Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.146/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
2C_146/2012

Urteil vom 20. August 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, Herr Dr. Patrick Holtz,
Rechtsanwalt, Rechtsdienst,
Beschwerdeführerin,

gegen

Swissperform, Schweizerische Gesellschaft
für die verwandten Schutzrechte,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Willi Egloff,
Beschwerdegegnerin,

Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und
verwandten Schutzrechten,
Bundesrain 20, 3003 Bern.

Gegenstand
Tarif A Fernsehen (Swissperform),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 3.
Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 6. Juli 2009 beantragte die Verwertungsgesellschaft Swissperform bei der
Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und
verwandten Schutzrechten (im Folgenden: ESchK) die Genehmigung des Tarifs A für
das Fernsehen für die Jahre 2010-2012. Dieser Tarif richtet sich gemäss seiner
Ziff. 1 an die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (im Folgenden:
SRG) hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Sendeunternehmen im Bereich des
Fernsehens und bezieht sich gemäss seiner Ziff. 2 auf die folgenden Rechte:
Verwendung von durch verwandte Schutzrechte geschützten im Handel erhältlichen
Ton- und Tonbildträgern zu Sendezwecken nach Art. 35 Abs. 1 URG im Fernsehen.
Die Vervielfältigung von auf im Handel erhältlichen Ton- und Tonbildträgern
festgehaltenen Darbietungen und Aufnahmen nicht theatralischer Musik zu
Sendezwecken im Fernsehen im Sinne von Art. 24b URG.
Das Recht, in Fernsehsendungen enthaltene Darbietungen und Aufnahmen von Werken
nicht theatralischer Musik in Verbindung mit ihrer Sendung zugänglich zu machen
und die dazu notwendigen Vervielfältigungen vorzunehmen im Sinne von Art. 22c
Abs. 1 lit. a-c URG.
Der beantragte Tarif enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
7 Die Vergütung wird unter den in Ziff. 8 genannten Voraussetzungen für jedes
Programm getrennt erhoben und beträgt 3,315 % der Einnahmen des Programms pro
rata des Anteils der geschützten Ton- und Tonbildaufnahmen an der Sendezeit.
13 Als geschützte Tonaufnahme im Sinne von Ziff. 7 gelten Aufnahmen von
Werkdarbietungen, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Sie sind auf einem im Handel erhältlichen Tonträger herausgegeben oder im Sinne
von Art. 15 Abs. 4 WPPT verfügbar gemacht worden.
Bei der aufgenommenen Werkdarbietung wirkt mindestens ein ausübender Künstler
oder eine ausübende Künstlerin mit, der oder die aufgrund von Art. 35, Abs. 1,
in Verbindung mit Art. 35, Abs. 4 URG, oder aufgrund internationaler Abkommen
oder Gegenrecht Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat.
14 Als geschützte Tonbildaufnahmen im Sinne von Ziff. 7 gelten von Dritten zum
Zwecke der Sendung im freien Fernsehen erworbene Tonbildaufnahmen von
audiovisuellen Werken, sofern auf der Aufnahme die Darbietung mindestens einer
ausübenden Künstlerin oder eines ausübenden Künstlers festgehalten ist, der
oder die aufgrund von Art. 35, Abs. 1, in Verbindung mit Art. 35, Abs. 4 URG,
oder aufgrund internationaler Abkommen oder Gegenrecht Anspruch auf eine
angemessene Vergütung hat.
Eventualiter beantragte Definition:
(Variante A;) Als geschützte Tonbildaufnahmen im Sinne von Ziff. 7 gelten von
Dritten hergestellte Tonbildaufnahmen von audiovisuellen Werken, welche auch
für das Publikum auf Datenträgern im Handel erhältlich sind, sofern auf der
Aufnahme die Darbietung mindestens einer ausübenden Künstlerin oder eines
ausübenden Künstlers festgehalten ist, der oder die aufgrund von Art. 35, Abs.
1, in Verbindung mit Art. 35, Abs. 4 URG, oder aufgrund internationaler
Abkommen oder Gegenrecht Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat.
15 Ist eine geschützte Tonaufnahme gemäss Ziff. 13 in eine nach Ziff. 14
geschützte Tonbildaufnahme integriert, so wird lediglich die Vergütung für die
geschützte Tonbildaufnahme berechnet.
Ist eine Tonbildaufnahme lediglich im Hinblick auf die auf ihrer Tonspur
enthaltenen Tonaufnahmen geschützt, so wird lediglich die Sendedauer dieser
Tonaufnahme als entschädigungspflichtige Sendezeit im Sinne von Ziff. 7
berechnet.
Die ESchK holte eine Stellungnahme des Preisüberwachers und der SRG ein, führte
am 9. November 2009 eine Sitzung mit den Parteien durch und genehmigte am
gleichen Tag den beantragten Tarif mit den folgenden Änderungen:

1.1 Ziff. 7
Die Vergütung für geschützte Tonaufnahmen wird auf 1,6575 Prozent reduziert;
1.2
Während der Geltungsdauer des Tarifs darf sich die Entschädigung um maximal 10
Prozent gegenüber dem geltenden Tarif (Fr. 1'200'000.00 pro Jahr) erhöhen;

1.3 Ziff. 14
Es wird die von Swissperform eventualiter beantragte Variante A genehmigt.

B.
Die SRG erhob gegen diesen Tarifgenehmigungsbeschluss Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag, der Tarif A sei mit den folgenden
Änderungen zu genehmigen:
Ziff. 14:
Als geschützte Tonbildaufnahmen im Sinne von Ziff. 7 gelten im Handel
erhältliche Tonbildträger, die zum Zwecke der Sendung im freien Fernsehen
verwendet werden, sofern auf der Aufnahme die Darbietung mindestens einer
ausübenden Künstlerin oder eines ausübenden Künstlers festgehalten ist, der
aufgrund von Art. 35 Abs. 1 URG in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 Anspruch auf
eine angemessene Vergütung hat.
Ziff. 15: streichen.
Mit Urteil vom 3. Januar 2012 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde
ab und bestätigte den Beschluss der ESchK vom 9. November 2009.

