Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.13/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_13/2012

Urteil vom 8. Januar 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Dubs.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig,

gegen

Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern, Migrationsdienst,
Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Beschwerdedienst, Kramgasse 20,
3011 Bern.

Gegenstand
Widerruf Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 29. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Die kubanische Staatsangehörige X.________ (geb. 1986) heiratete am 27. März
2007 in ihrem Heimatland einen in der Schweiz aufenthaltsberechtigten 25 Jahre
älteren deutschen Staatsangehörigen. Am 2. Juli 2008 reiste X.________ mit
einem Visum zwecks Besuchsaufenthalt in die Schweiz ein mit der Absicht,
anschliessend mit dem Ehemann in Kuba zu leben. Am 5. August 2008 stellte der
Ehemann für seine Ehefrau ein Familiennachzugsgesuch, worauf X.________ eine
bis am 1. Juli 2013 gültige Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA erteilt wurde. Im
Jahr 2010 erhielt der Ehemann die Niederlassungsbewilligung.
Schon nach einigen Monaten kam es zu ehelichen Schwierigkeiten. Bereits mit
Schreiben vom 25. Januar 2009 bzw. 6. März 2009 forderte der Ehemann X.________
durch seine Rechtsvertreterin auf, die eheliche Wohnung zu verlassen. In der
Folge widerrief der Ehemann am 12. Juli 2009 gegenüber dem Migrationsdienst die
zugunsten seiner Ehefrau übernommene Unterhaltsgarantie und äusserte den
Verdacht, dass es sich seitens der Ehefrau um eine Scheinehe handle. Von der
geplanten Rückkehr nach Deutschland ohne seine Ehegattin und einer dortigen
Scheidungsklage sah er in der Folge ab. Mit Schreiben vom 21. Februar 2010
bestätigte er jedoch, dass der Ehefrau, die sich zwischenzeitlich in Kuba
aufgehalten und in dieser Zeit keinen Kontakt zu ihm hatte, jeglicher Ehewille
fehlte. Am 5. Juni 2010 kündigte er die gemeinsame Wohnung. Eine Wiederaufnahme
des Ehelebens stand spätestens seit September 2010 nicht mehr zur Diskussion.
Die gerichtliche Trennung erfolgte am 29. April 2011.

B.
Mit Verfügung vom 24. Juni 2010 widerrief das Amt für Migration des Kantons
Bern, Migrationsdienst, wegen rechtsmissbräuchlicher Berufung auf die Ehe die
Aufenthaltsbewilligung von X.________ und wies sie aus der Schweiz weg.
Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 25. Januar 2011 ab. Gegen diesen Entscheid
beschwerte sich X.________ unter sinngemässer Berufung auf Art. 50 AuG beim
Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom
29. November 2011 ab und setzte X.________ eine neue Ausreisefrist auf den 13.
Januar 2012 an (Ziff. 1 des Urteilsdispositivs). Zur Begründung führte es aus,
zwischen dem geltend gemachten Härtefallgrund und der Ehe bestehe kein
hinreichender Bezug, zudem sei auch die Rückkehrunmöglichkeit nicht erwiesen.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. Januar 2012
beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
29. November 2011 betreffend dessen Ziffer 1 aufzuheben und vom Widerruf der
Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA abzusehen, eventualiter die Sache unter
Feststellung ihres Rechtsanspruchs auf die Aufenthaltsbewilligung im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht sie um Erteilung
der aufschiebenden Wirkung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
und Verbeiständung.
Der Migrationsdienst des Kantons Bern hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das
Verwaltungsgericht und die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern sowie
das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

D.
Mit Verfügung vom 10. Januar 2012 hat der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde hinsichtlich
der Ausreiseverpflichtung antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche
Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht
einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten
genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein
Anspruch auf die Bewilligung besteht; ob die jeweiligen Voraussetzungen
tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE
136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 497 E. 3.3 S. 500 f.). Gegen den Widerruf einer
Aufenthaltsbewilligung kann praxisgemäss losgelöst von einem Rechtsanspruch an
das Bundesgericht gelangt werden, soweit diese weiterhin Rechtswirkungen
entfalten würde (vgl. BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Vorliegend macht die
Beschwerdeführerin einen nachehelichen Härtefall geltend (Art. 50 AuG; SR
142.20).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, falls er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung
wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der
Betroffene muss dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in
einem entscheidwesentlichen Punkt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl.
Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E.
1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auf rein appellatorische Kritik an der
Sachverhaltsermittlung oder der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht
ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.).

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin hat als Ehegattin eines EU-Bürgers gestützt auf das
Freizügigkeitsrecht grundsätzlich einen Anspruch auf die widerrufene
Bewilligung, solange die Ehe formell fortbesteht (Art. 7 lit. d des Abkommens
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
[FZA; SR 0.142.112.681] i.V.m. Art. 3 Anhang I FZA; Urteil des EuGH vom 13.
Februar 1985 C-267/83 Diatta, Rec. 1985 S. 567; BGE 130 II 113 E. 8 S. 127
ff.). Dieses Recht steht indessen unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (
BGE 130 II 113 E. 9 S. 129 ff.); fehlt der Wille zur Gemeinschaft und dient das
formelle Eheband ausschliesslich (noch) dazu, die ausländerrechtlichen
Zulassungsvorschriften zu umgehen, fällt der Anspruch dahin (Urteil 2A.557/2002
vom 3. Juni 2004 E. 5). Die abgeleitete Bewilligung des Drittstaatsangehörigen
kann in diesem Fall mangels Fortbestehens der Bewilligungsvoraussetzungen
gestützt auf Art. 23 Abs. 1 VEP (SR 142.203) i.V.m. Art. 62 lit. d AuG
(Nichteinhalten einer mit der Verfügung verbundenen Bedingung) widerrufen
werden, da das Freizügigkeitsabkommen diesbezüglich keine eigenen abweichenden
Bestimmungen enthält (vgl. Art. 2 Abs. 2 AuG).

2.2 Bereits im Februar 2010 hatte der Ehegatte klar zum Ausdruck gebracht, dass
der Beschwerdeführerin jeglicher Ehewille fehlte. Am 5. Juni 2010 kündigte er
die gemeinsame Wohnung und spätestens seit September 2010 bestand
unbestrittenermassen keine Hoffnung auf Wiederaufnahme der ehelichen
Gemeinschaft mehr. Nur wenn die Voraussetzungen des Verbleiberechts für
Drittstaatsangehörige (vgl. Art. 4 Anhang I FZA) erfüllt sind, besteht
freizügigkeitsrechtlich ein entsprechender Anspruch fort. Mit dem materiellen
Scheitern der Ehe - das auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird -
sind die Bewilligungsvoraussetzungen dahingefallen und durfte die an sich auf
fünf Jahre erteilte Bewilligung deshalb vorzeitig widerrufen werden.

3.
3.1 Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art.
51 Abs. 1 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen. Der
Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der
Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die
betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50
Abs. 1 lit. a AuG) bzw. wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt
in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG). Da EU-Bürger
und ihre Angehörigen freizügigkeitsrechtlich nicht schlechter gestellt werden
dürfen als Schweizer Bürger in der gleichen Situation (vgl. Art. 2 FZA), kann
sich die Beschwerdeführerin - losgelöst von der Bewilligungssituation ihres
Ehegatten - auf diese Bestimmung berufen.

3.2 Die Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG sind vorliegend schon
deshalb nicht erfüllt, weil die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft
unbestrittenermassen keine drei Jahre gedauert hat (vgl. BGE 136 II 113 E.
3.3). Obwohl sich die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe auch auf Art. 50 Abs.
1 lit. a AuG beruft, bringt sie diesbezüglich nichts vor und beziehen sich ihre
Ausführungen ausschliesslich auf lit. b).

