Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1171/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_1171/2012

Urteil vom 7. Dezember 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Thierry Frei,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer, vom 22. Oktober 2012.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1980) stammt aus dem Kosovo. Er durchlief in der Schweiz
von 1998 bis Februar 2000 erfolglos ein Asylverfahren. Am 23. Januar 2004
heiratete er eine Schweizer Bürgerin (geb. 1973). Ab September 2004 lebte das
Ehepaar wegen psychischer Probleme der Gattin getrennt. Die Eheleute wohnten in
der Folge nie mehr zusammen und die Ehe wurde am 17. Dezember 2010 geschieden.
Seit dem 23. Juni 2009 verfügte X.________ erst im Kanton Luzern und hernach im
Kanton Zürich über eine Niederlassungsbewilligung.

1.2 Am 28. April 2011 heiratete X.________ im Kosovo seine Landsfrau Y.________
(geb. 1987). Das Migrationsamt des Kantons Zürich wies am 16. Dezember 2011
sein Gesuch ab, die Einreise seiner neuen Gattin zu bewilligen; gleichzeitig
widerrief es die Niederlassungsbewilligung und hielt X.________ an, das Land zu
verlassen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies am 22. Oktober 2012
die hiergegen gerichtete Beschwerde ab: Zwar hätten die Behörden bei Erteilung
der Niederlassungsbewilligung darum gewusst, dass X.________ mit seiner
Schweizer Gattin nicht zusammenlebe, doch ergebe sich aus den Erklärungen der
heutigen Ehepartnerin im Einreiseverfahren neu, dass bereits damals die
entsprechende Beziehung bestanden haben müsse, weshalb die Behörden bei der
Erteilung der Niederlassungsbewilligung getäuscht worden seien und sie die
Bewilligung hätten widerrufen dürfen.

1.3 X.________ beantragt vor Bundesgericht, das kantonale Urteil aufzuheben,
vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung abzusehen und dem
Familiennachzugsgesuch seiner Gattin Y.________ zu entsprechen.

2.
2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig - d.h. in
willkürlicher Weise - oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte
ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss
rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete
Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft erscheint (Art. 42 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3). Willkür
liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder
sogar zutreffender erschiene, sondern nur, wenn sich die vorinstanzliche
Beurteilung als offensichtlich unhaltbar erweist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik an
der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht praxisgemäss nicht ein (BGE 136 II
101 E. 3 S. 104 f.).

2.2 Die vorliegende Eingabe genügt diesen Anforderungen nicht in allen Punkten
(vgl. LAURENT MERZ, in: BSK Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 52 ff. zu
Art. 42). Der Beschwerdeführer beschränkt sich teilweise darauf, bloss die
bereits vor der Vorinstanz erhobenen Einwände zu wiederholen; mit deren
Ausführungen dazu setzt er sich nur am Rande auseinander. Zwar behauptet er,
die Beweiswürdigung und die Feststellung des Sachverhalts seien willkürlich
bzw. in Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör erfolgt, er legt
indessen nicht dar, inwiefern die Darlegungen der Vorinstanz als offensichtlich
unhaltbar gelten müssten (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; "qualifizierte Rüge- und
Substanziierungspflicht": BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Dies ist auch nicht
ersichtlich.

3.
3.1 Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehören das Recht des Betroffenen, sich
vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zur Sache zu
äussern, sowie das Recht auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig
angebotenen rechtserheblichen Beweismittel (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56). Indessen
steht Art. 29 Abs. 2 BV einer vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht entgegen.
Das Gericht kann auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn es aufgrund der
bereits vorliegenden Unterlagen seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür
annehmen darf, seine Beurteilung werde auch durch weitere Beweiserhebungen
nicht mehr geändert (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157).

3.2 Die erste Ehe des Beschwerdeführers wurde rund eineinhalb Jahre nach Erhalt
der Niederlassungsbewilligung geschieden, ohne dass die Ehegatten wieder
zusammengewohnt hätten, obwohl dies ab Oktober 2007 gesundheitlich möglich
gewesen wäre. Nur knapp drei Monate nach der Scheidung heiratete der
Beschwerdeführer seine Landsfrau, welche im Visumsverfahren erklärt hat, diesen
Ende 2005 oder 2006 kennengelernt und sich Mitte 2007 mit ihm verlobt zu haben;
am 24. Dezember 2007 hätten sie im Kosovo traditionell geheiratet. Am 20. Juni
2011 bestätigte sie diese Aussage und ergänzte, dass sie seither bei der
Familie ihres Mannes lebe. Sie konnte sich bei dieser Gelegenheit nicht daran
erinnern, dass sie den Beschwerdeführer am 28. April 2011 (nur zwei Monate
vorher) offiziell geheiratet hätte. Zudem erklärte sie, dass ihr Gatte für die
erste Ehe "bezahlen" musste. Wenn die Vorinstanz gestützt auf diese Aussagen
zum Schluss gekommen ist, dass es dem Beschwerdeführer zumindest ab seiner
Verlobung Mitte 2007 am Willen gefehlt hat, die Ehe mit seiner Schweizer
Partnerin tatsächlich weiterzuführen, weshalb er die Niederlassungsbewilligung
durch Verschweigen dieses Umstands rechtsmissbräuchlich erworben habe und diese
deshalb widerrufen werden dürfe, ist dies nicht bundesrechtswidrig (vgl. Art.
63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. a AuG).

3.3 Zwar soll die Gattin am 17. Juli 2012 auf ihre Erklärungen zurückgekommen
sein, doch durfte das Verwaltungsgericht mit Blick auf deren wiederholten
früheren Äusserungen - entgegen der Kritik des Beschwerdeführers - in
antizipierter Beweiswürdigung willkürfrei davon absehen, das entsprechende
Protokoll noch einzuholen. Der Widerruf erfolgte erst, nachdem das
Migrationsamt aufgrund der früheren Aussagen zuungunsten des Beschwerdeführers
und seiner Gattin entschieden hatte, sodass die Vorinstanz annehmen konnte,
dieser sei zweckgerichtet und damit weniger glaubwürdig als die ursprünglich
abgegebenen Erklärungen.

3.4 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Widerruf seiner
Niederlassungsbewilligung sei unverhältnismässig, wiederholt er lediglich die
Einwände, welche bereits die Vorinstanz - zu Recht - nicht zu überzeugen
vermochten: Der Beschwerdeführer ist mit 18 Jahren erstmals in die Schweiz
gekommen. Mit seiner Schweizer Gattin hat er, wenn überhaupt, nur ganz kurz
zusammengewohnt. Seine prägenden Kindes- und Jugendjahre hat er im Kosovo
verbracht, wo seine Verwandten und die heutige Ehefrau leben. Mit den
Verhältnissen in seiner Heimat ist er durch seine regelmässigen Besuche dort
noch bestens vertraut. Zwar hält er sich inzwischen seit 2004 im Land auf, doch
beruht seine Anwesenheit seit Mitte 2007 - wie die Vorinstanz zu Recht
angenommen hat - auf einer Täuschung der Behörden über den (rechtsverbindlich
festgestellten) Sachverhalt. Im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist es zulässig,
ausländerrechtliche Rechtsmissbräuche zu bekämpfen (EGMR-Urteil vom 14.
Dezember 2010 O'Donoghue u. Mitb. gegen Vereinigtes Königreich [Nr. 34848/07] §
87). Der Umstand, dass es für den Beschwerdeführer und seine Frau allenfalls
einfacher wäre, in der Schweiz zu leben, lässt den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung nicht bereits als unverhältnismässig erscheinen (vgl.
den EGMR-Nichtzulassungsentscheid vom 20. September 2011 Omeredo gegen
Österreich [Nr. 8969/10] "The Law, Ziff. 1" zu Art. 3 EMRK).

4.
4.1 Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit darauf
eingetreten werden kann. Es rechtfertigt sich, sie ohne Weiterungen im
Verfahren nach Art. 109 BGG zu erledigen. Zur Begründung wird ergänzend auf die
Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit
dem vorliegenden Urteil in der Sache selber wird das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos.

4.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der unterliegende
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 4. Kammer, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 7. Dezember 2012

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar