Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1032/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
2C_1032/2012

Urteil vom 16. November 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann, Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Verfahrensbeteiligte
Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, SRG SSR, Rechtsdienst,
Giacomettistrasse 1, 3000 Bern.

Gegenstand
Nicht ausgestrahlter Werbespot,

Beschwerde gegen den Entscheid b.651 der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für
Radio und Fernsehen vom 22. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Der Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) buchte am 29. September 2011 bei
der publisuisse SA, einer Tochtergesellschaft der SRG, Werbezeit für einen
selbstproduzierten Spot. Dieser bestand aus einer während sieben Sekunden
eingeblendeten Seite, auf der das Logo des Vereins mit dem Hinweis auf dessen
Internetseite und der Ergänzung "was andere Medien totschweigen" zu sehen war.
Parallel dazu kommentierte eine "Off-Stimme": "www.vgt.ch - was andere Medien
totschweigen".
Am 15. November 2011 stellte der VgT der publisuisse SA eine überarbeitete
Fassung seines Werbespots zu. Darin ersetzte er die Ergänzung "was andere
Medien totschweigen" in Bild und Ton durch die Formulierung "was das Schweizer
Fernsehen totschweigt".
Nach Koordination mit der SRG und Rücksprache mit dem VgT strahlte die
publisuisse SA im Zeitraum vom 23. bis zum 31. Dezember 2011 den ersten
Werbespot achtzehn Mal aus; die zweite Version erachtete sie als geschäfts- und
imageschädigend im Sinne ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Art. 10 AGB).

B.
Gegen die Nichtausstrahlung des überarbeiteten Spots anstelle des
ursprünglichen gelangte der Verein gegen Tierfabriken Schweiz an die
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI), da "erneut" ein
Werbespot von ihm "zensiert" worden sei. Diese wies seine Zugangsbeschwerde am
22. Juni 2012 ab. Die Verweigerung der Ausstrahlung des zweiten Spots sei nicht
rechtswidrig erfolgt. Die damit verbundene Einschränkung der
Meinungsäusserungsfreiheit sei verhältnismässig gewesen, da sie ausschliesslich
der Wahrung des guten Rufs des Schweizer Fernsehens gedient habe und keine
Anzeichen für eine Diskriminierung bestünden.

C.
Der Verein gegen Tierfabriken Schweiz beantragt vor Bundesgericht, den
Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen aufzuheben
und die SRG anzuweisen, den zweiten Werbespot zur Ausstrahlung
entgegenzunehmen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Die SRG beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Mit der Zustimmung des VgT zur Ausstrahlung des ersten Spots sei dieser
Gegenstand des Gesuchs um Zugang zum Werbefernsehen geworden, weshalb keine
anfechtbare Ablehnung vorliege. Der VgT habe kein schützenswertes und
überwiegendes Interesse daran, den Spot mit dem Zusatz "was das Schweizer
Fernsehen totschweigt" auszustrahlen. Die UBI beantragt unter Hinweis auf die
Begründung im angefochtenen Entscheid, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verein gegen Tierfabriken hat an seinen Anträgen und Ausführungen
festgehalten.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen über
den Inhalt redaktioneller Sendungen sowie über den Zugang zum Programm ("Recht
auf Antenne") können mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 86 Abs. 1 lit. c BGG). Der Verein
gegen Tierfabriken Schweiz, dessen Zugangsbeschwerde die UBI abgewiesen hat,
ist hierzu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auch die verweigerte Ausstrahlung
einer Werbebotschaft kann mit der rundfunkrechtlichen Zugangsbeschwerde
beanstandet werden (BGE 136 I 167 E. 3.3.2; zu deren Einführung: BBl 2003 1741
mit ausdrücklichem Hinweis auf das EGMR-Urteil  VgT gegen Schweiz vom 28. Juni
2001 [Nr. 24699/94]; ANDREAS KLEY, Beschwerde wegen verweigertem
Programmzugang: Trojanisches Pferd oder Ei des Kolumbus? in: medialex 2008 S.
15 ff., dort S. 29). Soweit die SRG geltend macht, der Beschwerdeführer habe
der Ausstrahlung des Spots in seiner ursprünglichen Fassung zugestimmt, weshalb
überhaupt keine Zugangsverweigerung vorliege, übersieht sie, dass er dies nur
unter Protest getan hat und um seine schweizweite multimediale Medienkampagne
nicht zu gefährden. Die aufgeworfene Frage des Zugangs zum Werbefernsehen kann
deshalb im vorliegenden Verfahren überprüft werden, auch wenn die ursprüngliche
Fassung des Spots ausgestrahlt worden ist.

1.2. Die Rechtsschriften an das Bundesgericht haben die Begehren und deren
Begründung zu enthalten, wobei in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Die Begründung
muss sachbezogen sein, d.h. in gezielter Form auf die für dessen Ergebnis
massgeblichen Erwägungen der Vorinstanz eingehen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 -
2.3). Soweit der Beschwerdeführer lediglich seine bereits vor der UBI
vorgebrachten Ausführungen wiederholt und mit zahlreichen Fotos und Zitaten aus
früheren Eingaben oder von seiner Website zu belegen versucht, was die
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft alles übergangen bzw.
verschwiegen haben soll, ohne gleichzeitig aufzuzeigen, inwiefern die
Erwägungen der UBI zum  Verfahrensgegenstand Bundesrecht verletzen, ist seine
Beschwerde - weil nicht sachbezogen - ungenügend begründet. Es ist auf die
entsprechenden Darlegungen nicht weiter einzugehen.

2.

2.1. Als Ausfluss der Medien-, Programm- und Informationsfreiheit besteht -
auch nach der Praxis der Strassburger Organe (vgl. den Unzulässigkeitsentscheid
der EKMR i.S.  Association mondiale pour l'Ecole Instrument de Paix gegen
Schweiz vom 24. Februar 1995, in: VPB 59/1995 Nr. 144 S. 1044 ff.; BGE 123 II
402 E. 5 mit Hinweisen) -grundsätzlich kein "Recht auf Antenne", d.h. kein
Anspruch darauf, dass ein Veranstalter eine bestimmte Information oder
Auffassung eines Dritten gegen seinen Willen bzw. gegen sein redaktionelles
Konzept ausstrahlen muss (BGE 136 I 167 E. 3.3.1 mit zahlreichen Hinweisen;
vgl. auch BARRELET/WERLY, Droit de la communication, 2. Aufl. 2011, N. 271).
Die SRG verfügt zwar nach wie vor über eine Sonderstellung in der
schweizerischen Rundfunklandschaft, kann jedoch nicht (mehr) als
"Monopolmedium" gelten (vgl. AUER/MALINVERNI/ HOTTELIER, Droit constitutionnel
suisse, Bd. II, 2. Aufl. 2006, N. 592; MARTIN DUMERMUTH, Die Revision des
Radio- und Fernsehgesetzes und das duale System, in: ZSR 125 (2006) I, S. 229
ff., dort S. 239 ff.). Die neuen Technologieformen (Internet, Digitalfernsehen
usw.) erlauben dem Publikum, sich aus den unterschiedlichsten Quellen zu
informieren; gleichzeitig gestatten sie es dem Einzelnen, sich im Rahmen einer
Vielzahl von Medien über die private Kommunikation hinaus Aufmerksamkeit in der
Öffentlichkeit zu verschaffen.

2.2. Die Verweigerung des Zugangs Dritter zu redaktionellen Gefässen kann unter
dem Blickwinkel der Verfassung oder der EMRK nur ausnahmsweise als rechtswidrig
im Sinne von Art. 97 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 (RTVG;
SR 784.40) qualifiziert werden (BGE 136 I 167 E. 3.3.2 S. 174). Ein
Rechtsanspruch auf Zugang zum  redaktionellen Teil des Programms ergibt sich
ausnahmsweise allenfalls dann, wenn ein Veranstalter gewissen Parteien,
Personen und Gruppierungen direkt oder indirekt Zugang zum Programm gewährt,
vergleichbaren Parteien, Personen oder Gruppierungen einen solchen jedoch ohne
sachlichen Grund verwehrt und sie damit rechtsungleich behandelt bzw. 
diskriminiert (vgl. BARRELET/WERLY, a.a.O., N. 743; JENS MEYER-LADEWIG, EMRK,
3. Aufl. 2011, Rz. 38 zu Art. 10). Die Zugangsbeschwerde will ausschliesslich
Grundrechtsfragen klären; sie dient zur Kontrolle einer diskriminierungsfreien
(Art. 10 i.V.m. Art. 14 EMRK und Art. 8 Abs. 1 und 2 BV) Zuteilung von
redaktionell verantworteter Sendezeit.

3.

3.1. Vorliegend steht nicht der Zugang zu einem  redaktionellen Sendegefäss zur
Diskussion, wo in erster Linie den  grundrechtsbezogenen Interessen und der
Programmautonomie der SRG Rechnung getragen werden muss (vgl. hierzu das Urteil
2C_408/2011 vom 24. Februar 2012). Umstritten ist vielmehr die Frage, ob die
publisuisse SA bzw. deren Muttergesellschaft SRG den abgeänderten Werbespot mit
dem neuen Hinweis "was das Schweizer Fernsehen totschweigt", statt "was andere
Medien totschweigen" gestützt auf verfassungs- oder konventionsrechtliche
Vorgaben hätte ausstrahlen müssen und ob dem Beschwerdeführer in diesem Sinn
rechtswidrig der  Zugang zum Werbeteil des Programms verweigert wurde.

3.2.

3.2.1. Bei der Akquisition und Ausstrahlung der Werbung wird die SRG nicht
unmittelbar im Rahmen ihres Programmauftrags tätig (vgl. BGE 123 II 402 E. 3).
Sie kann ihre Programme unter Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorgaben
mittels Werbung finanzieren, ist hierzu jedoch nicht verpflichtet. Macht sie
von der Werbung als Finanzierungsinstrument Gebrauch, muss sie sich an die
entsprechenden, im öffentlichen Interesse erlassenen Beschränkungen bezüglich
der Abgrenzung zum Programm (Art. 9 RTVG), der Werbedauer (Art. 11 RTVG) und
der Werbeverbote (Art. 10 RTVG) halten (vgl. BGE 126 II 7 ff. und 21 ff.).
Allfällige Verletzungen der betreffenden Regeln können verwaltungsrechtliche
Sanktionen nach sich ziehen (vgl. Art. 89 ff. RTVG). Die SRG hat zudem - wie
alle anderen Veranstalter - sicherzustellen, dass das Werbeprogramm kein
nationales oder internationales Recht verletzt. Es ist deshalb sachgerecht,
wenn sie der publisuisse SA gegenüber darauf achtet, dass diese den
öffentlichrechtlichen Sendebeschränkungen Rechnung trägt und nötigenfalls mit
den Kunden nach einer Lösung sucht bzw. gewisse Werbungen zurückweist. Die
entsprechenden Beschränkungen beruhen auf hinreichenden gesetzlichen
Grundlagen, dienen dem öffentlichen Interesse des Service-public und erweisen
sich in der Regel auch als verhältnismässig.

3.2.2. Obwohl der Werbevertrag an sich den  privatrechtlichen Regeln unterliegt
(BGE 123 II 402 E. 3), hat die SRG/publisuisse in diesem Bereich jedoch auch
angemessen den Vorgaben von Art. 35 Abs. 2 BV Rechnung zu tragen. Danach ist an
die Grundrechte gebunden und hat zu deren Verwirklichung beizutragen, wer
staatliche Aufgaben wahrnimmt. Dies ist bei der SRG im Rahmen ihres
programmrechtlichen Auftrags im an sich von ihr privatrechtlich
bewirtschafteten Werbebereich der Fall, da dieser als Nebenaktivität zur
Finanzierung ihrer Programme dient (vgl. BGE 138 I 274 ff. [Aushängen von
Plakaten im Bahnhof]). Sie ist als privilegierte Konzessionärin des Bundes
(vgl. Art. 23 ff. RTVG) im Werbebereich nicht gleich frei wie Private (vgl. BGE
123 II 402 E. 3c/bb S. 411 unter Hinweis auf die bundesrätlichen Weisungen vom
15. Februar 1984 [BBl 1984 I 364 ff.]; EGMR-Urteil vom 28. Juni 2001 VgT gegen
Schweiz [Nr. 24699/94], CourEDH 2001-VI S. 271, Ziff. 44 ff.). Im
redaktionellen Teil des Programms kann die SRG sich unbeschränkt auf ihre
Programmautonomie berufen (vgl. Art. 6 RTVG). Macht sie von der Möglichkeit,
ihr Programm durch Werbung zu finanzieren, Gebrauch, kann sie sich bei der
Auswahl der zugelassenen Werbesendungen indessen nicht in gleicher Weise auf
ihre Programmautonomie berufen, da sie in diesem Bereich  grundrechtsgebunden
 handeln muss, auch wenn der konkret abgeschlossene Werbevertrag
zivilrechtlicher Natur ist. Im Vergleich zum Zugang zum redaktionellen Programm
besteht beim Werbefernsehen eine geringere Autonomie der SRG, da und soweit dem
Zuschauer gegenüber klar ist, dass es sich bei der entsprechenden Botschaft um
die Auffassung eines Dritten im Rahmen eines (ideellen) Werbebeitrags handelt.

3.2.3. Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt und diese gegebenenfalls mit
Nebenaktivitäten finanziert, ist nicht nur an das Willkürverbot und den
Grundsatz der Rechtsgleichheit gebunden, sondern muss generell auch dem
besonderen ideellen Gehalt der Freiheitsrechte Rechnung tragen (BGE 138 I 274
E. 2.2.2 S. 283 mit Hinweisen). Er hat die widerstreitenden Interessen nach
objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und legitime Bedürfnisse,
Appelle an die Öffentlichkeit richten zu können, angemessen zu berücksichtigen.
Ob die Meinungsäusserung dem grundrechtsverpflichteten, mit öffentlichen
Aufgaben betrauten Privaten mehr oder weniger wertvoll oder wichtig erscheint,
ist für den Entscheid über die Zulassung nicht massgebend (BGE 138 I 274 E.
2.2.2 S. 283; 132 I 256 E. 3 S. 259; 124 I 267 E. 3b S. 269). Wer staatliche
Aufgaben wahrnimmt, ist bei privatrechtlichen Nebennutzungen zu einer
neutralen, sachlichen Haltung verpflichtet und muss in diesem Rahmen auch eine
gewisse Kritik gegen sich selber zulassen (vgl. BGE 138 I 274 E. 2.2.2 S. 283).

3.2.4. Der beschwerdeführende Verein wollte mit der umstrittenen (bezahlten)
Werbung unter Hinweis auf seine Homepage bzw. die dortige Dokumentation über
seine Anliegen informieren und der Öffentlichkeit gegenüber auf die (seiner
Ansicht nach) einseitige bzw. ungenügende Berichterstattung über seine Aktionen
in den Medien aufmerksam machen. Sein Werbespot fällt in den Schutzbereich der
Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 16 Abs. 2 BV). Danach hat jede Person das
Recht, ihre Meinung frei zu bilden, sie ungehindert zu äussern und entsprechend
zu verbreiten (BGE 138 I 274 E. 2.2.1 S. 281; 132 I 256 E. 3 S. 258; 127 I 164
E. 3a - c S. 167 ff.). Einschränkungen sind jedoch im Rahmen von Art. 36 BV
zulässig. Zwar besteht kein Anspruch auf beliebig viel Werbung, weil sonst
keine redaktionellen Inhalte mehr möglich wären. Eine kapazitätsbezogene
Begrenzung und damit eine Auswahl ist naturgemäss nötig und zulässig. Diese
muss indessen - wie bei der Werbung auf dem öffentlichen Boden -
grundrechtskonform erfolgen. Für die Zulassung zur Werbung gelten
verfassungsrechtlich vorrangig die Rechtsgleichheit sowie die Wirtschafts- und
die Meinungsfreiheit der Personen, die ihr Anliegen (gegen Bezahlung)
verbreiten wollen, falls sie ihrerseits dabei nicht widerrechtlich handeln.

4.

4.1. Die SRG konnte die Ausstrahlung des abgeänderten Spots somit nur
verweigern bzw. in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers eingreifen,
soweit eine gesetzliche Grundlage hierfür bestand, ihr Handeln im öffentlichen
Interesse lag und die Massnahme als verhältnismässig gelten konnte. Die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der publisuisse SA genügten mit Blick auf die
Grundrechtsbindung der SRG hierzu nicht, auch wenn sie ausdrücklich vorsehen,
dass geschäfts- oder imageschädigende Werbungen zurückgewiesen werden können.
Dabei handelt es sich nicht um eine gesetzliche Grundlage im Sinne von Art. 36
BV (vgl. BGE 138 I 273 E. 3 [zum Benützungsreglement der SBB]). Es ist nicht
ersichtlich und wird von der Beschwerdegegnerin nicht dargetan, aufgrund
welcher anderen gesetzlichen Grundlage oder zum Schutz welches anderen
überwiegenden Interesses sich die Nichtausstrahlung des mit dem Zusatz
ergänzten Spots "was die SRG verschweigt" gerechtfertigt hätte.

4.2. Ein entsprechender Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit wäre
zulässig gewesen, wenn die Werbung die Menschenwürde missachtet,
diskriminierend erscheint, zu Rassenhass beiträgt, die öffentliche Sittlichkeit
gefährdet oder Gewalt verherrlicht oder verharmlost (vgl. Art. 2 lit. a i.V.m.
lit. k und Art. 4 RTVG). Zudem gelten Werbungen als unzulässig, welche den
Vorgaben von Art. 9 ff. RTVG nicht genügen, insbesondere solche, welche
religiöse oder politische Überzeugungen herabmindern, irreführend oder unlauter
sind oder zu einem Verhalten anregen, welches die Gesundheit, die Umwelt oder
die persönliche Sicherheit gefährden (vgl. Art. 10 Abs. 4 RTVG). Der
umstrittene Spot als solcher fällt unter keine dieser Kategorien. Dass und vor
allem inwiefern er nicht nur kritisch, sondern geradezu
persönlichkeitsverletzend (Art. 28 ZGB [SR 210]) oder unlauter (Art. 3 Abs. 1
lit. a UWG [SR 241]; vgl. hierzu BGE 124 III 72 E. 2b/aa S. 76; Urteil vom 16.
Mai 2007 E. 6.1 mit weiteren Hinweisen) gewesen wäre, legt die
Beschwerdegegnerin nicht dar. Der Spot bildete Teil einer multimedialen
Kampagne, in deren Rahmen der VgT für seine Homepage und die dort von ihm
zugänglich gemachten Recherchen warb, die in den anderen Medien und
insbesondere in den Programmen der SRG im Hinblick auf die Programmfreiheit der
SRG unbeachtet geblieben sind. Zwischen dem letztlich ausgestrahlten Spot und
dem vom Beschwerdeführer gewünschten bestand nur insofern ein Unterschied, als
- statt auf die Medien allgemein - direkt darauf hingewiesen wurde, dass die 
SRG gewisse Sachen "totschweige", wovon man sich auf der beworbenen Homepage
ein eigenes Bild machen könne.