3.3 Die "wichtigen persönlichen Gründe" nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG müssen
den weiteren Aufenthalt "erforderlich" machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu (BGE 137 II 345 E. 3.2.2 S. 349) kann
dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem
Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale
Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist etwa
an geschiedene Frauen (mit Kindern) zu denken, welche in ein patriarchalisches
Gesellschaftssystem zurückkehren und dort wegen ihres Status als Geschiedene
mit Diskriminierungen oder Ächtungen rechnen müssten. Mögliche weitere
Anwendungsfälle bilden (gescheiterte) unter Zwang eingegangene Ehen oder solche
im Zusammenhang mit Menschenhandel. Der Verbleib in der Schweiz kann sich zudem
auch dann als erforderlich erweisen, wenn der Ehegatte, von dem sich die
Aufenthaltsberechtigung ableitet, verstirbt (vgl. BGE 137 II 1 E. 3 f.).
Schliesslich ist nach der Ehe auch den Interessen gemeinsamer Kinder Rechnung
zu tragen, falls eine enge Beziehung zu ihnen besteht und diese in der Schweiz
ihrerseits gut integriert sind (Botschaft AuG, a.a.O., 3754 Ziff. 1.3.7.6).

3.4 Ein wichtiger persönlicher Grund kann sich aber auch aus anderen Umständen
oder Aspekten im In- oder Heimatland der betroffenen Person ergeben. Da es im
Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG um nacheheliche Härtefälle geht, d.h. an
die ursprünglich aus der Ehe abgeleitete Bewilligung angeknüpft wird, sind auch
die Umstände, die zum Abschluss bzw. zur Auflösung der Ehe geführt haben, von
Bedeutung. Insoweit rechtfertigt es sich, im Todesfall des Partners etwa
Pietätsgründe in die Gesamtwürdigung einfliessen zu lassen (vgl. BGE 137 II 1
E. 4.1). Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engen
Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib
nicht begründen, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen
Probleme stellt (Botschaft AuG, a.a.O., 3754 Ziff. 1.3.7.6). Entscheidend ist,
ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark
gefährdet zu gelten hat, und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre
(vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Wegweisungsvollzugshindernisse stellen
ebenfalls Aspekte dar, die unter Umständen geeignet sind, einen nachehelichen
Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG zu begründen (
BGE 137 II 345 E. 3.3.2 S. 351 f.). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall
setzt aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls eine erhebliche
Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen
Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt
auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten
Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (vgl. Urteil 2C_993/2011 vom 10. Juli
2012 E. 3.1, zur Publikation vorgesehen). Da Art. 50 Abs. 1 AuG von einem
Weiterbestehen des Anspruchs nach Art. 42 und 43 AuG spricht, muss der
Härtefall sich auf die Ehe und den damit verbundenen Aufenthalt beziehen (vgl.
BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350).

4.
4.1 Die Beschwerdeführerin begründet die Gefährdung ihrer Wiedereingliederung
in Kuba ausschliesslich mit den heimatlichen Gesetzesbestimmungen, wonach
kubanischen Staatsangehörigen die definitive Rückkehr nach Kuba verweigert
werden kann. Sonstige Umstände, die einen nachehelichen Härtefall begründen
könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Die Beschwerdeführerin pflegt
keine besonders engen Beziehungen zur Schweiz und ist hier nur beschränkt
integriert. Im Übrigen hat sie den Kontakt zur Heimat aufrecht erhalten und hat
sich zudem besuchsweise dorthin begeben. Es darf davon ausgegangen werden, dass
sie in Kuba, wo sie aufgewachsen ist, immer noch über ein intaktes Bezugsnetz
verfügt. Bis zu ihrer Ausreise in die Schweiz hat die Beschwerdeführerin bei
ihren Eltern gewohnt, die nach wie vor in Kuba leben und auf deren
Unterstützung sie bestimmt auch nach ihrer Rückkehr zählen kann. Ihre erneute
Integration im Heimatland wäre somit nur gefährdet, wenn ihr die definitive
Rückkehr von den heimatlichen Behörden verweigert würde.

4.2 Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines nachehelichen Härtefalls verneint
mit der Begründung, der Grund des allfälligen Verlusts des Residenzrechts liege
nicht primär in der Ehe und der damit verbundenen Ausreise, weshalb insofern
kein hinreichender Bezug zur Ehe bestehe. Zudem erachtete sie auch die
Unmöglichkeit der Rückkehr als nicht erstellt.

4.3 Die Beschwerdeführerin hat ihren Ehemann in Kuba geheiratet und ist
aufgrund der Heirat zu ihm in die Schweiz gereist, wo ihr zum Verbleib beim
Ehemann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Nach dem Scheitern der Ehe
wurde die Aufenthaltsbewilligung widerrufen und die Beschwerdeführerin von der
Schweiz weggewiesen. Die im Zusammenhang mit der Wegweisung geltend gemachte
Unmöglichkeit der Rückkehr steht somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz
inhaltlich und zeitlich in einem hinreichenden Bezug zur Ehe. Dazu ist nicht
erforderlich, dass der Härtefallgrund unmittelbar durch die Ehe oder die
deswegen erfolgte Ausreise verursacht wurde. Es genügt, dass die geltend
gemachten Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen
Person mit dem Dahinfallen der gestützt auf die Ehe gewährten
Anwesenheitsberechtigung verbunden sind.

4.4 Ob vorliegend ein Anspruch auf Fortbestand der Aufenthaltsbewilligung
besteht, hängt somit davon ab, ob der Beschwerdeführerin die definitive
Rückkehr nach Kuba tatsächlich verwehrt ist.
4.4.1 Die Vorinstanz hat die einschlägige kubanische Regelung betreffend Aus-
bzw. Rückreise der Staatsbürger unter anderem gestützt auf Angaben des
Bundesamtes für Migration (BFM) im April 2010 betreffend einen ähnlich
gelagerten Fall sowie aufgrund der in vorliegender Angelegenheit eingeholten
Stellungnahme des BFM vom 13. Juli 2011 umfassend dargelegt. Es kann auf die
entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Danach
müssen kubanische Staatsangehörige nach einer Ausreise aus Kuba spätestens nach
elf Monaten mindestens besuchsweise wieder nach Kuba zurückkehren, ansonsten
sie als Emigrant oder Emigrantin gelten, was eine definitive Rückkehr mit
Wohnsitznahme in Kuba grundsätzlich ausschliesst. Solche Personen haben
teilweise nur noch Anrecht auf einen vorübergehenden Aufenthalt, wobei jedoch
der persönliche bzw. familiäre Hintergrund die Sachlage beeinflussen kann.
Schliesslich hängt es auch von der "Fall-zu-Fall-Praxis" der kubanischen
Behörden ab, ob eine Wiedereinreise bewilligt wird. Bei fehlender
Rückreiseerlaubnis verweigert Kuba die Einreise und schickt die Person mit dem
gleichen Flug wieder zurück. Interventionen der Schweiz sowie anderer Staaten
sind in diesem Fällen ohne Erfolg geblieben. Diese Darstellung stimmt im
Wesentlichen auch mit der Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 15. Dezember 2011
überein.
4.4.2 Die Beschwerdeführerin ist in den auf die Ausreise im Juli 2008 folgenden
elf Monaten unbestrittenermassen nicht nach Kuba zurückgekehrt. Was sie
diesbezüglich zur Rechtfertigung vorbringt, überzeugt zwar nicht, aber ändert
nichts an der Tatsache, dass sie mit ihrem über elf Monate dauernden
ununterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz die heimatlichen Bestimmungen nicht
eingehalten hat und damit ihre Rückkehr nach Kuba ernsthaft in Frage gestellt
ist. Zur Klärung ihres persönlichen Status gegenüber ihrem Heimatstaat hat die
Beschwerdeführerin eine ihre Person betreffende Konsularbescheinigung
eingereicht. Die vorgelegte Bescheinigung der kubanischen Botschaft vom 4.
Februar 2011 bestätigt die kubanische Regelung und Praxis (wonach die
Beschwerdeführerin als Emigrantin gilt und ihr daher die definitive Rückkehr
nicht erlaubt wird) und entspricht insofern den obgenannten Angaben des
Bundesamtes für Migration. Aus der Konsularbescheinigung geht allerdings nicht
hervor, dass die Beschwerdeführerin einen formellen Antrag um definitive
Rückreise unter Hinweis auf den geänderten Aufenthaltsstatus gestellt hätte.
Dies ist wohl nicht der Fall, hatte sie doch damals - wie auch die Vorinstanz
einräumt - nicht direkt Anlass dazu, da sie ja vom Fortbestand ihres
Anwesenheitsrechts in der Schweiz ausging. Insofern kann ihr daher nicht
vorgeworfen werden, sie sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, zumal
die rechtliche Situation sowie die kubanische Praxis betreffend Verlust des
Residenzrechts erwiesen sind und die Beschwerdeführerin sich bemüht hat, ihren
persönlichen Status mittels heimatlicher Konsularbescheinigung zu belegen. Ob
der Beschwerdeführerin allenfalls aufgrund der "Fall-zu-Fall-Praxis" der
kubanischen Behörden die Rückkehr erlaubt werden könnte, steht allerdings
zurzeit nicht fest und ist insbesondere auch im Hinblick auf die von der
Republik Kuba angekündigten Lockerungen der massgebenden Gesetzesbestimmungen
nicht völlig ausgeschlossen. Die Klärung dieser Frage erfordert allerdings ein
entsprechendes formelles Gesuch der Beschwerdeführerin um definitive Rückkehr
zu ihrer Familie in Kuba unter Hinweis auf die gescheiterte Ehe und den daraus
folgenden geänderten Aufenthaltsstatus in der Schweiz. Nachdem die rechtliche
Unmöglichkeit, in ihr Heimatland zurückzukehren, als
Wegweisungsvollzugshindernis geeignet ist, einen nachehelichen Härtefall im
Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG zu begründen, und eine solche
Anspruchsbewilligung einem Verfahren um vorläufige Aufnahme (vgl. Art. 83 AuG)
vorgeht, sind entsprechende Abklärungen im Bewilligungsverfahren vorzunehmen
(vgl. BGE 137 II 345 E. 3.3.2 S. 352). Die Beschwerdeführerin trifft dabei eine
weitreichende Mitwirkungspflicht. Sie hat innert von den kantonalen Behörden
festzusetzender Frist bei der zuständigen kubanischen Vertretung ein formelles
Gesuch um definitive Rückkehr einzureichen, sich aktiv um einen positiven
Ausgang des heimatlichen Rückkehrverfahrens zu bemühen und die kantonalen
Behörden darüber mittels entsprechender Belege umfassend zu informieren. Sollte
sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht bzw. ungenügend nachkommen, müsste die
Rückkehrunmöglichkeit als nicht erwiesen gelten, womit der Bewilligungsanspruch
nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG entfiele.

5.
5.1 Da die Vorinstanz davon ausging, dass eine allfällige Rückkehrunmöglichkeit
schon mangels hinreichenden Bezugs zur Ehe keinen nachehelichen Härtefall im
Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG begründen könnte, hatte sie
keinen Anlass, betreffend das geltend gemachte Wegweisungsvollzugshindernis
Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, die es dem Bundesgericht erlauben
würden, selber zu entscheiden. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache in Anwendung von Art. 107 Abs. 2
BGG an die Vorinstanz zur Vornahme zusätzlicher Sachverhaltsabklärungen und zur
neuen Entscheidung zurückzuweisen.

5.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten
geschuldet (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Bern hat die
Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren indessen angemessen zu
entschädigen (vgl. Art. 68 BGG). Dadurch wird das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos. Das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern wird über die Kosten- und Entschädigungsfrage für die
vorinstanzlichen Verfahren im Kanton neu zu befinden haben.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 29. November 2011 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Bern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Amt für Migration und
Personenstand des Kantons Bern, der Polizei- und Militärdirektion des Kantons
Bern, Beschwerdedienst, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Dubs