Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1123/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_1123/2012

Urteil vom 11. Juli 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Hänni.

Verfahrensbeteiligte
1. X.________,
2. Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis,

gegen

Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen.

Gegenstand
Nichterteilung einer Niederlassungsbewilligung/ Aufenthaltsbewilligung nach
Nichtigerklärung der Einbürgerung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
15. Oktober 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1967) stammt aus Jordanien. Am 12. Oktober 1998 reiste er in
die Schweiz ein und beantragte Asyl. Im Mai 2000 lernte er die 13 Jahre ältere
Z.________ kennen. Die beiden heirateten im Dezember 2000. In der Folge erhielt
X.________ eine Aufenthaltsbewilligung und zog sein Gesuch um Asyl zurück.

B.
Im September 2003 stellt X.________ ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung.
Seit dem 1. November 2003 verfügte er über eine Zweitwohnung in der Nähe der
ehelichen Wohnung. Dem Gesuch um Einbürgerung wurde am 24. Juni 2004
stattgegeben. Am 8. Oktober 2004 wurden Eheschutzmassnahmen angeordnet und das
Getrenntleben gerichtlich festgestellt. Im Februar 2005 reichten die Ehegatten
ein gemeinsames Scheidungsbegehren ein; am 6. Juni 2005 wurde die Ehe
geschieden. Das Bundesamt für Migration teilte X.________ in der Folge mit, es
erwäge die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung.

C.
Am 16. Dezember 2005 heiratete X.________ die Jordanierin Y.________.
Z.________ war mittlerweile - die Vorinstanz hat nicht festgestellt, an welchem
Datum - verstorben. Am 19. April 2006 reichte X.________ ein erstes, am 28. Mai
2010 ein weiteres Gesuch um Familiennachzug für seine jordanische Ehegattin
ein. Dem zweiten Gesuch wurde am 29. Juli 2010 stattgegeben. Am 6. August 2010
reiste Y.________ in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung.
Am 6. Juli 2011 wurden dem Ehepaar in St. Gallen die beiden Kinder A.________
und B.________ geboren.

D.
Mit Verfügung vom 1. Mai 2009 erklärte das Bundesamt für Migration die im Jahr
2004 erfolgte erleichterte Einbürgerung für nichtig. Das Bundesgericht wies
eine hiergegen erhobene Beschwerde letztinstanzlich ab (Urteil 1C_476/2010 vom
13. Dezember 2010).

Bereits zuvor, am 17. Oktober 2010, stellte X.________ ein Gesuch um
Wiedererteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Am 5. Januar 2011 ersuchte er um
Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Das Migrationsamt wies die Gesuche
um Erteilung einer Aufenthalts- bzw. einer Niederlassungsbewilligung mit
Verfügung vom 21. März 2011 ab. X.________ und seine Gattin erhoben hiergegen
Rekurs beim Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, welches
diesen am 9. März 2012 abwies. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen blieb ohne Erfolg (Urteil vom 15.
Oktober 2012).

E.
Mit Eingabe vom 11. November 2012 erheben X.________ (Beschwerdeführer) und
seine Gattin Y.________ (Beschwerdeführerin) Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragen dem Bundesgericht, das
Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. Dem Beschwerdeführer sei eine
Niederlassungsbewilligung, eventuell eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen
und vom Widerruf der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin sei
abzusehen; ihr und den Kindern sei der weitere Aufenthalt in der Schweiz zu
gestatten. Die Beschwerdeführenden beantragen zudem die unentgeltliche
Prozessführung und Verbeiständung.

Mit Verfügung vom 16. November 2012 hat der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Das Sicherheits- und Justizdepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons
St. Gallen wie auch das Bundesamt für Migration beantragen, die Beschwerde sei
abzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Nichtigerklärung des Schweizerbürgerrechts des Beschwerdeführers in
Anwendung von Art. 41 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und
Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) ist
rechtskräftig und steht hier nicht mehr infrage. Auf dem Gebiet des
Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen Entscheide betreffend die
Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht
noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Der Beschwerdeführer war von 2000
bis 2005 mit einer Schweizerin verheiratet; er macht in vertretbarer Weise
einen potenziellen Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung nach Art. 42
Abs. 3 AuG bzw. eventualiter auf eine Aufenthaltsbewilligung nach Art. 50 Abs.
1 lit. a und b AuG geltend. Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten. Ob die
jeweiligen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der
materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.).

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt bzw.
vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 135 I 143 E. 1.5 S.
146 f.). Die Eingabe vom 20. März 2013 (Geburt eines weiteren Kindes; Hinweise
auf die Flüchtlingssituation in Jordanien) bleibt unbeachtlich.

1.3. Soweit mit dem Rechtsmittel die Aufhebung der Entscheide der unteren
kantonalen Instanzen verlangt wird, kann darauf nicht eingetreten werden. Das
Anfechtungsobjekt ist ausschliesslich das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 15. Oktober 2012 (Devolutiveffekt; vgl. Art. 86 Abs. 1
lit. d BGG; BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144; 129 II 438 E. 1 S. 441, mit
Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
29 Abs. 2 BV) sei verletzt, weil die Vorinstanz "allzu unkritisch" auf einzelne
Äusserungen der mittlerweile verstorbenen ersten Ehegattin des
Beschwerdeführers abgestellt habe. Dagegen habe sie den angebotenen Beweis der
Befragung ihrer Kinder abgelehnt.

2.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet das Recht des Betroffenen,
sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zur
Sache zu äussern, sowie das Recht auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig
angebotenen, rechtserheblichen Beweismittel (BGE 135 II 286 E. 5.1 S. 293; 132
II 485 E. 3.2 S. 494; 127 I 54 E. 2b S. 56). Das Gericht kann auf die Abnahme
von Beweisen verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine
Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, seine Überzeugung
werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 134 I 140 E. 5.3 S.
148; 131 I 153 E. 3 S. 157).

2.2. Die Vorinstanz hatte genügend relevante Informationen zur Verfügung, um
sich - auch ohne zusätzliche Anhörung der vorgeschlagenen Zeugen - ein Bild
über die eheliche Gemeinschaft des Beschwerdeführers und seiner ersten Gattin
zu machen. Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Schweizer Gattin hatten
sich mehrmals zu den Umständen der Ehe geäussert; die Vorinstanz hat sich mit
diesen Unterlagen auseinandergesetzt. Das Verwaltungsgericht hat die
Äusserungen der Gattin im Gegensatz zum Beschwerdeführer nicht als
widersprüchlich betrachtet. Sie hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt,
weshalb sie deren Äusserungen Überzeugungskraft zumass. Entgegen der Auffassung
des Beschwerdeführers hat sich die Vorinstanz auch nicht auf diese Aussagen,
sondern auf das primäre und objektivierbare Kriterium der nach aussen
wahrnehmbaren Wohngemeinschaft gestützt (vgl. BGE 138 II 229 E. 2 S. 231; 137
II 345 E. 3.1.2 S. 347; Urteil 2C_903/2011 vom 11. Juni 2012 E. 3.2; unten E.
3.4 und 4). Eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV liegt nicht vor (vgl. BGE 134
I 140 E. 5.3 S. 148; 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.).

3.

