Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.298/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_298/2012

Urteil vom 5. April 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Pablo Blöchlinger,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 22. Februar 2012.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1974) stammt aus der Dominikanischen Republik. Er war vom
20. Mai 2003 bis zum 1. Juli 2011 mit einer im Kanton Zürich niedergelassenen
Landsfrau verheiratet. Der Ehe entstammt der Sohn Y.________ (geb. 2004).
Dieser steht seit der Trennung der Eheleute X.________ am 23. Juni 2005 unter
der Obhut bzw. der elterlichen Sorge der Mutter, wobei X.________ ein
Besuchsrecht zugesprochen erhielt (offenbar erster und dritter
Sonntagnachmittag pro Monat). X.________ will zudem der Vater eines weiteren in
der Schweiz lebenden Sohns (geb. 2006) einer hier anderweitig verheirateten
Landsfrau sein.

1.2 Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte X.________ am 13. Oktober 2010
wegen bandenmässigen Handels mit Kokain zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten
(bedingt) und einer Busse von Fr. 300.--. In der Folge lehnte das Migrationsamt
des Kantons Zürich es am 22. März 2011 ab, die am 19. Februar 2011 abgelaufene
Aufenthaltsbewilligung von X.________ zu verlängern. Hiergegen gelangte dieser
erfolglos an die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich. Er beantragt vor Bundesgericht, dessen Urteil vom 22. Februar 2012
aufzuheben.

2.
Die Eingabe erweist sich aufgrund der im angefochtenen Entscheid zutreffend
wiedergegeben bundesgerichtlichen Praxis als offensichtlich unbegründet und ist
ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG zu erledigen:
2.1
2.1.1 Eine Aufenthaltsbewilligung kann widerrufen bzw. gegebenenfalls nicht
(mehr) verlängert werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen
Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt
worden ist. Mehrere unterjährige Strafen dürfen dabei nicht kumuliert werden
(Art. 62 lit. b AuG; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2 S. 299 ff.),
jedoch spielt keine Rolle, ob die Sanktion jeweils bedingt, teilbedingt oder
unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1).
Der Widerruf oder die Nichtverlängerung der Bewilligung muss sich immer als
verhältnismässig erweisen. Dabei sind - soweit eine anspruchsbegründende
Situation im Sinne von Art. 8 EMRK besteht (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG) -
namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der
seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten der ausländischen Person
während diesem, der Grad der Integration bzw. die Dauer der bisherigen
Anwesenheit sowie die ihr bzw. ihrer Familie drohenden Nachteile zu
berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.; Urteil 2C_679/2011 vom 21.
Februar 2012 E. 3.2 mit Hinweisen; vgl. auch das Urteil des EGMR Trabelsi gegen
Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff. bezüglich der
Ausweisung eines in Deutschland geborenen, straffällig gewordenen Tunesiers).
Nach der Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind
die privaten Interessen an der Bewilligungserteilung den öffentlichen an deren
Verweigerung gegenüberzustellen, wobei diese jene in dem Sinne überwiegen
müssen, dass sich der mit der Verweigerung der Bewilligung verbundene Eingriff
in das Familienleben als notwendig erweist (BGE 135 I 143 E. 2.1 S. 147, 153 E.
2.2.1 S. 156; 122 II 1 E. 2 S. 6 mit Hinweisen).
2.1.2 Der nicht sorgeberechtigte Ausländer kann die familiäre Beziehung zu
seinem Kind von vornherein nur im beschränkten Rahmen seines Besuchsrechts
leben. Hierzu ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass er sich
dauernd im gleichen Land aufhält wie dieses und dort über eine
Aufenthaltsbewilligung verfügt. Den Anforderungen von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13
Abs. 1 BV ist Genüge getan, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von
Kurzaufenthalten vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei die Modalitäten
allenfalls sachgerecht anzupassen sind. Einen weiter gehenden Anspruch
anerkennt das Bundesgericht nur, wenn mit der Verweigerung der Bewilligung in
eine wirtschaftlich und affektiv besonders enge Beziehung eingegriffen wird,
die wegen der Distanz zum Heimatland des Ausländers praktisch nicht
aufrechterhalten werden könnte, und das bisherige Verhalten des
Besuchsberechtigten in der Schweiz zudem zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat
("tadelloses Verhalten", "comportement irréprochable", comportamento
irreprensibile", vgl. BGE 120 Ib 1 E. 3c S. 5, 22 E. 4a/b). Nur unter diesen
Voraussetzungen - so die Praxis - kann das private Interesse am Verbleib im
Land gestützt auf ein Besuchsrecht ausnahmsweise das öffentliche an einer
einschränkenden bzw. kontrollierten nationalen Einwanderungspolitik im Rahmen
von Art. 8 Ziff. 2 EMRK überwiegen (vgl. BGE 135 I 153 ff.; Urteil 2C_692/2011
vom 22. September 2011 E. 2.2.2).
2.2
2.2.1 Der Beschwerdeführer verfügt über ein relativ beschränktes Besuchsrecht
zu seinem Sohn Y.________. Ob die Beziehung zwischen ihnen in affektiver und
wirtschaftlicher Hinsicht als intensiv bezeichnet werden kann, ist aufgrund der
verschiedenen Aussagen der Beteiligten nicht eindeutig festgestellt. Die Mutter
erklärte einerseits, der Sohn habe einen sehr guten Kontakt zu seinem Vater,
der die Alimente auch regelmässig bezahle, andererseits äusserte sie sich aber
auch dahin, dass gar keine Beziehung bestehe, Y.________ seinen Vater nicht
kenne und ihn dieser nach der Trennung nur einmal besucht habe; die
Alimentenzahlungen seien bevorschusst und nicht durch den Beschwerdeführer -
wie von ihm behauptet - bar bezahlt worden. Wie es sich damit verhält, braucht
indessen nicht weiter vertieft zu werden. Der Beschwerdeführer hat sich auf
jeden Fall hier nicht tadellos verhalten, sondern einen Widerrufsgrund nach
Art. 62 lit. b AuG gesetzt: Er ist in der Drogenszene schwer straffällig und am
13. Oktober 2010 wegen bandenmässigen Kokainhandels zu 18 Monaten
Freiheitsstrafe (bedingt) verurteilt worden. Ausgangspunkt und Massstab für die
Schwere des Verschuldens und die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung bildet
die vom Strafrichter verhängte Sanktion (BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Soweit
der Beschwerdeführer geltend macht, die kantonalen Instanzen hätten
ausländerrechtlich zu wenig berücksichtigt, dass er geständig gewesen sei,
verkennt er, dass diesem Umstand bereits im Strafurteil Rechnung getragen
wurde. Bezüglich der Beurteilung des Rückfallrisikos ist nach Art und Ausmass
der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die
möglichen Rechtsgüterverletzungen sind, desto niedriger sind die Anforderungen
an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr. Je länger ein Straftäter deliktsfrei
lebt, um so eher lässt sich ihm wieder Vertrauen entgegenbringen und kann sich
die Annahme rechtfertigen, dass es zu keinen weiteren Straftaten kommt (vgl.
Urteil 2C_36/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 3.2 mit Hinweisen). Zwar will der
Beschwerdeführer aus der Verurteilung seine Lehren gezogen haben; dies genügt
indessen - mangels hinreichender zeitlicher Distanz - vorliegend nicht, um die
Gefahr eines weiteren Rückfalls (bereits) ausschliessen zu können und sein
privates Interesse dem öffentlichen am Schutz der Bevölkerung vor potenziell
rückfallgefährdeten ausländischen Straftätern aus Drittstaaten, die wie er die
Gesundheit einer grossen Anzahl von Personen gefährdet haben, vorgehen zu
lassen. Auch der Umstand, dass er sich seit der Verurteilung wohlverhalten hat,
ändert hieran nichts: Der Beschwerdeführer befindet sich nach wie vor in der
strafrechtlichen Probezeit; im Übrigen ist sein ausländerrechtliches
Bewilligungsverfahren hängig, sodass ein korrektes Verhalten seinerseits
naheliegt und keine definitive Aussage über die Rückfallgefahr zulässt. Das
Bundesgericht verfolgt bei Drogenhandel - in Übereinstimmung mit der in Europa
vorherrschenden Rechtsauffassung (vgl. BGE 129 II 215 E. 6 u. 7 S. 220 ff.) -
ausländerrechtlich eine strenge Praxis.
2.2.2 Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit rund zehn Jahren im Land auf,
doch scheint er sich hier nicht besonders gut integriert zu haben. Weder die
Beziehung zu seinem ehelichen noch jene zu seinem ausserehelichen Sohn, dessen
Vaterschaft jedoch nicht erstellt ist, haben ihn davon abhalten können,
bandenmässig im Drogenhandel aktiv zu werden. Dabei hat er in Kauf genommen,
seine Beziehung zu diesen unter Umständen nicht mehr oder nurmehr punktuell
hier leben zu können. Der Beschwerdeführer ist mit 28 Jahren in die Schweiz
gekommen und mit Sprache und Kultur seines Heimatlandes nach wie vor bestens
vertraut, hat er sich doch in den Jahren 2007 und 2010 dort aufgehalten. Unter
diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz angenommen
hat, das Interesse an der Kontrolle der Zuwanderung und am Schutz der
Bevölkerung vor ausländischen Personen, welche dem qualifizierten Drogenhandel
nachgegangen sind, überwiege jenes des Beschwerdeführers, im Rahmen einer
dauernden Anwesenheit in der Schweiz das Besuchsrecht zu seinem Sohn an jedem
zweiten Sonntag wahrnehmen zu können. Es ist ihm zumutbar, die auf ein
Besuchsrecht beschränkte Beziehung zu diesem, mittels Kurzaufenthalten, Post,
Telefon usw. von der Heimat aus zu pflegen (vgl. auch das Urteil 2C_213/2012
vom 13. März 2012 E. 2.2.3).
2.2.3 Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Interessenabwägung
einwendet, überzeugt nicht: Soweit er auf das Kindeswohl verweist, welches
seine Anwesenheit gebiete, verkennt er, dass dieses im Rahmen von Art. 8 Ziff.
2 EMRK nur ein zu berücksichtigender Faktor unter mehreren
(Einwanderungskontrolle, Schutz vor Straftätern usw.) und nicht der allein
ausschlaggebende ist (vgl. das Urteil 2C_250/2012 vom 28. März 2012 E. 2.2.3).
Ihm steht zudem lediglich ein relativ beschränktes Besuchsrecht und nicht die
Obhut bzw. das Sorgerecht über seinen Sohn zu, sodass kein Fall eines
umgekehrten Familiennachzugs vorliegt. Entgegen der Kritik des
Beschwerdeführers ist die Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung im
Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK nicht notwendigerweise von einer gegenwärtigen
und hinreichend schweren, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührenden
Gefahr für die öffentliche Ordnung abhängig; auch ein potenzielles Risiko darf
dabei bereits berücksichtigt werden. Zwar gelten bei EU-Bürgern im Rahmen des
Freizügigkeitsabkommens (FZA; SR 0.142.112.681) die vom Beschwerdeführer
genannten strengeren Kriterien (vgl. BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20); die
entsprechende Ungleichbehandlung ist indessen nicht diskriminierend:
Privilegierungen von Ausländern aufgrund von Freizügigkeitsabkommen, welche auf
Gegenrecht basieren, gelten allgemein als zulässig. Vorbehältlich abweichender
staatsvertraglicher Regelungen ist der einzelne Staat befugt, die Einwanderung
und den Aufenthalt von Personen, die nicht über seine Staatsbürgerschaft
verfügen, zu regeln und Angehörige eines anderen Staats oder einer
Staatengruppe auf der Grundlage der Reziprozität besser zu stellen als
Drittstaatsangehörige, die nicht in den Genuss einer entsprechenden
staatsvertraglichen Regelung kommen (vgl. PETER UEBERSAX, § 7 Einreise und
Anwesenheit, N. 7.136, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.],
Ausländerrecht, 2009; GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention,
5. Aufl. 2012, § 22 N. 65).

3.
3.1 Die Eingabe erweist sich somit - unabhängig davon, ob sie als Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten oder subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu
behandeln ist und sie in allen Punkten den gesetzlichen Formerfordernissen
genügt oder nicht (vgl. Art. 42 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1-2.3 S. 245 ff.) -
als unbegründet und ist deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache selber wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

3.2 Der Beschwerdeführer hat die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet
(Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 5. April 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar