Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.294/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_294/2012

Urteil vom 29. März 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch rüT Rechtsberatung- und Übersetzungsbüro Tekol Fatma,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, vertr. durch Migration und
Schweizer Ausweise.

Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung/Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
21. Februar 2012.

Erwägungen:

1.
Der 1965 geborene türkische Staatsangehörige X.________ heiratete im August
1999 eine Schweizer Bürgerin, die zwei Kinder aus einer früheren Ehe mit einem
seiner Verwandten hat. Er selber hat aus einer religiösen Ehe in der Heimat
zwei Kinder. Am 16. Juli 2000 reiste er in die Schweiz ein und erhielt eine
Aufenthaltsbewilligung, die zuletzt bis 2005 verlängert wurde.

Mit Verfügung vom 12. Dezember 2011 lehnte die Migrationsbehörde beim
Departement des Innern des Kantons Solothurn eine Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung von X.________ ab und verfügte seine Wegweisung aus der
Schweiz. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 21. Februar 2012 ab,
unter Ansetzung einer Ausreisefrist auf Ende April 2012.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. März 2012
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts und
die diesem zugrunde liegende Verfügung vom 12. Dezember 2011 seien aufzuheben.

Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.
2.1 Das angefochtene Urteil beruht auf altem Recht (Bundesgesetz vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG]). Dies wird vom
Beschwerdeführer zu Recht nicht bestritten (das massgebliche Gesuch um
Bewilligungsverlängerung datiert von 2005; vgl. Art. 126 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer, AuG
[SR 142.20]).

2.2 Der Beschwerdeführer ist (bzw. war bis zum rechtskräftigen Scheidungsurteil
vom 3. November 2011) mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet. Gemäss Art. 7
Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf
Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Nach einem
ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er
Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG besteht
kein Anspruch, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechts- oder Scheinehe).
Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann
sich die Berufung auf die Ehe im ausländerrechtlichen Verfahren als
rechtsmissbräuchlich erweisen. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn der Ausländer
sich auf eine Ehe beruft, die nur noch formell besteht, weil entweder ihm
selber jeglicher Wille zum Führen einer ehelichen Gemeinschaft fehlt oder für
ihn erkennbar ist, dass keine Aussicht auf ein (weiteres) eheliches
Zusammenleben bzw. auf die Führung einer Lebensgemeinschaft mit dem
schweizerischen Ehegatten besteht, wobei es auf die Ursachen der Trennung nicht
ankommt. Die Berufung auf die Ehe läuft in einem solchen Fall darauf hinaus,
dem Ausländer völlig unabhängig vom Bestand einer ehelichen Beziehung die
Anwesenheit in der Schweiz zu ermöglichen; auf eine derartige Beanspruchung des
gesetzlichen Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten eines Schweizer
Bürgers in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet (BGE 130 II 113 E.
4.2 S. 117; 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen).

2.3 Das Verwaltungsgericht hat Rechtsmissbrauch im beschriebenen Sinn
angenommen; es hält dafür, dass eine wirkliche Ehegemeinschaft nur während rund
eines halben Jahres (bis Ende 2000) bestanden habe und seither die Ehe als
Anspruchsgrundlage im Sinne von Art. 7 ANAG entfalle; jedenfalls sei die Ehe
lange vor Ablauf der fünf Jahre gemäss Art. 7 Abs. 1 zweiter Satz ANAG und vor
einem Entstehen eines Anspruchs auf Niederlassungsbewilligung faktisch
aufgelöst gewesen. Der Beschwerdeführer behauptet seinerseits, dass die
eheliche Gemeinschaft bis mindestens Juli 2006 aufrechterhalten und aktiv
gelebt worden sei.

Bei der Frage, ob eine Ehegemeinschaft besteht bzw. gewollt ist, handelt es
sich um eine Sachverhaltsfrage (vgl. BGE 128 II 145 E. 2.3 S. 152 mit
Hinweisen). An die tatsächlichen Feststellungen seiner Vorinstanzen ist das
Bundesgericht grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, diese
seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. 97 Abs. 1 BGG). Dabei fallen
letztlich bloss die Rügen in Betracht, die Sachverhaltsfeststellung sei
willkürlich oder sie beruhe auf der Verletzung von Verfahrensrechten
(willkürliche Anwendung kantonaler Verfahrensvorschriften, Verletzung des
rechtlichen Gehörs); entsprechende Rügen müssen den strengen
Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügen (BGE 133 II 249 E.
1.4.3 S. 254 f.; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

Das Verwaltungsgericht hat die sich widersprechenden Aussagen des
Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gegeneinander abgewogen und dabei
berücksichtigt, dass die Aussagen von Letzterer nicht gradlinig waren. Es hat
sie im gesamten Kontext gewürdigt und aufgrund verschiedener Umstände (etwa
Würdigung des Textes der Scheidungskonvention) darauf geschlossen, dass ihre
Version insgesamt plausibel erscheine. Der Beschwerdeführer rügt zwar, das
zuständige Amt und das Verwaltungsgericht hätten den Sachverhalt willkürlich
festgestellt, verweist aber allein auf die (von der Vorinstanz nicht verkannten
und diskutierten) Widersprüche in den Aussagen der Ehefrau und stellt
Vermutungen über Motive an, die diese gehabt haben könnte, um ihm schaden zu
wollen. Auf die vorsichtig abwägenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts und
auf dessen Indizien- bzw. Beweiswürdigung (E. 4c des angefochtenen Urteils)
geht er im Einzelnen nicht ein. Damit aber wird die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung, dass schon lange vor 2005 keine Ehegemeinschaft mehr
bestanden habe, nicht in einer den beschriebenen Anforderungen genügenden Weise
gerügt.

Inwiefern das Verwaltungsgericht schweizerisches Recht (namentlich Art. 7 ANAG)
bei diesem Sachverhalt verletzt haben könnte, legt der Beschwerdeführer nicht
dar.

2.4 Die Beschwerde entbehrt mithin einer hinreichenden Begründung (Art. 108
Abs. 1 lit. b BGG), und es ist darauf mit Entscheid des Einzelrichters im
vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.

2.5 Da die Beschwerde aussichtslos erschien, kann dem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG).

Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) entsprechend dem Verfahrensausgang
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. März 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Feller