4.3. Die blosse Befürchtung, die umstrittene Werbung könnte dem Ruf der SRG
potenziell abträglich sein, stellt kein hinreichendes Interesse dar, die
Ausstrahlung in der gewünschten Form zu verweigern (BGE 138 I 274 E. 3.5.1).
Die SRG macht nicht geltend, dass die Homepage des Beschwerdeführers als solche
widerrechtliche Inhalte aufwiese. Wäre dies der Grund für die Verweigerung
gewesen, hätte sie den Spot auch nicht in der von ihr als zulässig
eingeschätzten Art ausstrahlen dürfen. Für deren Inhalt ist die SRG
grundsätzlich nicht verantwortlich; sie ist nicht gehalten, beworbene Produkte
oder damit verbundene Aussagen auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin zu prüfen.
Hierfür stehen die entsprechenden straf- und zivilrechtlichen Verfahren offen
(vgl. etwa das Urteil 5A_888/2011 vom 20. Juni 2012 E. 6 und 7). Die
Meinungsäusserungsfreiheit dient (auch) dazu, Kritik an staatlichen Behörden
bzw. Dritten, welche entsprechende Aufgaben wahrnehmen, äussern zu können,
selbst wenn für Private keine unmittelbare Pflicht besteht, ausserhalb der
gesetzlich vorgesehenen Verfahren (indirekte Drittwirkung) zur
Grundrechtsverwirklichung im Staat beizutragen.

5.

5.1. Hat die SRG den Spot des Beschwerdeführers zugelassen, da offenbar
hinreichende Werbekapazitäten bestanden, rechtfertigte sich die Weigerung, die
Werbung in der gewünschten Form auszustrahlen, um unliebsame Kritik an der
eigenen Programmgestaltung zu vermeiden, weder im öffentlichen noch im privaten
Interesse. Die damit verbundene implizite Beschränkung der
Meinungsäusserungsfreiheit war nicht erforderlich. Mangels einer gesetzlichen
Grundlage bzw. eines überwiegenden öffentlichen Interesses und der gebotenen
Verhältnismässigkeit wären die SRG und die publisuisse SA im Rahmen von Art. 35
Abs. 2 BV vielmehr gehalten gewesen, den Spot in der vom Beschwerdeführer
gewünschten Fassung anzunehmen. Der angefochtene Entscheid der UBI vom 22. Juni
2012 ist deshalb aufzuheben, und es ist festzustellen, dass die
Zugangsverweigerung zum Werbefernsehen für den Spot vom 15. November 2011
verfassungsmässige Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat.

5.2. Nachdem der Werbebeitrag zumindest in seiner ursprünglichen Form doch
ausgestrahlt worden ist, kann auf weitere Anordnungen verzichtet werden. Sollte
der beschwerdeführende Verein an der Ausstrahlung des überarbeiteten Spots
festhalten wollen, obwohl seine Kampagne abgeschlossen ist, hätte er sich mit
einem entsprechenden Gesuch an die SRG/publisuisse SA zu wenden, welche ihm
dies in dem Sinn gestatten müsste, dass sie (unter erneuter Abgeltung der
Werbezeit) mit ihm einen entsprechenden Werbevertrag abschliesst.

5.3. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Kosten zu erheben (Art. 66
Abs. 1 zweiter Satz BGG). Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer,
der praktisch die gleiche Beschwerdeschrift wie vor der Vorinstanz eingereicht
hat, ist keine Entschädigung geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid der Unabhängigen
Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen vom 22. Juni 2012 aufgehoben, und es
wird festgestellt, dass die Verweigerung der Ausstrahlung des Werbespots "Was
das Schweizer Fernsehen totschweigt" die verfassungsmässigen Rechte des
Beschwerdeführers verletzt hat. Dem Antrag, die Ausstrahlung des ursprünglichen
Werbespots anzuordnen, wird im Sinne der Erwägungen entsprochen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, sowie der Unabhängigen
Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. November 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar

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