
ungenügend begründet. Soweit sie sich auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV berufen,
erscheint aufgrund ihrer Darlegungen ein Bewilligungsanspruch nicht hinreichend
konkretisiert.
2.2
2.2.1 Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche
Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht
einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG), sowie gegen Entscheide
bezüglich Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 83 lit. c Ziff.
5 BGG). Die Eingabe der Beschwerdeführer ist damit offensichtlich unzulässig,
soweit sie geltend machen, die Vorinstanz habe zu Unrecht die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung im Rahmen ihres behördlichen Ermessens (Art. 96 AuG)
abgelehnt. Verfügungen im Zusammenhang mit den in Art. 30 AuG vorgesehenen
möglichen Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen (allgemeiner
ausländerrechtlicher Härtefall [Art.30 Abs. 1 lit. b AuG] und Wiederzulassung
[Art. 30 Abs. 1 lit. k AuG]), auf die sich die Beschwerdeführer ausdrücklich
oder sinngemäss berufen, erfolgen in diesem Rahmen und beruhen ebenso wenig auf
einem Rechtsanspruch wie eine allfällige Zulassung zur medizinischen Behandlung
(Art. 29 AuG); zudem besteht heute bezüglich der Zulassungsvoraussetzungen in
Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG ein gegenüber der früheren Praxis weitergehender
Ausschlussgrund (vgl. zum Ganzen: THOMAS HÄBERLI, in: Niggli/Uebersax/
Wiprächtiger, BSK BGG, 2. Aufl. 2011, N. 111 zu Art. 83 BGG).
2.2.2 Soweit die Beschwerdeführer darauf hinweisen, dass gegen den Widerruf von
Niederlassungsbewilligungen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten praxisgemäss gegeben sei, verkennen sie, dass es hier gerade
nicht (mehr) um einen solche geht: Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung
des Beschwerdeführers ist nicht angefochten worden und damit in Rechtskraft
erwachsen. Die entsprechende Frage kann im vorliegenden Verfahren nicht wieder
aufgeworfen werden. Zwar halten die Beschwerdeführer den damaligen Entscheid
für ein "Fehlurteil"; es wäre indessen am Betroffenen gewesen, die Verfügung
rechtzeitig anzufechten und damit deren richterliche Überprüfung zu erwirken.
Revisions- oder Wiedererwägungsgründe (vgl. hierzu BGE 136 II 177 E. 2.1) sind
weder ersichtlich noch rechtsgenügend dargetan. Die Beschwerdeführer zeigen
auch nicht hinreichend begründet auf, weshalb der Widerruf als nichtig (vgl.
hierzu BGE 2C_463/2010 vom 1. Juli 2011 E. 3.1) zu gelten hätte. Ihre
Ausführungen beschränken sich in diesem Zusammenhang darauf, zu wiederholen,
dass der damalige Entscheid falsch bzw. unverhältnismässig gewesen sei, was
nicht genügt, um die Rechtskraft der Verfügung vom 4. März 2010 infrage zu
stellen.
2.2.3 Die Beschwerdeführer können sich für ihren Bewilligungsanspruch zumindest
zurzeit auch nicht auf Art. 8 EMRK berufen: Nach der Rechtsprechung ergibt sich
bei einer Konkubinatsbeziehung aus dieser Bestimmung nur dann ein
Bewilligungsanspruch, wenn eine lang dauernde und gefestigte Partnerschaft
vorliegt und die Heirat unmittelbar bevorsteht (so etwa die Urteile 2C_846/2010
vom 22. November 2010 E. 2.1.2 und 2C_97/2010 vom 4. November 2010 E. 3 mit
zahlreichen Hinweisen). Dies ist hier nicht der Fall: Die Beschwerdeführer
kennen sich seit rund zwei Jahren und können ihre Beziehung vorübergehend dank
Suspendierungen der Einreisesperre besuchsweise leben. Die Beschwerdeführerin
beantragt, ihrem Partner für das vorliegende Verfahren die unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren; da sie sich an seinen möglichen
Kosten somit nicht beteiligen will, erscheint zweifelhaft, ob tatsächlich - wie
behauptet - bereits ein gefestigtes eheähnliches Konkubinat vorliegt. Die
Beschwerdeführer gestehen schliesslich ausdrücklich zu, "dass Herr Y.________
noch verheiratet ist und demnach eine Eheschliessung in absehbarer Zeit nicht
möglich" erscheint. Aufgrund seines früheren Verhaltens und seiner
Verurteilungen (rechtskräftige Strafverfügungen vom 14. Dezember 2009 und 5.
März 2010) wegen mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher Drohung, geringfügigen
Diebstahls, Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen
Hausfriedensbruchs, Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung,
Freiheitsberaubung sowie wegen mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und
Beamte besteht gegen Y.________ zudem eine rechtskräftige Einreisesperre bis
zum 4. März 2013. Die Beschwerdeführer unterstreichen, dass gemäss Gutachter,
bloss eine Rückfallgefahr gegenüber der Noch-Ehefrau bestehe und "bei erfolgter
Scheidung" eine solche dahinfalle; die entsprechende Ehe wurde indessen bisher
aber eben noch nicht geschieden. Sollten sich die Beschwerdeführer danach
tatsächlich verheiraten, wird sich die Frage der Bewilligungserteilung im
Rahmen von Art. 42 in Verbindung mit Art. 51 AuG und damit in einer
Anspruchssituation stellen und in diesem Zusammenhang neu zu prüfen sein.

2.3 Nachdem die Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf die beantragte
Bewilligung haben, fehlt es ihnen auch an einem rechtlich geschützten
Interesse, um im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff.
BGG) an das Bundesgericht gelangen zu können (vgl. das Urteil 2C_896/2010 vom
9. August 2011 E. 2.2). Zwar kann mit diesem Rechtsmittel unabhängig von einem
Bewilligungsanspruch eine Verletzung von Parteirechten gerügt werden, deren
Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (sog. "Star"-Praxis:
BGE 137 II 305 E. 2 mit Hinweisen); die Beschwerdeführer erheben indessen keine
entsprechenden Rügen.

3.
Da die vorliegende Eingabe als aussichtslos zu gelten hatte, ist das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung von Y.________ abzuweisen (vgl.
Art. 64 BGG). Die Beschwerdeführer haben die Verfahrenskosten unter
solidarischer Haftbarkeit zu tragen (Art. 66 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgewiesen.

2.2 Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Januar 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar