Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.423/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_423/2012

Urteil vom 9. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lukas Pfisterer, und
Rechtsanwalt Lukas Bühlmann,

gegen

Oberzolldirektion, Hauptabteilung Recht und Abgaben, Monbijoustrasse 40, 3003
Bern.

Gegenstand
Rechtsverweigerungsbeschwerde,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 20.
März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG mit Sitz in A.________/ZH bezweckt statutengemäss das
Reinigen, Rekonditionieren, Lackieren, Beschriften, Entsorgen und
Transportieren von Gebinden aller Art. Zur Wiederverwertung verbringt sie
verschmutzte Fässer, die sich hier nicht reinigen lassen, nach Deutschland.
Dort werden sie durch eine spezialisierte Unternehmung entweder entsorgt oder
"rekonditioniert", d.h. zur Weiternutzung aufbereitet, ehe sie wieder zur
X.________ AG gelangen.

B.
Aufgrund eines Begehrens des deutschen Hauptzollamts in Münster überprüfte die
Eidgenössische Zollverwaltung ab Dezember 2010 amtshilfeweise 134
Ursprungsnachweise auf ihre Richtigkeit hin. Die X.________ AG hatte zum
Verbringen der Fässer nach Deutschland jeweils Pro-forma-Rechnungen erstellt,
auf welchen sie die für Zollzwecke erforderliche Lieferantenerklärung
("Rechnungserklärung") angebracht hatte. Mit Verfügung vom 21. Februar 2011
stellte die Zollkreisdirektion Schaffhausen fest, in 133 von 134 Fällen seien
die Ursprungsnachweise ungültig. Der X.________ AG sei es nicht gelungen, den
Schweizer Ursprung der gebrauchten Fässer nachzuweisen. Die Behälter müssten
als Waren unbestimmten Ursprungs gelten.

C.
Die X.________ AG erhob dagegen am 23. März 2011 bei der Oberzolldirektion
"vorsorglich" Beschwerde. Sie machte geltend, bei den Fässern handle es sich um
Altwaren im Sinne des Protokolls Nr. 3 zum Freihandelsabkommen Schweiz-EWG. Als
solche seien sie ohne weiteren Nachweis als Schweizer Ursprungswaren zu
behandeln, sofern sie in der Schweiz oder in der EU bezogen worden seien. Die
Fässer seien zudem unter der Tarifnummer 7310.1000 einzureihen. Weiter
beantragte die X.________ AG, das Beschwerdeverfahren sei zu sistieren, bis die
Antwort auf das gleichentags bei der Oberzolldirektion eingereichte Gesuch um
verbindliche Ursprungsauskunft vorliege. Dies erlaube es ihr, anschliessend zu
entscheiden, ob an der (vorsorglichen) Beschwerde festzuhalten sei.

D.
Die Oberzolldirektion sistierte das Beschwerdeverfahren antragsgemäss und
beantwortete das Auskunftsersuchen vom 23. März 2011 mit schriftlicher Auskunft
vom 13. April 2011. Darin führte sie aus, der Exporteur der Fässer sei bei
deren Ausfuhr nach Deutschland berechtigt, einen Ursprungsnachweis
auszustellen, soweit ihm ein Vorursprungsnachweis vorliege, d.h. eine
Lieferantenerklärung seines Schweizer Lieferanten. Könne keine solche Erklärung
beigebracht werden oder handle es sich um Fässer mit Ursprung in einem
Drittstaat, sei das Ausstellen eines Ursprungsnachweises unzulässig. Im
konkreten Fall habe der Vorgang zollrechtlich als Wiederaufbereitung der
bestehenden Fässer zu gelten, sodass sie nicht unter die Waren im Sinne von
Art. 5 Abs. 1 lit. h des Protokolls Nr. 3 zum Freihandelsabkommen Schweiz-EWG
fielen.
Mit Schreiben vom 20. April 2011 und vom 25. Mai 2011 ersuchte die X.________
AG die Oberzolldirektion um Erlass einer (Auskunfts-)Verfügung, in welcher der
Ursprung der betroffenen Waren entsprechend der Auskunft vom 13. April 2011
verbindlich festgehalten werde. Hierzu wies sie auf die drohende Nachbelastung
erheblicher Zollabgaben hin. Die Oberzolldirektion erklärte in ihrer Antwort
vom 27. Mai 2011, gemäss der konstanten Rechtsprechung der Zollrekurskommission
und der ständigen Praxis der Zollverwaltung würden "Tarifauskünfte nicht als
beschwerdefähige Verfügungen [gelten]".

