Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.29/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_29/2012

Urteil vom 16. August 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Errass.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich.

Gegenstand
Direkte Bundessteuer 1.7.2005 - 30.6.2006 (Wiederaufnahme SB.2009.00080),

Beschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
2. Kammer, vom 30. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG bezweckt den An- und Verkauf sowie die Verwaltung von
Liegenschaften und die Beratung im Architektur- und Baubereich. Sie ist unter
anderem Eigentümerin der Liegenschaft an der A.________strasse bzw.
B.________strasse in V.________. Hauptaktionär und einziger Verwaltungsrat ist
Z.________. Im Geschäftsjahr 1.7.2005 bis 30.6.2006 resultierte bei der
Gesellschaft ein Gewinn von Fr. 195'698.--, und sie wies Verlustvorträge aus
früheren Geschäftsjahren aus.

B.
Für die Steuerperiode vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 deklarierte die
X.________ AG einen steuerbaren Gewinn von Fr. 0. Der Steuerkommissär übernahm
zwar den ausgewiesenen Gewinn von Fr. 195'698.--, liess jedoch nur
Vorjahresverluste von insgesamt Fr. 104'369.-- zur Verrechnung zu, was einen
steuerbaren Gewinn von Fr. 91'300.-- (abgerundet) ergab. Eine Einsprache
hiergegen wurde vom kantonalen Steueramt am 12. März 2009, eine Beschwerde von
der Steuerrekurskommission I am 17. Juni 2009 und schliesslich eine Beschwerde
vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 3. März 2010 abgewiesen. Eine
hiergegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hiess
das Bundesgericht am 18. Februar 2011 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs
gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück (Urteil
2C_356/2010, in: StE 2011 A 21.13 Nr. 9). Mit Urteil vom 30. November 2011 wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde erneut ab.

C.
Vor Bundesgericht beantragt die X.________ AG, das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. November 2011 aufzuheben, den
ausgewiesenen Reingewinn um eine nachträgliche Abschreibung von Fr. 100'000.--
zu reduzieren und im verbleibenden Umfang mit dem Verlustvortrag zu verrechnen,
so dass ein steuerbarer Reingewinn von Fr. 0 resultiere, eventuell die Sache an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie rügt eine unrichtige
Sachverhaltsfeststellung sowie eine Verletzung von Bundesrecht.

D.
Das Kantonale Steueramt Zürich und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, und die
Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf deren Abweisung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 82
ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG (SR 642.11) zulässig. Die
Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf die frist- und
formgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (Art. 100
BGG).

1.2 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellungen können
nur berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).

1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die vorliegende Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nur
teilweise; soweit das nicht der Fall ist, kann auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden.

2.
2.1 Gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. a DBG bildet der Saldo der Erfolgsrechnung unter
Berücksichtigung des Saldovortrages Ausgangspunkt für die Bestimmung des
steuerbaren Reingewinns. Das Steuergesetz verweist damit ausdrücklich auf den
handelsrechtlichen Erfolgsausweis. Aus dieser expliziten Anknüpfung wird der
Grundsatz der Massgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz
abgeleitet. Dieses sog. Massgeblichkeitspinzip gilt jedoch nur dann, wenn der
Erfolgsausweis nicht unter Verletzung zwingender Bestimmungen des Handelsrechts
zustande kam und sofern nicht spezielle steuerrechtliche Vorschriften für die
Gewinnermittlung zu beachten sind (Urteil 2A.370/2004 vom 11. November 2005 E.
2.1, in: ASA 77, S. 257 ff., 260 f.; Urteil 2A.458/460/2002 vom 15. Oktober
2004 E. 4.1, in: StE 2005 B 72.15.2 Nr. 6, je mit Hinweisen). Dies wirkt sich
auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht aus: Die steuerpflichtige Gesellschaft
muss sich nach diesen Vorschriften grundsätzlich bei der von ihr in ihren
ordnungsgemäss geführten Büchern erscheinenden Darstellung der Vermögenslage
des Jahresergebnisses behaften lassen (Urteil 2C_515/2010 vom 13. September
2011 E. 2.2, in: StE 2011 B 23.41 Nr. 5, mit Hinweis). Wurden
handelsrechtswidrige Ansätze gewählt, ist eine Korrektur bis zum Eintritt der
Rechtskraft der Veranlagung zulässig (sog. Bilanzberichtigung); demgegenüber
sind blosse Bilanzänderungen, bei denen ein handelsrechtskonformer Wertansatz
durch eine andere, ebenfalls handelsrechtskonforme Bewertung ersetzt wird (sog.
Bilanzänderung), nur bis zur Einreichung der Steuererklärung zulässig. Eine
Änderung der Bilanz durch die steuerpflichtige Gesellschaft im Laufe des
Veranlagungsverfahrens ist grundsätzlich nur noch zulässig, wenn sich zeigt,
dass sie in einem entschuldbaren Irrtum über die steuerlichen Folgen gewisse
Buchungen vorgenommen hat. In der Regel ausgeschlossen sind hingegen
Bilanzänderungen, mit denen Wertänderungen zum Ausgleich von Aufrechnungen im
Veranlagungsverfahren erfolgen oder die lediglich aus Gründen der
Steuerersparnis vorgenommen werden (Urteil 2P.140/2A.313/2004 vom 9. Dezember
2004 E. 5.4.1, in: StR 60, S. 429 ff., 433 f.; Urteil 2A.275/1998 vom 6. März
2000 E. 3b/bb in fine). "Bilanzberichtigungen" aus denselben Motiven sind
gleichfalls mit äusserster Zurückhaltung anzuerkennen.

2.2 Hier nahm die Beschwerdeführerin in angeblich "bilanzberichtigender" Weise
eine ausserordentliche Abschreibung von Fr. 100'000.-- auf der Liegenschaft
A.________strasse bzw. B.________strasse in V.________ vor. Dies nachdem sie
vom Steuerkommissär nicht mit dem deklarierten steuerbaren Reingewinn von Fr.
0, sondern einem solchen von Fr. 91'300.-- veranlagt worden war. So wäre es
beim von der Beschwerdeführerin deklarierten steuerbaren Reingewinn von Fr. 0
geblieben. Gegen ein derart spätes Entdecken einer behaupteten
Handelsrechtswidrigkeit des Buchwertes der Liegenschaft A.________strasse bzw.
B.________strasse bei einer Aktiengesellschaft, die von einem fachkompetenten
Treuhänder beherrscht wird, sind bereits erhebliche Zweifel angebracht (vgl. E.
2.1 in fine). Die Beschwerdeführerin erklärte nie, weshalb sie die behauptete
Überbewertung erst nach der - ihr nicht passenden - Veranlagung entdeckt haben
soll (vgl. den nichtssagenden "neuen" Revisionsbericht vom 11. September 2008).
Zwar wird schon im Revisionsbericht vom 12. März 2008 darauf hingewiesen, dass
(vorläufig) auf der Liegenschaft keine Abschreibung vorgenommen wurde.
Gleichzeitig wird bereits in Aussicht gestellt: "Vorbehältlich der
Steuereinschätzung muss diese Abschreibung nachträglich noch verbucht werden".
Daraus erhellt, dass man den "Abschreibungsbedarf" offensichtlich vom
(zufriedenstellenden) Ergebnis der Veranlagung abhängig machte. Ein solches
Vorgehen ist aber mit Treu und Glauben nicht vereinbar. Dabei geht es hier um
die Frage der Zulässigkeit einer ausserordentlichen Abschreibung von rund 1
Prozent, weshalb der Hinweis auf die im Merkblatt über Abschreibungen
geschäftlicher Betriebe von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgelegten
Normalsätze für ordentliche Abschreibungen (ASA 63, S. 632 ff.) verfehlt ist.
Im Übrigen verkennt die Beschwerdeführerin, dass nach anerkannter
Bewertungspraxis (HEINZ WENGER/MUCK MARC WENGER/WOLFGANG NAEGELI, Der
Liegenschaftenbewerter, 5. Aufl. Zürich 2009, S. 26 ff.) und nach der Weisung
des Regierungsrates an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften
und die Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2003 (Weisung 2003) vom
19. März 2003, Ziff. 38 ff. (vgl. auch FELIX RICHNER/WALTER FREI/STEFAN
KAUFMANN/HANS ULRICH MEUTER, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. Aufl. Zürich 2006, Rz. 74 zu § 39 StG) für die Ertragswertbestimmung der
Bruttoertrag der Mietzinsen massgebend ist. Die Beschwerdeführerin geht aber
bei ihren Ertragswertberechnungen stets von einem Nettoertrag - nach Abzug der
Unterhaltskosten - aus, weshalb ihr gestützt darauf ermittelter "Verkehrswert"
der Liegenschaft A.________strasse/B.________strasse überhaupt nicht schlüssig
ist. Nachdem sie für steuermindernde Tatsachen die Beweislast trägt (BGE 133 II
153 E. 4.3 S. 158), muss dieser Beweis eines angeblich tieferen Verkehrswertes
als gescheitert angesehen werden. Deshalb ist der Schluss der Vorinstanz, die
Voraussetzungen für eine nachträgliche "Bilanzberichtigung" seien hier nicht
erfüllt, nicht zu beanstanden.

3.
3.1 Vom Reingewinn der Steuerperiode können Verluste aus sieben der
Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei
der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt
werden konnten (Art. 67 Abs. 1 DBG). Die vortragbaren Verluste sind für Zwecke
der direkten Bundessteuer laufend nachzuführen und zu dokumentieren. Die Höhe
des Verlustvortrags wird erst geprüft, wenn sie mit Gewinnen verrechnet werden
sollen, d.h. auch für zurückliegende Steuerperioden (Urteil 2C_645/2011 vom 12
März 2012 E. 3.4, in: StR 67, S. 436 ff., 441 f., mit Hinweisen). Streitig ist
hier die Höhe des verrechenbaren Verlustvortrags aus dem Geschäftsjahr 2002/03.

3.2 Die Beschwerdeführerin hat vor der Vorinstanz die Berechnung des
anrechenbaren Verlustvortrages unter zwei Aspekten gerügt, nämlich die
Verteilung einer Zinsrückstellung auf mehrere Geschäftsjahre und die zweimalige
Aufrechnung einer früheren Aufwertung. Mit beiden Vorbringen setzt sich die
Vorinstanz eingehend auseinander und beurteilt sie als nicht berechtigt. Die
Beschwerdeführerin begründet nicht näher, weshalb diese Erwägungen willkürlich
sein sollen bzw. den Sachverhalt offensichtlich unrichtig feststellen. Sie
lässt es mit pauschaler Kritik und unqualifizierten Unmutsäusserungen bewenden
und zieht die Fachkompetenz der Vorinstanzen generell in Zweifel. Auf solche
Vorbringen tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. E. 1.3).

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 16. August 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Errass