Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.154/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_154/2012

Urteil vom 5. September 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Dubs.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern.

Gegenstand
Entzug der Bildungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 5. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ führt in A.________ das Einzelunternehmen "Z.________". Seit Mai
2004 ist er im Besitze einer Bildungsbewilligung für die Ausbildung Kauffrau/
Kaufmann Profil Basisbildung, Branche "Informations- und Multimediatechnologie"
bzw. infolge Aufhebung dieses Ausbildungsganges seit Mai 2008 für die Branche
"Handel" und hat einen Lernenden bis zu dessen erfolgreichen Lehrabschluss
ausgebildet. Der Lernende, der im August 2010 die Ausbildung begonnen hatte,
gelangte im September 2010 an die Dienststelle Berufs- und Weiterbildung des
Kantons Luzern (nachfolgend: Dienststelle Berufs- und Weiterbildung) wegen
Problemen im Lehrbetrieb und löste den Lehrvertrag in der Folge auf. Am 25.
November 2010 wurden die Beteiligten von der Dienststelle angehört.
Am 2. Dezember 2010 entzog die Dienststelle Berufs- und Weiterbildung
X.________ die Bildungsbewilligung mit sofortiger Wirkung. Gleichzeitig hob sie
das noch bestehende Lehrverhältnis mit dem Auszubildenden im dritten Lehrjahr
auf und platzierte diesen in einem anderen Lehrbetrieb.

B.
Mit Verwaltungsbeschwerde vom 21. Dezember 2010 an das Bildungs- und
Kulturdepartement des Kantons Luzern beantragte X.________ die Aufhebung des
Bewilligungsentzuges und die Aufrechterhaltung des Lehrvertrages mit dem
Lernenden im dritten Ausbildungsjahr bis zum Lehrabschluss.
Mit Entscheid vom 5. August 2011 wies das Bildungs- und Kulturdepartement des
Kantons Luzern die Beschwerde ab. Die von X.________ dagegen erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern am 5. Januar 2012 ab.

C.
Mit Eingabe vom 9. Februar 2012 führt X.________ Beschwerde beim Bundesgericht
und beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihm die
Bildungsbewilligung im Beruf Kauffrau/Kaufmann, Profil Basisbildung, wieder zu
erteilen.
Das Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern verzichtet auf eine
Vernehmlassung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern verzichtet auf eine
Vernehmlassung und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid, mit dem in
Anwendung von eidgenössischem öffentlichem Recht eine Bildungsbewilligung
entzogen wurde. Da kein Ausschlussgrund nach Massgabe von Art. 83 BGG gegeben
ist, steht dagegen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gemäss Art. 82 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer ist hierzu legitimiert (Art.
89 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Trotz Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft es, unter Berücksichtigung
der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
an sich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; 134 III 102 E.
1.1 S. 104; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Die Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur
insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet
worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 II 304 E. 2.5 S. 314; 136 I 316
E. 2.2.2 S. 318). Dabei genügen appellatorische Kritik und die blosse
Gegenüberstellung der eigenen Sichtweise grundsätzlich nicht (vgl. BGE 136 II
101 E. 3 S. 104 f.; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.2 Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den
die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Sachverhaltsfeststellungen können nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich sind (vgl. BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 136 III 552
E. 4.2 S. 560) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

3.
Der Beschwerdeführer rügt vorab, sein rechtliches Gehör sei verletzt worden.
Anlässlich des Gesprächs bei der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung im
November 2010, bei welchem seine Argumente aus zeitlichen Gründen kaum, sondern
hauptsächlich diejenigen des Lernenden und seines Vaters gehört worden seien,
sei er genötigt worden, den Verzicht auf die Bildungsbewilligung zu
unterzeichnen. Es sei ihm unter anderem vorgeworfen worden, dass in seinem
Betrieb Erotiksender gezeigt werden, was absolut nicht zutreffe. Weiter sei den
Aussagen des anderen Lernenden, der seinen Betrieb gar nicht verlassen wollte,
kein Gehör geschenkt worden.

3.1 Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der
Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes
Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die
Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des
Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheids zur Sache zu äussern,
erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit
erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher
Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern,
wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Das Gericht kann das
Beweisverfahren unter anderem schliessen, wenn der Beweisantrag eine nicht
erhebliche Tatsache betrifft (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit
Hinweisen).

