Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1112/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_1112/2012

Urteil vom 14. Juni 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
A.X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Spescha,
Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsamt des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 7, 8510 Frauenfeld,
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude,
8510 Frauenfeld.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 12.
September 2012.

Sachverhalt:

A.

 A.X.________ (geb. 1976) ist Staatsangehöriger von Mexiko. Seit 2007 lebte er
in den USA, wo er die Schweizerin B.X.________ (geb. 1976) kennen lernte. Aus
dieser Beziehung ging die Tochter C.X.________ (geb. am 21. Februar 2009)
hervor. B.X.________ liess sich im Mai 2009 von ihrem ersten Ehemann scheiden
und kehrte im Frühling 2010 in die Schweiz zurück. A.X.________ folgte ihr
wenig später nach, und im August 2010 heirateten die beiden. Im Herbst 2010 kam
es zu tätlichen Auseinandersetzungen, in deren Folge B.X.________ leichte
Verletzungen erlitt.
Die Eheleute erwogen daraufhin zum Wohl ihrer Tochter die Trennung. Im April
2011 ordnete die Vormundschaftsbehörde Frauenfeld für C.X.________eine
Beistandschaft an. Am 4. April 2011 ersuchte A.X.________ um Verlängerung
seiner Aufenthaltsbewilligung, was ihm auch gewährt wurde. Am 19. April 2011
ersuchten die Eheleute gemeinsam um Scheidung ihrer Ehe. Im Scheidungsurteil
vom 26. April 2011 wurde - entsprechend dem Antrag der Eheleute - unter anderem
was folgt festgelegt:

"2. Die Tochter C.X.________... wird der alleinigen elterlichen Sorge der
Mutter zugeteilt.
3. Der Vater wird für berechtigt erklärt, die Tocher C.X.________jedes
Wochenende von Sonntag 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr zu oder mit sich auf Besuch zu
nehmen. Bezieht die Ehefrau Ferien, fällt das Besuchsrecht ersatzlos aus. Den
Parteien steht es frei, ein weitergehendes Besuchsrecht sowie ein
Ferienbesuchsrecht zu vereinbaren. Die Parteien werden sich über ein
Ferienbesuchsrecht zu gegebener Zeit verständigen und wissen, dass ein solches
ab einem gewissen Alter der Tochter notwendig ist. (...) "

B.

 Mit Verfügung vom 12. Dezember 2011 lehnte das Migrationsamt des Kantons
Thurgau die weitere Verlängerung der am 9. Mai 2012 ablaufenden
Aufenthaltsbewilligung von A.X.________ ab und es wies ihn aus der Schweiz weg.
Gegen diesen Entscheid beschwerte sich A.X.________ erfolglos beim Departement
für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau und beim Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau, das die Beschwerde mit Urteil vom 12. September 2012 abwies.

C.

 Mit Eingabe vom 8. November 2012 führt A.X.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht und beantragt im
Wesentlichen, die kantonalen Behörden seien anzuweisen, ihm die
Aufenthaltsbewilligung im Kanton Thurgau zu verlängern.
Das Migrationsamt, das Departement für Justiz und Sicherheit und das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie das Bundesamt für Migration
beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die
Angelegenheit am 14. Juni 2013 an einer öffentlichen Sitzung beraten.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit des
Rechtsmittels von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (
BGE 138 I 475 E. 1 S. 476).

1.2. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über
ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das
Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Im vorliegenden
Fall kann sich ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung aus
Art. 50 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) ergeben, wonach
der Bewilligungsanspruch des Ehegatten nach Auflösung der Ehe oder
Familiengemeinschaft fortbesteht, wenn "wichtige persönliche Gründe einen
weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen" (vgl. E. 2.1 hiernach).
Die Tochter des Beschwerdeführers ist Schweizer Bürgerin und verfügt hier somit
über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht. Da der Beschwerdeführer mit ihr eine
intakte Beziehung pflegt, die auch tatsächlich gelebt wird, kann sich ein
Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung der umstrittenen Bewilligung zudem aus
dem von Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) gewährleisteten Recht auf
Familienleben ergeben (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.2 S. 146). Ob die Bewilligung
tatsächlich zu erteilen bzw. zu verlängern ist, bildet nicht Eintretensfrage,
sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S.
150).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(Art. 105 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Die Rüge, der Sachverhalt sei offensichtlich
unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG), muss in der
Beschwerdeschrift nach den Anforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG vorgebracht
und begründet werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).

2.

2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten und ledige Kinder
unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern Anspruch auf Erteilung und
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen.
Nachdem die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner Schweizer Gattin aufgelöst
wurde, kann er sich nicht mehr auf diese Bestimmung berufen. Art. 50 Abs. 1 AuG
sieht jedoch vor, dass der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung
und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 42 und Art. 43 AuG im
Anschluss an die Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft weiterbesteht,
wenn (lit. a) die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine
erfolgreiche Integration besteht, oder (lit. b) wichtige persönliche Gründe
einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Im vorliegenden
Fall hat die Ehegemeinschaft in der Schweiz unbestrittenermassen weniger als
drei Jahre gedauert. Zu prüfen bleibt indes, ob wichtige persönliche Gründe für
einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz vorliegen.
Solche Gründe können insbesondere in einer schützenswerten Beziehung zu einem
in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Kind bestehen (vgl. Urteil 2C_327/2010
vom 19. Mai 2011 E. 2.2 in fine, nicht publ. in BGE 137 I 247).

2.2. Der nicht sorge- bzw. obhutsberechtigte ausländische Elternteil kann die
familiäre Beziehung mit seinem Kind jedoch von vornherein nur in beschränktem
Rahmen pflegen, nämlich durch Ausübung des ihm eingeräumten Besuchsrechts. Um
dieses wahrnehmen zu können, ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der
ausländische Elternteil dauerhaft im selben Land wie das Kind lebt und dort
über ein Anwesenheitsrecht verfügt. Unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf
Familienleben (Art. 8 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 13 Abs. 1 BV) ist es
grundsätzlich ausreichend, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von Kurzaufenthalten
vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei allenfalls die Modalitäten des
Besuchsrechts entsprechend auszugestalten sind. Gemäss der ständigen bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein weitergehender Anspruch nur dann in
Betracht fallen, wenn in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine
besonders enge Beziehung zum Kind besteht, diese Beziehung wegen der Distanz
zum Heimatland des Ausländers praktisch nicht aufrecht erhalten werden könnte
und das bisherige Verhalten des Ausländers in der Schweiz zu keinerlei Klagen
Anlass gegeben hat (sog. tadelloses Verhalten; BGE 120 Ib 1 E. 3c S. 5; 120 Ib
22 E. 4 S. 24 ff.; Urteile 2C_1231/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 3.3; 2C_858/
2012 vom 8. November 2012 E. 2.2; 2C_751/2012 vom 16. August 2012 E. 2.3).

2.3. Das Erfordernis der besonderen Intensität der affektiven Beziehung wurde
bis anhin stets daran gemessen, ob ein "grosszügig ausgestaltetes" Besuchsrecht
eingeräumt worden ist und dieses kontinuierlich, spontan und reibungslos
ausgeübt wird (vgl. beispielsweise Urteil 2C_145/2012 vom 16. Juli 2012 E.
2.3.1 m.w.H.). In diesem Zusammenhang ist nun festzustellen, dass die
Ausgestaltung des Besuchsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils während
der letzten Jahre eine erhebliche Entwicklung erfahren hat (vgl. Cyril Hegnauer
in: Hausheer [Hrsg.], Berner Kommentar, 4. Aufl. 1997, Rz. 100 zu Art. 273 ZGB
m.H) : Früher war ein persönlicher Kontakt entweder überhaupt nicht vorgesehen
("Zahlvaterschaft") oder nur in sehr beschränktem Masse möglich (vgl. Richard
Blum, Der persönliche Verkehr mit dem unmündigen Kind, Diss. Zürich 1983, S. 83
ff.); in BGE 100 II 76 E. 4 S. 81 bezeichnete das Bundesgericht im Jahr 1974
ein Besuchsrecht von einem Tag pro Monat und zwei Wochen Ferien pro Jahr als
gerichtsüblich. Demgegenüber hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, dass
die gelungene Regelung des Kontakts für das Kind von grosser Bedeutung ist.
Namentlich wird dadurch die Scheidungsverarbeitung erleichtert und eine
normgemässe Persönlichkeitsentwicklung des Kindes gefördert (Joachim Schreiner
in: Schwenzer [Hrsg.], Scheidung, Band II: Anhänge, 2. Aufl. 2011, Anh. Psych.
N 182 m.H.). Aus diesem Grund sind grosszügig (er) ausgestaltete Besuchsrechte
zunehmend verbreitet: In der Romandie sehen die entsprechenden Vereinbarungen
schon seit längerem vor, dass das Kind jedes zweite Wochenende und die Hälfte
der Ferien beim getrennt lebenden Elternteil verbringt. Auch in der
Deutschschweiz gilt jedenfalls bei einvernehmlichen Regelungen mittlerweile ein
ähnlich grosszügiger Massstab (Ingeborg Schwenzer in: Honsell/Vogt/Geiser
[Hrsg.], Basler Kommentar - Zivilgesetzbuch I, 4. Aufl. 2010, Rz. 15 zu Art.
273 ZGB; vgl. auch Schreiner, a.a.O., Anh. Psych. N 162; Linus Cantieni,
Gemeinsame elterliche Sorge nach Scheidung, 2007, S. 194). Diese Entwicklung
des Besuchsrechts hat auch eine Reflexwirkung auf die Qualifikation der
affektiven Beziehung zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und seinem
in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Kind: Während die ursprünglich
geforderte Intensität bei Begründung der aufgezeigten Bewilligungspraxis (BGE
120 Ib 1) einem besonders ausgeprägten resp. "grosszügig ausgestalteten"
Besuchsrecht entsprach, so widerspiegelt der gleiche quantitative Umfang des
persönlichen Kontakts heute nicht mehr als das allgemein Übliche. Dies macht es
erforderlich, zu prüfen, ob bzw. inwieweit die gestellten Anforderungen an die
heutigen Gegebenheiten anzugleichen sind.

2.4. Ausländer, die aufgrund einer inzwischen aufgelösten ehelichen
Gemeinschaft mit einem/-er schweizerischen Staatsangehörigen oder einer Person
mit Niederlassungsbewilligung bereits eine Aufenthaltsbewilligung für die
Schweiz besitzen, können sich - wie bereits aufgezeigt - nicht nur auf Art. 8
EMRK berufen; seit dem Inkrafttreten des Ausländergesetzes per 1. Januar 2008
haben sie gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG auch kraft Bundesrecht einen
(bedingten) Anspruch auf die Bewilligungsverlängerung, soweit die in dieser
Bestimmung statuierten Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem hatten sie durch den
legalen Aufenthalt in der Schweiz auch Gelegenheit, sich hier in legitimer
Weise zu integrieren und vertiefte Verbindungen zur Schweiz zu knüpfen.
Insoweit unterscheiden sie sich von jenen Ausländern, welche aufgrund ihrer
Elternschaft zu einem hier anwesenheitsberechtigten Kind erstmals um die
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersuchen: Letztere haben keine
qualifizierten vorbestehenden Verbindungen zur Schweiz und können ihr Gesuch
auch nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG, sondern ausschliesslich auf Art. 8
EMRK abstützen. Aufgrund dieser Unterschiede rechtfertigt es sich
grundsätzlich, die Anforderungen für den bereits in der Schweiz ansässigen,
besuchsberechtigten (ehemaligen) Ehegatten weniger streng zu handhaben (vgl.
Urteil 2C_692/2011 vom 22. September 2011 E. 2.2.2 in fine). Das trägt auch
Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des
Kindes (Kinderrechtskonvention; SR 0.107) Rechnung: Gemäss dieser Bestimmung
achten die Vertragsstaaten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden
Elternteilen getrennt ist, regelmässige persönliche Beziehungen und
unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, soweit dies nicht dem
Wohl des Kindes widerspricht. Zwar hat das Bundesgericht schon mehrfach
festgehalten, dass die Bestimmungen der Kinderrechtskonvention keinen
unmittelbaren Anspruch auf die Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung
gewähren (BGE 126 II 377 E. 5 S. 391 f.; 124 II 361 E. 3b S. 367). Eine
mittelbare Berücksichtigung dieser Normen im Rahmen der Auslegung von Art. 50
Abs. 1 lit. b AuG ist jedoch möglich und angezeigt.

2.5. Gemäss den obenstehenden Ausführungen drängt sich eine Präzisierung der
Rechtsprechung im folgenden Sinne auf:
Bei nicht sorgeberechtigten ausländischen Elternteilen eines hier
aufenthaltsberechtigten Kindes, welche aufgrund einer inzwischen aufgelösten
ehelichen Gemeinschaft mit einem/-er schweizerischen Staatsangehörigen oder
einer Person mit Niederlassungsbewilligung bereits eine Aufenthaltsbewilligung
für die Schweiz besassen, ist das Erfordernis der besonderen Intensität der
affektiven Beziehung künftig bereits dann als erfüllt anzusehen, wenn der
persönliche Kontakt im Rahmen eines nach heutigem Massstab  üblichen
 Besuchsrechts ausgeübt wird.
Bei Ausländern, welche erstmals um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
ersuchen, ist dagegen weiterhin das Bestehen einer besonders qualifizierten
Beziehung zum hier lebenden Kind zu verlangen: Erforderlich bleibt in jenen
Fällen ein  grosszügig ausgestaltetes Besuchsrecht, wobei "grosszügig" dort im
Sinne von "deutlich mehr als üblich" zu verstehen ist.
In jedem Fall kommt es weiterhin darauf an, dass das Besuchsrecht
kontinuierlich und reibungslos ausgeübt wird. Das formelle Ausmass des
Besuchsrechts ist mit anderen Worten nur insoweit massgeblich, als dieses auch
tatsächlich wahrgenommen wird. Die faktische Ausübung des persönlichen Kontakts
muss daher von der zuständigen Behörde notwendigerweise mit geeigneten
Massnahmen abgeklärt werden.
Festzuhalten ist zudem an den übrigen Voraussetzungen einer
Bewilligungsverlängerung: Nach wie vor bleibt es erforderlich, dass auch in
wirtschaftlicher Hinsicht eine besonders intensive Beziehung zwischen dem Kind
und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil besteht und dass letzterer sich
tadellos verhalten hat.

2.6. Nach dem Ausgeführten bleibt daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer
bezüglich seiner Tochter ein Besuchsrecht ausübt, welches dem hiervor
aufgezeigten, üblichen Umfang entspricht. Sodann ist zu klären, ob der Vater
eine signifikante finanzielle Unterstützung an die Tochter leistet und ob sich
der Beschwerdeführer wohlverhalten hat.

3.

3.1. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen einer besonders engen affektiven
Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter (im Sinne der
bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts) verneint. Im Wesentlichen
begründete es dies einerseits mit dem Verhalten des Beschwerdeführers, nachdem
es in den USA erstmals zu ehelichen Problemen gekommen war, und andererseits
insbesondere auch mit dem Umfang des Besuchsrechts, welches das
Verwaltungsgericht als "keineswegs grosszügig" bezeichnet hat.
Was den letztgenannten Punkt betrifft, ist auf die obenstehende
Praxispräzisierung hinzuweisen und festzustellen, dass der Beschwerdeführer
seine Tochter jeden Sonntag ganztags - 09:00 bis 18:00 Uhr - zu sich nimmt. Bei
einem Kleinkind von zwei Jahren entspricht dies ohne Weiteres einem
Besuchsrecht im hiervor aufgezeigten, üblichen Umfang. Dass dieses auch
tatsächlich ausgeübt wird, lässt sich den aktenkundigen Äusserungen der
Kindsmutter und der mit dem Vollzug des Besuchsrechts betrauten
Sachbearbeiterin hinreichend entnehmen.
In ihrem Urteil hält die Vorinstanz fest, nachdem es in den USA erstmals zu
ehelichen Problemen gekommen sei, habe der Beschwerdeführer Mutter und Tochter
verlassen; er sei zurück nach Mexiko gereist und es habe ihn nichts dazu
veranlasst, weiter dort leben zu wollen, wo sich seine Tochter aufhielt (vgl.
E. 7.1 des angefochtenen Entscheids). Dem Aktenstück, auf das sich das
Verwaltungsgericht beruft (Akten des Migrationsamts A/12), lässt sich die
Aussage des Beschwerdeführers entnehmen, er habe eigentlich schon damals
gewusst, dass B.X.________ nicht die Frau fürs Leben sei, doch habe er "einfach
die Verantwortung auch für die Tochter übernommen". Es sei ihm nicht gut
gegangen, er habe "so etwas wie eine Depression" gehabt und sei zurück nach
Mexiko gegangen. Er sei etwa zwei Monate dort gewesen. Dann habe seine Frau ihn
angerufen und vorgeschlagen, sie sollten "es nochmals in der Schweiz
probieren". Er habe auch seine Tochter vermisst.
Bei isolierter Betrachtung dieser Äusserung lässt sich in der Tat vermuten, zum
damaligen Zeitpunkt - im Frühling 2010 - habe den Beschwerdeführer keine enge
Beziehung mit seiner Tochter verbunden. Allerdings lässt sich demselben
Aktenstück auch entnehmen, dass die Tochter vom Zeitpunkt der Einreise des
Beschwerdeführers in die Schweiz im Mai 2010 bis zur Trennung im Frühling 2011
mehrheitlich von ihm betreut wurde. Ähnliches ergibt sich aus dem Schreiben der
Kindsmutter vom 24. Januar 2012 an das Migrationsamt, wo sie ausführt, der
Beschwerdeführer habe sich von Anfang an sehr an der Betreuung des Kindes
beteiligt und er sei seit der Geburt von C.X.________stets ein engagierter,
verantwortungs- und liebevoller Vater gewesen.
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Sachlage ist das Vorliegen einer engen
affektiven Verbindung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter zu
bejahen. Angesichts der grossen Distanz zwischen der Schweiz und Mexiko wäre es
zudem kaum möglich, dieses persönliche Verhältnis aufrecht zu erhalten.

3.2. Mit Scheidungsurteil vom 26. April 2011 wurde der Beschwerdeführer
verpflichtet, an den Unterhalt seiner Tochter monatlich Fr. 800.-- zu leisten.
Er macht geltend, diesen Betrag immer rechtzeitig geleistet zu haben und dies
weiterhin zu tun. Sofern sich dies als zutreffend erweist, steht fest, dass er
damit einen namhaften Beitrag an den Unterhalt seiner Tochter leistet. Mithin
bestünde auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine hinreichend enge
Vater-Kind-Beziehung.

3.3. Die Vorinstanz ist der Auffassung, dem Beschwerdeführer sei eine
Aufenthaltsbewilligung auch deshalb zu verweigern, weil er verschiedentlich zu
Klagen Anlass gegeben habe. Zum einen habe er gegen die in Art. 90 lit. a AuG
festgehaltene Verpflichtung verstossen, vollständige Angaben über die für die
Regelung des Aufenthaltsrechts wesentlichen Tatsachen zu machen, indem er die
Zerrüttung seiner Ehe verschwiegen habe; zum anderen sei er gegenüber seiner
ehemaligen Ehefrau mehrmals gewalttätig geworden.
Den Vorhalt der unvollständigen Auskunftserteilung begründet die Vorinstanz mit
der am 5. April 2011 abgegebenen Erklärung des Beschwerdeführers, bei seiner
Schweizer Gattin bleiben zu wollen: Da die Eheleute bereits am 19. April 2011
das Scheidungsbegehren gestellt hätten, sei seine Behauptung unglaubwürdig, der
Scheidungswille sei erst am 17. April 2011 entstanden. In der Tat erscheint die
zeitliche Abfolge resp. der geringe zeitliche Abstand zwischen der abgegebenen
Erklärung des Beschwerdeführers und der Einreichung des Scheidungsbegehrens
auffällig. Indessen lässt sich den Akten entnehmen, dass es am 17. April 2011
zu einer massiven ehelichen Auseinandersetzung gekommen ist, wobei offenbar der
Beschwerdeführer die Polizei gerufen und um Hilfe gebeten hat (vgl. das
Schreiben der geschiedenen Gattin vom 20. April 2012 [Beilage 3 zur
vorinstanzlichen Beschwerde]; Schreiben der Kantonspolizei Thurgau vom 25.
Oktober 2012 [Beschwerdebeilage 4]). Insoweit ist es immerhin vorstellbar, das
erst dieses Vorkommnis bei den Eheleuten zur definitiven Einsicht geführt hat,
ihre Beziehung sei nicht mehr zu retten.
Bezüglich der tätlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Beschwerdeführer und
seiner geschiedenen Ehefrau hielt das Verwaltungsgericht fest, der
Beschwerdeführer habe seine Gattin im Herbst 2010 ein erstes Mal geschlagen. Am
4. November 2010 habe diese nach einer erneuten tätlichen Auseinandersetzung
die Polizei gerufen. Sie habe Verletzungen in Form von Schwellungen der rechten
Wange, ihrer Oberlippe sowie unterhalb ihres rechten Auges erlitten. Zudem sei
ein Teil eines Schneidezahns unten rechts abgebrochen. Das Verhalten des
Beschwerdeführers habe zu seiner Ausweisung aus der gemeinsamen Wohnung
geführt.
Diesen Ausführungen der Vorinstanz hält der Beschwerdeführer entgegen, es sei
zwar richtig, dass es zwischen ihm und seiner geschiedenen Gattin mehrmals zu
einem heftigen Streit gekommen sei. Anlässlich dieser Auseinandersetzungen sei
jedoch auch die Gattin handgreiflich geworden und sie habe zudem verbal stark
provoziert. Letzteres räumte die Ehegattin anlässlich ihrer Einvernahme bei der
Kantonspolizei Thurgau sinngemäss ein. Erstellt ist zudem, dass die ehelichen
Auseinandersetzungen zu keiner strafrechtlichen Verurteilung des
Beschwerdeführers geführt haben.
Da das Verwaltungsgericht bereits das Vorhandensein einer besonders intensiven
affektiven Beziehung im Lichte der bisherigen Rechtsprechung verneinte, musste
es sich konsequenterweise auch nicht im Detail mit der Frage des tadellosen
Verhaltens des Beschwerdeführers auseinandersetzen. Angesichts der nunmehr
veränderten Ausgangslage kommt den genauen Umständen der ehelichen
Auseinandersetzungen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner geschiedenen
Gattin indes heute eine gewichtigere Bedeutung zu und sie erweisen sich für die
Entscheidung der Streitsache als massgeblich. Dies rechtfertigt es, die
Angelegenheit zu weiteren und vertieften Abklärungen an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen: Zu prüfen ist dabei insbesondere, ob die genannten tätlichen
Auseinandersetzungen im Rahmen von ehelichen Streitigkeiten erfolgten, die
beiderseits mit unangemessenen Mitteln geführt wurden, oder ob von einer
einseitigen, erheblichen häuslichen Gewalt des Beschwerdeführers auszugehen
ist. Im ersten Fall wäre das Erfordernis des tadellosen Verhaltens als erfüllt
zu erachten, im zweiten Fall wäre diese Bewilligungsvoraussetzung zu verneinen.

4.

 Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als begründet. Das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 12. September 2012 ist
aufzuheben und die Sache zu weiterer Abklärung und zu neuem Entscheid im Sinne
der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Prozessausgang sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Thurgau
hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 12. September 2012 aufgehoben und die Sache zu weiterer
Abklärung und zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das
Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Juni 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Zähndler

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