Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.371/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_371/2012

Urteil vom 20. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Winiger.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Muralt,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, vertr. durch Migration und
Schweizer Ausweise, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
23. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Der aus dem Kosovo stammende X.________ (geb. 1981) reiste am 18. August 1990
mit seiner Mutter und einem Bruder in die Schweiz ein, wo das von der Mutter
gestellte Asylgesuch abgewiesen wurde. Nachdem sich die Mutter mit einem
Schweizer Bürger verheiratet hatte, erhielt X.________ im Rahmen des
Familiennachzugs am 12. Oktober 1993 eine Aufenthaltsbewilligung. Am 18.
November 1998 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt.
X.________ führt mit der serbischen Staatsangehörigen A.________ (geb. 1982),
welche im Kanton Neuenburg vorläufig aufgenommen ist (Ausweis F), eine
Lebensgemeinschaft, aus welcher die Kinder B.________ (geb. 2008) und
C.________ (geb. 2009) hervorgegangen sind.
Während seines Aufenthalts in der Schweiz wurde X.________ zu folgenden Strafen
und Massnahmen verurteilt:
mit Strafverfügung der Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 11. August
1999 zur Errichtung einer Erziehungshilfe wegen Raufhandels und geringfügigen
Diebstahls;
mit Strafurteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. September 2003 zu fünf Tagen
Gefängnis und einer Busse von Fr. 400.-- wegen Fahrens ohne Fahrzeugausweis
oder Kontrollschilder sowie ohne Haftpflichtversicherung;
mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 7. April 2005 zu 18 Monaten
Gefängnis und einer Busse von Fr. 1'000.-- wegen gewerbsmässigen Diebstahls,
mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie Entwendung
zum Gebrauch;
mit Strafbefehl des Bezirksamtes Aarau vom 14. August 2007 zu einer Busse von
Fr. 1'000.-- wegen geringfügigen Diebstahls;
mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 8. April 2009 zu drei
Jahren Freiheitsstrafe, einer Busse von Fr. 800.-- sowie zur Anordnung einer
vollzugsbegleitenden ambulanten Behandlung wegen Freiheitsberaubung und
Entführung, mehrfacher Drohung, Schändung, mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher
sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfacher Übertretung des
Betäubungsmittelgesetzes, mehrfacher einfacher und grober
Verkehrsregelverletzung, mehrfachen Fahrens in fahrunfähigem Zustand,
Überlassens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs, mehrfachen Fahrens ohne
Fahrzeugausweis oder Kontrollschilder, mehrfachen Fahrens ohne
Haftpflichtversicherung, mehrfacher missbräuchlicher Verwendung von Ausweisen
oder Kontrollschildern und mehrfachen Nichtmitführens von Ausweisen;
mit Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 21. Oktober
2009 zu 60 Tagessätzen Geldstrafe zu je Fr. 30.-- und einer Busse von Fr.
1'400.-- wegen einfacher Verkehrsregelverletzung, Führens und Überlassens eines
nicht betriebssicheren Fahrzeugs, Fahrens und Fahrenlassens ohne
Fahrzeugausweis, ohne Kontrollschild und ohne Haftpflichtversicherung,
Nichttragens eines Schutzhelms, Hinderung einer Amtshandlung, Trunkenheit und
unanständigem Benehmens;
mit Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Juli
2010 zu 10 Tagessätzen Geldstrafe zu je Fr. 60.-- und einer Busse von Fr.
700.-- wegen grober Verkehrsregelverletzung;
mit Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 11. August
2010 zu einer Busse von Fr. 400.-- wegen Überschreitens der
Höchstgeschwindigkeit.
X.________ befand sich vom 24. Oktober 2005 bis zum 23. Oktober 2006 im
Strafvollzug. Seit dem 21. Juni 2010 hielt er sich in der Strafanstalt Witzwil
auf, wo er am 1. März 2011 in den offenen Vollzug übertreten konnte. Am 18. Mai
2012 ist X.________ bedingt aus dem Strafvollzug entlassen worden.
Gegen X.________ liegen zudem vier Betreibungen im Betrag von Fr. 1'912.65
sowie fünf Verlustscheine im Betrag von Fr. 3'576.05 vor. Zudem musste er von
der Sozialhilfe mit insgesamt Fr. 69'759.10 unterstützt werden.

B.
Mit Verfügung vom 4. November 2011 widerrief das Departement des Innern des
Kantons Solothurn, vertreten durch die Abteilung Migration und Schweizer
Ausweise, die Niederlassungsbewilligung von X.________ und wies ihn an, die
Schweiz am Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen. Zur
Begründung verwies das Departement im Wesentlichen auf die von X.________
verübten Straftaten.
Eine von X.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn mit Urteil vom 23. März 2012 ab.

C.
Mit Eingabe vom 26. April 2012 erhebt X.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 23. März 2012 sowie
die Verfügung des Departements des Innern vom 4. November 2011 betreffend
Widerruf der Niederlassungsbewilligung seien aufzuheben.

D.
Das Verwaltungsgericht und das Departement des Innern des Kantons Solothurn
beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.
Das Bundesamt für Migration schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Mit Verfügung vom 1. Mai 2012 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.
Am 20. Juni 2012 ersucht X.________ um unentgeltliche Rechtspflege und
-verbeiständung.

Erwägungen:

1.
1.1 Gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide über den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario]
und Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteile
2C_401/2012 vom 18. September 2012 E. 1.3; 2C_478/2010 vom 17. November 2010 E.
2, nicht publ. in: BGE 137 II 10), und der Beschwerdeführer ist zur Ergreifung
dieses Rechtsmittels befugt (Art. 89 BGG). Der Beschwerdeführer kann sich
grundsätzlich gestützt auf den kombinierten Schutzbereich von Privat- und
Familienleben auch auf Art. 8 EMRK berufen.

1.2 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten. Gemäss der
Übergangsbestimmung von Art. 126 Abs. 1 AuG bleibt auf Gesuche, die vor dem
Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereicht worden sind, das bisherige Recht
(Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
[ANAG; in Kraft gewesen bis 31. Dezember 2007; BS 1 121]) anwendbar. Das
bisherige materielle Recht ist sodann überhaupt auf alle Verfahren anwendbar,
die erstinstanzlich vor Inkrafttreten des neuen Rechts eingeleitet wurden,
unabhängig davon, ob sie von Amtes wegen oder auf Gesuch hin eröffnet wurden.
Unter Verfahrenseröffnung versteht die Rechtsprechung in der Regel die
Gewährung des rechtlichen Gehörs (Urteil 2C_7/2011 vom 25. Juli 2011 E. 2.1).
1.2.1 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts wie auch des Departementes des
Innern des Kantons Solothurn ist für die materielle Beurteilung vorliegend noch
das ANAG massgebend, da das Verfahren betreffend Widerruf der
Niederlassungsbewilligung mit Erteilung des rechtlichen Gehörs am 21. Juni 2006
durch die Behörde eingeleitet worden sei (vgl. angefochtener Entscheid E. 2).
1.2.2 Dabei verkennen die Vorinstanzen, dass sich die erstmalige Gewährung des
rechtlichen Gehörs noch auf ein Ausweisungsverfahren (gemäss ANAG) aufgrund der
Verurteilungen bis 2006 bezog. Im vorliegenden Verfahren geht es jedoch um
einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung (gemäss AuG), der sich
schwergewichtig auf die dreijährige Freiheitsstrafe gemäss Urteil des
Solothurner Obergerichts vom 8. April 2009 abstützt. In Bezug auf dieses
Widerrufsverfahren gewährte das Departement dem Beschwerdeführer mit Schreiben
vom 19. April 2011 das rechtliche Gehör.
1.2.3 Damit sind die Voraussetzungen für die Anwendung des neuen Rechts im
vorliegenden Widerrufsverfahren ohne Weiteres gegeben. Im Übrigen würde auch
die Anwendung des alten Rechts im vorliegenden Fall zu keinem anderen
materiellen Ergebnis führen (vgl. E. 2.3 und 2.4 hiernach).

1.3 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245
f.), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt u.a. hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten. Das Bundesgericht prüft solche Rügen nur, wenn sie in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG;
vgl. BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).

1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts
kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG).
Eine entsprechende Rüge, welche rechtsgenüglich substantiiert vorzubringen ist
(Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254
f.), setzt zudem voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 135 I 143 E. 1.5 S.
146 f.).

1.5 Unzulässig ist das Rechtsmittel, soweit es sich gegen die Verfügung des
Departements richtet, da diese durch das verwaltungsgerichtliche Urteil ersetzt
worden ist und als mit angefochten gilt (sog. Devolutiveffekt; vgl. BGE 134 II
142 E. 1.4 S. 144; 129 II 438 E. 1 S. 441).

2.
2.1 Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62 lit. b) und Art. 63
Abs. 2 AuG kann die Niederlassungsbewilligung auch nach einem - wie hier -
länger als 15 Jahre dauernden ununterbrochenen und ordnungsgemässen Aufenthalt
in der Schweiz widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen
Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt eine Freiheitsstrafe
von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.).

2.2 Ebenso ist ein Bewilligungswiderruf gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. b und Art.
63 Abs. 2 AuG u.a. dann möglich, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise
gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen oder diese gefährdet
hat. Dabei ist in erster Linie auf den Stellenwert des beeinträchtigten
Rechtsguts abzustellen; wenn die ausländische Person durch ihre Handlungen
besonders hochwertige Rechtsgüter wie namentlich die körperliche, psychische
und sexuelle Integrität eines Menschen verletzt oder gefährdet hat, sind die
Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG zumeist erfüllt. Indes
können auch vergleichsweise weniger gravierende Pflichtverletzungen als
"schwerwiegend" im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG bezeichnet werden: Ein
Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist namentlich auch dann möglich, wenn
sich eine ausländische Person von strafrechtlichen Massnahmen nicht
beeindrucken lässt und damit zeigt, dass sie auch zukünftig weder gewillt noch
fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten. Ob der Ausländer willens und in
der Lage ist, sich in die hier geltende Ordnung einzufügen, kann nur anhand
einer Gesamtbetrachtung seines Verhaltens beurteilt werden; auch eine
Summierung von Verstössen, die für sich genommen für einen Widerruf nicht
ausreichen würden, können deshalb einen Bewilligungsentzug rechtfertigen, und
sogar das Bestehen von privatrechtlichen Schulden kann gegebenenfalls einen
schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung
darstellen, wenn die Verschuldung mutwillig erfolgt ist (BGE 137 II 297 E. 3 S.
302 ff. mit Hinweisen).

2.3 Wenn ein Ausländer durch sein Verhalten einen Widerrufsgrund gesetzt hat,
bleibt zu prüfen, ob diese Massnahme auch als verhältnismässig erscheint. Dabei
sind namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration sowie
die dem Betroffenen drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E.
4.3 ff. S. 381 ff.; vgl. auch Art. 96 Abs. 1 AuG). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu dieser gesetzlichen Regelung und zu den analogen früheren
Bestimmungen (Art. 10 Abs. 1 lit. a und Art. 11 Abs. 3 ANAG) sind umso
strengere Anforderungen an eine fremdenpolizeiliche Massnahme zu stellen, je
länger ein Ausländer in der Schweiz anwesend war. Selbst bei einem Ausländer,
der bereits hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in der Schweiz
verbracht hat (Ausländer der zweiten Generation), sind fremdenpolizeiliche
Massnahmen aber nicht ausgeschlossen; bei schweren bzw. wiederholten
Straftaten, insbesondere bei Gewalt-, Sexual- und Betäubungsmitteldelikten,
besteht hieran ein wesentliches öffentliches Interesse (BGE 122 II 433 E. 2c S.
436; 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190).

2.4 Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich auch aus
Art. 8 Ziff. 2 EMRK: Danach ist ein Eingriff in das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK
geschützte Privat- und Familienleben dann statthaft, wenn er gesetzlich
vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen
Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das
wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung oder zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral
sowie der Rechte und Freiheiten anderer notwendig erscheint. Bei der
Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind - wie früher bei
jener nach Art. 11 Abs. 3 ANAG - die Schwere des begangenen Delikts, der seit
der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser
Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene Person sowie deren
familiäre Situation zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381). Unter
den Gesichtspunkten der Dauer der Anwesenheit sowie der persönlichen und
familiären Nachteile ist es grundsätzlich angezeigt, bei Ausländern, die in der
Schweiz aufgewachsen sind, von fremdenpolizeilichen Massnahmen zurückhaltend
Gebrauch zu machen (vgl. Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006 Üner gegen die
Niederlande, Nr. 46410/99, § 58 in fine; vom 22. Mai 2008 Emre gegen die
Schweiz, Nr. 42034/04, § 69, sowie vom 23. Juni 2008 Maslov gegen Österreich,
Nr. 1638/03, § 74 f.).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer wurde wegen verschiedener schwerer Delikte insgesamt
zu über viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, womit er einen
Widerrufsgrund im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62
lit. b) AuG gesetzt hat. Ob das Verhalten des Beschwerdeführers zugleich als
schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne
von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG zu werten ist, bedarf somit keiner näheren
Betrachtung, weil dieser Widerrufsgrund in der vorliegenden Konstellation
ohnehin nur subsidiär zur Anwendung kommt, wenn es an den Voraussetzungen für
einen Widerruf in Anwendung von Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art.
62 lit. b) AuG gebricht (vgl. BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381).

3.2 Die kantonalen Behörden haben sodann die für die Beurteilung des Widerrufs
der Niederlassungsbewilligung relevanten Kriterien zutreffend dargelegt. Der
Beschwerdeführer wurde unter anderem wegen Schändung, Freiheitsberaubung,
Entführung, sexueller Handlungen mit einem Kind und gewerbsmässig begangenen
Diebstahls verurteilt. Gemäss dem Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn
hat der Beschwerdeführer eine bemerkenswerte kriminelle Energie an den Tag
gelegt und es trifft ihn ein grosses Verschulden. Aus dem blossen Hinweis, es
habe sich beim schwersten Delikt um ein Beziehungsdelikt gehandelt, welches nun
acht Jahre zurückliege, und er habe an einer schizoiden Störung gelitten, kann
der Beschwerdeführer unter diesen Umständen nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Angesichts der Schwere der mehrfach begangenen Delikte vermag an dieser
Einschätzung auch nichts zu ändern, dass gemäss Beurteilung der konkordatlichen
Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefahr von Straftätern (KoFako) vom
25. Mai 2011 der Beschwerdeführer nicht als gemeingefährlich beurteilt wird;
immerhin hält es die KoFako für möglich, dass der Beschwerdeführer in einer
neuen Partnerschaft unter Umständen erneut mit ähnlichem deliktischen Verhalten
auftreten könnte. Zudem führt der Therapiebericht der
Forensisch-Psychiatrischen Dienste der Universität Bern vom 17. Mai 2011 aus,
die Fachkommission erkenne kaum soziale Kompetenzen, welche sich
deliktspräventiv auswirken würden (vgl. angefochtener Entscheid E. 5a). Unter
diesen Umständen kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er
ausführt, die Rückfallgefahr sei "weitgehend gebannt".
Abgesehen davon muss bei Ausländern, welche sich - wie der Beschwerdeführer -
nicht auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA; SR 0.142.112.681) berufen können,
beim Fernhalteinteresse nicht allein auf das Kriterium der Rückfallgefahr und
-wahrscheinlichkeit abgestellt werden, sondern es darf auch generalpräventiven
Gesichtspunkten Rechnung getragen werden (Urteile 2C_28/2010 vom 25. März 2011
E. 2.3, 2C_466/2009 vom 13. Januar 2010 E. 5.2; je mit Hinweisen). Zudem
verfolgt das Bundesgericht insbesondere auch bei Delikten gegen die körperliche
und sexuelle Integrität eine strenge Praxis (BGE 125 II 521 E. 4.a/aa S. 526
f.; 122 II 433 E. 2.c S. 436 f.): Selbst ein relativ geringes Rückfallrisiko
muss in diesen Fällen nicht hingenommen werden.
Mit der Vorinstanz ist damit von einem grossen öffentlichen Interesse daran
auszugehen, dem Beschwerdeführer die weitere Anwesenheit in der Schweiz zu
verwehren.

3.3 Die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in
der Schweiz fallen demgegenüber weniger schwer ins Gewicht.
Der Beschwerdeführer reiste bereits 1990 im Alter von neun Jahren in die
Schweiz ein und lebt - seit der Legalisierung seines Aufenthalts 1993 - seit 19
Jahren im Land. Davon abzuziehen ist freilich die Zeit (knapp drei Jahre), in
der er sich im Strafvollzug befunden hat. Der Vorinstanz ist insgesamt
zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer aufgrund des langen Aufenthalts und der
familiären Bande stark mit der Schweiz verbunden ist. Hingegen hat der
Beschwerdeführer keine Ausbildung abgeschlossen und musste während längerer
Zeit von der Sozialhilfe unterstützt werden. Es ist ihm - auch bedingt durch
seine Delinquenz und den sich daraus ergebenden Strafvollzug - nicht gelungen,
sich wirtschaftlich in der Schweiz zu integrieren. Insgesamt ist festzuhalten,
dass der Grad der Integration in die schweizerische Gesellschaft nicht mit
seiner relativ langen Aufenthaltsdauer in der Schweiz korrespondiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Beschwerdeführer auch weder durch die
Beziehungen zu seinen Familienangehörigen noch durch Verurteilungen hat davon
abhalten lassen, weitere Delikte zu begehen.
Dem Beschwerdeführer ist zwar insofern zuzustimmen, dass der Widerruf der
Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der schon seit langer Zeit in der
Schweiz lebt, nur mit Zurückhaltung angeordnet werden soll. Jedoch ist ein
solcher bei Gewalt- und Sexualdelikten bzw. wiederholter schwerer
Straffälligkeit selbst dann keineswegs ausgeschlossen, wenn ein Ausländer hier
geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in der Schweiz verbracht hat (vgl.
E. 2.3 hiervor). Umso mehr trifft dies auf den Beschwerdeführer zu, der die
ersten neun Jahre seines Lebens im Kosovo verbracht hat.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass ihm Kultur und Gepflogenheiten seines
Heimatlandes durch sein Elternhaus vermittelt worden und somit nicht gänzlich
unvertraut sind. Insgesamt erscheint eine Reintegration - trotz gewisser
Schwierigkeiten - als möglich und ist mit keiner unzumutbaren Härte verbunden.
Es mag zutreffen, dass dem Beschwerdeführer in seiner Heimat nicht die gleichen
beruflichen Perspektiven offenstehen wie in der Schweiz. Diese Folge ist
indessen seinem kriminellen Verhalten zuzuschreiben und insofern hinzunehmen.

3.4 Soweit sich der Beschwerdeführer im Weiteren sinngemäss auf Art. 8 Ziff. 1
EMRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) beruft, kann ihm - abgesehen
davon, dass es sich als fraglich erweist, ob die Rügen überhaupt den
Begründungsanforderungen (vgl. E. 1.3 hiervor) zu genügen vermögen - nicht
gefolgt werden.
Zwar kann das in Art. 8 Ziff. 1 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat-
und Familienlebens verletzt sein, wenn einem Ausländer, dessen
Familienangehörige hier weilen, die Anwesenheit untersagt und damit das
Familienleben vereitelt wird. Das geschützte Familienleben beschränkt sich in
erster Linie auf die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren
minderjährigen Kindern (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.2 S. 146 mit Hinweisen). In
den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen aber auch nicht rechtlich begründete
familiäre Verhältnisse, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich
gelebte Beziehung besteht; entscheidend ist die Qualität des Familienlebens und
nicht dessen rechtliche Begründung (BGE 135 I 143 E. 3.1 S. 148).
Der Beschwerdeführer ist gemäss den Feststellungen der Vorinstanz seit mehreren
Jahren mit einer serbischen Staatsangehörigen liiert, hat mit ihr zwei Kinder
und beabsichtigt offenbar, bald zu heiraten. Allerdings verfügen die Verlobte
und die beiden Kinder des Beschwerdeführers über keinen gesicherten
Aufenthaltsstatus in der Schweiz (Ausweis F: vorläufig aufgenommene
Ausländerin). Ob die Beziehung als hinreichend stabil betrachtet werden kann,
um dem Beschwerdeführer einen Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK
einzuräumen, erscheint aufgrund der Rechtsprechung (vgl. BGE 135 I 43 E. 3.1 S.
148) und gerade auch im Hinblick auf den unsicheren Aufenthaltsstatus als
zweifelhaft. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da ein Eingriff in
das geschützte Familienleben nach Art. 8 Abs. 2 EMRK angesichts der Schwere der
noch nicht weit zurückliegenden Straftätigkeit ohnehin verhältnismässig wäre.
Zudem ist die Verlobte des Beschwerdeführers ebenfalls im Kosovo geboren und
erst im Alter von elf Jahren in die Schweiz eingereist. Sie ist hier zwar
integriert und es würde ihr gewiss schwer fallen, mit dem Beschwerdeführer
auszureisen. Indessen wäre ihr eine Ausreise in den Kosovo nicht geradezu
unzumutbar. Zu berücksichtigen ist auch, dass sie nicht ohne Weiteres damit
rechnen konnte, ihre Beziehung mit dem Beschwerdeführer, über dessen "Vorleben"
(vgl. Beschwerde Ziff. 10) sie informiert ist, zukünftig in der Schweiz leben
zu können.

3.5 Mit Blick auf die begangenen Delikte und die nicht hinzunehmende
Rückfallgefahr bestehen ordnungs- und sicherheitspolitische Gründe, welche die
privaten Interessen an einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers überwiegen
und den Widerruf der Bewilligung bzw. einen Eingriff in das Recht auf Achtung
des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK rechtfertigen. Das
angefochtene Urteil ist bundesrechts- und konventionskonform.

4.
4.1 Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

4.2 Da dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung vor Bundesgericht infolge Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren
nicht entsprochen werden kann (Art. 64 BGG), hat der unterliegende
Beschwerdeführer grundsätzlich die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen. Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers wird indessen bei der Bemessung der
Gerichtsgebühr Rechnung getragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um entgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern des Kantons
Solothurn, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Dezember 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Winiger