3.1. Mit der - rechtskräftigen - Nichtigerklärung der Einbürgerung wurde der
Beschwerdeführer ausländerrechtlich in die gleiche Rechtsstellung wie vor der
Einbürgerung versetzt (vgl. BGE 135 II 1 E. 3.2 S. 5 f.; Urteil 2C_431/2010 vom
25. Juli 2011 E. 1.1). War die betroffene Person vor der Einbürgerung im Besitz
einer Niederlassungsbewilligung, besteht diese zwar fort, unterliegt ihrerseits
jedoch wieder den ausländerrechtlichen Erlöschens- oder Widerrufsgründen (vgl.
Art. 51 bzw. Art. 63 AuG; Urteil 2C_226/2011 vom 14. November 2011 E. 2). War
die betroffene Person vor der Einbürgerung im Besitz
einer Aufenthaltsbewilligung, lebt diese entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers nicht automatisch wieder auf. Vielmehr ist aufgrund der
aktuellen Sachlage neu über ein allfälliges Anwesenheitsrecht zu entscheiden
(vgl. BGE 135 II 1 E. 3.2 S. 5 f.; Urteil 2C_431/2010 vom 25. Juli 2011 E.
1.1), dabei gelten die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen des AuG (vgl. Art.
30 Abs. 3 VZAE [SR 142.201]).

3.2. Unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von
Schweizer Bürgern nach 5 Jahren ununterbrochenen und ordnungsgemässen
Aufenthalts Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung (Art. 42 Abs.
3 AuG). Da die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner ersten Gattin weniger als
fünf Jahre dauerte, bis sie im Juni 2005 geschieden wurde, fällt ein Anspruch
auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach Art. 42 Abs. 3 AuG zum
Vornherein ausser Betracht (Urteile 2C_413/2013 vom 28. Juni 2013 E. 2.1;
2C_899/2011 vom 20. April 2012 E. 2.1; 2C_568/2011 vom 16. November 2011 E.
3.2, je mit Hinweisen).

3.3. Unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von
Schweizer Bürgern Anspruch auf Erteilung und Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42
Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven
Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert
und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat
(Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3; Urteile 2C_40/2012 E. 6;
2C_821/2011 vom 22. Juni 2012 E. 2; 2C_886/2011 vom 28. Februar 2012 E. 4.1).
Der Beschwerdeführer hat nach erfolgter Scheidung zwar keinen Anspruch mehr auf
Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung nach Art. 42 Abs. 1 AuG. Sollte er
jedoch vor der Scheidung einen Anspruch auf die Aufenthaltsbewilligung nach
Art. 42 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 lit. a oder b erworben haben,
kann er sich nach der Rechtsprechung hierauf auch nach der Beendigung der Ehe
berufen (BGE 128 II 145 E. 1.1.4 S. 149; Urteil 2C_431/2010 vom 25. Juli 2011
E. 1.2), zumal die Vorinstanz explizit nicht vom Vorliegen einer Scheinehe, und
damit nicht vom Erlöschen der Ansprüche des Beschwerdeführers nach Art. 51 Abs.
1 AuG ausgegangen ist (vgl. Urteil 2C_682/2012 vom 7. Februar 2013 E. 6.2.2 e
contrario; vgl. auch Urteil des BVGer C-130/2012 vom 12. September 2012 E. 7).

3.4. Eine im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG relevante Ehegemeinschaft
liegt vor, solange dieeheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein
gegenseitiger Ehewille besteht. Mit Blick auf Art. 49 AuG, der den Ehegatten
bei weiterdauernder Familiengemeinschaft gestattet, aus "wichtigen Gründen"
getrennt zu leben, was auch bei vorübergehenden Schwierigkeiten in der Ehe
kurzfristig der Fall sein kann (vgl. Art. 76 VZAE; dazu Urteile 2C_891/2012 vom
7. Juni 2013 E. 2.3; 2C_635/2009 vom 26. März 2010 E. 4.4 mit Hinweisen auf die
Entstehungsgeschichte), ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall
zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv
aufgelöst zu gelten hat (vgl. BGE 138 II 329 E. 2 S. 231). Dabei ist auf
objektivierbare Kriterien - im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen
wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft - abzustellen (BGE 137 II 345 E. 3.1.2
f. S. 347; Urteile 2C_891/2012 vom 7. Juni 2013 E. 2.1; 2C_903/2011 vom 11.
Juni 2012 E. 2.2; 2C_544/2010 vom 23. Dezember 2010 E. 2.2). Die Grenze von
drei Jahren gilt dabei absolut (BGE 137 II 345 E. 3.1.3 S. 347; Urteil 2C_430/
2011 vom 11. Oktober 2011 E. 4.1). Selbst wenn die Frist von drei Jahren nur um
wenige Wochen oder Tage verpasst wird, besteht kein Anspruch mehr darauf, dass
die Bewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG verlängert wird (BGE 137
II 345 E. 3.1.3 und 3.2.1 S. 347 f.; Urteile 2C_903/2011 vom 11. Juni 2012 E.
2.3; 2C_366/2012 vom 1. Mai 2012 E. 2.1).

4.

4.1. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2000 in die Schweiz ein und heiratete
seine Schweizer Gattin am 1. Dezember 2000. Die Eheleute lebten ab dem 7.
August 2004 getrennt; die Ehe wurde am 6. Juni 2005 geschieden. Gemäss den
Feststellungen der Vorinstanz hatte dem Beschwerdeführer ab dem 1. November
2003, d.h. 2 Jahre und 11 Monate nach der Hochzeit, eine Zweitwohnung zur
alleinigen Benutzung zur Verfügung gestanden. Die Vorinstanz wertete diesen
Umstand als Indiz dafür, dass das Erfordernis des Zusammenlebens gemäss Art. 42
AuG nicht mehr erfüllt war, und prüfte, ob durch die Rechtsprechung anerkannte
wichtige Gründe für ein vorübergehendes Getrenntleben im Sinne von Art. 49 AuG
vorlagen, was sie schliesslich - ohne Bundesrecht zu verletzen - verneinte:

4.1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Anmietung einer Zweitwohnung habe
lediglich "zeitweise" als "Rückszugsort zwecks Deeskalation einer angespannten
Lage" gedient. Aufgrund des Wunsches, seiner zu jenem Zeitpunkt bereits
erkrankten Schweizer Gattin, oft allein zu sein, habe ein wichtiger Grund im
Sinne von Art. 49 AuG bzw. für ein "teilweises living apart together"
vorgelegen. Die Ehegemeinschaft habe zu jenem Zeitpunkt jedoch weiter
bestanden; dies werde durch die Trennungsvereinbarung von 2004 dokumentiert.
Der Beschwerdeführer bringt auch vor, das Bundesgericht sei in seinem Urteil
vom 13. Dezember 2010 zur Nichtigerklärung der Einbürgerung von einem
bestehenden Ehewillen bis September 2004 ausgegangen.

4.1.2. Im vom Beschwerdeführer herangezogenen Urteil vom 13. Dezember 2010 zur
Nichtigerklärung seiner Einbürgerung musste das Bundesgericht die tatsächlichen
Verhältnisse nicht unter dem Gesichtswinkel von Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 50 AuG
prüfen; in jenem Urteil ist es jedoch gleichermassen von einer seit November
2003 instabilen Gemeinschaft ausgegangen (Urteil 1C_476/2010 vom 13. Dezember
2010 E. 4.3.2 in fine). Die Vorinstanz stellte ihrerseits fest, dass die Ehe
seit Beginn von Spannungen geprägt war und für die Anmietung der Zweitwohnung
nach weniger als drei Jahren gelebter Ehegemeinschaft keine wichtigen Gründe im
Sinne der Rechtsprechung (vgl. oben E. 3.4) vorlagen. Was der Beschwerdeführer
hiergegen vorbringt, ist nicht geeignet, die vorinstanzlichen Feststellungen
als willkürlich erscheinen zu lassen: Zwar hatte sich das Paar zur Lösung der
ehelichen Probleme im August 2003 in eine Therapie begeben. Diese war auf
Geheiss des Beschwerdeführers jedoch noch vor dem Bezug der Zweitwohnung
bereits wieder abgebrochen worden; es sind zudem keine Hinweise ersichtlich,
dass die Zweitwohnung nur vorübergehend angemietet wurde. Die ehelichen
Spannungen hielten offenbar vielmehr an und waren - wie dies auch die Schreiben
der ersten Gattin des Beschwerdeführers aufzeigen - so gross, dass eine
vollständige Rückkehr in die eheliche Wohnung nicht mehr möglich war. Die
Gatten nahmen den gemeinsamen Haushalt nicht mehr auf und trennten sich im
August 2004 endgültig. Rückblickend kann demnach entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers nicht von einer vorübergehenden Trennung gesprochen werden,
wie dies Art. 76 VZAE in Verbindung mit Art. 49 AuG vorschreibt (vgl. auch
Urteile 2C_347/2013 vom 1. Mai 2013 E. 3.2.2; 2C_231/2011 vom 21. Juli 2011 E.
4.6). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt auch ein freiwilliger
Entscheid, teilweise "together apart" zu leben, für sich keinen wichtigen Grund
im Sinne von Art. 49 AuG dar (Urteile 2C_831/2012 vom 24. März 2013 E. 6.1.1;
2C_40 vom 15. Oktober 2012 E. 4; 2C_388/2009 vom 9. Dezember 2009 E. 4).

4.1.3. Das Verwaltungsgericht durfte demnach gestützt auf die äusseren Umstände
davon ausgehen, es habe ab dem Bezug der Zweitwohnung am 1. November 2003 keine
eheliche Gemeinschaft im Sinne von Art. 42 Abs. 1 AuG mehr vorgelegen und es
sei kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 50
Abs. 1 lit. a AuG entstanden. Dass die Eheschutzmassnahmen und das
Getrenntleben erst im Oktober 2004 gerichtlich festgestellt wurden und die Ehe
- formell - noch bis ins Jahr 2005 weiter bestand, ist in diesem Zusammenhang
nicht von Bedeutung (vgl. BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117; Urteile 2C_891/2012 vom
7. Juni 2013 E. 2.1; 2C_647/2010 vom 10. Februar 2011 E. 3.1).

Da die erforderlichen 3 Jahre Ehegemeinschaft im Sinne von Art. 42 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nicht vorliegen, erübrigt es sich, die
Hinweise auf eine erfolgreiche Integration näher zu prüfen.

4.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf einen Härtefall im Sinne von Art. 50
Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG. Danach besteht der Bewilligungsanspruch nach
einer gescheiterten Ehe bzw. Familiengemeinschaft fort, falls wichtige
persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt der ausländischen
Familienmitglieder in der Schweiz erforderlich machen (vgl. BGE 137 II 345 E.
3.2 S. 348 ff.). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre
Eingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre
Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der
Schweiz einfacher wäre und - aus welchen Gründen auch immer - vorgezogen würde
(vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Ein persönlicher, nachehelicher
Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der
Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der
Lebenssituation nach dem Dahinfallen der abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung
verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350; Urteil 2C_65/2012 vom
22. März 2013 E. 6 [zur Publikation vorgesehen]). Nach der Rechtsprechung kann
der Tod desjenigen Ehegatten, welcher das Anwesenheitsrecht vermittelt hat,
einen nachehelichen Härtefall im Sinn von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG begründen.
Ein solcher Härtefall wird vor Ablauf der Dreijahresfrist vermutet, wenn sich
keine Zweifel am tatsächlichen Bestehen der Ehe und an der Intensität der
Verbundenheit der Ehegatten ergeben (BGE 138 II 393 E. 3.3 S. 396; 137 II 1 E.
3.1 S. 3 ff.; Urteil 2C_669/2012 vom 5. Mai 2013 E. 3.3).

4.3.

4.3.1. Vorliegend erfolgten die definitive Aufgabe der Ehegemeinschaft und die
Scheidung, bevor die Schweizer Gattin des Beschwerdeführers verstorben ist. Der
Beschwerdeführer muss nicht das Leben in der Schweiz aufgeben, das er zusammen
mit seiner verstorbenen Partnerin in der Schweiz geführt hat. Der Hinschied
seiner ersten Gattin begründet für ihn kein Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs.
1 lit. b AuG (BGE 138 II 393 E. 3.3 S. 396; 137 II 1 E. 3.2 S. 6; Urteil 2C_669
/2012 vom 5. Mai 2013 E. 3.3).

4.3.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern die Rückkehr nach Jordanien ihn vor besondere Probleme
stellen würde, die in einem hinreichend engen Zusammenhang zur
anspruchsbegründenden Ehe und dem damit verbundenen bisherigen (bewilligten)
Aufenthalt in der Schweiz stünden (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Der
Beschwerdeführer ist erst mit 31 Jahren in die Schweiz eingereist. Er hat die
prägenden Jugendjahre und einen Grossteil seines Lebens in seinem Heimatland
verbracht. Ebenso verfügt er über verschiedene Verwandte in seinem
Herkunftsland; dort leben auch die Verwandten seiner jordanischen Gattin.
Aufgrund des verbindlich festgestellten Sachverhalts, dessen Richtigkeit der
Beschwerdeführer diesbezüglich nur appellatorisch und damit nicht
rechtsgenügend kritisiert (vgl. Art. 105 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II
249 E. 1.4.3), bestehen keine Hinweise, wonach seine Wiedereingliederung in der
Heimat ernstlich gefährdet erschiene. Dass die Arbeitslosenquote in Jordanien
höher liegt als in der Schweiz, vermag daran nichts zu ändern (vgl. nebst BGE
137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 auch die Urteile 2C_489/2011 vom 16. Juni 2011 E.
2.2 sowie 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3).

4.3.3. Der Beschwerdeführer legt schliesslich keine über eine normale
Integration hinausgehenden privaten Bindungen gesellschaftlicher oder
beruflicher Natur dar (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286, 126 II 377 E. 2c S.
384 ff.). Auch wenn es ihm nach einer längeren Anwesenheit in der Schweiz
zweifelsohne nicht leicht fallen wird, wieder in seine Heimat zurückzukehren,
ist in Gesamtwürdigung der Umstände davon auszugehen, dass kein Härtefall im
Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG vorliegt. Die Vorinstanz hat durch ihre
Interessenabwägung weder Art. 50 AuG noch Art. 8 EMRK und Art. 13 BV (Schutz
der Privatsphäre) verletzt.

4.4. Steht dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf eine Anwesenheits- oder
Niederlassungsbewilligung zu, entfällt auch jede Grundlage für entsprechende
Ansprüche seiner zweiten Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder. Auch seine
Gattin ist erst im Alter von 32 Jahren in die Schweiz eingereist; ihre Einreise
erfolgte im Jahr 2010 und liegt demnach noch nicht lange zurück. Der
Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin wurden denn auch - wie sie selbst
anfügen - darauf hingewiesen, dass der Familiennachzug für die Gattin
vorbehältlich des Entscheids über die Nichtigkeit der Einbürgerung erteilt
werde. Da die Beschwerdeführerin und die im Jahr 2011 geborenen Kinder über
kein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügen und zusammen mit dem
Beschwerdeführer in ihr Heimatland zurückkehren, liegt kein Eingriff in den
Schutzbereich des Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV vor
(vgl. für den Status der Kinder auch MINH SON NGUYEN, Migrations et relations
familiales: de la norme à la jurisprudence et vice versa, in: Amarelle/
Christen/Nguyen [Hrsg.], Migrations et regroupement familial, 2012, S. 109 ff.,
dort S. 253 f.).

5.

5.1. Nicht einzutreten ist auf die Eingabe schliesslich, soweit der
Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 lit. b und k AuG geltend
macht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Bei der angerufenen Bestimmung geht es um
eine Ermessensbewilligung, welche von den Kantonen im Rahmen von Art. 96 AuG
erteilt werden kann. Das Bundesgericht könnte die Anwendung von Art. 30 Abs. 1
lit. b und k AuG durch die kantonalen Behörden nur im Rahmen der subsidiären
Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) und der dort zulässigen Rüge der
Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 BGG) prüfen. Entsprechende
Rügen werden vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem kantonalen
Ermessensentscheid nicht rechtsgenügend begründet erhoben (vgl. BGE 137 II 345
E. 3.2.1 S. 348; Urteile 2C_65/2012 vom 22. März 2013 E. 7.1 [zur Publikation
vorgesehen]; 2C_803/2010 vom 14. Juni 2011 E. 3), zudem fehlte ihm die
Legitimation hierzu, da er gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. b und k AuG resp.
für die Überprüfung eines Ermessensentscheids nur das Willkürverbot anrufen
könnte (vgl. BGE 133 I 185 E. 6 S. 198 ff.).

5.2. Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist die ausländische
Person jedoch zur Rüge berechtigt, ihr zustehende Verfahrensgarantien,
namentlich ihr Anspruch auf rechtliches Gehör, seien verletzt worden. Nicht zu
hören sind dabei jedoch wiederum Vorbringen, die im Ergebnis auf die
Überprüfung des Sachentscheids abzielen, wie die Behauptung, dass die
Begründung des angefochtenen Entscheids unvollständig oder zu wenig
differenziert ausgefallen sei, sich nicht mit sämtlichen Argumenten
auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen willkürlich gewürdigt worden
seien; ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der Sachverhalt sei unvollständig
oder sonst wie willkürlich festgestellt oder Beweisanträge seien wegen
willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt worden (vgl. zur
Weiterführung dieser so genannten "Star-Praxis" unter der Herrschaft des
Bundesgerichtsgesetzes s. BGE 135 II 430 E. 3.2 S. 436 f.).

5.3. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe sich nicht näher
mit seinen Vorbringen zu Art. 30 Abs. 1 lit. k AuG auseinandergesetzt und macht
geltend, die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer
Härtefallbewilligung wären erfüllt gewesen. Die Rüge zielt im Ergebnis auf die
Überprüfung des Sachentscheids. Soweit er eine Verletzung von Treu und Glauben
geltend macht, belegt er nicht, inwiefern die Migrationsbehörde durch ihr
Verhalten eine Vertrauensgrundlage geschaffen haben soll (Art. 106 Abs. 2 BGG);
seine diesbezüglichen Ausführungen gehen materiell zudem nicht über den vom
Willkürverbot umfassten Schutzbereich hinaus. Auf die vorliegende Eingabe ist
im Zusammenhang mit Art. 30 Abs. 1 lit. b und k AuG demnach mangels eines
Rechtsanspruchs bzw. einer zulässigen Gehörsverweigerungsrüge weder als
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde einzutreten.

5.4. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde auch insoweit,
als der Beschwerdeführer unabhängig vom Ergebnis des Entscheides über den
Aufenthaltsanspruch die Wegweisung anficht. In dieser Hinsicht ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ebenfalls ausgeschlossen
(vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Die Eingabe kann auch nicht als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden, da der Beschwerdeführer keine
genügend substanziierten zulässigen Verfassungsrügen mit Bezug auf die
Wegweisung erhebt (vgl. Art. 116 und 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE
133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, 396 E. 3.1 S. 399; Urteil 2C_236/2011 vom 2.
September 2011 E. 1.4).

6.
Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Da sie sich nicht als aussichtslos erweist und der Beschwerdeführer
bedürftig ist, kann die beantragte unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und
auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird gutgeheissen.

2.1. Es werden keine Kosten erhoben.

2.2. Den Beschwerdeführenden wird Rechtsanwalt Dr. Peter Kreis als
Rechtsbeistand beigegeben. Diesem wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung
von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Juli 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Hänni

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