Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.380/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
2C_380/2012

Urteil vom 22. Februar 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Bundesbahnen SBB,
Division Personenverkehr,
vertreten durch Prof. Dr. Hans-Rudolf Trüeb und/oder Julia Bhend,
Rechtsanwälte, Beschwerdeführerin,

gegen

1. Integration Handicap,
2. Stiftung zur Förderung einer behindertengerechten baulichen Umwelt,
handelnd durch Schweizerische Fachstelle für Behindertengerechtes Bauen,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Nadja Herz,

Bundesamt für Verkehr (BAV), Bollwerk 27, 3003 Bern,

Gegenstand
Pflichtenheft und Typenskizzen für Fernverkehr Doppelstock-Triebzüge (FV-Dosto)
IR100, IR200, IC200,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 5.
März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) unterbreiteten dem Bundesamt für Verkehr
(BAV) am 29. November 2010 das Pflichtenheft bzw. den Anforderungskatalog samt
Typenskizzen für die neu zu bauenden Fernverkehrs-Doppelstock-Triebzüge
(FV-Dosto) IR100, IR200 und IC200 zur Genehmigung. Darin sind u.a. Angaben über
die behindertengerechte Gestaltung enthalten. Vorgesehen ist namentlich im
achtteiligen Zugsmodul IC200 ein Wagen, der im Oberdeck ein Speisewagenabteil
und im Unterdeck ein Abteil mit drei Rollstuhlplätzen und einer
rollstuhlgängigen Universaltoilette enthält. Im Pflichtenheft wird ausgeführt,
das Unterdeck sei so zu gestalten, dass sowohl Personen im Rollstuhl als auch
anderweitig Gehbehinderte mitsamt ihren Begleitpersonen (insgesamt mindestens 8
Personen) sich an Tischen verpflegen können. In den übrigen Wagen des IC200 ist
je ein Rollstuhlstellplatz vorgesehen.
Das BAV genehmigte mit Verfügung vom 12. Januar 2011 das Pflichtenheft unter
mehreren Auflagen, darunter die Auflage 2.6 mit folgendem Wortlaut:
"Dem BAV ist für die Typenzulassung die Umsetzung der behindertengerechten
Gestaltung schriftlich zu bestätigen und eine Differenzbetrachtung TSI-PRM zur
EBV und zur VAböV vorzulegen".

B.
B.a Gegen diese Verfügung erhob der Verein Integration Handicap -
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft zur Eingliederung Behinderter (im Folgenden:
Integration Handicap) am 16. Februar 2011 Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht mit zahlreichen Anträgen, unter anderem Antrag Nr. 1.1
mit dem Wortlaut:
"Die Rollstuhlplätze müssen in normale Fahrgastbereiche integriert sein, d.h.
es soll auch eine möglichst grosse Anzahl Sitzplätze für nichtbehinderte
Fahrgäste verfügbar sein (keine Sonderzonen für Behinderte)";
sowie Antrag Nr. 3.2:
"In der IC-Variante ist der Rollstuhlbereich von der geplanten
rollstuhlgängigen Verpflegungszone zu trennen und in einen dem Speisewagen
benachbarten Wagen zu verlegen."
B.b Ebenfalls am 16. Februar 2011 erhob die Stiftung zur Förderung einer
behindertengerechten baulichen Umwelt (im Folgenden: Stiftung) Beschwerde an
das Bundesverwaltungsgericht mit zahlreichen Anträgen, u.a. Antrag Nr. 1:
"Der spezielle Rollstuhlfahrbereich (gemäss AB-EBV zu Art. 48, AB 48.3, Blatt
Nr. 7, Ziffer 13) samt Rollstuhltoilette sei auch in den IC-Zügen in einem
benachbarten Wagen unterzubringen (und nicht im unteren Geschoss des
Speisewagens)."
sowie Antrag Nr. 4:
"Der Speisewagen im Obergeschoss sei auch für Passagiere mit
Mobilitätsbehinderung durch einen Aufzug zugänglich zu machen."
B.c Das Bundesverwaltungsgericht vereinigte die beiden Verfahren. In der Folge
teilten die Parteien dem Gericht mit, dass in einer Anzahl von Punkten eine
Einigung gefunden worden sei und nur noch zwei Punkte streitig seien, nämlich
die Verlegung des Rollstuhlbereichs im IC200 in einen dem Speisewagen
benachbarten Wagen (Anträge 1.1 und 3.2 von Integration Handicap sowie Antrag 1
der Stiftung) sowie der Aufzug zum Oberdeck des Speisewagens (Antrag 4 der
Stiftung).
B.d Mit Urteil vom 5. März 2012 schrieb das Bundesverwaltungsgericht die
Beschwerden in Bezug auf die Punkte, hinsichtlich deren eine Einigung erzielt
worden war (Ziff. 1), ab. Ebenso wies es den Antrag bezüglich Einbau eines
Personenaufzugs zum Speisewagen im Oberdeck ab (Ziff. 2). Im Übrigen hiess es
die Beschwerden im Sinne der Erwägungen gut und hob die Verfügung vom 12.
Januar 2011 insoweit auf, als das BAV den gemäss Pflichtenheft und Typenskizze
zum IC200 vorgesehenen Rollstuhlbereich genehmigt hatte (Ziff. 3). In den
Erwägungen hielt es zusammengefasst fest, die SBB seien zu verpflichten, den
Rollstuhlbereich (mit drei Stellplätzen gemäss Art. 48.3 Ziff. 13 AB-EBV und
einer rollstuhlgängigen Universaltoilette) entsprechend der mit Stellungnahme
vom 8. September 2011 eingereichten Typenskizze in einen dem Speisewagen
benachbarten Wagen zu verlegen und gleichzeitig die Verpflegungszone im
Unterdeck des Speisewagens mit zwei Rollstuhlplätzen und einer
rollstuhlgängigen Universaltoilette beizubehalten.

C.
Mit Eingabe vom 27. April 2012 erheben die SBB beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, Ziff. 3 des
angefochtenen Urteils sei aufzuheben und die Verfügung des BAV vom 12. Januar
2011 sei zu bestätigen.
Das Bundesverwaltungsgericht, das Eidgenössische Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation und das BAV verzichten auf Vernehmlassung.
Integration Handicap und die Stiftung beantragen, die Beschwerde abzuweisen;
eventualiter sei die Beschwerde insoweit gutzuheissen, als die Vorinstanz
verlange, dass zwei rollstuhlgängige Universaltoiletten pro IC200 (anstatt nur
eine) einzubauen seien.

D.
Mit Eingabe vom 18. Januar 2013 haben sich die SBB nach Aufforderung des
Abteilungspräsidenten zu ihrem Rechtsschutzinteresse geäussert.

E.
Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 22. Februar
2013 an einer öffentlichen Sitzung beraten.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit des
Rechtsmittels von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (
BGE 138 III 471 E. 1 S. 475; 137 III 417 E. 1 S. 417):

1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich
zulässig (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Eine Ausnahme im Sinne
von Art. 83 BGG liegt nicht vor, namentlich auch nicht lit. o dieser
Bestimmung, welche Typengenehmigungen nur für Fahrzeuge des Strassenverkehrs
ausschliesst, nicht aber für Eisenbahnen. Der angefochtene Entscheid ist nicht
eine Betriebsbewilligung oder Typenzulassung im Sinne der Art. 18w oder 18x des
Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG, SR 742.101), sondern ein
Entscheid über die Genehmigung des Pflichtenhefts nach Art. 6a der Verordnung
vom 23. November 1983 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen
(Eisenbahnverordnung, EBV, SR 742.141.1).

1.2 Im Verfahren nach Art. 6a EBV werden die vor Baubeginn eines
Eisenbahnfahrzeuges einzureichenden Unterlagen (Pflichtenheft und Typenskizze)
genehmigt und dabei geprüft, ob die Vorschriften der EBV und ihrer
Ausführungsbestimmungen eingehalten sind (Art. 6a EBV i.V. mit Art. 6 Ziff. 3.2
der Ausführungsbestimmungen vom 15. Dezember 1983 zur EBV [AB-EBV, SR
742.141.11]. Man könnte sich fragen, ob es sich dabei nicht bloss um eine
Zwischenverfügung im Hinblick auf die Betriebsbewilligung (Art. 18w EBG) oder
der Typenzulassung (Art. 18x EBG) handelt. Entscheidend für die Abgrenzung End-
/Zwischenverfügung ist die prozessuale Sichtweise: Eine Verfügung, die
innerhalb eines Hauptverfahrens Vor- oder Teilfragen regelt, ist eine
Zwischenverfügung. Bei der Genehmigung nach Art. 6a EBV handelt es sich aber um
ein prozessual selbständiges Verfahren, das zwar erst auf Verordnungsstufe
eingeführt wurde, aber ähnlich einer Baubewilligung von der Typenzulassung oder
Betriebsbewilligung getrennt ist; es ist daher ein Endentscheid, gegen den die
Beschwerde zulässig ist (Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin, welcher durch
den angefochtenen Entscheid bestimmte Auflagen für die von ihr geplanten
Fahrzeuge gemacht werden, ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).

1.3 Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht frei und von Amtes wegen an (Art.
95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann aber die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf genügend begründete Rüge hin (Art.
106 Abs. 2 BGG) oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Umstritten ist die Anordnung eines Rollstuhlbereichs in einem
Eisenbahnfahrzeug. Die einschlägigen Rechtsgrundlagen befinden sich einerseits
im Eisenbahnrecht, andererseits im Behindertengleichstellungsrecht. Es geht im
Wesentlichen um die folgenden Normen des Verfassungs-, Gesetzes- und
Verordnungsrechts:

2.1 Eisenbahnrecht:
Die Eisenbahnfahrzeuge sind nach den Anforderungen des Verkehrs, des
Umweltschutzes und gemäss dem Stande der Technik zu erstellen, zu betreiben, zu
unterhalten und zu erneuern. Die Bedürfnisse mobilitätsbehinderter Menschen
sind angemessen zu berücksichtigen (Art. 17 Abs. 1 EBG). Der Bundesrat erlässt
Vorschriften über Bau und Betrieb sowie über die technische Einheit und
Zulassung im Eisenbahnwesen unter Berücksichtigung der Interoperabilität und
eines streckenbezogenen Sicherheitsstandards. Er sorgt dafür, dass die
technischen Vorschriften nicht zur Behinderung des Wettbewerbes missbraucht
werden (Art. 17 Abs. 2 EBG). Gestützt darauf hat der Bundesrat in den Art. 46
ff. EBV Anforderungen an die Fahrzeuge festgelegt. Gemäss Art. 81 EBV erlässt
das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
(UVEK) die Ausführungsbestimmungen. Es hat dies mit den
"Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung" (AB-EBV; SR 741.141.11)
getan. Darin ist u.a. die erforderliche Anzahl Rollstuhlplätze vorgeschrieben.
AB-EBV zu Art. 48, AB 48.3, Blatt 7, Ziff. 13 lautet in der hier anwendbaren
Version vom 1. Juli 2010:
"Für Rollstühle zugängliche Vorräume müssen mindestens die nötige minimale
Manövrierfläche aufweisen. In jedem Zug ist eine angemessene Zahl
Rollstuhlplätze vorzusehen. Im Fernverkehr soll jeder Zug einen
Rollstuhlbereich mit mindestens drei Stellplätzen (bei Meterspur mindestens
zwei) und einer genügend grossen Rollstuhltoilette mit ausreichender
Manöverierfläche aufweisen. Der Zugang zum Speisewagen soll möglichst
gewährleistet sein."
In der ab 1. Juli 2012 geltenden Fassung lautet die gleiche Ziffer:
"Für Rollstühle zugängliche Vorräume müssen mindestens die nötige minimale
Manövrierfläche aufweisen. In jedem Zug ist eine angemessene Zahl
Rollstuhlplätze vorzusehen. Je nach Länge des Zuges, ohne Berücksichtigung der
Lokomotive oder des Triebkopfs, muss in einem Zug jedoch mindestens die
folgende Anzahl von Rollstuhlplätzen vorhanden sein: Zugslänge unter 205 m: 2
Rollstuhlplätze pro Zug; Zugslänge 200 - 300 m: 3 Rollstuhlplätze pro Zug;
Zugslänge über 300 m : 4 Rollstuhlplätze pro Zug)"

2.2 Behindertengleichstellungsrecht:
2.2.1 Das Behindertengleichstellungsrecht ist auf Verfassungsstufe angelegt:
Die Verfassung verbietet einerseits in Art. 8 Abs. 2 BV eine Diskriminierung
wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Diese
Bestimmung gibt verfassungsunmittelbare Abwehransprüche dagegen, dass
Behinderte wegen ihrer Behinderung rechtlich benachteiligt werden (BGE 135 I 49
E. 4.1). Für die Beseitigung faktischer Benachteiligungen der Behinderten ist
demgegenüber Art. 8 Abs. 4 BV einschlägig, wonach das Gesetz Massnahmen
vorsieht zur Beseitigung von Benachteiligungen Behinderter. Diese Bestimmung
gibt keinen individualrechtlichen, gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf
Herstellung faktischer Gleichheit, sondern enthält einen Gesetzgebungsauftrag,
der verbindlich (Art. 190 BV) durch das Gesetz wahrgenommen wird (BGE 134 II
249 E. 3.1; 134 I 105 E. 5; 132 II 82 E. 2.3.2; 126 II 377 E. 6a S. 392 mit
Hinweis).
2.2.2 Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen
mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) hat zum
Zweck, Benachteiligungen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen
Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind (Art. 1 Abs. 1 BehiG). Es gilt u.a.
auch für öffentlich zugängliche Fahrzeuge, die dem Eisenbahngesetz unterstehen
(Art. 3 lit. b Ziff. 1 BehiG). Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Behinderte
rechtlich oder tatsächlich anders als nicht Behinderte behandelt und dabei ohne
sachliche Rechtfertigung schlechter gestellt werden als diese, oder wenn eine
unterschiedliche Behandlung fehlt, die zur tatsächlichen Gleichstellung
Behinderter und nicht Behinderter notwendig ist (Art. 2 Abs. 2 BehiG). Eine
Benachteiligung beim Zugang zu einem Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs liegt
vor, wenn der Zugang für Behinderte aus baulichen Gründen nicht oder nur unter
erschwerenden Bedingungen möglich ist (Art. 2 Abs. 3 BehiG). Wer im Sinne von
Artikel 2 Absatz 3 benachteiligt wird, kann im Falle einer Einrichtung oder
eines Fahrzeuges des öffentlichen Verkehrs im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b
bei der zuständigen Behörde verlangen, dass die SBB oder ein anderes
konzessioniertes Unternehmen die Benachteiligung beseitigt oder unterlässt
(Art. 7 Abs. 2 BehiG). Eine Benachteiligung bei der Inanspruchnahme einer
Dienstleistung liegt vor, wenn diese für Behinderte nicht oder nur unter
erschwerenden Bedingungen möglich ist (Art. 2 Abs. 4 BehiG). Wer durch die SBB,
andere konzessionierte Unternehmen oder das Gemeinwesen im Sinne von Artikel 2
Absatz 4 benachteiligt wird, kann beim Gericht oder bei der Verwaltungsbehörde
verlangen, dass der Anbieter der Dienstleistung die Benachteiligung beseitigt
oder unterlässt (Art. 8 Abs. 1 BehiG). Das Gericht oder die Verwaltungsbehörde
ordnet die Beseitigung der Benachteiligung nicht an, wenn der für Behinderte zu
erwartende Nutzen in einem Missverhältnis steht, insbesondere zum
wirtschaftlichen Aufwand, zu Interessen des Umweltschutzes sowie des Natur- und
Heimatschutzes oder zu Anliegen der Verkehrs- und Betriebssicherheit (Art. 11
Abs. 1 BehiG). Das Gericht oder die Verwaltungsbehörde verpflichtet die SBB,
das vom Bund konzessionierte Unternehmen oder das Gemeinwesen, eine angemessene
Ersatzlösung anzubieten, wenn es nach Artikel 11 Absatz 1 darauf verzichtet,
die Beseitigung einer Benachteiligung anzuordnen (Art. 12 Abs. 3 BehiG). Um ein
behindertengerechtes öffentliches Verkehrssystem sicherzustellen, erlässt der
Bundesrat für die SBB sowie für weitere Unternehmen, die einer
bundesrechtlichen Konzession bedürfen, Vorschriften über die Gestaltung u.a.
der Fahrzeuge (Art. 15 Abs. 1 lit. c BehiG). Diese Vorschriften werden
periodisch dem Stand der Technik angepasst. Der Bundesrat kann technische
Normen oder andere Festlegungen privater Organisationen für verbindlich
erklären (Art. 15 Abs. 3 BehiG). Das BehiG konkretisiert damit in seinem
Geltungsbereich in verbindlicher Weise (Art 190 BV) den verfassungsrechtlichen
Gesetzgebungsauftrag zur Beseitigung von Benachteiligungen Behinderter (Art. 8
Abs. 4 BV; BGE 134 II 249 E. 2.3 und 3.1 S. 251 f.; 132 II 82 E. 2.3.2 S. 84
f.). Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herstellung vollständiger
faktischer Gleichheit ergibt sich dadurch nicht, auch nicht aus Art. 8 Abs. 2
BV (BGE 134 I 105 E. 5 S. 109). Nach Art. 17 Abs. 1 EBG sind die Bedürfnisse
mobilitätsbehinderter Menschen jedoch "angemessen" zu berücksichtigen (vgl.
auch vorne E. 2.1): Gemäss Botschaft zum BehiG ist ein öffentliches
Verkehrsmittel dann behindertengerecht, wenn es wenigstens über eine
Möglichkeit der Benützung eines Personenwagens verfügt; es muss also nicht
jedes Fahrzeug einer Zugskomposition über einen behindertengerechten Zugang
verfügen. Es genügt, wenn pro Zug wenigstens ein Personenwagen entsprechend
ausgerüstet ist (Botschaft vom 11. Dezember 2000 zur Volksinitiative "gleiche
Rechte für Behinderte" und zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die
Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen, BBl 2001 1715, 1777).
Diese Grundsätze des BehiG werden im Bereich der Eisenbahnen durch die vorne in
E. 2.1 genannten eisenbahnrechtlichen Vorschriften konkretisiert (MARKUS
SCHEFER/ CAROLINE HESS-KLEIN, Die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
im Baubereich und im öffentlichen Verkehr, ZSR 2011 I S. 403), namentlich auch
im Bereich der Fahrzeuge.
2.2.3 Gestützt u.a. auf Art. 15 BehiG hat der Bundesrat sodann die Verordnung
vom 12. November 2003 über die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen
Verkehrs (VböV; SR 151.34) erlassen, die u.a. für die Fahrzeuge der SBB gilt
(Art. 2 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VböV). Behinderte, die in der Lage sind, den
öffentlichen Raum autonom zu benützen, sollen auch Dienstleistungen des
öffentlichen Verkehrs autonom beanspruchen können (Art. 3 Abs. 1 VböV). Die den
Fahrgästen dienenden Einrichtungen und Fahrzeuge, die mit dem öffentlichen
Verkehr in einem unmittelbaren funktionalen Zusammenhang stehen, müssen für
Behinderte sicher auffindbar, erreichbar und benützbar sein (Art. 4 Abs. 1
VböV). Für behinderte Fahrgäste muss ein genügend grosser Teil der
Fahrgastbereiche zugänglich sein (Art. 4 Abs. 2 VböV). Der Zugang zu
Einrichtungen und Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs muss für Hand- und
Elektro-Rollstühle mit einer Länge von bis zu 120 cm, einer Breite von bis zu
70 cm und einem Gesamtgewicht von bis zu 300 kg sowie für Rollatoren
gewährleistet sein (Art. 5 Abs. 1 VböV). Die Benützung der öffentlichen
Verkehrsmittel soll in der Regel auch für Rollstühle mit kuppelbaren
elektrischen Antriebsgeräten, für Behinderten-Elektroscooter und für ähnliche
Fahrzeuge ermöglicht werden (Art. 5 Abs. 2 VböV). Toiletten müssen in
ausreichender Anzahl rollstuhlgängig sein (Art. 7 Abs. 2 VböV). Das UVEK
erlässt Bestimmungen über die technischen Anforderungen an die Gestaltung u.a.
der Fahrzeuge (Art. 8 VböV). Gestützt darauf hat das UVEK die Verordnung vom
22. Mai 2006 über die technischen Anforderungen an die behindertengerechte
Gestaltung des öffentlichen Verkehrs (VAböV; SR 151.342) erlassen. Für die
allgemeinen Anforderungen an die behindertengerechte Gestaltung von Bauten,
Anlagen und Fahrzeugen ist gemäss Art. 2 Abs. 1 VAböV die Norm SN 521 500/SIA
500 «Hindernisfreie Bauten», Ausgabe 2009, massgebend. Für abweichende und
weiterführende Anforderungen an den Eisenbahnverkehr wird wiederum auf die
AB-EBV verwiesen (Art. 2 Abs. 2 VAböV).
2.2.4 Art. 2 Abs. 4 i.V.m. Art. 8 BehiG verpflichtet die Bahnunternehmen
ferner, den Rollstuhlfahrern auch die Nebenleistungen der Transportleistung zur
Verfügung zu stellen, namentlich also die Verpflegungsmöglichkeit (CAROLINE
KLEIN, Ein Meilenstein für Behinderte, plädoyer 4/2004 S. 43). Führt ein Zug
einen Speisewagen, muss das entsprechende Angebot daher auch den Gehbehinderten
zur Verfügung stehen (vgl. auch Art. 4 Abs. 1 VböV).

2.3 Aus den soeben zitierten Normen ergibt sich - im Sinne eines
Zwischenergebnisses - , dass das in Verfassung und Gesetz enthaltene
Diskriminierungs- und Benachteiligungsverbot für Behinderte auch im Bereich des
öffentlichen Verkehrs gilt. Verstiesse untergeordnetes Verordnungsrecht
hiegegen, wäre ihm die Anwendung zu versagen. Indessen nimmt die Rechtsordnung
in Kauf, dass Behinderte nicht jeden Teil eines Eisenbahnfahrzeugs in absolut
gleicher Weise wie nicht Behinderte benützen können. So etwa sind
Rollstuhlfahrer darauf angewiesen, einen der Rollstuhlplätze zu benützen.
Beabsichtigen sie, während der Fahrt die Toilette zu benützen, so müssen sie in
demjenigen Wagen Platz nehmen, in dem sich die rollstuhlgängige Toilette
befindet. Ihre Platzwahl ist damit stärker eingeschränkt als diejenige nicht
Behinderter. Darin allein kann nicht ein unzulässig erschwerter Zugang im Sinne
von Art. 2 Abs. 3 oder 4 BehiG und damit auch keine Benachteiligung im Sinne
des Gesetzes erblickt werden.

3.
Ob bei den neuen Fernverkehrszügen eine solche Benachteiligung in der vom BAV
genehmigten Zusammenlegung des eigentlichen Rollstuhlbereichs (zur Erbringung
der Transportleistung für Mobilitätsbehinderte) mit demjenigen des
Verpflegungsbereichs (zur Erbringung der Nebenleistung
"Verpflegungsmöglichkeit" für Mobilitätsbehinderte, vgl. vorne E. 2.2.4) liegt,
ist im Folgenden zu prüfen:

3.1 Vorliegend sieht der von der Beschwerdeführerin eingereichte und vom BAV
genehmigte Anforderungskatalog pro IC200-Modul einen Rollstuhlbereich mit drei
Rollstuhlplätzen und einer rollstuhlgängigen Universaltoilette im unteren Stock
des "Mittelwagen Restaurant" vor; daneben sind in sechs weiteren Wagen je ein
Multifunktionsabteil mit einem Rollstuhlplatz vorgesehen. Unbestritten
enthalten die massgebenden Vorschriften keine ausdrückliche Regelung darüber,
wo die Rollstuhlplätze anzuordnen sind; namentlich verbieten sie nicht
ausdrücklich die Zusammenlegung von Rollstuhlbereich und Verpflegungsbereich
für Mobilitätsbehinderte. Deshalb sind die Anforderungen der AB-EBV (3
Rollstuhlplätze/1 Universaltoilette) jedenfalls erfüllt (vorne E. 2.1).
Die Vorinstanz hat jedoch erwogen, die Zusammenlegung des eigentlichen
Rollstuhlbereichs und der Verpflegungszone für Mobilitätsbehinderte hätte zur
Folge, dass Rollstuhlfahrer grundsätzlich im Speisebereich reisen müssten,
unabhängig davon, ob sie sich verpflegen möchten oder nicht. Dadurch würden sie
im Vergleich zu den anderen Fahrgästen mit uneingeschränkter Auswahlmöglichkeit
schlechter gestellt und die Benutzung des allgemeinen Fahrgastbereichs würde
ihnen erschwert oder sogar verunmöglicht. Dies sei eine Benachteiligung im
Sinne von Art. 2 BehiG. Die Benachteiligung werde zusätzlich akzentuiert
dadurch, dass in diesem vorgesehenen Rollstuhlbereich neben den drei
Rollstuhlplätzen lediglich noch 11 Sitzplätze für andere Fahrgäste bestünden,
was im Hinblick auf die angestrebte Integration der Rollstuhlfahrer nicht
optimal wäre. Diese hätten deshalb einen Rechtsanspruch auf Beseitigung dieser
Benachteiligungen, sofern dies verhältnismässig sei. Die beantragte Verlegung
des Rollstuhlbereichs in einen benachbarten Wagen sei verhältnismässig. Die
Vorinstanz hat deshalb angeordnet, dass die SBB den Rollstuhlbereich mit 3
Stellplätzen und einer rollstuhlgängigen Toilette in einen andern Wagen
verlegen und gleichzeitig die Verpflegungszone im Unterdeck des Speisewagens
mit 2 Rollstuhlplätzen und 1 rollstuhlgängigen Toilette beibehalten muss (vgl.
vorne B.d).

3.2 In den geplanten Fernverkehrszügen befindet sich der Speisewagenbereich im
Obergeschoss, zu welchem Rollstuhlfahrer nicht gelangen können. Deshalb sieht
das Projekt der Beschwerdeführerin vor, dass gehbehinderten Personen und ihren
Begleitpersonen das Angebot des Speisewagens - als Ersatzlösung im Sinne von
Art. 12 Abs. 3 BehiG - auch im Untergeschoss des Speisewagens serviert wird. Es
besteht aber kein Verpflegungszwang; Rollstuhlfahrer, die nicht speisen
möchten, sind dazu nicht verpflichtet. Nicht gehbehinderte Personen können das
Verpflegungsangebot des Speisewagens ebenfalls nicht in Anspruch nehmen. Damit
haben Mobilitätsbehinderte die gleichen Möglichkeiten wie die übrigen
Reisenden: Sie können das Speisewagenangebot nutzen, aber sie können auch
reisen ohne zu speisen.
Es trifft zu, dass damit die Rollstuhlfahrer - im Unterschied zu anderen
Fahrgästen - faktisch nicht die Möglichkeit haben, jeden beliebigen Platz im
Zug zu benützen. Wie dargelegt, kann darin aber keine Erschwerung des Zugangs
bzw. Benachteiligung im Sinne des Gesetzes erblickt werden (vorne E. 2.3). Art.
2 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 7 und 8 BehiG sind insoweit nicht verletzt.

3.3 Aus dem massgebenden Sachverhalt (vorne A.) ergibt sich, dass
Rollstuhlfahrer, die einen üblichen Rollstuhl benützen, auch in den
Multifunktionsabteilen der anderen Wagen reisen können, zumindest solange sie
während der Fahrt nicht die Toilette aufsuchen wollen. Faktisch gezwungen, im
streitigen Unterdeck - welches sich gemäss Angaben der SBB "am
Restaurantdesign" orientieren wird - zu reisen, sind hingegen die
Rollstuhlfahrer mit einem grösseren Rollstuhl, der im Multifunktionsabteil
nicht Platz hat, sowie diejenigen, welche während der Fahrt die Toilette
aufsuchen wollen. Es ist nun die Konstellation denkbar, dass solche
Rollstuhlfahrer nicht speisen möchten, während zugleich andere Rollstuhlfahrer
oder gehbehinderte Personen, gegebenenfalls mit Begleitpersonen, im gleichen
Raum speisen. Die Frage ist, ob diese Konstellation gesetzwidrig ist.
3.3.1 Zunächst wird dadurch, dass in diesem Rollstuhlbereich einzelne
Behinderte speisen wollen und andere nicht, weder für die speisenden noch für
die nicht speisenden Rollstuhlfahrer der Zugang zum Wagen oder dessen
Benützbarkeit (vorne E. 2.3) im Sinne der Funktionalität des
Eisenbahntransports behindert oder erschwert.
3.3.2 Sodann sieht das Projekt der SBB wie erwähnt neben dem hier streitigen
Rollstuhlbereich in jedem Wagen ein Multifunktionsabteil vor, das für normale
Rollstühle gross genug ist. Nur die Rollstuhlfahrer mit einem grösseren
Rollstuhl sowie diejenigen, welche die Universaltoilette aufsuchen wollen, sind
darauf angewiesen, im besonderen Rollstuhlbereich zu reisen. Folglich kann die
beanstandete Konstellation nur dann eintreten, wenn einer oder mehrere
Gehbehinderte im Speisewagen speisen wollen und Rollstuhlfahrer mit einem
grossen Rollstuhl gleichzeitig im gleichen Zug reisen und nicht speisen wollen.
3.3.3 Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es schon selten, dass mehrere
Mobilitätsbehinderte gleichzeitig denselben Zug benützen. Dass davon einer
speisen will und ein anderer sich dadurch gestört fühlt, ist noch bedeutend
seltener, zumal normalerweise wohl nur um die üblichen Essenszeiten im
streitigen Abteil gespeist wird und - wie bei den übrigen Fahrgästen - auch bei
den Mobilitätsbehinderten wohl nur ein sehr kleiner Prozentsatz überhaupt vom
Speisewagenangebot Gebrauch machen wird. Sodann ist schwer nachvollziehbar,
inwiefern es eine rechtlich relevante Benachteiligung darstellen soll, wenn
jemand in einem Raum reisen muss, in welchem zugleich andere Personen essen.
Auch in anderen Verkehrsmitteln wie Schiffen oder Flugzeugen gibt es oft oder
meist nur einen einzigen Aufenthaltsraum, in dem sich sowohl speisende als auch
nicht speisende Fahrgäste aufhalten müssen. Es entspricht nicht allgemeiner
Lebenserfahrung, dass dies von irgend jemandem als Belästigung empfunden würde.
Zudem ist in einem Eisenbahnwagen ohnehin damit zu rechnen, dass Reisende
Aktivitäten ausüben, welche andere Mitreisende als störend betrachten könnten,
wie zum Beispiel sprechen, telefonieren, lachen, schminken, spielen (und vieles
andere mehr). Solche "Störungen" sind in einem gewissen Mass von allen
Bahnreisenden hinzunehmen. Es ist sodann nicht verboten und kommt
gerichtsnotorisch nicht selten vor, dass auch im allgemeinen Fahrgastraum
Reisende essen, seien es Esswaren, die sie selber mitführen, seien es solche,
die durch Minibars in den Zügen angeboten werden. Es gibt auch (ausländische)
Bahngesellschaften, welche (anstelle von oder zusätzlich zu einem Speisewagen)
im allgemeinen Fahrgastbereich den Passagieren Menus anbieten, die mit
denjenigen in einem Speisewagen vergleichbar sind.
3.3.4 Es kann eingewendet werden, der nicht behinderte Reisende habe freie
Platzwahl im Zug und könne, soweit er sich durch eine der dargestellten
Aktivitäten Mitreisender gestört fühle, ohne weiteres den Platz oder gar den
Zug-Wagon wechseln, währenddem der Mobilitätsbehinderte diese Möglichkeit nicht
habe und gezwungen sei, die von ihm allenfalls einzig nachgefragte
Transportdienstleistung in einem Raum mit "Restaurant-Design" bzw. mit
entsprechenden Immissionen in Anspruch zu nehmen.
Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen: Jedenfalls liegt die SBB nicht
schon allein deshalb falsch, wenn sie die Transport- und die
Verpflegungsleistung für Mobilitätsbehinderte am selben Ort anbietet. Jeder
Reisende nimmt die Aktivitäten seiner Mitreisenden sehr individuell wahr; der
eine fühlt sich durch eine bestimmte Aktivität gestört, der andere nicht.
Angesichts der Belegungsdichte in den Fahrgasträumen der Fernverkehrszüge hat
sodann kaum jemand die freie Wahl, aus subjektiver eigener Sicht "ungestört"
von den Mitreisenden ans Ziel zu gelangen. Neben all den anderen
"Belästigungen", die jeder Bahnreisende seitens der Mitreisenden in Kauf nehmen
muss, ist es daher einem mobilitätsbehinderten Bahnreisenden, der nicht speisen
will, zuzumuten, im gleichen Raum zu sitzen, in dem vielleicht gelegentlich ein
anderer Mobilitätsbehinderter ein Menu aus dem Speisewagen isst. Die
Wahrscheinlichkeit dieser Konstellation ist nicht signifikant grösser als die
Wahrscheinlichkeit, dass sich nicht behinderte, nicht essende Fahrgäste durch
essende andere Fahrgäste im gleichen Abteil gestört fühlen und infolge
Vollbesetzung des Zugs auch nicht auf andere Wagen ausweichen können. Die
streitige Anordnung des Rollstuhlbereichs gemäss Pflichtenheft bedeutet daher
nicht, dass Behinderte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BehiG "schlechter gestellt"
werden als nicht Behinderte.
Dies gilt umso mehr, als dem unteren Teil des Speisewagens gemäss der durch das
Pflichtenheft genehmigten Konzeption eine doppelte Funktion zukommt (Erbringung
der Transportleistung und Zugang zum Speisewagen für Mobilitätsbehinderte). Es
sind aber die Mobilitätsbehinderten selber, die bestimmen, ob und wann die
Restaurationsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden - andere Personen werden
wie erwähnt nicht bedient -, bzw. wann der betreffende Fahrgastraum zum
Restaurantbereich wird. Somit besteht die durchaus wahrscheinliche Möglichkeit,
dass der betreffende Fahrgastbereich rein zur Erbringung der Transportleistung
dient. Will ein Mobilitätsbehinderter dennoch speisen und in diesem Sinne die
andere Funktion des Unterdecks (Verpflegung aus dem Speisewagen) beanspruchen,
ist aber wie ausgeführt ein anderer Mobilitätsbehinderter, der dies nicht tun
will, nicht stärker benachteiligt als jeder andere Bahnreisende, der sich ihm
nicht genehme Aktivitäten seiner Mitreisenden gefallen lassen muss. Wesentlich
erscheint, dass durch das genehmigte Pflichtenheft der Zugang zur
Transportleistung und zur Verpflegungsmöglichkeit im Speisewagen für alle
Reisenden gleichermassen gewährleistet ist; eine Benachteiligung im Sinne des
Behindertengleichstellungsgesetzes liegt damit insoweit nicht vor.

3.4 Die Vorinstanz erachtet als zwar nicht für sich allein ausschlaggebend,
aber als zusätzliche Akzentuierung der Benachteiligung, dass im streitigen
Unterdeck neben den drei Rollstuhlplätzen lediglich noch 11 Sitzplätze für
andere Fahrgäste bestünden, was im Hinblick auf die angestrebte Integration der
Rollstuhlfahrer nicht optimal wäre.
3.4.1 Daran ist richtig, dass eine Isolierung von Rollstuhlfahrern eine
ausgrenzende und stigmatisierende Behandlung darstellen kann, die mit dem
Prinzip der Behindertengleichstellung nicht vereinbar wäre; denn das BehiG will
Menschen mit Behinderung erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen
und soziale Kontakte zu pflegen (Art. 1 Abs. 2 BehiG; vgl. BGE 138 I 162 E.
4.2; 135 I 161 E. 6; 131 V 9 E. 3.5.3 130 I 352 E. 6.1.2). Von einer
ausgrenzenden Isolierung kann hier aber nicht gesprochen werden: Da sich
immerhin 11 andere Sitze im streitigen Abteil befinden, ist eine genügende
Durchmischung möglich. Zudem sind in den allermeisten Fällen nicht alle drei
Rollstuhlplätze mit Rollstuhlfahrern besetzt; dadurch erhöht sich die Zahl der
übrigen Sitze entsprechend. Wohl ist bei schwacher Belegung denkbar, dass sich
nebst Behinderten nur wenige andere Fahrgäste im Raum befinden, aber das ist in
jedem anderen Abteil nicht anders. Auch das Argument, es handle sich um eine
Sackgasse für Behinderte, weil der Speisewagen nur einen Eingang habe, so dass
sich kaum nicht Behinderte dorthin begeben würden, leuchtet nicht ein:
Gerichtsnotorisch gibt es auch bei heute verwendeten Zügen Wagen mit nur einem
für die Fahrgäste zugänglichen Eingang (Endwagen), ohne dass diese Wagen als
ausgrenzend für irgendwelche Reisende betrachtet würden.
3.4.2 Weiter hat die Vorinstanz die SBB angewiesen, den Rollstuhlbereich im
benachbarten Wagen anzuordnen. Auch dort muss das Rollstuhlabteil aus
naheliegenden Gründen im Untergeschoss liegen, in welchem sich neben den
technisch beanspruchten Bereichen zwangsläufig weniger Sitzplätze befinden als
im Obergeschoss. Gemäss der am 8. September 2011 eingereichten Typenskizze, auf
welche die Vorinstanz Bezug nimmt, hat das Untergeschoss im benachbarten Wagen
17 Sitzplätze. Ist er jedoch mit drei grossen Rollstühlen belegt, verbleiben
daneben bloss noch 5 oder 6 weitere Sitze. Die von der Vorinstanz angeordnete
Lösung ist somit unter dem Aspekt der Isolierung der Rollstuhlfahrer schlechter
als die von der Beschwerdeführerin vorgesehene. Auch unter diesem Aspekt ist
die von der Beschwerdeführerin vorgesehene Lösung nicht gesetzwidrig.

4.
Liegt im genehmigten Pflichtenheft und den Typenskizzen für die von den SBB neu
zu beschaffenden Doppelstock-Fernverkehrszüge somit keine verfassungs- und
gesetzwidrige Diskriminierung bzw. Benachteiligung Behinderter, erübrigt sich
eine Prüfung der Verhältnismässigkeit der vom Bundesverwaltungsgericht
angeordneten Massnahmen (vgl. vorne E. 2, insbesondere E. 2.2.2). Sie sind
ersatzlos aufzuheben, und die Verfügung des Bundesamtes für Verkehr vom 12.
Januar 2012 ist zu bestätigen.

5.
Die Beschwerde erweist sich damit als begründet. Bei diesem Ausgang tragen die
Beschwerdegegner die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 4
lit. d BGG); die Kostenlosigkeit gemäss Art. 10 BehiG gilt gemäss dessen Abs. 3
für das Verfahren vor dem Bundesgericht nicht. Die obsiegende
Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung, da sie
öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt (Art. 68 Abs. 3 BGG i.V.m. Art. 2 und
3 SBBG; BGE 126 II 54 E. 8; Urteil 2C_61/2010 vom 26. August 2010 E. 8.2, nicht
publ. in BGE 136 II 457; 2C_258/2011 vom 30. August 2012 E. 11).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Ziff. 3 des Urteils des
Bundesverwaltungsgerichts vom 5. März 2012 wird aufgehoben und die Verfügung
des Bundesamtes für Verkehr vom 12. Januar 2011 bestätigt.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdegegnern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation, Generalsekretariat, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Februar 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein

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