C.
Die SRG erhebt mit Eingabe vom 8. Februar 2012 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht und bestätigt das
vorinstanzlich gestellte Begehren; eventualiter sei der angefochtene Entscheid
aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz, subeventualiter an die ESchK
zurückzuweisen.
Swissperform beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht,
die ESchK und das Eidg. Institut für geistiges Eigentum verzichten auf
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts betreffend einen
Tarifgenehmigungsbeschluss der ESchK (vgl. Art. 59 und 74 des Bundesgesetzes
vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte [URG, SR
231.1]) ist entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, auch wenn dabei vorfrageweise
über die Auslegung zivilrechtlicher Begriffe des URG zu entscheiden ist (Art.
72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG e contrario; Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a
und Art. 90 BGG; Urteil 2C_527/2007 vom 13. Mai 2008 E. 2.3 mit Hinweis auf BGE
133 II 263 E. 2.2 [zur früheren prozessualen Rechtslage]; RETO M. HILTY,
Urheberrecht, 2011, S. 354 f.), zumal auch die grundsätzliche Frage der
Vergütungspflicht im Verfahren der Tariffestlegung zu entscheiden ist (BGE 135
II 172 E. 2.3.2/3 S. 179 f.; Urteil 4C.290/2001 vom 8. November 2002 E. 1.2,
sic! 2003 S. 323). Die SRG ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG;
vgl. BGE 135 II 172 E. 2.3). Auf das form- und fristgerecht eingereichte
Rechtsmittel ist einzutreten.

2.
2.1 Die vom streitigen Tarif erfassten Rechte können nur von zugelassenen
Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden (Art. 22c Abs. 1, Art. 24b
Abs. 1 und Art. 35 Abs. 3 URG). Diese stellen für die von ihnen geforderten
Vergütungen Tarife auf, verhandeln darüber mit den massgebenden Nutzerverbänden
und legen die Tarife der Schiedskommission zur Genehmigung vor (Art. 46 URG).
Die Schiedskommission genehmigt einen ihr vorgelegten Tarif, wenn er in seinem
Aufbau und in den einzelnen Bestimmungen angemessen ist; sie kann nach Anhörung
der am Verfahren beteiligten Verwertungsgesellschaft und der Nutzerverbände
Änderungen vornehmen (Art. 59 Abs. 1 und 2 URG). Rechtskräftig genehmigte
Tarife sind für die Gerichte verbindlich (Art. 59 Abs. 3 URG).

2.2 Die von den Verwertungsgesellschaften aufzustellenden und von der ESchK zu
genehmigenden Tarife können nur die Höhe der Vergütungen festsetzen, auf welche
nach Gesetz Anspruch besteht. Im Rahmen der in Art. 60 URG enthaltenen
Angemessenheitskriterien hat die ESchK als sachkundiges Organ einen gewissen
Gestaltungsspielraum, der auch von den Gerichten zu respektieren ist (BGE 133
II 263 E. 8.2/8.3). Hingegen können die Tarife nicht die Ansprüche oder die
damit abgegoltenen Rechte abweichend von der gesetzlichen Regelung umschreiben
(BGE 135 II 172 E. 2.3.3 S. 180; 125 III 141 E. 4a S. 144 f.). Deren Auslegung
ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht mit freier Kognition zu prüfen ist
(Art. 95 lit. a BGG).

2.3 Umstritten ist, ob die in den Ziff. 14 und 15 des genehmigten Tarifs
enthaltenen Vergütungsregeln mit der gesetzlichen Umschreibung der zu
vergütenden Verwendung in Art. 35 URG übereinstimmt. Dessen Abs. 1 und 4 lauten
wie folgt:
"1 Werden im Handel erhältliche Ton- oder Tonbildträger zum Zweck der Sendung,
der Weitersendung, des öffentlichen Empfangs (Art. 33 Abs. 2 Bst. e) oder der
Aufführung verwendet, so haben ausübende Künstler und Künstlerinnen Anspruch
auf Vergütung.
...
4 Ausländischen ausübenden Künstlern und Künstlerinnen, die ihren gewöhnlichen
Aufenthalt nicht in der Schweiz haben, steht ein Anspruch auf Vergütung nur zu,
wenn der Staat, dem sie angehören, den schweizerischen Staatsangehörigen ein
entsprechendes Recht gewährt."
In französischer Sprache hat der genannte Erlasstext folgenden Wortlaut:
"1 Si des phonogrammes ou des vidéogrammes disponibles sur le marché sont
utilisés à des fins de diffusion, de retransmission, de réception publique
(art. 33, al. 2, let. e) ou de représentation, l'artiste a droit à une
rémunération."
...
4 Les artistes interprètes étrangers qui n'ont pas leur résidence habituelle en
Suisse n'ont droit à une rémunération que si l'Etat dont ils sont
ressortissants accorde un droit correspondant aux ressortissants suisses.
Und die italienische Fassung von Art. 35 Abs. 1 bzw. 4 URG lautet:
"1 L'artista interprete ha diritto a un compenso qualora supporti audio o
audiovisivi disponibili in commercio siano utilizzati ai fini di diffusione,
ritrasmissione, ricezione pubblica (art. 33 cpv. 2 lett. e) o
rappresentazione."
...
4 Gli artisti interpreti stranieri senza residenza abituale in Svizzera hanno
diritto a compenso soltanto se appartengono a uno Stato che accorda la
reciprocità."
3. Ziff. 14 des genehmigten Tarifs (vgl. vorne lit. A)