3.2 Gemäss den Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde mit dem
Beschwerdeführer und dessen Ehefrau sowie dem Lernenden, der den Lehrvertrag
aufgelöst hatte, und dessen Vater vor dem Entzug der Bildungsbewilligung ein
persönliches Gespräch geführt. Im Nachgang zu diesem Gespräch sei dem
Beschwerdeführer und dessen Ehefrau das rechtliche Gehör gewährt worden, wobei
der Beschwerdeführer zwar nicht zu allen, jedoch zu den entscheidwesentlichen
Punkten habe Stellung nehmen können. Der Beschwerdeführer habe dabei das Laufen
von erotischen Filmen und im Wesentlichen auch die Unordnung im Lehrbetrieb
bestätigt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit nicht erkennbar.
Im Übrigen hat die Vorinstanz in ihrem Urteil zutreffend dargelegt, auf die
Anhörung des Lernenden im dritten Lehrjahr habe verzichtet werden dürfen, da
der Bewilligungsentzug unverzüglich die Auflösung der noch bestehenden
Lehrverhältnisse zur Folge habe (§ 8 Abs. 2 BWV/LU). Auch insofern liegt keine
Gehörsverletzung vor.

4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei ihm zu Unrecht, ohne Vorwarnung und
ohne ihm eine Chance zu geben, mit dem Entscheid vom 2. Dezember 2010 die
Bildungsbewilligung abrupt entzogen worden. Der Entzug der Bildungsbewilligung
basiere auf masslos übertriebenen Aussagen eines unzufriedenen ausländischen
Lernenden, welcher die Arbeitsstelle fristlos verlassen habe, weil er seinem
Ferienwunsch zu einem ungünstigen Zeitpunkt nicht nachkommen konnte. Damit rügt
er sinngemäss eine Verletzung des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die
Berufsbildung (BBG, SR 412.10) und der zugehörigen Verordnung vom 19. November
2003 (BBV, SR 412.101).

4.1 Anbieter der Bildung in beruflicher Praxis bedürfen einer
Bildungsbewilligung des Kantons (Art. 20 Abs. 2 BBG). Nach Art. 11 Abs. 1 BBV
verweigert die kantonale Behörde die Bildungsbewilligung oder widerruft sie,
wenn die Bildung in beruflicher Praxis ungenügend ist, die Berufsbildner die
gesetzlichen Voraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllen oder ihre Pflicht
verletzen. Gemäss Art. 24 Abs. 1 BBG sorgt der Kanton für die Aufsicht über die
berufliche Grundbildung, wozu namentlich die Beratung und Begleitung der
Lehrvertragsparteien und die Koordination zwischen den an der beruflichen
Grundbildung Beteiligten (Abs. 2) und darüber hinaus insbesondere die Qualität
der Bildung in beruflicher Praxis (Abs. 3 lit. a) und die Einhaltung der
gesetzlichen Bestimmungen im Lehrvertrag (Abs. 3 lit. d) gehören. Nach Art. 45
Abs. 2 BBG haben Berufsbildner neben einer qualifizierten fachlichen Bildung
unter anderem auch über angemessene pädagogische Fähigkeiten zu verfügen. Die
Kantone sorgen für die Bildung der Berufsbildner (Abs. 4).
Im Kanton Luzern ist die Dienststelle Berufs- und Weiterbildung für die
Erteilung oder für den Entzug der Bildungsbewilligung zuständig (§ 1 Abs. 2 der
luzernischen Verordnung vom 6. Juni 2006 [BWV/LU; Nr. 432] zum Gesetz über die
Berufsbildung und die Weiterbildung vom 12. September 2005 [BWG/LU; Nr. 430]).
Sie kann die Bewilligung namentlich auch entziehen, wenn die Berufsbildner
nicht über die notwendigen persönlichen Eigenschaften verfügen, sie
betriebliche oder andere gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllen oder ihre
Pflichten verletzen (§ 8 Abs. 1 BWV/LU).

4.2 Zwischen den Lernenden und den Anbietern der Bildung in beruflicher Praxis
wird ein Lehrvertrag abgeschlossen, der sich grundsätzlich nach den
Bestimmungen des Obligationenrechts über den Lehrvertrag (Art. 344 ff. OR)
richtet (Art. 14 Abs. 1 BBG).
Gemäss Art. 328 Abs. 1 Satz 1 OR, der aufgrund von Art. 355 OR in Verbindung
mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Art. 24 Abs. 3 lit. d BBG vorliegend anwendbar
ist, hat der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des
Arbeitgebers zu achten und zu schützen. Nach der Rechtsprechung hat dieses
Prinzip im Rahmen der Lehrverträge eine besondere Bedeutung (vgl. Urteil 2C_378
/2010 vom 10. Mai 2011 E. 3.4.2). In diesem Bereich verlangt der
Persönlichkeitsschutz der auszubildenden Jugendlichen - die in der Regel zum
ersten Mal im Berufsleben stehen und sich in einem speziellen
Abhängigkeitsverhältnis befinden - besondere Aufmerksamkeit (Urteile 2C_715/
2009 vom 16. Juni 2010 E. 3.2.3 und 2C_103/2008 vom 30. Juni 2008, E. 6.2). Es
ist deshalb unerlässlich, dass sich der Lehrmeister auf die eigentliche
Berufsausbildung konzentriert und sein Verhalten den Lernenden gegenüber und in
Bezug auf die Berufsethik vorbildlich bleibt (Urteile 2C_378/2010 vom 10. Mai
2011 E. 3.4.2 und 2C_529/2010 vom 8. Oktober 2010, E. 4.3).

4.3 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen erachtete der Beschwerdeführer die
Ausführungen betreffend im Betrieb laufende Erotikfilme als übertrieben. Gemäss
seinen Angaben würden solche Filme höchstens zu Kontrollzwecken für die
Installation von Receivern einzelner Kunden abgespielt. Ausserdem seien die
Lernenden bloss anlässlich vorgenannter Überprüfung der Receiver mit
Erotikfilmen konfrontiert gewesen. Den Vorbringen des Beschwerdeführers lasse
sich nicht entnehmen, dass er in Zukunft gewillt wäre, die Konfrontation der
Auszubildenden mit erotischen Filmen zu unterbinden. In Bezug auf diese
Vorhaltungen macht der Beschwerdeführer in seiner Eingabe an das Bundesgericht
geltend, es treffe absolut nicht zu, dass in seinem Betrieb Erotiksender
gezeigt würden. Nachdem er im vorinstanzlichen Verfahren selber eingeräumt hat,
es handle sich (bloss) um Erotik- und nicht um Pornofilme, erscheint der von
der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt indessen nicht als offensichtlich
unrichtig und ist damit für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 2.2).

4.4 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von den rechtlichen Voraussetzungen
betreffend Verweigerung bzw. Entzug der Bildungsbewilligung sowie von den sich
- namentlich aus dem Obligationenrecht - ergebenden Pflichten eines
Berufsbildners ausgegangen. Gestützt auf seine Sachverhaltsfeststellungen ist
es zu Recht zum Schluss gekommen, der Beschwerdeführer habe seine im
Lehrverhältnis stark ausgeprägte Fürsorgepflicht als Berufsbildner gegenüber
den in seinem Betrieb auszubildenden Jugendlichen nur ungenügend wahrgenommen,
indem er nicht berücksichtigt habe, dass Filmmaterial mit erotischem Inhalt im
Rahmen der Ausbildung keinen Platz habe. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das
Verwaltungsgericht mit Verweis auf Art. 45 Abs. 2 BBG erwog, allein schon
gestützt auf diese Tatsache wäre der Bewilligungsentzug gerechtfertigt gewesen.
Weder der Hinweis auf einen Zeitungsartikel bezüglich eine anders gelagerte
Angelegenheit noch die Berufung auf die Vermittlerrolle der kantonalen Behörde
vermögen die vorinstanzliche Würdigung zu erschüttern.

4.5 Das Verwaltungsgericht hat zusätzlich festgestellt, der Beschwerdeführer
habe den in der Bildungsbewilligung vom 14. Mai 2004 vorgeschriebenen Kurs für
Berufsbildner nicht vollständig absolviert. Dies stelle eine Verletzung einer
gesetzlichen Pflicht dar, die den Entzug der Bildungsbewilligung zur Folge
haben könne (vgl. § 46 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 BWV/LU). Der Beschwerdeführer
beanstandet in diesem Zusammenhang, die Vorinstanz habe seine umfangreiche
Dokumentation mit Diplomen einfach ignoriert. Da seine fachliche Aus- und
Weiterbildung nicht zur Diskussion stand, brauchte sich die Vorinstanz mit
diesen Unterlagen indessen nicht weiter zu befassen. Dass er den gesetzlich
vorgeschriebenen Berufsbildnerkurs, mit dem auch pädagogische Inhalte
vermittelt werden, vollständig absolviert hätte, macht der Beschwerdeführer im
Übrigen zu Recht nicht geltend.

5.
Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden und die
Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ergänzend
kann auf die Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil verwiesen werden.
Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 65/66 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bildungs- und Kulturdepartement
des Kantons Luzern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. September 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Dubs