Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.506/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_506/2012

Urteil vom 12. Juni 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

1. Verfahrensbeteiligte
X.________,
2. Y.________,
vertreten durch X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090
Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 24. April 2012.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1972) stammt aus Serbien. Am 30. Oktober 2005 heiratete er
eine im Kanton Zürich niederlassungsberechtigte Landsfrau, worauf ihm eine
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin erteilt wurde.

1.2 Am 22. November 2010 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich ein Gesuch
von X.________ vom 19. Oktober 2009 ab, seine beiden Kinder aus erster Ehe,
Z.________ (geb. 1992) und Y.________ (geb. 1994), in die Schweiz nachziehen zu
können.

1.3 Nachdem ihm am 8. März 2011 die Niederlassungsbewilligung erteilt worden
war, erneuerte er am 23. Juni 2011 erfolglos sein Gesuch für den Sohn
Y.________. Gegen den entsprechenden Entscheid des Migrationsamts gelangte er
erfolglos an die Sicherheitsdirektion (Entscheid vom 24. Januar 2012) und an
das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses ging davon aus, dass das
Nachzugsgesuch zu spät eingereicht worden sei und keine wichtigen Gründe für
einen nachträglichen Familiennachzug bestünden.

1.4 X.________ und Y.________ beantragen vor Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 24. April 2012 aufzuheben und den Kanton anzuweisen,
den Familiennachzug zu bewilligen und hierfür eine Aufenthalts- oder
Niederlassungsbewilligung zu erteilen.