3.1 Zu prüfen ist zunächst, ob Ziff. 14 des Tarifs gesetzmässig ist.
3.1.1 Wie die Beschwerdegegnerin richtig vermerkt, hat die Vorinstanz auf S. 16
ihres Entscheids als Anfechtungsobjekt unzutreffenderweise nicht die von der
ESchK genehmigte Formulierung von Ziff. 14 (Variante A) wiedergegeben, sondern
die von der Swissperform ursprünglich beantragte Hauptvariante. Es ist deshalb
klarzustellen, dass die genehmigte, hier zur Diskussion stehende Fassung von
Ziff. 14 lautet:
"Als geschützte Tonbildaufnahmen im Sinne von Ziff. 7 gelten von Dritten
hergestellte Tonbildaufnahmen von audiovisuellen Werken, welche auch für das
Publikum auf Datenträgern im Handel erhältlich sind, sofern ..."
In der mit dem Genehmigungsantrag eingereichten französischen bzw.
italienischen Version lautet der streitige Passus:
"Sont réputés des enregistrements audiovisuels protégés au sens du ch. 7 les
enregistrements d'oeuvres audiovisuelles réalisés par des tiers qui sont aussi
disponibles sur le marché pour le public sur des supports de données, ..."
"Per registrazione audiovisiva protetta ai sensi del punto 7 s'intendono le
registrazioni audiovisive di opere audiovisive prodotte da terzi, che sono
reperibili in commercio anche per il pubblico su supporti dati ..."
Dieser genehmigten Fassung steht die von der Beschwerdeführerin beantragte
Version gegenüber:
"... gelten im Handel erhältliche Tonbildträger, die zum Zwecke der Sendung im
freien Fernsehen verwendet werden, sofern ..."
3.1.2 Die beiden Versionen unterscheiden sich dadurch, dass in der von der
Beschwerdeführerin beantragten Fassung eine Vergütungspflicht nur besteht, wenn
der Tonbildträger als solcher, der vom Sendeunternehmen für die Sendung
verwendet wird, in der gleichen Form (z.B. CD, DVD, Internet-Download) auch dem
Publikum angeboten wird. Nach der Feststellung der Vorinstanz möchte die
Beschwerdeführerin damit die von ihr verwendeten und nach ihrer Darstellung
allein im Spezialhandel erhältlichen Digi-Beta-Kassetten von der
Vergütungspflicht ausschliessen. In der von der ESchK genehmigten Fassung
reicht es hingegen, wenn die Aufnahme als solche bzw. eine von der ersten
Aufnahme abgeleitete Kopie für das Publikum erhältlich ist, wenn auch in einem
anderen Format als in demjenigen, welches für die Sendung verwendet wird. Der
Streit bezieht sich nur auf die Tonbildträger. Die Regelung für Tonträger
(Ziff. 13 des Tarifs) ist nicht angefochten.
3.1.3 Der von der Beschwerdeführerin beantragte Text unterscheidet sich sodann
vom genehmigten dadurch, dass im ersteren der im letzteren enthaltene Einschub
"oder aufgrund internationaler Abkommen oder Gegenrecht" fehlt. Die Vorinstanz
hat zutreffend dargelegt (vgl. S. 29 des angefochtenen Entscheides), dass
dieser Satzteil lediglich Art. 35 Abs. 4 URG konkretisiere, welcher kraft
Gesetzesvorschrift auch dann gelte, wenn dies nicht explizit im Tarif
vereinbart werde. Die Beschwerdeführerin setzt sich mit dieser Argumentation
nicht auseinander und begründet nicht, dass und inwiefern ihrer Fassung eine
eigenständige, über das Gesetz hinausgehende Bedeutung zukommen sollte. Es ist
deshalb darauf nicht näher einzugehen.

3.2 Die Parteien sind sich uneinig über die Auslegung des Begriffs "im Handel
erhältliche Ton- oder Tonbildträger" (vgl. Art. 35 Abs. 1 URG).
Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem
Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis
einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung
hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm
darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte
Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge,
ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der Ratio legis. Dabei befolgt das
Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich
ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu
unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf
die streitige Frage eine klare Antwort geben (BGE 138 II 410 E. 4.1 S. 413, 136
III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; 136 V 195 E. 7.1 S. 203; 135 V 50 E. 5.1 S. 53; 134 II
308 E. 5.2 S. 311).
3.2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, Art. 33 Abs. 2 lit. c URG bringe den Begriff
"Ton- und Tonbildträger" in Zusammenhang mit jenem der "Festlegung", der mit
demjenigen der Aufnahme gleichbedeutend sei. Angesichts der technischen
Entwicklung seien diese Begriffe nicht mehr an einen bestimmten physischen
Datenträger (Schallplatte, CD, Tonband) gebunden. Zwar werde der Begriff des
Ton- und Tonbildträgers immer noch im Zusammenhang mit physischen Datenträgern
verwendet, sei jedoch nicht mehr an eine spezifische Erscheinungsform gebunden.
Als im Handel erhältlich seien Träger zu verstehen, die an praktisch beliebige
Abnehmer angeboten würden. Sämtliche Erscheinungsformen der Festlegung im Sinne
von Art. 33 Abs. 2 URG würden auf die gleiche Stufe gesetzt und bildeten
Vervielfältigungen des gleichen Werks. Sodann erwog das
Bundesverwaltungsgericht, es wäre zweckwidrig, technisch oder in Bezug auf den
Vertriebskanal unterschiedliche Erscheinungsformen gesondert zu behandeln.
Vielmehr sollten diejenigen Erscheinungsformen, die von der gleichen Festlegung
abstammen, einander gleichgesetzt werden. Ein Ton- oder Tonbildträger gelte
deshalb auch dann als im Handel erhältlich, wenn eine von der gleichen
Festlegung abstammende Vervielfältigung in einer anderen physischen Form
angeboten werde, als sie tatsächlich zu Sendezwecken verwendet werde. Würde
jede Erscheinungsform eines Trägers als selbständige Festlegung betrachtet,
müsste in unpraktikabler Weise für jede Festlegung bzw. für jede Auflage und
Vertriebskette einer Festlegung gesondert bestimmt werden, ob sie unter das
Verbotsrecht oder den Vergütungsanspruch falle.
Schliesslich prüfte das Bundesverwaltungsgericht die streitigen Erlasstexte
unter den verschiedenen Auslegungsmethoden: Geltungszeitlich sei zu
berücksichtigen, dass infolge der technischen Entwicklung die Information durch
Digitalisierung vom materiellen Träger entkoppelt werde. Eine Anbindung von
Art. 35 Abs. 1 URG an den physischen Erwerb eines Datenträgers eines bestimmten
Formats erscheine unter diesen Umständen sachfremd. In teleologischer Hinsicht
wolle Art. 35 URG den ausübenden Künstlern eine Nutzungsvergütung zusprechen,
zugleich aber das exklusive Senderecht nach Art. 33 Abs. 2 URG einschränken.
Weiter wolle Art. 35 URG den Interpreten ermöglichen, ihre Vergütungsansprüche
im Gegenzug für die ihnen entzogenen Verbotsansprüche möglichst einfach und
flächendeckend geltend zu machen. "Im Handel erhältlich" beziehe sich somit
nicht auf den konkret verwendeten Datenträger, sondern auf die verwendete
Festlegung.
3.2.2 Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Auffassung, dass als Ton-
oder Tonbildträger nur die körperliche Festlegung gelte. Art. 35 Abs. 1 URG
schränke die Vergütungspflicht entsprechend Art. 12 des Internationalen
Abkommens vom 26. Oktober 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der
Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen, RA; SR
0.231.171) und Art. 15 des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger vom
20. Dezember 1996 (WPPT; SR 0.231.171.1) ein und umfasse nur solche Träger, die
dem Publikum für den Privatgebrauch angeboten würden. Ausgeschlossen seien
damit Träger, welche das Publikum nicht erwerben könne. Es komme somit für die
Vergütungspflicht darauf an, von welchem Trägerformat die zur Sendung
verwendete Aufnahme stamme. Für den in Art. 35 Abs. 1 URG genannten
Nutzungsbereich "Senden" würden die entsprechenden Urheberrechte nur im
musikalischen Bereich kollektiv wahrgenommen; diese Konstellation ermögliche
es, ohne weiteres im Handel erhältliche Tonträger zu Sendezwecken einzusetzen.
Im Audiovisionsbereich sei dies aber ohne Zustimmung der Urheberrechtsinhaber
nicht möglich; die Senderechte müssten individuell erworben werden. Die
traditionellerweise vom Verleiher zur Verfügung gestellten Tonbildträger seien
nicht im Handel erhältlich; für die Sendung sei auch die Zustimmung der
ausübenden Künstler erforderlich und damit keine Vergütung nach Art. 35 URG
geschuldet.
3.2.3 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, das neuere internationale
Konventionsrecht definiere die Festlegung funktional und nicht mehr im Hinblick
auf einen bestimmten (Tonbild-) Träger. Davon sollte auch das mit dem
Konventionsrecht verbundene nationale Recht ausgehen. Schutzobjekt seien nicht
die Träger an sich, sondern die Darbietung und deren Festlegung. Würde man die
Vergütungspflichten an ein bestimmtes Format knüpfen, könnten die
Sendeunternehmen durch Wahl bestimmter Formatierungen die Rechtslage
manipulieren. Das Abstellen auf den physischen Träger versage sodann beim
Weitersenden und beim öffentlichen Empfang. Nicht im Handel erhältlich sei der
Kinofilm während der exklusiven Auswertungszeit im Kino. Dieses "Kinoprivileg"
könne aber nicht auf das Senden von Filmen ausgedehnt werden, die bereits auf
DVD erhältlich seien. Sodann ermögliche nur die von der Vorinstanz vertretene
Rechtsauffassung die Gleichstellung audiovisueller Darbietungen mit den
lediglich auf Tonträgern festgehaltenen Darbietungen.
3.2.4 Die Parteien sind an sich übereinstimmend der Meinung, dass der Begriff
des "Tonbildträgers" nur im Zusammenhang mit einem physischen Datenträger
verwendet wird, wobei dies aber nicht auf tangible Medien (CD, DVD u.dgl.)
beschränkt ist, sondern auch digitale Speichermedien umfasst. Keine Uneinigkeit
besteht auch in der Auslegung des Begriffs "im Handel erhältlich". Damit ist
gemeint, dass der Ton- oder Tonbildträger zum Verkauf, zur Ausleihe oder zur
Vermietung an grundsätzlich jedermann bzw. an praktisch beliebige Abnehmer
angeboten wird, und zwar legal (ROLF AUF DER MAUR, in: BARBARA K. MÜLLER/
REINHARD OERTLI, Stämpflis Handkommentar Urheberrechtsgesetz, 2006, N 3 f. zu
Art. 35; DENIS BARRELET/WILLI EGLOFF, Das neue Urheberrecht, Kommentar URG, 3.
A. 2008, N 4 f. zu Art. 35; YVONNE BURCKHARDT, Die Vermögensrechte der
ausübenden Künstler und Künstlerinnen gemäss Art. 33 Abs. 2 und Art. 35 URG,
sic! 2000 S. 165 ff., 170 f.; HILTY, a.a.O., S. 329 f.; EMANUEL MEYER, Der
Vergütungsanspruch für das Senden von Ton- und Tonbildträgern nach Art. 35 URG
[inkl. Gegenrechtsvorbehalt], sic! 2010 S. 122 ff., 123; PETER MOSIMANN, Die
verwandten Schutzrechte, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.],
Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, zweiter Band
Urheberrecht, 2. A. 2006, S. 331-406, 376; MICHAEL VIANA, Die Rechte der
Tonträgerhersteller im schweizerischen, amerikanischen und internationalen
Urheberrecht, 1999, S. 72 f.). Uneinigkeit besteht hingegen darin, ob sich der
Ausdruck "im Handel erhältlich" auf die Aufnahme oder auf den Träger bezieht:
Die Beschwerdegegnerin stellt darauf ab, ob die Aufnahme als solche im Handel
erhältlich ist, wenn auch in einem anderen Format als demjenigen, welches für
die Sendung verwendet wird (d.h. eine von der ersten Festlegung abgeleitete
Kopie der Aufnahme). Die Beschwerdeführerin hält für ausschlaggebend, ob der
für die Sendung verwendete physische Träger im Handel erhältlich sei. Diese
Streitfrage ist zu entscheiden.

3.3 Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Fassung entspricht dem
Wortlaut des Gesetzes zumindest in der deutschen Fassung besser, wonach der
Ton- oder Tonbildträger im Handel erhältlich sein muss (vgl. auch AUF DER MAUR,
a.a.O., Rz. 3 zu Art. 35 URG; anders FRANÇOIS DESSEMONTET, La propriété
intellectuelle et les contrats de licence, 2. Auflage 2011, S. 123 f.; ebenso
zur Auffassung wie sie die Beschwerdegegnerin vertritt, neigend YVONNE
BURCKHARDT (a.a.O., S. 170 f.) sowie BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 6 und 9 zu
Art. 35, ähnlich MEYER, a.a.O., S. 124.). Die französische Version des Gesetzes
spricht allerdings von "phonogrammes ou vidéogrammes", was nach dem Wortsinn
nicht zwingend auf einen bestimmten physischen Träger bezogen sein muss. Doch
spricht auch die französische Version des Gesetzes in Art. 35 Abs. 2, wo der
Begriff offensichtlich gleichlautend zu verstehen ist wie in Abs. 1, von
"support", was sich eher auf den konkreten physischen Träger bezieht. Ebenso
spricht die italienische Fassung des Gesetzes in beiden Absätzen von
"supporti".

3.4 Die Materialien zum URG geben auf die hier zu beantwortende Frage keine
direkte Antwort. Es lässt sich daraus bloss in allgemeiner Weise entnehmen,
dass der Gesetzgeber mit dem URG von 1992 die Stellung der Interpreten
verstärken und ihnen mit Art. 35 eine zusätzliche Vergütung einräumen wollte
(vgl. Urteil 2A.256/1998 vom 2. Februar 1999 E. 3b, sic! 1999 S. 255
[Gemeinsamer Tarif S]). Sodann ergibt sich aus dem Protokoll der
Nationalratskommission vom 26./27. Juni 1991, S. 59, dass mit dem Begriff "im
Handel erhältlich" die Kinofilme ausgeschlossen werden sollten, um das
Kinoauswertungsprivileg sicherzustellen (vgl. Art. 12 Abs. 1bis URG und dazu
[zur alten Fassung] BGE 133 III 273 E. 3.2.3). Daraus ergibt sich aber keine
Antwort auf die Frage, ob das Gesetz nur die Kinofilme während der
Exklusivauswertungszeit ausschliessen wollte oder auch andere Tonbildträger.

3.5 Beide Parteien berufen sich unter anderem auf die einschlägigen
internationalen Abkommen (vorne benannt in E. 3.2.2).
3.5.1 Nach Art. 12 RA hat der Benützer den ausübenden Künstlern, den
Herstellern von Tonträgern oder beiden eine einzige angemessene Vergütung zu
zahlen, wenn ein zu Handelszwecken veröffentlichter Tonträger oder ein
Vervielfältigungsstück eines solchen Tonträgers für die Funksendung oder für
irgendeine öffentliche Wiedergabe unmittelbar benützt wird. Nach Art. 15 WPPT
haben ausübende Künstler und Tonträgerhersteller Anspruch auf eine einzige
angemessene Vergütung, wenn zu gewerblichen Zwecken ("for commercial purposes")
veröffentlichte Tonträger unmittelbar oder mittelbar für eine Sendung oder
öffentliche Wiedergabe benutzt werden. Der Begriff "im Handel erhältlich" in
Art. 35 Abs. 1 URG entspricht der Formulierung "zu Handelszwecken" in Art. 12
RA bzw. "zu gewerblichen Zwecken" in Art. 15 Abs. 1 WPPT. Freilich schliessen
die internationalen Abkommen auch für die Tonträger nicht aus, dass die
einzelnen Staaten einen weitergehenden Schutz gewähren; insbesondere können die
Staaten auch auf die Voraussetzung "zu gewerblichen Zwecken" verzichten (JÖRG
REINBOTHE/SILKE VON LEWINSKI, The WIPO Treaties 1996, 2002, S. 383 Rz. 18 f. zu
Art. 15 WPPT). Der in Art. 35 Abs. 1 URG enthaltene Begriff "im Handel
erhältlich" muss daher nicht zwingend gleich ausgelegt werden wie der Begriff
"zu gewerblichen Zwecken" in Art. 15 WPPT. Im Zweifel ist allerdings davon
auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Bestimmungen umsetzen wollte.
3.5.2 In Art. 12 RA ist ausdrücklich festgelegt, dass das Vergütungsrecht auch
besteht, wenn ein zu Handelszwecken veröffentlichter Tonträger "oder ein
Vervielfältigungsstück eines solchen Tonträgers" für die Sendung verwendet
wird. Diese Erweiterung fehlt in Art. 15 WPPT, doch scheint das nicht eine
bewusste Abweichung zu sein (REINBOTHE/VON LEWINSKI, a.a.O., S. 384 N 20 zu
Art. 15 WPPT; vgl. auch MICHEL M. WALTER, Etude comparative de la Convention de
Rome, du Traité de l'OMPI sur les interprétations et exécutions et les
phonogrammes [WPPT] et de l'Accord sur les aspects des droits de propriété
intellectuelle qui touchent au commerce [Accord sur les ADIPC]; évolution et
éventuelle amélioration de la protection des droits voisins au sens de la
Convention de Rome, Bulletin du droit d'auteur, 2000 H. 3 S. 4 ff., 30 f.). Das
könnte darauf hindeuten, dass nicht der konkrete, für die Sendung verwendete
Träger im Handel erhältlich sein muss.
3.5.3 Art. 35 URG geht über die internationalen Abkommen hinaus, indem er ein
Vergütungsrecht nicht nur für Tonträger, sondern auch für Tonbildträger
statuiert (AUF DER MAUR, a.a.O., N 5 Vorbem. zu Art. 33-39, N. 1 zu Art. 35;
MEYER, a.a.O., S. 124; ERNST BREM, Der Begriff des im Handel erhältlichen
Tonbildträgers nach Art. 35 Abs. 1 URG, sic! 2010 S. 214 ff, 215). Indessen
will die schweizerische Gesetzgebung die Ton- und die Tonbildträger gleich
behandeln (BBl 1989 III 503 f.; BBl 2006 3399 f.). Insofern können diejenigen
Bestimmungen der internationalen Abkommen, die sich auf Tonträger beziehen,
analog auch für die Tonbildträger herangezogen werden. Nach der Legaldefinition
des Tonträgers in Art. 2 lit. b WPPT (auf den sich die Wendung "zu gewerblichen
Zwecken veröffentlicht" in Art. 15 WPPT bezieht) bedeutet "Tonträger"/
"phonogramme"/"fonogramma" die "Festlegung der Töne einer Darbietung oder
anderer Töne oder einer Darstellung von Tönen ausser in Form einer Festlegung,
die Bestandteil eines Filmwerks oder eines anderen audiovisuellen Werks ist"
("la fixation des sons provenant d'une interprétation ou exécution ou d'autres
sons, ou d'une représentation de sons ...", "qualunque fissazione dei suoni di
una esecuzione o di altri suoni o di una rappresentazione di suoni ..."). Die
Festlegung ist ihrerseits definiert in Abs. 2 lit. c WPPT als "Verkörperung von
Tönen oder von Darstellungen von Tönen in einer Weise, dass sie mittels einer
Vorrichtung wahrgenommen, vervielfältigt oder wiedergegeben werden können"
("l'incorporation de sons, ou des représentations de ceux-ci, dans un support
qui permette de les percevoir, de les reproduire ou de les communiquer à l'aide
d'un dispositif"; "l'incorporazione di suoni o di loro rappresentazioni, che ne
consenta la percezione, riproduzione o comunicazione mediante apposito
dispositivo"; vgl. auch Art. 3 lit. b RA, welche Norm den Tonträger definiert
als "jede ausschliesslich auf den Ton beschränkte Festlegung der Töne einer
Darbietung oder anderer Töne"). Dieser Wortlaut legt eher die Interpretation
der Beschwerdegegnerin nahe, wonach sich der Begriff des Tonträgers auf die
einmal erfolgte Festlegung bezieht und nicht auf das konkrete Format. Das
Erfordernis der "Veröffentlichung", worunter das Angebot in einer genügenden
Anzahl von Vervielfältigungsstücken gemeint ist (Art. 2 lit. e WPPT), schliesst
diese Betrachtung nicht aus: Dadurch wird nur verlangt, dass die Aufnahme in
genügender Stückzahl kopiert wurde, doch heisst das nicht zwingend, dass die
Sendung der Aufnahme von einer solchen Kopie erfolgen muss, denn Art. 15 Abs. 1
knüpft nicht an die Verwendung des Vervielfältigungsstücks an, sondern des
Tonträgers. Dass die Töne als Bestandteile eines audiovisuellen Werks in Art. 2
lit. b WPPT ausdrücklich ausgeschlossen sind, bezieht sich sodann nur darauf,
dass Tonbildträger nach WPPT nur beschränkt geschützt sind, schliesst aber die
analoge Heranziehung für die Auslegung des insoweit weiter gehenden Schweizer
Rechts nicht aus.
3.6
Zu prüfen sind weiter Sinn und Zweck der Bestimmung (vgl. vorne E. 3.2):
3.6.1 Art. 35 URG hat eine mehrfache Funktion: Einerseits begründet er einen
Vergütungsanspruch der ausübenden Künstler für die entsprechenden Verwendungen;