E.
Am 30. Mai 2011 erhob die X.________ AG beim Bundesverwaltungsgericht ein als
Rechtsverweigerungsbeschwerde bezeichnetes Rechtsmittel. Zusammenfassend
beantragte sie die Feststellung, dass (1.) Ursprungsauskünfte
Verfügungscharakter hätten und deshalb in Form einer rechtsmittelfähigen
Verfügung zu erlassen seien, und (2.) im konkreten Fall die Fässer Schweizer
Ursprungswaren im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. h des Protokolls Nr. 3 zum
Freihandelsabkommen Schweiz-EWG darstellten. Die Oberzolldirektion stellte in
der Vernehmlassung vom 11. August 2011 den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen, worauf die X.________ AG mit
Replik vom 4. Oktober 2011 den erstgestellten Antrag modifizierte. Danach war
nunmehr festzustellen, dass die Weigerung der Oberzolldirektion, über das
Auskunftsersuchen eine Verfügung zu erlassen, eine formelle Rechtsverweigerung
darstelle. Die Oberzolldirektion duplizierte am 26. Oktober 2011.
Das Bundesverwaltungsgericht trat mit Urteil vom 20. März 2012 auf die
Beschwerde nicht ein. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass die
X.________ AG mit ihrer Rechtsverweigerungsbeschwerde den Erlass einer
Verfügung verlange, obwohl die "Zollkreisdirektion Schaffhausen in der gleichen
Sache bereits am 21. Februar 2011 eine solche erlassen hatte". Zudem könne die
beantragte Feststellung des Schweizer Ursprungs ohnehin nicht Streitgegenstand
einer Rechtsverweigerungsbeschwerde bilden.

F.
Hiergegen erhebt die X.________ AG (hiernach: die Zollpflichtige) mit Eingabe
vom 10. Mai 2012 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die
Sache sei zum Erlass einer Auskunftsverfügung über den Ursprung der Waren an
die Vorinstanz bzw. an die Oberzolldirektion zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung, während die
Zollverwaltung in ihrer detaillierten Stellungnahme die Abweisung der
Beschwerde beantragt, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit des
Rechtsmittels von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (
BGE 138 III 471 E. 1 S. 475; 137 III 417 E. 1).

1.2 Der angefochtene (End-)Entscheid bildet grundsätzlich ein zulässiges
Anfechtungsobjekt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. a, 90 BGG i.V.m. Art. 116 Abs. 4 des
Zollgesetzes vom 18. März 2005 [ZG; SR 631.0]). Zu prüfen ist vorab, ob die
Vorinstanz in der Tat ein Prozessurteil erlassen hat, wie dies das Dispositiv
des angefochtenen Urteils zum Ausdruck bringt. Im bundesgerichtlichen Verfahren
hat dies Auswirkungen auf die Eintretensfrage (Urteile 2C_232/2012 vom 23. Juli
2012 E. 1.5; 4A_330/2008 vom 27. Januar 2010 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 136
III 102; zum Ganzen BGE 135 II 38 E. 1.2 S. 41). Die Vorinstanz ist nach dem
Wortlaut ihres Entscheiddispositivs auf die Rechtsverweigerungsbeschwerde nicht
eingetreten. Zur Hauptsache begründete sie dies mit dem fehlenden
Rechtsschutzinteresse zur Rechtsverweigerungsbeschwerde, liege doch eine
Verfügung zu den vorgelegten Ursprungsnachweisen vor.
Nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, die auch im Bereich von Verfügungen
und Urteilen Anwendung finden, muss das Dispositiv eines Urteils nicht nur nach
seinem allenfalls missverständlichen Wortlaut, sondern nach seinem wahren Sinn
ausgelegt werden. Zu fragen ist, wie es die Verfahrensbeteiligten nach den
gesamten Umständen in guten Treuen verstehen durften und mussten (so schon
Urteil 1P.50/1993 vom 22. März 1993 E. 5a, unter Hinweis auf BGE 116 Ia 56 E.
3b S. 58; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, 1986, S. 129; PIERRE TSCHANNEN/ULRICH
ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 2009, § 29 N.
16). Zum besseren Verständnis des Dispositivs sind die Erwägungen des Urteils
heranzuziehen, wenngleich später nur das Urteilsdispositiv in Rechtskraft
erwachsen kann und vollstreckbar ist (zum Ganzen Urteil 2C_762/2010 vom 2.
Februar 2011 E. 3; BGE 136 III 345 E. 2.1 S. 348; 128 III 191 E. 4a S. 195; 125
III 8 E. 3b S. 13). Im Grunde prüft die Vorinstanz, ob ein hinreichendes
Interesse am Erlass einer (weiteren) Verfügung bestehe. Unter diesem
Blickwinkel wäre materiell auf die Rechtsverweigerungsbeschwerde vom 30. Mai
2011 einzutreten und sie alsdann abzuweisen gewesen.

1.3 Damit sind die Voraussetzungen zum Eintreten auf die Beschwerde gegen den
abweisenden Sachentscheid zu prüfen. Von Bedeutung ist hier namentlich Art. 83
lit. l BGG. Danach ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
in Zollsachen (nur) unzulässig gegen Entscheide über die Zollveranlagung, wenn
diese aufgrund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt, während sie
im Übrigen durchwegs gegeben ist (Urteil 2C_1049/2011 vom 18. Juli 2012 E.
1.1). Hier geht es nicht um die Zolltarifierung. Auf die Beschwerde ist
einzutreten.

1.4 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen. Trotz Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), an sich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 135 II 384 E. 2.2.1
S. 389; 134 III 102 E. 1.1 S. 104; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.5 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellungen
können nur berichtigt werden, sofern sie offensichtlich unrichtig sind oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Dies ist dann der Fall, wenn der Sachverhalt willkürlich ermittelt worden (Art.
9 BV) oder dessen Feststellung unter Verletzung verfassungsmässiger Rechte und
Grundsätze zustande gekommen ist (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153). Zudem muss
aufgezeigt werden, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Steht fest, dass das vorinstanzliche Urteil einen Sachentscheid darstellt, ist
vorab in grundsätzlicher Hinsicht zu untersuchen, ob aus der Zollgesetzgebung
ein Rechtsanspruch auf Erlass einer Auskunftsverfügung hervorgeht (unten E. 3).
Steht dies fest, stellt sich im vorliegenden Einzelfall die Frage nach einem
Anspruch auf Erlass einer Auskunftsverfügung (E. 4 hiernach).

3.
3.1 Auskünfte der Eidgenössischen Zollverwaltung im Sinne von Art. 20 ZG dienen
der Aufklärung über die Einreihung einer Ware im Zolltarif (Zolltarifauskünfte)
bzw. der Beurteilung des präferenziellen Ursprungs von Waren
(Ursprungsauskünfte). Mit beiden Instituten soll Rechtssicherheit erzielt
werden (vgl. REMO ARPAGAUS, Zollrecht, 2. Aufl., 2007, S. 333 f. N. 589 und
593). Aufgrund von Art. 20 Abs. 1 ZG erteilt die Zollverwaltung auf
schriftliche Anfrage hin schriftliche Auskunft. Die Verbindlichkeit einer
derartigen Auskunft hängt damit in erster Linie von der Form ihrer Erteilung
ab: Rechtsverbindlichkeit kommt unter Vorbehalt von Art. 20 Abs. 3 bis 5 ZG
einzig schriftlich erteilten Auskünften zu, während mündliche Tarif- und
Ursprungsauskünfte unverbindlich bleiben (Botschaft vom 15. Dezember 2003 über
ein neues Zollgesetz, BBl 2004 567, insb. S. 603). Verbindliche Auskünfte
begründen ein Dauerrechtsverhältnis zwischen auskunftsersuchender Person und
auskunfterteilender Zollverwaltung. In zeitlicher Hinsicht (Art. 20 Abs. 2 ZG)
erstreckt sich das Rechtsverhältnis über den Zeitraum von sechs
(Zolltarifauskunft) bzw. drei Jahren (Ursprungsauskunft). In sachlicher
Hinsicht soll die Auskunft auf eine unbestimmte Zahl gleichartiger Fälle der
auskunftsersuchenden Person Anwendung finden (MARTIN KOCHER, in: Kocher/
Clavadetscher [Hrsg.], Zollgesetz, 2009, N. 9 zu Art. 20 ZG).

3.2 Zwischen der einzelfallbezogenen Veranlagungsverfügung (Art. 38 ZG) und der
für einen bestimmten Zeitraum und eine unbestimmte Anzahl gleich gelagerter
Sachverhalte erteilten Auskunft (Art. 20 ZG) bestehen wesentliche
konzeptionelle Unterschiede (KOCHER, a.a.O., N. 5 zu Art. 20 ZG). Hat die
zollrechtliche Veranlagungsverfügung eine konkrete, augenblickliche
Fallkonstellation im Auge, lassen sich aus ihr keine rechtsverbindlichen
Schlüsse auf künftige Veranlagungen ziehen, selbst wenn es dannzumal um Waren
der nämlichen Gattung ginge. Jede spätere Zollanmeldung wird von der
Zollverwaltung aufs Neue geprüft, ohne dass sich die zollanmeldende Person mit
Recht auf frühere Veranlagungen berufen könnte. Die fehlende Erstreckung der
Rechtskraft im Zollrecht ist in ähnlicher Form im Steuerrecht anzutreffen. Dort
beschränken sich die Wirkungen definitiver Steuerveranlagungen, insbesondere
ihre Rechtskraftwirkungen, im Bereich der periodischen Steuern regelmässig auf
die Steuerperiode, für die sie ergangen sind (Urteile 2C_383/2012 vom 6.
September 2012 E. 3; 2C_383/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 3.3).

3.3 Dem Manko der fehlenden Reflexwirkung der rechtskräftigen
Veranlagungsverfügung kann mit dem Einholen einer Auskunft nach Art. 20 ZG
begegnet werden. Die verbindliche Zolltarif- oder Ursprungsauskunft ermöglicht
es den Wirtschaftsteilnehmern, auf gesicherter Basis zu planen und zu
kalkulieren. Spiegelbildlich ist die Verbindlichkeit auch für die
Zollverwaltung vorteilhaft, erübrigt sich doch auf diese Weise die wiederholte
Einreihung der Waren in die Zollnomenklatur (Botschaft ZG, S. 603).
Unangesprochen bleibt in Art. 20 ZG freilich die Frage, ob die Auskunft neben
der Schriftform auch als anfechtbare Verfügung ausgestaltet werden könne.
Trifft dies nicht zu, ist die zollpflichtige Person darauf angewiesen, in jedem
künftigen Einfuhr- bzw. gegebenenfalls Ausfuhrfall ein Rechtsmittel zu
ergreifen, um die Wirksamkeit der zuvor erteilten, missliebigen Auskunft zu
beseitigen. Wird die Rechtsfrage der Einreihung oder des Ursprungs einer
bestimmten Ware vorab und derart geklärt, dass darauf in den künftigen
Veranlagungsverfahren nicht mehr zurückzukommen ist, legt dies die
Verfügungsform nahe (Parallelität der Formen zwischen Auskunft und
Veranlagung). Rechtsverbindlichkeit setzt im Verwaltungsrecht des Bundes in
aller Regel den Bestand einer Verfügung im Sinne von Art. 5 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) voraus.

3.4 Im Steuerrecht, das mit dem Zollrecht vergleichbar ist, ist die
Möglichkeit, im Hinblick auf einen künftigen Sachverhalt vorsorglich die
amtliche Beurteilung einzuholen, verbreitet. Ein Anspruch auf Erlass einer
Feststellungsverfügung ergibt sich namentlich aus Art. 41 lit. b des
Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG; SR
642.21) und Art. 38 lit. b des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die
Stempelabgaben (StG; SR 641.10). An sich keinen Anspruch auf vorsorgliche
Feststellung verleiht hingegen das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die
direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11), insbesondere nicht hinsichtlich der
freien Vorsorge (Säule 3b; BGE 121 II 473) oder der seinerzeit möglichen
privilegierten Liquidation von Immobiliengesellschaften (Art. 207 DBG; BGE 126
II 514 E. 3 S. 517 ff.). Freilich bestehen auch im Bundessteuerrecht
Konstellationen, die zu einer Feststellungsverfügung Anlass geben können
(Urteile 2C_251/2012 vom 17. August 2012 [Art. 56 DBG]; 2A.609/1998 vom 28.
September 1999 E. 4a [Art. 108 DBG], in: ASA 70 S. 529, StE 2000 B 91.3 Nr. 2;
BGE 124 II 383 E. 3 S. 386 ff. [Säule 3a]).
Mit der Rechtslage im Bereich des Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben
durchwegs im Einklang steht Art. 82 Abs. 1 lit. f des Bundesgesetzes vom 12.
Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20). Darüber hinaus kennt das
Mehrwertsteuerrecht einen weniger formellen Auskunftsanspruch (Art. 69 MWSTG;
vgl. XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 4. Aufl., 2012, N. 358 S. 440). Er
ist - insoweit in Einklang mit Art. 20 ZG - auf eine schriftliche Auskunft der
Eidgenössischen Steuerverwaltung gerichtet. Zum Verhältnis zwischen Art. 69
(schriftliche Auskunft) und Abs. 82 Abs. 1 lit. f MWSTG (Auskunftsverfügung)
sprechen sich die Materialien nicht aus (Botschaft vom 25. Juni 2008 zur
Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 6885, insb. S. 6995). Auch hatte das
Bundesgericht sich dazu noch nicht zu äussern. In der Literatur zum neuen
Mehrwertsteuergesetz herrscht freilich die Meinung, dass im Anschluss an eine
Auskunft durchaus eine Verfügung verlangt werden könne (ALOIS CAMENZIND/NIKLAUS
HONAUER/KLAUS A. VALLENDER/MARCEL R. JUNG/SIMEON L. PROBST, Handbuch zum
Mehrwertsteuergesetz, 3. Aufl., 2012, N. 2189 und 2304; IVO P. BAUMGARTNER/
DIEGO CLAVADETSCHER/MARTIN KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz,
2010, § 10 N. 36 und 119; zum bisherigen Recht so schon PASCAL MOLLARD/XAVIER
OBERSON/ANNE TISSOT BENEDETTO, Traité TVA, 2009, N. 6.149 S. 840). Gemäss Art.
50 MWSTG folgt die Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen grundsätzlich der
Zollgesetzgebung. Ebenso wie das Zollgesetz regelt das Mehrwertsteuergesetz
nicht bloss die steuerliche Behandlung der Einfuhr von Gegenständen, sondern
auch jene der Ausfuhr (z.B. Art. 23 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG). Dem Normsinn von
Art. 20 ZG entsprechend, liegt es auf der Hand, auch im Zollrecht von einer
zweistufigen Auskunftspyramide (zunächst schriftliche, dann verfügungsmässige
Auskunft) auszugehen. Der Textsinn steht einer solchen Auslegung nicht
entgegen.

3.5 Die Rechtsverbindlichkeit einer behördlichen Anordnung setzt vor dem
Hintergrund eines rechtsstaatlichen Handelns die Möglichkeit voraus, sich
dagegen angemessen zur Wehr zu setzen. Dementsprechend gewährleistet die
verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) den Zugang zu wenigstens
einem Gericht, das Rechts- und Sachverhaltsfragen umfassend überprüfen kann
(Urteile 2C_273/2012 vom 29. Mai 2012 E. 2.3 und 2C_690/2010 vom 25. Januar
2011 E. 2.1 zu kantonalen Verfahren). Wohl verleiht Art. 29a BV kein
allgemeines Recht darauf, dass jedermann jedes staatliche Handeln auf seine
Rechtmässigkeit hin überprüfen lassen könnte (Urteile 2C_457/2011 vom 26.
Oktober 2011 E. 4.4; 2C_348/2011 vom 22. August 2011 E. 3.4; BGE 136 I 323 E.
4.3 S. 328 f.; ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit
constitutionnel suisse, Band II, 2. Aufl., 2006, S. 565 N. 1206; JEAN-FRANÇOIS
AUBERT/PASCAL MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la
Confédération suisse, 2003, N. 5 zu Art. 29a BV). Soweit jedoch eine
"Rechtsstreitigkeit" im Sinne von Art. 29a BV vorliegt, gebietet das
Verfassungsrecht den Erlass einer Verfügung, soweit der Rechtsschutz nicht auf
andere Weise möglich oder aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung ausgeschlossen
ist (Urteil 2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E. 4.3; BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 175
f.).
Der gesetzliche Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft stellt eine
individuelle schützenswerte Rechtsposition im Sinne von Art. 29a BV dar. Auch
hier geht es um die "contestations portant sur les droits et les obligations de
personnes (physiques ou morales)" (so BGE 137 II 409 E. 4.2 S. 411; zum Ganzen
BGE 136 I 323 E. 4.3 S. 328 f.; Urteil 2C_457/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 4.4;
RENÉ RHINOW/HEINRICH KOLLER/CHRISTINA KISS/DENISE BRÜHL-MOSER, Öffentliches
Prozessrecht, 2. Aufl., 2010, § 6 N. 427; JÖRG PAUL MÜLLER/MARKUS SCHEFER,
Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl., 2008, S. 912 f.; REGINA KIENER/WALTER
KÄLIN, Grundrechte, 2007, S. 434; GIOVANNI BIAGGINI, BV-Kommentar, 2007, N. 6
zu Art. 29a BV).

3.6 Mit der Neufassung des Zollgesetzes verfolgte der Bundesrat schliesslich
auch die Absicht, Struktur, Systematik und die zentralen Begriffe des
schweizerischen Zollrechts weitgehend mit jenem der Europäischen Union
abzustimmen (Botschaft ZG, S. 578 Ziff. 1.1.4.3 und S. 579 Ziff. 1.2.2; THOMAS
COTTIER/DAVID HERREN, Einleitung, N. 66 f., in: Kocher/Clavadetscher, a.a.O.).
Insbesondere ist auch Art. 20 ZG der Regelung im Recht der Europäischen Union
nachempfunden. Er übernimmt dessen Wortlaut fast wörtlich (Botschaft ZG, S. 581
Ziff. 1.2.4 drittes Lemma).
Schon das Zollrecht der EU in seiner ursprünglichen Ausgestaltung, hier Art. 12
der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom
12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK; ABl. L
302 vom 19. Oktober 1992, S. 1), sah eine detaillierte Regelung zu den
verbindlichen Zolltarif- bzw. Ursprungsauskünften vor. Im revidierten Recht
setzt Art. 12 die Möglichkeit verbindlicher Zolltarif- und Ursprungsauskünfte
fort (siehe die Verordnung [EG] Nr. 450/2008 des Europäischen Parlaments und
des Rates der Europäischen Union vom 23. April 2008 zur Festlegung des
Zollkodex der Gemeinschaft (MZK; Abl. L 145 vom 4. Juni 2008, S. 1).
Zolltarif- und Ursprungsauskünfte sind in der EU demzufolge justiziabel. Der
Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte mehrfach die Gelegenheit, sich
hierzu zu äussern. Dem Urteil vom 14. April 2011 C-288/09 British Sky
Broadcasting Group plc lag die gerichtliche Anfechtung der erteilten
verbindlichen Zolltarifauskunft zugrunde (Randnrn. 39 ff.), während in dem
damit verbundenen Urteil C-289/09 Pace plc die gerichtliche Anfechtung der
Ungültigerklärung einer solchen zur Diskussion stand (Randnrn. 48 ff.). Das
Urteil vom 2. Dezember 2010 C-199/09 Schenker SIA betraf die gerichtliche
Anfechtung der Nichterteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (Randnrn. 8
ff.).

3.7 Aus alldem ergibt sich, dass die Zollverwaltung auf Ersuchen eine
Auskunftsverfügung im Sinne von Art. 5 VwVG zu erlassen hat. Gegen die nicht
ausgesprochene oder inhaltlich nicht genehme Verfügung kann die ersuchende
Person an das Bundesverwaltungsgericht gelangen (Art. 44 VwVG i.V.m. Art. 31
ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht
[VGG; SR 173.32]). Letztinstanzlich steht ihr unter den allgemeinen
Voraussetzungen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen
(dazu THOMAS HÄBERLI, in: Marcel A. Niggli/Peter Uebersax/Hans Wiprächtiger
[Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., 2011, N. 208a zu Art. 83 BGG; KOCHER,
a.a.O., N. 23 zu Art. 20 ZG und N. 110 zu Art. 116 BGG).

4.
4.1 Die Vorinstanz hat der Zollpflichtigen das Rechtsschutzinteresse an der
beantragten Verfügung abgesprochen, was sie damit begründet, dass die
Zollpflichtige bereits die Verfügung der Zollkreisdirektion vom 21. Februar
2011 bei der Oberzolldirektion angefochten und die Sistierung dieses
Beschwerdeverfahrens beantragt habe. Die beantragte Feststellungsverfügung habe
den gleichen Streitgegenstand wie dieses Beschwerdeverfahren, nämlich den
Ursprungsnachweis für die zur Rekonditionierung ausgeführten Fässer. Die
Zollpflichtige verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits im
Beschwerdeverfahren gegen die Verfügung vom 21. Februar 2011 die Sistierung
verlange, anderseits eine die nämliche Frage betreffende Auskunftsverfügung
beantrage.

4.2 Die Leistungsverfügung bezog sich auf die konkreten 133 Rechnungen aus den
Jahren 2008 bis 2010. Mit dem Begehren um eine Ursprungsauskunft beantragt die
Zollpflichtige hingegen mit Gültigkeit für die kommenden drei Jahre (vgl. Art.
20 Abs. 2 ZG) eine Auskunft darüber, wie der Ursprungsaspekt in Zukunft zu
beurteilen sei. Der zeitliche Aspekt ist der einzige Unterschied, denn in
sachlicher Hinsicht liegt der Leistungs- bzw. Veranlagungsverfügung nach den
für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105
Abs. 1 BGG) die nämliche Ware zugrunde. Der Grundsatz der der Subsidiarität der
Feststellungsverfügung gegenüber der rechtsgestaltenden Verfügung (BGE 135 II
60 E. 3.3.2 S. 75; 132 V 257 E. 1 S. 259; 130 V 388 E. 2.4 S. 391 f.; 126 II
300 E. 2c S. 303; Urteil 2A.652/2004 vom 13. September 2005 E. 1.5, in: ASA 75
S. 244) schliesst eine Auskunftsverfügung aufgrund der Rechtshängigkeit des
Veranlagungsverfahrens aus. Gelangen die Behörden in diesem in Einklang mit der
Rechtsauffassung der Zollpflichtigen zur Auffassung, dass die
Ursprungsnachweise gültig sind, wird also die Leistungsverfügung aufgehoben, so
ist der Zollpflichtigen alsdann nicht verwehrt, sich dies auch mit Gültigkeit
für die nächsten drei Jahre zusichern zu lassen. Werden die Ursprungsnachweise
demgegenüber als ungültig beurteilt, so steht die Rechtskraft der
diesbezüglichen Verfügung einer anderslautenden schriftlichen Auskunft oder
Feststellungsverfügung entgegen, so weit der nämliche Sachverhalt betroffen ist
bzw. keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist (BGE
120 Ib 42 E. 2b S. 46 f.; 100 Ib 368 E. 3a S. 371 f.). Dementsprechend ist die
Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Zollpflichtige die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 65 i.V.m. 66 Abs. 1 BGG). Der
obsiegenden Zollverwaltung ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68
Abs. 2 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 5'000.-- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Dezember 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Kocher