Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1055/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
2C_1055/2012

Urteil vom 22. Januar 2014

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Winiger.

Verfahrensbeteiligte
ZAKU AG, Zentrale Organisation für Abfallbewirtschaftung im Kanton Uri,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hansheiri Inderkum,

gegen

Einwohnergemeinde Attinghausen, 6468 Attinghausen,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Bigler.

Gegenstand
Entschädigung für einen möglichen Steuerausfall,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 19. Juli 2012.

Sachverhalt:

A. 

A.a. Der Zweckverband Uri für Kehrichtbeseitigung (im Folgenden: Zweckverband)
und die Einwohnergemeinde Attinghausen, vertreten durch den Gemeinderat,
schlossen am 12. März bzw. 1. April 1985 eine Vereinbarung über die
Kehrichtdeponie in den Steinbrüchen Attinghausen ab. Zweck der Vereinbarung war
gemäss Art. 1 die Regelung der Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung einer
geordneten Kehrichtdeponie in den Steinbrüchen Attinghausen. In Art. 4.3 der
Vereinbarung wurde festgelegt, dass die Gemeinde Attinghausen im Hinblick auf
einen möglichen Steuerausfall eine Rückvergütung von 30 % der von den
Einwohnern von Attinghausen bezahlten Kehrichttaxe erhalte. Bezüglich der
Vertragsdauer hielt Art. 6.1 fest, der Vertrag werde vorerst für die Dauer der
ersten Etappe abgeschlossen. Ausserordentliche Umstände vorbehalten, solle er
auch für die weiteren Etappen sinngemäss weiter fortgesetzt werden. Mit der
Einführung der Sackgebühr wurde Art. 4.3 der Vereinbarung auf Vorschlag des
Zweckverbandes mit Schreiben vom 17. Juni 1992 der Einwohnergemeinde
Attinghausen einvernehmlich den veränderten Verhältnissen angepasst: Neu galt
die von der Gemeinde Attinghausen im Jahre 1991 bezahlte Taxe als Basis für die
Berechnung der Steuerausfallentschädigung (Rückvergütung von 30%); zusätzlich
erfolgte eine teuerungsmässige Indexierung ab 1992. Der Zweckverband leistete
die entsprechenden Zahlungen jährlich auf Rechnungstellung der Einwohngemeinde
Attinghausen hin.

A.b. Mit Schreiben vom 19. August 2005 teilte die Zentrale Organisation für
Abfallbewirtschaftung im Kanton Uri (im Folgenden: ZAKU AG) als
Rechtsnachfolgerin des Zweckverbandes Uri für Kehrichtbeseitigung der
Einwohnergemeinde Attinghausen mit, dass die Vereinbarung zeitlich auf die
Dauer der ersten Etappe der Deponie limitiert sei und somit die vereinbarte
Steuerausfallentschädigung letztmals für das Jahr 2006 bezahlt werde. Mit
Auszug aus dem Protokoll der Betriebskommission vom 3. April 2006 bestätigte
die ZAKU AG ihr Schreiben vom 19. August 2005 und fasste den Beschluss, die
Zahlungspflicht an die Einwohnergemeinde Attinghausen für die
Steuerausfallentschädigung auf den 31. Dezember 2006 zu beenden.

B.

 Am 31. Mai 2011 reichte die Einwohnergemeinde Attinghausen beim Obergericht
des Kantons Uri eine verwaltungsrechtliche Klage gegen die ZAKU AG ein. Sie
beantragte, die Beklagte (ZAKU AG) sei zu verpflichten, der Klägerin
(Einwohnergemeinde Attinghausen) als Abgeltung für einen möglichen
Steuerausfall im Jahr 2007 einen Betrag von Fr. 32'046.-- bzw. im Jahr 2008
einen Betrag von Fr. 33'604.-- bzw. im Jahr 2009 einen Betrag von Fr. 33'604.--
zu bezahlen. Zudem sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin auch während
der gesamten zweiten und, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen,
auch während der dritten Etappe der Kehrichtdeponie im Steinbruch Attinghausen
die vereinbarte Abgeltung für einen möglichen Steuerausfall gemäss Art. 4.3 der
Vereinbarung zu bezahlen.

 Mit Urteil vom 19. Juli 2012 erkannte das Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, was folgt:

 "1. Die verwaltungsrechtliche Klage wird gutgeheissen.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin als Abgeltung für einen
möglichen Steuerausfall
- im Jahre 2007 einen Betrag von Fr. 32'046.-- zu bezahlen.
- im Jahre 2008 einen Betrag von Fr. 33'604.-- zu bezahlen.
- im Jahre 2009 einen Betrag von Fr. 33'604.-- zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch
während der gesamten zweiten und, sofern nicht aussergewöhnliche Umstände
vorliegen, auch während der dritten Deponieetappe der Kehrichtdeponie im
Steinbruch Attinghausen die Abgeltung für einen möglichen Steuerausfall gemäss
Art. 4.3 der Vereinbarung über die Kehrichtdeponie in den Steinbrüchen
Attinghausen zwischen dem Zweckverband Uri für Kehrichtbeseitigung und der
Einwohnergemeinde Attinghausen in seiner am 17. Juni 1992 abgeänderten Version
zu bezahlen.
[...]"

C.

 Mit Eingabe vom 23. Oktober 2012 erhebt die ZAKU AG Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt, in
Gutheissung der Beschwerde sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Uri vom
19. Juli 2012 aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Gerügt wird im Wesentlichen ein Verstoss gegen
die "bundesrechtlichen Prinzipien der Vertragsauslegung" sowie gegen das Gebot
von Treu und Glauben bzw. das Willkürverbot.

 Mit Verfügungen vom 6. Dezember 2012 und 27. Mai 2013 hat der Präsident der
II. öffentlich-rechtlichen Abteilung antragsgemäss das bundesgerichtliche
Verfahren sistiert. Nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen hat der
Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung am 31. Juli 2013 verfügt,
das bundesgerichtliche Verfahren werde wieder aufgenommen.

 Die Einwohnergemeinde Attinghausen schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden kann. Das Obergericht des Kantons Uri
verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 

1.1. Dem vorliegenden Verfahren liegt eine verwaltungsrechtliche Klage der
Einwohnergemeinde Attinghausen gegen die ZAKU AG zugrunde, die das Obergericht
des Kantons Uri gutgeheissen hat. Dieses Urteil stellt einen kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90
BGG dar und kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gemäss Art. 82 lit. a BGG beim Bundesgericht angefochten werden. Es liegt kein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG vor. Die Beschwerdefrist nach Art. 100 Abs. 1
BGG ist eingehalten.

1.2. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft als
kantonal öffentlich-rechtliche Körperschaft im Sinne von Art. 38 ff. des
Kantonalen Umweltgesetzes vom 11. März 2007 (KUG/UR; RB 40.7011), die eine
Forderung der Einwohnergemeinde Attinghausen aus einem öffentlich-rechtlichen
Vertrag bestreitet (vgl. auch angefochtener Entscheid E. 1b).

 Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind in erster Linie
zur Beschwerde berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die
ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG).
Um eine Beschwerdeberechtigung auf Grundlage dieser spezifischen Bestimmung
annehmen zu können, muss das Gemeinwesen allerdings die Existenz solcher ihm
zuerkannten verfassungsmässigen Garantien rechtsgenüglich dartun (vgl. das zur
Publikation vorgesehene Urteil 2C_169/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.1 sowie das
Urteil 2C_226/2012 vom 10. Juni 2013 E. 2.1). Dies ist vorliegend nicht der
Fall, da sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG
beruft, so dass im Hinblick auf die Berechtigung zur Beschwerde allenfalls noch
das aus Art. 89 Abs. 1 BGG fliessende allgemeine Beschwerderecht in Frage kommt
(Urteile 2C_226/2012 vom 10. Juni 2013 E. 2; 2C_1016/2011 vom 3. Mai 2012 E.
1.2.2, nicht publiziert in: BGE 138 I 196). Zumal diese Regelung vornehmlich
auf Privatpersonen zugeschnitten ist (Urteil 1C_403/2012 vom 23. Mai 2013 E.
3.1), dürfen Gemeinwesen gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel nur
restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden (BGE 138 II 506 E. 2.2.1 S.
509; 135 I 43 E. 1.3 S. 47; Urteil 2C_169/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.2, zur
Publikation vorgesehen).

 Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind zur Beschwerde
nach Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, falls sie durch einen angefochtenen
Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in schutzwürdigen
eigenen hoheitlichen Interessen berührt sind und nicht bloss das allgemeine
Interesse an der richtigen Rechtsanwendung geltend machen (BGE 138 II 506 E.
2.1.1 S. 508; vgl. auch BGE 134 I 204 E. 2 S. 207 [kommunaler Zweckverband];
134 II 137 E. 1.2 S. 139 [Genossenschaft]). Vorliegend ist die
Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid weder gleich noch ähnlich
wie ein Privater betroffen. Einerseits nimmt sie im Interesse der Allgemeinheit
eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahr (Kehrichtbeseitigung); andererseits
handelt es sich bei der Streitigkeit um die Fortsetzung einer im Rahmen eines
öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen zwei Körperschaften vereinbarten
Steuerausfallentschädigung, deren Ursprung per se in der hoheitlichen Tätigkeit
der Parteien zu suchen ist.

 Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin ihre
Beschwerdeberechtigung auf die Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe stützen
kann. Hiezu hat die II. öffentlich-rechtliche Abteilung kürzlich, unter
Zustimmung der Vereinigung aller betroffenen Abteilungen des Bundesgerichts
(Art. 23 Abs. 2 BGG), die veröffentlichte Rechtsprechung bestätigt, nach
welcher das sich auf das allgemeine Beschwerderecht nach Art. 89 Abs. 1 BGG
berufende Gemeinwesen nicht nur darlegen müsse, in seinen "schutzwürdigen
hoheitlichen Interessen berührt" zu sein, sondern darüber hinaus auch
regelmässig eine " erhebliche Betroffenheit " nachzuweisen habe (Urteil 2C_169/
2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.2.2 sowie E. 1.2.4, zur Publikation vorgesehen:
"touchée dans des intérêts centraux liés à sa puissance publique"; s. auch
Urteil 2C_1016/2011 vom 3. Mai 2012 E. 1.2.1, unveröffentlicht in: BGE 138 I
196).

 Zwar entbehrt die Beschwerdeschrift in ihrem Abschnitt "Formelles und
Verfahrensmässiges" jeglicher Ausführung zur Problematik der
Beschwerdeberechtigung gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG, doch geht aus dem
Streitgegenstand eindeutig hervor, dass das angefochtene obergerichtliche
Urteil des Kantons Uri zu Lasten der Beschwerdeführerin nicht nur die
Auferlegung von objektiv hohen Abgeltungsbeträgen bestätigt, sondern darüber
hinaus deren Zahlungspflicht gegenüber der Beschwerdegegnerin für die
Gesamtdauer der Deponieetappen festlegt, somit auch die Ressourcen der in der
Form einer Aktiengesellschaft konstituierten Beschwerdeführerin für einen
längeren Zeitraum bindet. Des Weiteren rügt das interessierte
öffentlich-rechtliche Unternehmen nicht ausschliesslich die in Frage stehenden
Geldbeträge, sondern beanstandet vom Prinzip her die von der Vorinstanz
festgehaltene Auslegung des der Streitigkeit zugrunde liegenden Vertrages. Aus
diesen Gründen rechtfertigt es sich, bei der Beschwerdeführerin von einer
qualifizierten Betroffenheit in der Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben
auszugehen. Demnach ist grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten, wobei die
Anforderungen an die Begründungspflicht vorbehalten bleiben.

1.3. Das Bundesgericht prüft die Anwendung des Bundesrechts frei und von Amtes
wegen (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten
und von kantonalem Recht prüft es nur auf entsprechende Rüge hin (Art. 106 Abs.
2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz auf genügend begründete Rüge hin (Art. 106 Abs. 2 BGG) oder von
Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2. 

 Streitig ist hier die Auslegung von Art. 4.3 bzw. 6.1 der Vereinbarung über
die Kehrichtdeponie in den Steinbrüchen Attinghausen zwischen dem Zweckverband
Uri für Kehrichtbeseitigung (heute: ZAKU AG) und der Einwohnergemeinde
Attinghausen vom 12. März bzw. 1. April 1985 (in der am 17. Juni 1992
einvernehmlich abgeänderten Version).

2.1. Die Verfahrensbeteiligten sind sich einig, dass es sich bei der oben
erwähnten Vereinbarung um einen (kantonalen) öffentlich-rechtlichen Vertrag
handelt, der praxisgemäss wie ein privatrechtlicher Vertrag auszulegen ist
(vgl. Urteile 2C_815/2012 vom 24. Juni 2013 E. 2.1; 2C_258/2011 vom 30. August
2012 E. 4.1). Dabei ist in erster Linie auf den übereinstimmenden wirklichen
Willen der Parteien abzustellen (Art. 18 Abs. 1 OR; empirische oder  subjektive
 Vertragsauslegung). Die subjektive Vertragsauslegung bezieht sich auf den
Willen der Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nachträgliches
Parteiverhalten kann berücksichtigt werden, wenn es Rückschlüsse auf den
tatsächlichen Willen der Parteien zulässt (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632; 129
III 675 E. 2.3 S. 680). Lässt sich ein übereinstimmender Parteiwille nicht
feststellen, ist der Vertrag so auszulegen, wie er nach dem Vertrauensgrundsatz
verstanden werden durfte und musste (normative oder  objektive
 Vertragsauslegung; BGE 137 III 145 E. 3.2.1 S. 148; 136 III 186 E. 3.2.1 S.
188; 135 V 237 E. 3.6 S. 241 f.).

2.2. Auch die objektive Vertragsauslegung ergibt sich nicht allein aus dem
Wortlaut, sondern kann sich auch aus anderen Elementen ergeben wie aus dem
verfolgten Ziel, der Interessenlage der Parteien oder aus den Gesamtumständen;
von einem klaren Vertragswortlaut ist jedoch nur abzuweichen, wenn sich
ernsthafte Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dieser nicht dem Willen der
Parteien entspricht (BGE 137 III 444 E. 4.2.4 S. 451 f.; 136 III 186 E. 3.2.1
S. 188; 135 III 295 E. 5.2 S. 301 f.).

2.3. Was die Parteien beim Vertragsabschluss gewusst, gewollt oder tatsächlich
verstanden haben, ist  Tatfrage (BGE 133 III 675 E. 3.3 S. 681; 131 III 606 E.
4.1 S. 611); die tatsächliche Ermittlung dieses subjektiven Parteiwillens ( 
subjektive Vertragsauslegung) beruht auf Beweiswürdigung, die der
bundesgerichtlichen Überprüfung nur in den Schranken von Art. 105 BGG
zugänglich ist (BGE 133 III 675 E. 3.3 S. 681; 132 III 626 E. 3.1 S. 632; 126
II 171 E. 4c/bb S. 182). Die  objektive Vertragsauslegung nach dem
Vertrauensgrundsatz ist demgegenüber  Rechtsfrage, die vom Bundesgericht bei
bundesrechtlichen Verträgen frei (BGE 136 III 186 E. 3.2.1 S. 188; 133 III 675
E. 3.3 S. 181; 132 III 626 E. 3.1 S. 632), bei kantonalrechtlichen Verträgen
aber grundsätzlich nur auf Willkür hin überprüft wird (Art. 95 BGG; BGE 122 I
328 E. 1a/bb S. 331 f. und E. 3a S. 333; 103 Ia 505 E. 1 S. 509; Urteile 2C_815
/2012 vom 24. Juni 2013 E. 2.3; 2C_258/2011 vom 30. August 2012 E. 4.2). Auch
bei der objektivierten Auslegung von Willenserklärungen ist das Bundesgericht
allerdings an die Feststellungen des kantonalen Gerichts über die äusseren
Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten gebunden (BGE 135 III 410
E. 3.2 S. 413; 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67; 132 III 24 E. 4 S. 28).

3. 

3.1. Die hier im Zentrum stehenden Art. 4.3 bzw. Art. 6 der Vereinbarung über
die Kehrichtdeponie in den Steinbrüchen Attinghausen zwischen dem Zweckverband
Uri für Kehrichtbeseitigung (heute: ZAKU AG) und der Einwohnergemeinde
Attinghausen vom 12. März bzw. 1. April 1985 lauten wie folgt:

 "[...]
Art. 4 Materielle Forderungen der Gemeinde Attinghausen 
[...]
4.3 Im Hinblick auf einen möglichen Steuerausfall erhält die Gemeinde
Attinghausen eine Rückvergütung von 30% der von den Einwohnern von Attinghausen
bezahlten Kehrichttaxe.
[...]
Art. 6 Vertragsdauer, Änderungen 
6.1 Dieser Vertrag wird vorerst für die Dauer der ersten Etappe der Deponie
abgeschlossen. Ausserordentliche Umstände vorbehalten, soll er auch für die
weiteren Etappen sinngemäss weiter fortgesetzt werden.
6.2  Änderungen : Die Vertragspartner verpflichten sich zur rechtzeitigen
Verständigung über Änderungen.
[...]"

 Art. 4.3 wurde am 17. Juni 1992 einvernehmlich und unbestrittenermassen
insofern angepasst, als neu die von der Gemeinde Attinghausen im Jahre 1991
bezahlte Kehrichttaxe als Basis für die Rückvergütung von 30 % zu nehmen war;
zusätzlich wurde eine jährliche Indexierung ab 1992 eingefügt.

3.2. Einigkeit zwischen den Verfahrensbeteiligten besteht darüber, dass die
erste Etappe der Deponie im Sinne von Art. 6.1 der Vereinbarung im Jahr 2006
abgeschlossen worden ist. Umstritten ist dagegen die Frage, ob die Vereinbarung
über das Jahr 2006 hinaus Geltung hat und damit die Beschwerdeführerin
weiterhin, also auch für die weiteren Etappen der Deponie, verpflichtet ist,
der Einwohnergemeinde Attinghausen eine Abgeltung für einen möglichen
Steuerausfall zu bezahlen.

3.3. Die Vorinstanz hat dazu zunächst ausgeführt, der Auslegungsstreit sei
anhand des wirklichen Parteiwillens zu lösen, soweit dieser bestimmt werden
könne. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens sei primär auf den Wortlaut
abzustellen; wenn die übrigen Auslegungsmittel nicht sicher einen anderen
Schluss erlaubten, habe es beim Wortlaut sein Bewenden (vgl. angefochtener
Entscheid E. 4b). Sodann hat die Vorinstanz festgehalten, der vorliegende
Vertrag sei seinem Wesen und Inhalt nach von vorneherein auf die Dauer aller
Deponieetappen angelegt. Nach Abschluss der ersten Deponieetappe bedürfe es für
die weiteren Etappen nicht neu abgeschlossener Verträge. Der Wechsel des
Deponiekonzeptes (Wechsel von der Reaktor- zur Schlackendeponie) könne sodann
nicht als ausserordentlicher Umstand im Sinne von Art. 6.1 der Vereinbarung
gewertet werden. Schliesslich spreche Art. 4.3 der Vereinbarung nur von einem
möglichen Steuerausfall; die vorgesehene Rückvergütung sei somit nicht abhängig
von einem tatsächlichen Steuerausfall (vgl. angefochtener Entscheid E. 6).
Daraus folgerte die Vorinstanz, dass sich die Klage insgesamt als begründet
erweise und gutzuheissen sei (vgl. angefochtener Entscheid E. 7).

3.4. Zwar ist nicht völlig klar, ob die Vorinstanz ihren Schluss, die
Vereinbarung habe auch über das Jahr 2006 hinaus Geltung, ausschliesslich als
effektiven empirischen Parteiwillen (subjektive Auslegung) oder allenfalls
sinngemäss auch als Ergebnis einer Auslegung nach Vertrauensauslegung
(objektive Auslegung) versteht. Dementsprechend ist auch bei den
Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführerin nicht immer klar, ob sie sich auf die
Feststellung eines empirischen Parteiwillens oder auf die sachverhaltlichen
Grundlagen der Auslegung nach Vertrauensprinzip beziehen.

 Die Beschwerdeführerin selber geht davon aus, die Vorinstanz habe im
angefochtenen Entscheid auf einen übereinstimmenden tatsächlichen Parteiwillen
(subjektive Auslegung) geschlossen. Dieser Einschätzung kann sich das
Bundesgericht anschliessen, fehlt doch im angefochtenen Entscheid eine konkrete
Auseinandersetzung mit der Frage, wie die umstrittenen Bestimmungen der
Vereinbarung nach dem Vertrauensprinzip auszulegen wären. Vielmehr geht die
Vorinstanz in E. 6 des angefochtenen Entscheids sinngemäss davon aus, es liege
ein übereinstimmender tatsächlicher Parteiwille über die Dauer der Vereinbarung
vor.

 Wird aber die Auffassung der Vorinstanz, die Vereinbarung gelte auch über das
Jahr 2006 hinaus weiter bzw. die Entschädigung für einen möglichen
Steuerausfall sei auch nach 2006 geschuldet, als Ergebnis der subjektiven
Auslegung verstanden, so hat dies hier zur Folge, dass sie für das
Bundesgericht verbindlich ist, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist
(vgl. E. 2.3 hiervor). Solange dies nicht dargetan ist, steht damit aufgrund
des Vorrangs der subjektiven gegenüber der objektiven Auslegung (vgl. E. 2.1
hiervor) fest, dass ein übereinstimmender Parteiwille über die Dauer der
Vereinbarung bestand und damit auch die eingeklagte Entschädigungspflicht der
Beschwerdeführerin weiterhin besteht.

3.5. Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Sachverhaltsrügen erfüllen die
Voraussetzung von Art. 97 Abs. 1 BGG nicht (vgl. E. 1.3 hiervor) : So führt sie
bloss aus, der Sachverhalt im angefochtenen Entscheid sei grundsätzlich richtig
wiedergegeben, doch seien noch weitere Elemente relevant. Soweit sie
diesbezüglich auf die Änderung der Deponiekonzeption bzw. die
planungsrechtlichen Grundlagen verweist, vermögen diese Rügen - sofern sie sich
ohnehin nicht als unzulässige Noven im Sinne von Art. 99 BGG erweisen - nicht
aufzuzeigen, inwiefern der Sachverhalt offensichtlich unrichtig sein oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen soll. Insbesondere
widerlegt der Umstand, dass heute über die Auslegung Streit besteht, nicht
einen übereinstimmenden subjektiven Parteiwillen im massgebenden Zeitpunkt des
Vertragsschlusses. Damit ist im Ergebnis der Schluss der Vorinstanz, dass ein
übereinstimmender Parteiwille über die Dauer der Vereinbarung bestand und damit
die eingeklagte Entschädigungspflicht der Beschwerdeführerin weiterhin besteht,
aufgrund des verbindlich festgestellten Sachverhalts nicht zu beanstanden.

3.6. Selbst wenn zu Gunsten der Beschwerdeführerin angenommen würde, dass
hinsichtlich der Geltungsdauer der Vereinbarung kein übereinstimmender
effektiver Parteiwille bestand, könnte die Beschwerdeführerin im Ergebnis
daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten: Zwar wäre in diesem Fall die streitige
Konzessionsbestimmung nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Da es sich um
einen kantonalrechtlichen Vertrag handelt, würde aber keine freie Prüfung,
sondern nur eine Willkürprüfung durch das Bundesgericht vorgenommen (vgl. E.
2.3 hiervor). Unter dem beschränkten Gesichtspunkt der Willkür lässt sich der
angefochtene Entscheid jedoch nicht beanstanden. Insofern zielen die
ausführlichen Darlegungen der Beschwerdeführerin zur Auslegung nach dem
Vertrauensprinzip an der Sache vorbei.

3.7. Auch die weiteren Rügen vermögen der qualifizierten Begründungspflicht von
Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235 mit Hinweisen) nicht zu
genügen: Diese setzt voraus, dass die beschwerdeführende Person in ihrer
Eingabe dartut, welche verfassungsmässigen Rechte durch den angefochtenen Akt
inwiefern verletzt worden sein sollen. Das Bundesgericht untersucht nicht von
Amtes wegen, ob der angefochtene kantonale Entscheid verfassungsmässig ist,
sondern prüft diesbezüglich nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und,
soweit möglich, belegte Rügen. Die Beschwerdeführerin rügt hier jedoch bloss,
die Vorinstanz habe die Vereinbarung falsch ausgelegt, womit ein Verstoss gegen
den Grundsatz von Treu und Glauben und gegen das Willkürverbot vorliege. Damit
erhebt die Beschwerdeführerin jedoch keine rechtsgenügend begründeten Rügen,
weshalb nicht näher darauf einzugehen ist.

4.

 Daraus folgt, dass die Beschwerde abzuweisen ist.

 Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens, da sie mit ihrer Beschwerde Vermögensinteressen
geltend gemacht hat (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Die obsiegende
Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung, da sie entgegen
ihrer Auffassung in der vorliegenden Streitsache öffentlich-rechtliche Aufgaben
wahrnimmt (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 134 II 117 E. 7).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Januar 2014

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Winiger

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