andererseits schliesst er individuelle Vergütungsansprüche der einzelnen
Berechtigten aus und lässt nur die kollektive Verwertung zu. Insoweit wird der
nach Art. 33 Abs. 2 URG an sich bestehende Verbotsanspruch durch einen
(kollektiv geltend zu machenden) Vergütungsanspruch ersetzt (BBl 2006 3431 f.;
AUF DER MAUR, a.a.O., N. 2 zu Art. 35; BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 3 zu Art.
35; BURCKHARDT, a.a.O., S. 170; HILTY, a.a.O., S. 325 f.). Im Geltungsbereich
von Art. 35 ist eine vertragliche Rechteeinräumung nicht mehr möglich (vgl. in
Bezug auf die Ansprüche nach Art. 13 URG BGE 124 III 489 E. 1). Der
Anwendungsbereich von Art. 35 URG zieht damit die Grenze zwischen vertraglichem
und gesetzlichem Rechtserwerb bzw. zwischen vertraglicher und kollektiver
Verwertung (BREM, a.a.O., S. 217; HILTY, a.a.O., S. 329 f.). Zugleich stellt
Art. 35 Abs. 4 den Vergütungsanspruch ausländischer Künstler, die ihren
gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Schweiz haben, unter den Vorbehalt des
Gegenrechts, was vor allem im audiovisuellen Bereich von erheblicher Bedeutung
ist (YVONNE BURCKHARDT, Der persönliche Anwendungsbereich der Vergütungsrechte
gemäss Art. 35 URG für ausübende Künstler und Künstlerinnen; der
Gegenrechtsvorbehalt von Abs. 4 im Verhältnis zum Rom-Abkommen und zum WPPT,
sic! 2011 S. 631 ff., 634 ff.). Soweit also nicht der kollektive
Vergütungsanspruch besteht, sondern das Ausschliesslichkeitsrecht nach Art. 33
bestehen bleibt, entfällt auch das Gegenrechtserfordernis.
3.6.2 Als ratio legis (vgl. vorne E. 3.2) von Art. 35 erscheint, dass dann
Vergütungen bezahlt werden, wenn im Kaufpreis für den Träger die Entschädigung
für die Zweitnutzung nicht bereits enthalten ist (BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 7
zu 35; BURCKHARDT, a.a.O. [2000], S. 171; MEYER, a.a.O., S. 123). Ist hingegen
im Kaufpreis eine solche Entschädigung bereits inbegriffen, wie das bei
denjenigen Datenträgern der Fall ist, die nur an Sendeunternehmen zum Zweck der
Sendung verkauft werden, soll keine zusätzliche Vergütung anfallen (MEYER,
a.a.O., S. 123). Auch daraus ergibt sich allerdings noch nicht eine genaue
Grenzziehung: Denn die Auslegung des Gesetzes kann nicht davon abhängen, ob und
wofür (bisher) in der Realität Vergütungen vereinbart worden sind. Im Gegenteil
hängt von der Auslegung des Gesetzes ab, für welche Verwendungen ein
kollektiver Vergütungsanspruch nach Art. 35 URG besteht bzw. für welche
individuelle Verbotsrechte bestehen und individuelle Vergütungen ausgehandelt
werden können.
3.6.3 In diesem Zusammenhang ist dem von der Vorinstanz bereits hervorgehobenen
Interesse Rechnung zu tragen, die gesetzlich vorgesehenen Ansprüche möglichst
einfach geltend machen zu können: Die gesetzlichen Lizenzen bzw. die Regeln
über die kollektive Verwertung im Urheber- und Leistungsschutzrecht finden ihre
Rechtfertigung darin, dass einerseits die Berechtigten faktisch nicht in der
Lage sind, die in Frage stehenden Nutzungen zu kontrollieren und ihre Ansprüche
individuell geltend zu machen, und andererseits die Allgemeinheit auf die
Verwendung der Werke angewiesen ist (BBl 1984 III 190; BGE 124 III 489 E. 2a;
MONIKA STÖHR, Gesetzliche Vergütungsansprüche im Urheberrecht, 2007, S. 26 f.).
Die Auffassung der Beschwerdeführerin hätte nicht etwa zur Folge, dass die
ausübenden Künstler keine Sendevergütungen erhalten könnten; diese müssten
jedoch individuell vereinbart werden, was wohl wenig praktikabel wäre. Nach
übereinstimmender Darstellung der Parteien werden im Fernsehbereich praktisch
keine Tonbildträger verwendet, die im gleichen physischen Format im Handel
erhältlich sind (z.B. DVD), so dass bisher keine Vergütung für die Verwendung
von im Handel erhältlichen Tonbildträgern bezahlt wird. Die Beschwerdeführerin
hat im Verfahren vor der Vorinstanz geltend gemacht, sie entschädige die
ausübenden Künstler zusammen mit den andern Rechteinhabern über den
Vertriebsvertrag. Die Beschwerdegegnerin brachte demgegenüber vor, die
Beschwerdeführerin habe nicht nachgewiesen, dass sie aufgrund der besonderen
schweizerischen Rechtslage für Sendungen in der Schweiz höhere vertragliche
Entschädigungen entrichte als diese für Sendungen in Ländern ohne entsprechende
Regelung üblich seien. Die Interpreten würden an den Verwertungserlösen nicht
partizipieren.
3.6.4 Wie es sich damit sachverhaltlich verhält, braucht nicht abgeklärt zu
werden. Einleuchtend ist aber jedenfalls die Überlegung der Vorinstanz, dass
die Ansprüche der Interpreten im Rahmen der kollektiven Verwertung gemäss Art.
35 URG einfacher geltend gemacht werden können als durch individuelle
vertragliche Vereinbarung, zumal angesichts der fortlaufenden technischen
Entwicklung, welche die physische Form der einmal gemachten Festlegung
nebensächlich werden lässt. Das gleiche Praktikabilitätsanliegen kommt im neuen
Art. 24b URG (in der Fassung vom 5. Oktober 2007) zum Ausdruck, wonach
gegenüber den Sendeunternehmen das Vervielfältigungsrecht zu Sendezwecken an
nicht theatralischen Werken der Musik bei der Verwendung von im Handel
erhältlichen Ton- und Tonbildträgern nur über eine zugelassene
Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann. Diese Bestimmung ist eine
Reaktion des Gesetzgebers auf das Urteil des Bundesgerichts 2A.256/1998 vom 2.
Februar 1999 E. 3 und 4a (sic! 1999 S. 255), wonach der Vergütungsanspruch von
Art. 35 URG nur das Senderecht abgilt, nicht aber das Vervielfältigungsrecht
(gemäss Art. 33 Abs. 2 lit. c oder Art. 36 URG), so dass dieses von den
Sendeunternehmen zusätzlich erworben werden muss, und zwar auch für ephemere
Vervielfältigungen (a.M. Obergericht Zürich im Urteil vom 14. November 2002
[sic! 2003 S. 320]; vgl. MOSIMANN, a.a.O., S. 378). Der Bundesrat führte in der
Botschaft zur Revision des URG an, infolge dieser Rechtsprechung spiele die mit
Art. 35 Abs. 1 URG angestrebte Regelung in der Praxis nicht, weil die
Sendeunternehmen das Vervielfältigungsrecht separat abgelten müssten. Deshalb
sollte auch das Vervielfältigungsrecht in Bezug auf die Verwendung von Ton- und
Tonbildträgern zu Sendezwecken der kollektiven Verwertung unterstellt werden,
wodurch die mit Art. 35 URG angestrebte Regelung vervollständigt werde; die
Vervielfältigungsentschädigung sollte gemäss der neuen Regelung in die
Sendetarife integriert werden (BBl 2006 3402, 3431 f.; vgl. auch MEYER, a.a.O.,
S. 124; AB 2006 S 1208 [Kommissionssprecher Stadler], 1209 [Lombardi]). Diese
Änderung dokumentiert das Anliegen des Gesetzgebers, die wenig praktikablen
Verbotsrechte durch eine eher extensiv verstandene und damit weite Anwendung
der kollektiven Verwertung zu ersetzen.

