Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.366/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_366/2012

Urteil vom 1. Mai 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Donzallaz,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Pierre André Rosselet,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Widerruf/Nichterneuerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 1. März 2012.

Erwägungen:

1.
X.________ (geb. 1979)stammt aus Algerien. Er heiratete am 10. September 2007
in Deutschland eine Schweizer Bürgerin und reiste am 29. Januar 2008 in die
Schweiz ein, wo ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin
erteilt wurde. Am 21. März 2011 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich
die bis zum 28. Januar 2012 gültige Bewilligung, nachdem die Ehe am 27. Januar
2011 geschieden worden war. Die kantonalen Rechtsmittel hiergegen blieben ohne
Erfolg. X.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. März 2012 aufzuheben und das
Migrationsamt anzuweisen, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.

2.
Die Eingabe erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann deshalb ohne
Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:

2.1 Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art.
51 Abs. 1 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs.
1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven
Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert
und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat
(Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3). Eine (relevante)
Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt
wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht (BGE 137 II 345 E. 3.1.2 S. 347).
Mit Blick auf Art. 49 AuG, der den Ehegatten bei weiterdauernder
Familiengemeinschaft gestattet, aus "wichtigen Gründen" getrennt zu leben, ist
jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ab welchem
Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv aufgelöst zu gelten hat. Für
die Berechnung der Frist von drei Jahren ist ausschliesslich die in der Schweiz
gemeinsam verbrachte Zeit massgebend (BGE 136 II 113 E. 3.3; bestätigt im
Urteil 2C_430/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 4.1.1); zudem gilt die Grenze von
drei Jahren absolut (Urteil 2C_430/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 4.1): Selbst
wenn sie nur um wenige Wochen oder Tage verpasst wird, besteht kein Anspruch
mehr darauf, dass die Bewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
verlängert wird (Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.1.3); der Fall
ist dann gegebenenfalls aufgrund der strengeren Voraussetzungen des
nachehelichen Härtefalls zu prüfen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG; vgl. BGE 137 II
345 E. 3.2.1 S. 348).

2.2 Der Beschwerdeführer ist am 29. Januar 2008 in die Schweiz eingereist; erst
ab diesem Zeitpunkt konnte die Frist von drei Jahren gemäss Art. 50 Abs. 1 lit.
a AuG für ihn zu laufen beginnen. Zwar hatten er und seine Gattin bereits am
10. September 2007 in Deutschland geheiratet, doch lebten sie in den
entsprechenden rund vier Monaten bis zu seiner Einreise nicht in der Schweiz
zusammen. Entgegen der Kritik liegt in der Dauer des grundsätzlich im Ausland
abzuwartenden Bewilligungsverfahrens kein wichtiger Grund im Sinn von Art. 49
AuG, der eine Abweichung vom Grundsatz rechtfertigen würde, dass bei der
Fristberechnung ausschliesslich die in der Schweiz gemeinsam verbrachte Zeit
massgebend sein kann (vgl. BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119). Die Ehegatten haben
am 15. Dezember 2010 ihre Scheidungskonvention unterschrieben und damit zum
Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beziehung bereits zu diesem Zeitpunkt als
gescheitert erachteten und kein Ehewille mehr bestand, auch wenn die
entsprechende Regelung noch durch das Gericht zu genehmigen war, sie noch bis
in den März 2011 an der gleichen Adresse gewohnt haben wollen und - rein
hypothetisch - auch noch eine Wiedervereinigung denkbar gewesen wäre. Mit der
Vorinstanz ist davon auszugehen, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung
widerspricht, eine Scheidungskonvention ohne jeglichen Anlass, einzig mit Blick
auf eine theoretisch denkbare, in weiter Zukunft liegende Scheidung aufzusetzen
und zu unterschreiben. Die Ehe bzw. das eheliche Zusammenleben hat deshalb
keine drei Jahre gedauert; darin, dass die Fristberechnung bei den drei Jahren
streng gehandhabt wird, liegt - entgegen der Kritik des Beschwerdeführers -
kein überspitzter Formalismus: Es soll damit Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG
praktikabel (vgl. BGE 136 II 113 E. 3.3.4) und rechtsgleich gehandhabt werden;
im Übrigen kann bei verpasster Frist immer noch ein Bewilligungsanspruch im
Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG geltend gemacht werden, was der
Beschwerdeführer indessen nicht tut. Inwiefern die Vorinstanz ihr Ermessen
nicht "betätigt" hätte, wie er weiter kritisiert, ist nicht ersichtlich: Sie
hat sowohl die Frage der Erteilung einer Anspruchs- wie einer
Ermessensbewilligung geprüft; gegen die Bewilligungsverweigerung im
Ermessensbereich kann grundsätzlich nicht an das Bundesgericht gelangt werden
(vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; Urteil 2C_53/2012 vom 25. Januar 2012 E.
2.2.1).

3.
3.1 Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Für alles Weitere wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache
selber wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

3.2 Die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers waren aufgrund der
bundesgerichtlichen Praxis und der Darlegungen im angefochtenen Entscheid
aussichtslos, weshalb dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung nicht entsprochen werden kann (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Der
Beschwerdeführer hat die Kosten für das vorliegende Verfahren zu tragen (Art.
66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgewiesen.

2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 1. Mai 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar