Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1270/2012
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_1270/2012

Urteil vom 2. April 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Egli.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis,

gegen

Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
13. November 2012.

Erwägungen:

1.
Der kosovarische Staatsangehörige X.________ (geb. 1986) reiste am 8. Oktober
2010 zur Vorbereitung der Heirat mit der Schweizerin Y.________ (geb. 1990) in
die Schweiz ein. In der Folge erhielt X.________ eine bis 21. Oktober 2011
gültige Aufenthaltsbewilligung. Am 19. April 2011 trennten sich die Eheleute;
am 4. Oktober 2012 erfolgte die Scheidung.
Mit Verfügung vom 11. Januar 2012 verweigerte das Migrationsamt des Kantons St.
Gallen die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies X.________ aus der
Schweiz weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos.
Vor Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 13. November 2012 aufzuheben, die Aufenthaltsbewilligung
zu verlängern und von einer Wegweisung abzusehen, eventualiter die Sache an die
kantonalen Vorinstanzen zurückzuweisen.

2.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit sie
überhaupt den gesetzlichen Begründungs- wie Rügeanforderungen genügt; sie kann
ohne Weiterungen mit summarischer Begründung im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 BGG erledigt werden.

2.1 Der Beschwerdeführer gründet seinen Aufenthaltsanspruch auf Art. 50 Abs. 1
lit. b AuG (SR 142.20) sowie auf Art. 8 EMRK, Art. 17 UNO-Pakt II (SR 0.103.2)
und Art. 13 BV. Das bedarf näherer Prüfung. Ob dem Beschwerdeführer tatsächlich
eine Bewilligung zu erteilen ist, bildet Gegenstand der nachfolgenden
materiellen Prüfung (vgl. BGE 137 I 284 E. 1.3 S. 287 mit Hinweisen). Insoweit
ist die Beschwerde zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG).
Nicht einzutreten ist hingegen auf den Antrag, von einer Wegweisung abzusehen.
Wendet sich der Beschwerdeführer damit gegen die Wegweisung, ist die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG
ausgeschlossen; im Rahmen der hilfsweise erhobenen subsidiären
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG macht er keine zulässigen Rügen
geltend (vgl. Art. 116 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307
und E. 3.3 S. 310 f.). Falls sich der Antrag bloss auf die
Aufenthaltsbewilligung beziehen sollte, kommt ihm neben dem Antrag auf
Verlängerung der erwähnten Bewilligung keine eigenständige Bedeutung zu (vgl.
Urteil 2C_398/2011 vom 25. Oktober 2011 E. 2).

2.2 Nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG besteht der Bewilligungsanspruch nach einer
gescheiterten Ehe fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren
Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (vgl. BGE 138 II 393 E. 3.1 S.
394 f.; 137 II 345 E. 3.2 S. 348 ff.). Bei der Anwendung von Art. 50 Abs. 1
lit. b AuG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre
Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in
ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der
Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E.
3.2.3 S. 350; Urteile 2C_489/2011 vom 16. Juni 2011 E. 2.2; 2C_216/2009 vom 20.
August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der
gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat-
und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der
gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden
sein muss (vgl. BGE 138 II 393 E. 3.1 S. 395; 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350;
Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Wurden wie im vorliegenden
Fall keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im
Land nur von kurzer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen
weiteren Verbleib, auch wenn die betroffene ausländische Person hier nicht
straffällig geworden ist, gearbeitet hat und inzwischen allenfalls auch Deutsch
spricht (Urteile 2C_1010/2012 vom 17. Oktober 2012 E. 3.2.2; 2C_955/2012 vom 5.
Oktober 2012 E. 3.4.1).

2.3 Die vom Beschwerdeführer geschilderten Umstände sind nicht geeignet, einen
persönlichen, nachehelichen Härtefall (Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG) zu
begründen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, begründet die blosse
Tatsache, dass sich die vormalige Ehefrau nach kurzer Ehedauer vom
Beschwerdeführer getrennt hat, keinen Härtefall. Auf eine Befragung der
früheren Ehefrau durfte die Vorinstanz verzichten. Der Beschwerdeführer wollte
damit nachweisen, dass die vormalige Ehefrau unter dem Druck der Familie
"fremdbestimmt" gehandelt habe und er selbst dem familiären Druck in
"nötigender" und "entwürdigender" Weise ausgesetzt gewesen sei. Diese
Vorbringen werden durch die wiederholten schriftlichen Äusserungen der früheren
Ehefrau gegenüber dem Migrationsamt ebenso wenig gestützt wie durch ihre
mündliche Aussage im Eheschutzverfahren. Zudem fällt ins Gewicht, dass der
Beschwerdeführer am 14. Juni 2011 einer Trennungsvereinbarung zugestimmt hat
und im Mai 2012 seiner (damaligen) Ehefrau eine Scheidung vorschlug, worauf die
Ehe am 4. Oktober 2012 auf gemeinsames Begehren geschieden wurde. Wenn die
Vorinstanz aus diesen Umständen schloss, dass der Beschwerdeführer nicht der
Willkür seiner vormaligen Ehefrau ausgeliefert war, ist dies nicht zu
beanstanden. Der Verzicht auf weitere Beweiserhebungen verstiess nicht gegen
Art. 29 BV (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; Urteil
2C_733/2012 vom 24. Januar 2013 E. 3.2.3). Damit erübrigt sich auch der
beantragte Beizug der Akten aus dem Scheidungsverfahren. Art. 6 EMRK ist auf
ausländerrechtliche Verfahren nicht anwendbar (BGE 137 I 128 E. 4.4.2 S. 133 f.
mit Hinweis).

2.4 Inzwischen ist der Beschwerdeführer eine neue Beziehung mit einer Landsfrau
eingegangen, die in der Schweiz lebt. Inwiefern diese neue Beziehung einen
persönlichen, nachehelichen Härtefall begründen soll, ist nicht ersichtlich,
zumal sich die neue Beziehung gerade nicht auf die (frühere) Ehe und den damit
bezogenen Aufenthalt bezieht (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350; Urteil
2C_590/2010 vom 29. November 2010 E. 2.5.3). Vergebens beruft sich der
Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf Art. 8 EMRK: Nach der
Rechtsprechung ergibt sich aus einem Konkubinatsverhältnis regelmässig nur dann
ein Bewilligungsanspruch, wenn eine lang dauernde und gefestigte Partnerschaft
vorliegt und die Heirat unmittelbar bevorsteht (BGE 135 I 143 E. 3.1 S. 148;
Urteile 2C_1035/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 5.1; 2C_207/2012 vom 31. Mai 2012
E. 3.3 mit Hinweisen). Im massgeblichen Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils
(Art. 105 BGG) hatte der Beschwerdeführer "so halb und halb ein lockeres
Zusammenleben" mit seiner neuen Partnerin aufgenommen. Zwar strebt der
Beschwerdeführer eine Heirat an, doch steht diese nicht unmittelbar bevor, da
die neue Partnerin zurzeit noch verheiratet ist. Ausserdem kann das
Zusammenleben gestützt auf die beschränkte Dauer des Konkubinats nicht als
eheähnlich im Sinne der Rechtsprechung qualifiziert werden (vgl. Urteil 2C_428/
2012 vom 18. Mai 2012 E. 2.3.2). Inwiefern Art. 13 BV oder Art. 17 UNO-Pakt II
weitergehende Ansprüche einräumen sollen, wird vom Beschwerdeführer nicht
dargetan (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Soweit der Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht nähere Angaben zu seiner
neuen Beziehung macht, ist er damit nicht zu hören. Der Beschwerdeführer legt
nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern erst der vorinstanzliche
Entscheid zu diesen Vorbringen Anlass gegeben hat; nachträglich eingetretene
Tatsachen und Beweismittel ("echte Noven") bleiben in jedem Fall
unberücksichtigt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 138 II 393 E. 3.5 S. 397; 135 I 221
E. 5.2.4 S. 229 f.; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.).

2.5 Der Beschwerdeführer kam im Alter von 24 Jahren in die Schweiz, wo er sich
seit rund zwei Jahren aufhält. Die Ehe blieb kinderlos. Die Familie (Eltern,
Geschwister) des Beschwerdeführers lebt nach seinen Angaben im Kosovo, wo er
den weitaus grössten Teil seines Lebens verbracht hat. Der Beschwerdeführer
kann daher - wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat - ohne grössere
Probleme in seine Heimat zurückkehren. Nicht entscheidend ist, ob es für den
Beschwerdeführer einfacher ist, in der Schweiz zu leben. Art. 54 AuG vermittelt
keine weitergehenden Ansprüche (vgl. Urteil 2C_759/2010 vom 28. Januar 2011 E.
5.2.3).

3.
Aufgrund des Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Für alles
Weitere kann auf die zutreffenden Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil
verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen
geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. April 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Egli