3.7 Insgesamt erweist sich nach dem Gesagten in Bezug auf Ziff. 14 des Tarifs
die vorinstanzliche Auffassung als zutreffend und die Beschwerde als
unbegründet.
4. Ziff. 15 des genehmigten Tarifs (vgl. vorne lit. A)
Umstritten ist weiter die Vergütung für geschützte Tonaufnahmen, die in
geschützte Tonbildaufnahmen integriert sind (integrierte Tonträger).

4.1 Von den Beteiligten nicht in Frage gestellt wird, dass nach Römer Abkommen
eine Vergütungspflicht für integrierte Tonträger nicht vorgeschrieben ist, wenn
der ausübende Künstler seine Zustimmung zur Integration erteilt hat (Art. 7, 12
und 19 RA). Sodann schliesst Art. 2 lit. b WPPT Festlegungen, die Bestandteil
eines Filmwerks oder eines anderen audiovisuellen Werks sind, vom Begriff des
Tonträgers aus, womit nach dem WPPT eine Vergütungspflicht an sich entfällt.
Die Tragweite dieser Bestimmung ist zwar umstritten. Indessen kann das
nationale Recht einen weitergehenden Schutz vorsehen. Die Beschwerdegegnerin
stützt ihre Auffassung denn auch nicht auf die internationalen Abkommen,
sondern auf das schweizerische Recht. Erweist sich diese Auffassung als
zutreffend, kann die Tragweite von Art. 2 lit. b WPPT offen bleiben.