2.
Die Eingabe erweist sich - soweit die Beschwerdeführer sich darin sachbezogen
mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinandersetzen und nicht lediglich ohne
Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid ihren Standpunkt wiederholen oder
appellatorisch die Feststellung des Sachverhalts kritisieren (vgl. Art. 42 und
Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1-2.3) - als offensichtlich
unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109
BGG erledigt werden:
2.1
2.1.1 Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit
Niederlassungsbewilligung haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 43 Abs. 1 des
Ausländergesetzes [AuG; SR 142.20]). Der Anspruch ist bei Kindern über 12
Jahren innerhalb von zwölf Monaten nach der Einreise oder der Entstehung des
Familienverhältnisses geltend zu machen (Art. 47 Abs. 1 AuG). Bestand das
Verhältnis - wie hier - bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, hat die
entsprechende Frist am 1. Januar 2008 zu laufen begonnen (vgl. Art. 126 Abs. 3
AuG). Nur ausländische Personen, die ohne Anspruch fristgerecht, aber erfolglos
ein erstes Nachzugsgesuch gestellt haben, können in einer späteren
Anspruchssituation - erneut fristgerecht - um einen Nachzug ersuchen (vgl. BGE
137 II 393 ff.).
2.1.2 Wurde das Gesuch nicht innert Frist eingereicht, wird ein in diesem Sinn
"nachträglicher" Familiennachzug bewilligt, wenn "wichtige familiäre Gründe"
vorliegen, wobei Kinder über 14 Jahre anzuhören sind, "sofern dies
erforderlich" erscheint (Art. 47 Abs. 4 AuG). Wichtige familiäre Gründe liegen
unter anderem dann vor, wenn das Kindeswohl schwergewichtig nur durch einen
Nachzug in die Schweiz sachgerecht gewahrt werden kann (vgl. Art. 75 VZAE [SR
142.201]). Dabei ist nach der Rechtsprechung aber nicht ausschliesslich auf das
Kindeswohl abzustellen; es bedarf vielmehr einer Gesamtschau unter
Berücksichtigung aller relevanten Elemente im Einzelfall. Hierbei ist dem Sinn
und Zweck der Fristenregelung Rechnung zu tragen, welche die Integration der
Kinder erleichtern will, indem diese durch einen frühzeitigen Nachzug unter
anderem auch eine möglichst umfassende Schulbildung in der Schweiz geniessen
sollen. Zudem geht es darum, Nachzugsgesuchen entgegenzuwirken, die
rechtsmissbräuchlich erst kurz vor Erreichen des erwerbstätigen Alters gestellt
werden, sodass die erleichterte Zulassung zur Erwerbstätigkeit und nicht (mehr)
die Bildung einer echten Familiengemeinschaft im Vordergrund steht (BBl 2002
3709 Ziff. 1.3.7.7 S. 3754 f.). Die Bewilligung des Nachzugs nach Ablauf der
Fristen hat nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme zu bilden; dabei ist
Art. 47 Abs. 4 Satz 1 AuG jeweils dennoch so zu handhaben, dass der Anspruch
auf Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV nicht verletzt
wird (Urteile 2C_765/2011 vom 28. November 2011 E. 2.1; 2C_205/ 2011 vom 10.
Oktober 2011 E. 4.2; 2C_709/2010 vom 25. Februar 2011 E. 5.1.1).
2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer 1 hat ohne Bewilligungsanspruch am 19. Oktober 2009
ein erstes Mal um den Nachzug seiner Kinder aus erster Ehe nachgesucht. Beim
Inkrafttreten des Gesetzes war der Beschwerdeführer 2 bereits über 12 und im
Zeitpunkt des konkreten zweiten Gesuchs über 14 Jahre alt, womit für ihn die
einjährige Nachzugsfrist galt, welche am 1. Januar 2008 zu laufen begann. Das
erste Nachzugsgesuch (ohne Bewilligungsanspruch) wurde somit nicht fristgerecht
eingereicht, weshalb die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, dass nach
der Erteilung der Niederlassungsbewilligung keine weitere Möglichkeit bestand,
den Beschwerdeführer 2 fristgerecht nachzuziehen.
2.2.2 Zu Recht hat sich auch das Vorliegen der Voraussetzungen für einen nicht
fristgerechten, nachträglichen Familiennachzug verneint: Der Beschwerdeführer 2
ist am 11. Juni 2011 mit seiner Mutter in die Schweiz gereist, wobei für den
26. Juni 2011 ein Rückflug nach Skopje gebucht war, woraus die Vorinstanz
darauf schliessen durfte, dass nach wie vor eine funktionierende
Mutter-Sohn-Beziehung besteht. Zwar wohnt die Mutter nicht mehr im selben Haus
wie die Kinder, doch immer noch im selben Dorf. Mit der Vorinstanz kann davon
ausgegangen werden, dass sie ihn ohne Weiteres sachgerecht betreuen kann, zumal
die inzwischen volljährige Schwester des Beschwerdeführers 2 ebenfalls in der
Heimat verbleibt; dies gilt auch, wenn die Grosseltern an gewissen
Altersgebrechen leiden sollten, was die Beschwerdeführer - entgegen ihrer
Mitwirkungspflicht (BGE 124 II 361 E. 2b) - nicht weiter dargetan haben. Der
Beschwerdeführer 1 hat die Trennung von seinem Sohn mit der Einreise in die
Schweiz ursprünglich selbst freiwillig herbeigeführt; es steht ihm frei, die
Beziehung zu diesem wie bisher besuchsweise und per Telefon zu pflegen (vgl.
BGE 124 II 366 E. 3a). Dass der Sohn wünscht, in die Schweiz zu kommen, hat
sein Vater wiederholt dargelegt; eine persönliche Anhörung war deshalb -
entgegen den Vorbringen in der Beschwerdeschrift - weder gestützt auf Art. 47
Abs. 4 AuG noch in Anwendung der UNO-Kinderrechtskonvention (Art. 12 Abs. 2; SR
0.107) erforderlich (vgl. BGE 124 II 361 E. 3c S. 368, Urteile 2C_711/2011 vom
27. März 2012 E. 5.3; 2C_746/2009 vom 16. Juni 2010 E. 4). Das
Verwaltungsgericht musste auch nicht - wie die Beschwerdeführer kritisieren -
gestützt auf Art. 6 EMRK die Streitsache öffentlich verhandeln:
Aufenthaltsrechtliche Entscheide bilden keine zivil- oder strafrechtlichen
Streitigkeiten im Sinne von Art. 6 EMRK, auch wenn sie im Zusammenhang mit
einer Erwerbstätigkeit oder einer strafrechtlichen Verurteilung stehen (vgl.
BGE 137 I 128 E. 4.4.2; EGMR-Urteile Üner gegen Niederlande vom 18. Oktober
2006 [Nr. 46410/99] § 56; Mamatkoulov und Askarov gegen Türkei vom 4. Februar
2005 [Nr. 46827/99] § 82 f.). Soweit die Beschwerdeführer schliesslich geltend
machen, die Vorinstanzen hätten ermessensweise die Bewilligung erteilen müssen,
verkennen sie, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gegen Bewilligungsentscheide ausgeschlossen ist, auf deren Erteilung kein
Rechtsanspruch besteht (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG) und sie diesbezüglich
die Legitimationsvoraussetzungen für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht
erfüllen (vgl. Art. 115 lit. b BGG; vgl. BGE 137 II 305 E. 2 S. 308).

3.
3.1 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
angefochtene Entscheid verletzt weder nationales noch internationales Recht
(vgl. Art. 8 Ziff. 2 EMRK). Für alles Weitere wird ergänzend auf die
Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem
vorliegenden Urteil in der Sache selber werden die verschiedenen
Verfahrensanträge (Erlass des Kostenvorschusses, Gesuch um einen zweiten
Schriftenwechsel und öffentliche Beratung) gegenstandslos.

3.2 Dem Verfahrensausgang entsprechend haben die unterliegenden
Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (vgl. Art. 66 Abs. 1
BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 12. Juni 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar