Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1052/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_1052/2012

Urteil vom 2. April 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Hänni.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Philippe Hofstetter,
Beschwerdeführer,

gegen

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern,
Einwohnergemeinde Bern, Predigergasse 5, 3011 Bern.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 17.
September 2012.

Sachverhalt:

A.
A.________ (geb. 1970) stammt aus Tunesien. Er lebt seit 1990 in der Schweiz
und ist aufgrund einer 1996 geschiedenen Ehe mit einer Schweizer Bürgerin im
Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Im Mai 2004 heiratete A.________ eine
tunesische Staatsangehörige, die ihm im Rahmen des Familiennachzugs in die
Schweiz nachfolgte. Dem Paar wurde im März 2011 die Tochter B.________ geboren.
Seit Juli 2011 lebt A.________ von seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter
getrennt. Die Ehefrau und die Tochter verfügen inzwischen über eine
eigenständige Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG
(Härtefallbewilligung).
A.________ ist wiederholt straffällig geworden: Im September 2009 verurteilte
ihn das Kreisgericht VIII Bern-Laupen wegen Gefährdung des Lebens und einfacher
Körperverletzung, beides begangen am 21. Januar 2009, wegen mehrfacher
Tätlichkeiten, begangen zwischen 2006 bis 2008, alles zum Nachteil seiner
zweiten Ehefrau, sowie wegen Betäubungsmitteldelikten (2006 bis 2009) und
Widerhandlungen gegen die Sozialhilfegesetzgebung (2008) zu einer
Freiheitsstrafe von 21 Monaten sowie einer Busse von Fr. 1'500.-- und ordnete
eine stationäre Suchtbehandlung an. Gegen A.________ lagen bereits zuvor zehn
ausgesprochene Strafmandate wegen Verstössen gegen das Strassenverkehrsgesetz
sowie gegen das Betäubungsmittelgesetz vor.

A.________ befand sich vom 11. Mai 2009 bis zum 11. Januar 2011 im Straf- bzw.
Massnahmenvollzug.

B.
Am 9. Juli 2010 widerrief die Einwohnergemeinde Bern die
Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg;
dieser Entscheid wurde zunächst von der Polizei- und Militärdirektion des
Kantons Bern sowie kantonal letztinstanzlich vom Verwaltungsgericht des Kantons
Bern mit Urteil vom 17. September 2012 bestätigt.

C.
Gegen dieses Urteil führt A.________ (Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 22.
Oktober 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und stellt
den Antrag, ihm sei die Niederlassungsbewilligung zu belassen. Ausserdem
ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Verwaltungsgericht (Vorinstanz) und die Polizei- und Militärdirektion des
Kantons Bern sowie das Bundesamt für Migration beantragen die Abweisung der
Beschwerde. Die Einwohnergemeinde Bern hat sich nicht vernehmen lassen.
Mit Verfügung vom 31. Oktober 2012 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde -
antragsgemäss - die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer
Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e
contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).
Der Beschwerdeführer ist durch den vorinstanzlichen Entscheid ausserdem
besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 BGG) und damit zur Anfechtung beim
Bundesgericht befugt. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten (vgl. Urteil 2C_828/2011
vom 12. Oktober 2012 [zur Publikation vorgesehen]).

1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zugrunde (Art.
105 Abs. 1 BGG), soweit diese nicht offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich
sind (vgl. BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393
E. 7.1 S. 398) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhen. Zudem ist vom Beschwerdeführer aufzuzeigen, dass die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG).

1.3 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten (und von kantonalem
Recht) nur insofern, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und rechtsgenügend begründet worden ist. Hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235 mit
Hinweisen).

2.
2.1 Aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art.
29 Abs. 2 BV ergibt sich für die Parteien das Recht, Beweisanträge zu stellen,
und für die Behörden die Pflicht, rechtzeitig und formgültig angebotene
Beweisbegehren entgegenzunehmen und zu berücksichtigen (vgl. BGE 127 I 54 E. 2b
S. 56). Das Gericht kann jedoch Beweisanträge ohne Verletzung des rechtlichen
Gehörs ablehnen, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine
Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener (antizipierter)
Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde. Ebenso müssen keine Beweise abgenommen
werden, wenn die Anträge nicht erhebliche Tatsachen betreffen (BGE 134 I 140 E.
5.3 S. 148; 131 I 153 E. 3 S. 157; 130 II 425 E. 2.1 S. 428; 124 I 208 E. 4a S.
211, je mit Hinweisen).

2.2 Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist vorliegend nicht
dargetan: Die Vorinstanz hat sich gestützt auf die Aktenlage das für die
Überprüfung des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung erforderliche Bild über
die familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers machen können. Insbesondere
vermöchte auch ein engerer Kontakt zur Tochter seiner ersten Ehefrau und zu
einem einzelnen Schweizer Bürger keine derart gelungene Integration zu belegen,
welche geeignet wäre, die begangenen Delikte massgeblich zu relativieren (zur
Interessenabwägung vgl. unten E. 4), sodass auf die hierfür beantragte
Zeugeneinvernahme verzichtet werden durfte. Es stellt keine Gehörsverletzung
dar, wenn die Vorinstanz diesbezüglich in antizipierter Beweiswürdigung auf
weitere Abklärungen verzichtet hat (vgl. BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153
E. 3 S. 157; Urteil 2C_157/2013 vom 22. Februar 2013 E. 3.3).

3.
3.1 Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62 lit. b) und Art. 63
Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer (AuG; SR 142.20) kann die Niederlassungsbewilligung auch nach einem -
wie hier - länger als 15 Jahre dauernden ununterbrochenen und ordnungsgemässen
Aufenthalt in der Schweiz widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer
längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach
der gefestigten Rechtsprechung und trotz vereinzelter Kritik in der Lehre eine
Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.).
Diese Grenze gilt auch dann als erreicht, wenn die Freiheitsstrafe bloss
bedingt oder teilbedingt ausgesprochen wurde (Urteile 2C_828/2011 vom 12.
Oktober 2012 E. 2.1 [zur Publikation vorgesehen]; 2C_515/2009 vom 27. Januar
2010 E. 2.1).

3.2 Wenn ein Ausländer durch sein Verhalten einen Widerrufsgrund gesetzt hat,
bleibt zu prüfen, ob diese Massnahme auch als verhältnismässig erscheint. Dabei
sind namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration sowie
die dem Betroffenen drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E.
4.3 ff. S. 381 ff.; vgl. auch Art. 96 Abs. 1 AuG). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu dieser gesetzlichen Regelung sind umso strengere
Anforderungen an eine fremdenpolizeiliche Massnahme zu stellen, je länger ein
Ausländer in der Schweiz anwesend war. Die Niederlassungsbewilligung eines
Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll nur mit
besonderer Zurückhaltung widerrufen werden; allerdings ist dies bei
wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen,
wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat
(vgl. die Urteile 2C_828/2011 vom 12. Oktober 2012 E. 2.2 [zur Publikation
vorgesehen]; 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3).
Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich auch aus Art.
8 Ziff. 2 EMRK: Danach ist ein Eingriff in das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK
geschützte Privat- und Familienleben nur dann statthaft, wenn er gesetzlich
vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen
Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das
wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung oder zur
Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral
sowie der Rechte und Freiheiten anderer notwendig erscheint. Bei der
Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind die Schwere des
begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des
Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene
Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E.
4.3 S. 381).

4.
Die Vorinstanz hat zurecht festgestellt, dass der Widerrufsgrund von Art. 63
Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG vorliegt. Der Widerrufsgrund gilt
entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch, wenn sich die ausländische
Person seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land
aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG; oben, E. 3.1).

In Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung und gestützt auf das
strafgerichtliche Urteil (vgl. BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216) hat die Vorinstanz
im Rahmen ihrer Interessenabwägung zudem zutreffend festgestellt, es liege beim
Beschwerdeführer ein aus ausländerrechtlicher Sicht schweres Verschulden und
ein entsprechend gewichtiges Interesse am Widerruf der
Niederlassungsbewilligung vor:

4.1 Der Beschwerdeführer wurde wiederholt und immer schwerer straffällig; er
hatte seine Ehefrau von 2006 bis 2008 wiederholt geschlagen; in einem Vorfall
von 2009 hatte er sie zu Boden geworfen und so heftig gewürgt, dass sie
aufgrund einer kritischen Störung der Gehirndurchblutung in unmittelbarer
Lebensgefahr schwebte. In seinen Erwägungen kam das Strafgericht zum Schluss,
er habe skrupellos und aus egoistischen Motiven gehandelt; den Beschwerdeführer
treffe ein erhebliches Verschulden, zumal seine Einsichtsfähigkeit (aufgrund
seiner Drogensucht) nur leicht vermindert gewesen sei. Die Tätlichkeiten, wie
auch die weiteren Verurteilungen, unter anderem wegen Betäubungsmitteldelikten
(Konsum von Heroin und Kokain; 2006-2009) und der Sozialhilfemissbrauch (der
Beschwerdeführer bezog 2008 Gelder vom Sozialdienst Bern, obwohl er zu dieser
Zeit einer Arbeit nachging), zeigen nach den zutreffenden vorinstanzlichen
Ausführungen ausserdem eine inakzeptable Geringschätzung der hiesigen
Rechtsordnung (vgl. BGE 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_739/2011 vom 18.
Oktober 2012 E. 3.2; 2C_673/2011 vom 3. August 2012 E. 3.1). Aufgrund seiner
jahrelangen Straffälligkeit und dem Misserfolg mehrerer Therapieversuche ist,
wie die Vorinstanz darlegt, zudem von einer nicht zu tolerierenden
Rückfallgefahr auszugehen (vgl. Urteil 2C_205/2013 7. März 2013 E. 3.2.1).
Insgesamt liege ein erhebliches Interesse am Widerruf seiner
Niederlassungsbewilligung vor (vgl. das Urteil 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E.
3.1, nicht publ. in BGE 137 II 233; BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190; Urteil
2C_828/2011 12. Oktober 2012 E. 2.2.1 [zur Publikation vorgesehen].

4.2 Zugunsten des Beschwerdeführers zog die Vorinstanz allein seine lange
Anwesenheit (22 Jahre) in Betracht; sie erachtete ihn weder als beruflich noch
wirtschaftlich integriert. So habe er keine Berufsbildung absolviert, sei seit
Jahren keiner längerfristigen Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen, habe
Sozialhilfe bezogen und es lägen Verlustscheine in der Höhe von rund Fr.
44'000.-- gegen ihn vor. Eine Rückkehr in sein Heimatland sei dem
Beschwerdeführer auch zuzumuten, denn er habe die prägenden Jugendjahre in
Tunesien verbracht und sei dadurch und durch fortbestehende Kontakte mit der
Familie mit den dortigen Verhältnissen vertraut. Suchtkranke Personen könnten
dort ebenfalls behandelt werden. Schliesslich führe auch die Trennung von Frau
und Tochter nicht zur Unzumutbarkeit der Wegweisung. Die Ehefrau und Tochter
leben ohnehin seit Juli 2011 getrennt von ihm und verfügten über eine
Härtefallbewilligung.

4.3 Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen vermögen - soweit diese Einwände
nicht bloss appellatorische und insoweit unzulässige Kritik an den
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen darstellen (dazu oben E. 1.2) -
nichts an der Schwere seines Verschuldens und am darauf gründenden öffentlichen
Fernhalteinteresse zu ändern:
Hinsichtlich seiner Verurteilung wegen Gefährdung des Lebens will der
Beschwerdeführer sein Verschulden relativieren, indem er auf die verminderte
Schuldfähigkeit aufgrund seiner Drogenabhängigkeit hinweist und seine Tat als
Beziehungsdelikt charakterisiert. Dass seine Delikte in Zusammenhang zu seiner
Drogenabhängigkeit standen und er seine Sucht trotz verschiedener
Therapieversuche nicht zu überwinden vermochte, wurde im Strafurteil bereits
leicht strafmildernd berücksichtigt; im ausländerrechtlichen Verfahren besteht
kein Raum, die Beurteilung des Strafgerichts diesbezüglich zu relativieren
(Urteile 2C_634/2011 vom 27. Juni 2012 E. 4.1; 2C_797/2011 vom 12. Juni 2012 E.
2.2; 2C_66/2009 vom 1. Mai 2009 E. 3.2 mit Hinweisen). Die wiederholte
Straffälligkeit mit Delikten gegen die körperliche Integrität führt
ausländerrechtlich zudem entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu einer
relevanten Rückfallgefahr, welche die Vorinstanz zu Recht als nicht hinnehmbar
bezeichnet hat (vgl. BGE 125 II 521 E. 4.a/aa S. 526 f.; 122 II 433 E. 2.c S.
436 f.). An der Rückfallgefahr vermag auch das vom Beschwerdeführer
herangezogene Urteil 2C_745/2008 vom 24. Februar 2009 nichts zu ändern; der
dortige Beschwerdeführer wurde nicht zusehends schwerer straffällig und war
zudem beruflich und sozial integriert. Angesichts der Therapieunwilligkeit des
Beschwerdeführers vermögen die ungünstigeren, aber gemäss den vorinstanzlichen
Feststellungen durchaus gegebenen und vom Beschwerdeführer nicht substanziiert
bestrittenen Behandlungsmöglichkeiten in Tunesien die Wegweisung nicht als
unzumutbar erscheinen lassen, auch wenn ihn der Zwang zur Rückkehr in sein
Heimatland nach mehr als zwanzig Jahren zweifellos hart treffen wird.
Hinsichtlich der Beziehung zu seiner Tochter erhebt der Beschwerdeführer keine
substanziierten Rügen; er legt insbesondere nicht dar, inwiefern die Beziehung
zu seinem Kind ohne gefestigtes Anwesenheitsrecht unter dem Gesichtswinkel von
Art. 8 EMRK relevant werden könnte (hierzu BGE 137 I 284 E. 1.2 f. S. 286; 135
I 143 E. 3.1 S. 148; Urteil 2C_639/2012 vom 13. Februar 2013 E. 4).

5.
Nach dem Gesagten erweist sich der gegenüber dem Beschwerdeführer angeordnete
Widerruf der Niederlassungsbewilligung insgesamt als bundesrechts- und
konventionskonform. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde. Der angefochtene
Entscheid gibt die bundesgerichtliche Praxis zutreffend wieder und das
Verwaltungsgericht hat die auf dem Spiel stehenden Interessen im Rahmen von
Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 lit. b AuG bzw. Art. 8 EMRK sorgfältig und
nachvollziehbar gegeneinander abgewogen. Es kann für alles Weitere auf seine
zutreffenden Überlegungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Vor diesem
Hintergrund erübrigt sich auch eine Rückweisung an die Vorinstanz
(Eventualantrag).

6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat grundsätzlich der Beschwerdeführer die
Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er
hat aber um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
ersucht (Art. 64 BGG).

Aufgrund der Akten ist zwar von der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers
auszugehen. Angesichts der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichts, der
anhaltenden und erheblichen Delinquenz des Beschwerdeführers, seiner nicht
guten Integration in der Schweiz und des einlässlich und überzeugend
begründeten vorinstanzlichen Urteils war seine Beschwerde indes aussichtslos,
weshalb das Gesuch abgewiesen werden muss. Der Beschwerdeführer hat die Kosten
des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen. Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgewiesen.

2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Bern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. April 2013
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Die Gerichtsschreiberin: Hänni