4.2 Art. 35 Abs. 1 URG gilt gleichermassen für Ton- und Tonbildträger. Es wäre
offensichtlich nicht im Sinne des Gesetzes, wenn für Tonträger dann, wenn sie
in einen Tonbildträger integriert sind, keine Vergütungspflicht mehr bestünde.
Fraglich kann nur sein, ob eine Vergütung als Tonträger oder aber als
Tonbildträger geschuldet ist. Das hat Auswirkungen namentlich in zweierlei
Hinsicht: Erstens ist gemäss der von der ESchK vorgenommenen Korrektur von
Ziff. 7 des Tarifs die Vergütung für Tonträger tiefer als diejenige für
Tonbildträger. Zweitens kann es sein, dass der Tonträger als solcher geschützt
wäre, nicht aber der Tonbildträger, u.a. deshalb, weil er nicht im Handel
erhältlich ist oder weil die in Art. 35 Abs. 4 URG enthaltenen Gegenrechts-
oder Abkommensvorbehalte für Ton- und Tonbildträger unterschiedlich
ausgestaltet sind; es fragt sich dann, ob in diesem Fall eine Vergütung
geschuldet ist.

4.3 Die ESchK erwog, Art. 35 URG wolle die im audiovisuellen Sektor tätigen
ausübenden Künstler denjenigen im Tonsektor gleichstellen. Der nationale
Gesetzgeber gewähre hier einen höheren Schutzstandard als die Konventionen. Der
Vergütungsanspruch bleibe erhalten, wenn die Sendung der Tonaufnahme ab einem
audiovisuellen Träger erfolge, wobei allerdings der Gegenrechtsvorbehalt von
Art. 35 Abs. 4 URG zu beachten sei. Die ESchK geht damit davon aus, dass auch
bei einer Integration in einen Tonbildträger der Schutz als Tonträger erhalten
bleibt.

4.4 In ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vertrat die
Beschwerdeführerin die Auffassung, die in ein Filmwerk integrierte Tonaufnahme
verliere ihren Charakter als Tonaufnahme, weshalb sie keinen eigenständigen
Schutz als Tonaufnahme geniessen könne. Die Beschwerdegegnerin hingegen schloss
sich der Auffassung der ESchK an. Das Bundesverwaltungsgericht erwog, nach
Ziff. 15 Abs. 1 des Tarifs werde für die integrierte Tonaufnahme eine Vergütung
als Tonbildträger berechnet, was nur eine aufgrund der Einheit des
Tonbildträgers ohnehin naheliegende Klarstellung sei. Die Beschwerde erweise
sich daher in Bezug auf Ziff. 15 Abs. 1 des Tarifs als unbegründet. Hingegen
beziehe sich Ziff. 2 auf den Fall, dass ein Tonbildträger nur im Hinblick auf
die in der Tonspur enthaltenen Tonaufnahmen geschützt sei, was u.a. darin
liegen könne, dass alle auf der Bildspur gezeigten Ausübenden aus Ländern
stammen, die kein Gegenrecht gewähren. Zwar gelange die mit Ziff. 2 bestimmte
Pro-rata-Regel in solchen Fällen ohnehin zur Anwendung und mache keine Ausnahme
von Abs. 1, so dass auch die Sendung eines derart teilgeschützten Trägers als
Tonbildträgernutzung (zum höheren Tarif) und nicht als Tonträgernutzung
berechnet werde. Ziff. 15 Abs. 2 setze zwar voraus, dass ein derartiger
Tonbildträger überhaupt unter die Vergütungspflicht von Art. 35 falle, lege
dies aber nicht ausdrücklich fest. Es erscheine zweifelhaft, ob entsprechende
Tonbildträger allein durch die anbegehrte Streichung dieser Bestimmung von
einer Vergütungspflicht befreit würden. Durch die Integration entstehe ein
Leistungsschutzrecht am Bildtonträger, das den Bild- und den Tonteil
gleichermassen schütze. Es stelle sich zwar die Frage, ob die Unterscheidung,
dass eine urheberrechtlich geschützte Tonspur über einen reinen Tonträger oder
einen Tonbildträger abgespielt werde, überhaupt noch relevant sei; die Frage
brauche jedoch nicht abschliessend beurteilt zu werden. Die Vorinstanz
unterstellt damit die integrierten Tonaufnahmen dem Tonbildträgerschutz.

4.5 Die Beschwerdeführerin stimmt dem zu; sie macht aber geltend, bei dieser
Rechtslage könne es nicht sein, dass in Bezug auf den Vergütungsanspruch nach
Art. 35 Abs. 1 URG bei der Sendung eines Tonbildträgers der Tonträgerschutz
immer dann wieder aufleben solle, wenn die Sendung des Tonbildträgers mangels
Gegenrecht vergütungsfrei erfolgen könne. Deshalb sei Ziff. 2 von Art. 15 des
Tarifs zu streichen. Ziff. 1 sei ebenfalls überflüssig. Ausreichende Grundlage
sei Ziff. 7 des Tarifs.
Die Beschwerdegegnerin schliesst sich nunmehr ebenfalls der Rechtsauffassung
der Vorinstanz an, erachtet aber den Streichungsantrag als unbegründet.

4.6 Streitig ist der Tarif als solcher, nicht seine Anwendung in einem
konkreten Fall. Wie bei einer abstrakten Normenkontrolle über kantonale Erlasse
(Art. 82 lit. b BGG) braucht in diesem Rahmen nicht jeder denkbare
Anwendungsfall untersucht zu werden, sondern es ist bloss zu prüfen, ob der
Tarif als solcher gesetzmässig ist. Weder aus dem Wortlaut von Ziff. 15 Abs. 2
des Tarifs noch aus der Bedeutung, welche die Vorinstanz dieser Bestimmung
beigemessen hat, ergibt sich die von der Beschwerdeführerin gezogene
Konsequenz, dass der Tonträgerschutz immer dann wieder aufleben soll, wenn der
Tonbildträger mangels Gegenrecht vergütungsfrei erfolgen könne. Vielmehr
verlangt der Wortlaut des Tarifs, dass "die Tonbildaufnahme (in welche die
Tonaufnahme integriert ist)... geschützt" ist, und so hat auch die Vorinstanz
ihn verstanden. Bei diesem Verständnis sagt der beanstandete Absatz nichts
anderes als das Gesetz und äussert sich nicht näher dazu, unter welchen
Voraussetzungen die Tonbildaufnahme als geschützt zu betrachten ist. Es besteht
daher kein Grund, den Absatz zu streichen. Dasselbe gilt für Abs. 1 von Ziff.
15.

5.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin, um deren Vermögensinteressen es geht,
die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG) und
schuldet der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 12'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Schiedskommission für die
Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, und dem Eidg. Institut für geistiges
Eigentum schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. August 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein