Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.83/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_83/2012

Urteil vom 18. Juli 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin,

gegen

Baubehörde Wangen-Brüttisellen, Stationsstrasse 10, 8306 Brüttisellen,
vertreten durch Rechtsanwalt Norbert Mattenberger,
Baurekursgericht des Kantons Zürich, Selnaustrasse 32, Postfach, 8090 Zürich,

Weiterer Beteiligter:
Y.________.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 21. Dezember 2011 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 14. Dezember 2009 verweigerte die Baubehörde
Wangen-Brüttisellen dem Atelier "A.________" als Bauherrschaft die
sexgewerbliche Nutzung einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Wohnzone
"W3 60 %" in Brüttisellen und ordnete die Wiederherstellung des rechtmässigen
Zustands innert 60 Tagen an. Als Vertreterin der Bauherrschaft wurde X.________
aufgeführt. Auf den von X.________ hiergegen erhobenen Rekurs trat die
Baurekurskommission III des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. Mai 2010 nicht
ein. Die von X.________ gegen diesen Nichteintretensentscheid geführte
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 3.
November 2010 ab. Mit Urteil 1C_571/2012 vom 18. April 2011 hiess das
Bundesgericht die von X.________ eingereichte Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut und wies die Sache zur neuen
Beurteilung im Sinn der Erwägungen an die Baurekurskommission III des Kantons
Zürich (ab dem 1. Januar 2011: Baurekursgericht des Kantons Zürich) zurück.
Mit Entscheid vom 15. Juni 2011 hiess das Baurekursgericht den Rekurs von
X.________ teilweise gut und setzte die Frist zur Wiederherstellung des
rechtmässigen Zustands neu auf 120 Tage ab Rechtskraft der Verfügung vom 14.
Dezember 2009 an. Im Übrigen wies es den Rekurs ab. Am 17. August 2011 erhob
X.________ gegen diesen Entscheid Beschwerde ans Verwaltungsgericht. Dieses
wies die Beschwerde mit Urteil vom 21. Dezember 2011 ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Februar 2012
beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2011
sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass sie berechtigt sei, die von ihr
gemietete Wohnung in Brüttisellen in der betreffenden Wohnzone sexgewerblich zu
nutzen. Eventualiter sei ihr die sexgewerbliche Nutzung der Wohnung zu
bewilligen. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen und diese oder die Baubehörde Wangen-Brüttisellen sei
anzuweisen, ihr die sexgewerbliche Nutzung der Wohnung zu bewilligen.
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne. Das Baurekursgericht und die Baubehörde
Wangen-Brüttisellen stellen Antrag auf Beschwerdeabweisung. Der am Verfahren
beteiligte Y.________ - Eigentümer der Wohnung, in welcher sich das Atelier
"A.________" befindet - liess sich nicht vernehmen. Die Beschwerdeführerin hält
in ihrer Stellungnahme vom 20. April 2012 an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz ist ein Endentscheid einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt ein
Beschwerdeverfahren über eine Bauverweigerung (Verweigerung der sexgewerblichen
Nutzung) und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG
steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG besteht nicht (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2 S.
251; 409 E. 1.1 S. 411). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen
Entscheid, mit welchem ihre Beschwerde abgewiesen wurde, besonders berührt und
hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Ihre
Beschwerdelegitimation ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zu bejahen (vgl. BGE
133 II 249 E. 1.3 S. 252 ff.). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu
keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Die Umwandlung der Wohnung in einen sexgewerblichen Betrieb erfolgte ohne
Bewilligung und ist deshalb grundsätzlich rückgängig zu machen. Die
Wiederherstellung kann jedoch unterbleiben, wenn die Umnutzung materiell nicht
rechtswidrig ist und nachträglich bewilligt werden kann. Bei der Prüfung der
Frage, ob eine baurechtliche Bewilligung bei rechtzeitiger Einreichung des
Gesuchs hätte erteilt werden können, ist grundsätzlich auf den Rechtszustand
abzustellen, der zum Zeitpunkt der Nutzungsänderung galt. Eine Ausnahme
rechtfertigt sich, wenn im Beurteilungszeitpunkt für den Betroffenen milderes
Recht gilt (BGE 123 II 248 E. 3a/bb S. 251 f. mit Hinweis; Urteil 1P.771/2001
vom 5. Mai 2003 E. 7, in: ZBl 105/2004 S. 111). Vorliegend ist strittig, ob die
sexgewerbliche Nutzung zonenkonform und damit nachträglich bewilligungsfähig
ist.

2.2 Nach Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG (SR 700) müssen Bauten und Anlagen dem Zweck
der Nutzungszone entsprechen. Gemäss § 52 des Gesetzes über die Raumplanung und
das öffentliche Baurecht des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (Planungs-
und Baugesetz; PBG/ZH [LS 700.1]) sind Wohnzonen in erster Linie für Wohnbauten
bestimmt; dieser Nutzweise zugerechnet werden auch Arbeitsräume, die mit einer
Wohnung zusammenhängen und in einem angemessenen Verhältnis zur eigentlichen
Wohnfläche stehen. Mässig störende Betriebe sind gestattet, wo die Bau- und
Zonenordnung sie zulässt; stark störende und solche, die unverhältnismässigen
Verkehr auslösen, sind unzulässig.
Art. 17 der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Wangen-Brüttisellen (BZO) vom
26. September 2006, vom Regierungsrat des Kantons Zürich genehmigt am 24.
Oktober 2007, bestimmt, dass in allen Wohnzonen (nur) nicht störende Betriebe
zulässig sind. Der gewerblich genutzte Anteil darf in den Wohnzonen "W2 30 %",
"W2 50 %" und "W3 60 %" die Hälfte der gesamten zulässigen anrechenbaren Fläche
nach § 255 PBG/ZH nicht übersteigen. In diesen Wohnzonen sind sexgewerbliche
Nutzungen und Betriebe sowie Spielsalons und dergleichen verboten.
Vorliegend erfolgte die Umnutzung unbestrittenermassen vor Inkrafttreten der
BZO am 24. Oktober 2007 - nämlich nach Auffassung der Beschwerdeführerin
bereits 1999, respektive nach Angabe der Gemeinde spätestens anfangs 2006.
Gemäss Art. 17 der bisherigen Bau- und Zonenordnung der Gemeinde
Wangen-Brüttisellen vom 26. Juni 1984 (aBZO), in Kraft bis 24. Oktober 2007,
sind in der Wohnzone "W3 60 %" nur nicht störende Betriebe zulässig.
Ausdrückliche Regelungen über die Zulässigkeit sexgewerblicher Nutzungen
enthält die aBZO nicht, wobei im Anhang "Beispiele für Betriebskategorien nach
verwaltungsgerichtlicher Praxis" aufgezählt sind. Als "nicht störend" gelten
etwa Bäckereien, Coiffeurläden, ärztliche Praxisräume oder Ateliers für stille
Berufe.
Da das neue Recht sexgewerbliche Nutzungen und Betriebe in der Wohnzone "W3 60
%" explizit verbietet und somit für die Beschwerdeführerin nicht milder ist,
findet vorliegend Art. 17 aBZO Anwendung.

2.3 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz habe Art. 17 aBZO
willkürlich angewendet, indem sie das von ihr betriebene sexgewerbliche Atelier
als zumindest mässig störend qualifiziert habe. Bei der Beurteilung, ob ein
Betrieb als störend einzustufen sei, sei der örtliche Kontext zu beachten. In
unmittelbarer Umgebung des Ateliers befinde sich eine Gewerbezone mit diversen
Einkaufszentren. Nebst der Nähe zum Autobahnkreuz Brüttisellen werde dadurch
zusätzlicher intensiver Einkaufsverkehr generiert. Verglichen hiermit sei das
zusätzliche Störpotenzial des sehr diskret auftretenden Ateliers sehr gering.
Die Vorinstanz habe vorliegend die vom Atelier verursachten ideellen
Immissionen verglichen mit den von in der Wohnzone zulässigen Betrieben
ausgehenden materiellen Immissionen viel zu stark gewichtet. Eine solche
Ungleichbehandlung verletze das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV) und sei
willkürlich (Art. 9 BV).

2.4 Die Vorinstanz hat erwogen, ein Betrieb könne nur dann als "nicht störend"
eingestuft werden, wenn die betreffende Nutzung ein gesundes und ruhiges Wohnen
im Allgemeinen nicht beeinträchtige und einwandfrei in eine Wohnzone passe.
Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn zwischen der sexgewerblichen Nutzung
und der Wohnnutzung bestehe ein Konfliktpotenzial, das prinzipiell dazu
geeignet sei, die Wohnqualität in der Umgebung zu vermindern. Auch wenn sich in
unmittelbarer Nachbarschaft des Ateliers eine grosse Gewerbezone mit diversen
Einkaufszentren und ein Autobahnkreuz befänden, bleibe das Störpotenzial
zumindest bezüglich der übrigen Wohnungen im Mehrfamilienhaus bestehen. Das
Atelier, in dem nebst der Beschwerdeführerin noch zwei weitere Frauen
arbeiteten, habe denn auch zu entsprechenden Klagen von Stockwerkeigentümern
Anlass gegeben. Demnach sei die sexgewerbliche Umnutzung der streitbetroffenen
Wohnung schon gemäss Art. 17 aBZO nicht bewilligungsfähig gewesen. Erst recht
sei eine Bewilligung der betreffenden Nutzung nach Art. 17 der geltenden BZO
ausgeschlossen, da dieser sexgewerbliche Nutzungen und Betriebe in Wohnzonen
explizit verbiete.

2.5 Das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 8 Abs. 1 BV und das Willkürverbot nach
Art. 9 BV sind eng miteinander verbunden. Nach der ständigen Praxis des
Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht
bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere
Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (
BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen). Ein Entscheid verletzt das
Rechtsgleichheitsgebot, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein
vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist,
oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse
aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und
Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird.
Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich- bzw.
Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. In dieser Hinsicht
erscheint ein Verstoss gegen die Rechtsgleichheit als eine besondere Form der
Willkür (vgl. BGE 131 I 394 E. 4.2 S. 399 mit Hinweisen).

2.6 Bei der Beurteilung, ob es sich um eine in raum- und ortsplanerischer
Hinsicht "nicht", "mässig" oder "stark störende" Nutzung handelt, können
namentlich ideelle Immissionen, die das seelische Empfinden verletzen bzw.
unangenehme psychische Eindrücke erwecken, berücksichtigt werden. Wenn ein
Betrieb zur Folge hat, dass die Umgebung unsicher, unästhetisch oder sonst wie
unerfreulich wirkt, so kann dies die Attraktivität einer Gegend für Geschäfte
und Wohnungen mindern. Auch solche Einwirkungen können mithin die Wohnqualität,
und sei es auch nur über den Ruf der Wohngegend, in erheblichem Mass
beeinträchtigen (Urteil 1P.160/2004 vom 27. Januar 2005 E. 4.1). Dabei wird
nicht vorausgesetzt, dass die Störungen des Wohlbefindens an nach aussen in
Erscheinung tretende Vorgänge anknüpfen, wie beispielsweise bei Betrieben des
Sexgewerbes an aufreizende Werbung oder die Begegnung mit Freiern und
dergleichen.
Bei der Anwendung von Normen mit Bezug auf ideelle Immissionen ist der
Charakter der fraglichen Umgebung zu berücksichtigen. Die Qualifizierung
ideeller Immissionen als stark störend bedingt nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ein erhebliches Konfliktpotenzial zwischen den sich
entgegenstehenden Nutzungen, insbesondere zu Wohnnutzungen. Umgekehrt lässt
sich nicht sagen, dass eine Einstufung als "nicht störend" das Fehlen jeglichen
Konfliktpotenzials voraussetzt. Vielmehr ist eine Gesamtschau unter Einbezug
des geplanten Vorhabens und der bestehenden Umgebung anzustellen (BGE 136 I 395
E. 4.3.2 und 4.3.3 S. 401 f. mit Hinweisen). Nach diesem Massstab hat es das
Bundesgericht etwa als vertretbar bezeichnet, in einer Zone mit einem
Wohnanteil von mindestens 60 % sexgewerbliche Betriebe aufgrund ihrer ideellen
Immissionen als stark störend einzustufen (Urteil 1P.771/2001 vom 5. Mai 2003
E. 9.2, in: ZBl 105/2004 S. 111).

2.7 Die Auslegung und die Anwendung von Art. 17 aBZO durch die Vorinstanz ist
im Lichte von Art. 9 BV nicht zu beanstanden und steht in Einklang mit der eben
zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Art. 17 aBZO legt fest, dass die
Wohnzone in erster Linie für Wohnbauten bestimmt ist und nur nicht störende
Betriebe zulässig sind. Die funktionale Betrachtungsweise der Vorinstanz,
wonach in der Wohnzone nur Gewerbe zugelassen werden, die dem Bedarf der
Bewohner dienen, entspricht durchaus den Zielen und dem Zweck der Regelung.
Eine sexgewerbliche Nutzung unterscheidet sich hinsichtlich der Bedeutung für
die Versorgung der Bevölkerung klarerweise etwa von Bäckereien, Coiffeurläden,
ärztlichen Praxisräumen oder Ateliers für stille Berufe. Die sexgewerbliche
Nutzung einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus kann - wie im zu beurteilenden
Fall - dazu führen, dass sich die Bewohner belästigt fühlen, und sie ist
geeignet, den guten Ruf des Quartiers zu beeinträchtigen und dadurch die
Vermietbarkeit von Wohnungen in der Umgebung der betroffenen Liegenschaft,
insbesondere an Familien mit Kindern, zu erschweren. Solche nachteiligen
ideellen Auswirkungen haben die als zulässig eingestuften Betriebe nicht. Die
ideellen Immissionen eines sexgewerblichen Betriebs stärker zu gewichten als
die mit anderen Betrieben verbundenen materiellen Immissionen in Form von
zusätzlichem Verkehr verletzt das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 BV
nicht, da die unterschiedlichen Immissionen nach Massgabe ihrer Ungleichheit
auch ungleich zu behandeln sind.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Gemeinde habe das sexgewerbliche
Atelier "A.________", welches sie 2008 von ihrer Vorgängerin übernommen habe,
seit 1999 geduldet. Die Nutzungsänderung könne deshalb aus Gründen des
Vertrauensschutzes nicht mehr verweigert werden. Ihr könne insoweit auch nicht
vorgeworfen werden, bösgläubig gewesen zu sein. Als Brasilianerin, welche die
einschlägigen bau- und planungsrechtlichen Bestimmungen nur sehr rudimentär
kenne, sei ihr nicht bewusst gewesen, dass eine derartige Nutzungsänderung,
welche mit keinerlei baulichen Massnahmen verbunden gewesen sei, einer
baurechtlichen Bewilligung bedürfe. Bei der Übernahme des Ateliers 2008 habe
ihr die Vorgängerin zudem versichert, von Seiten der Gemeinde sei die
Rechtmässigkeit des sexgewerblichen Betriebs bestätigt worden. Unter diesen
Umständen sei die Rechtswidrigkeit für sie bei zumutbarer Sorgfalt nicht
erkennbar gewesen.
Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, mit dem Wiederherstellungsbefehl
verstosse die Vorinstanz gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die
Abweichung vom Erlaubten sei nur gering, sodass keine gewichtigen öffentlichen
Interessen gegen eine Beibehaltung des sexgewerblichen Betriebs sprechen
würden. Demgegenüber würde ihr durch die Aufgabe des jetzigen Standorts ein
erheblicher Schaden drohen, da sie mit dem Verlust des mit der Lokalität
verbundenen Kundenstamms rechnen müsste.

3.2 Die Vorinstanz hat erwogen, es könne dahingestellt bleiben, wann die
Gemeinde von der sexgewerblichen Nutzung der streitbetroffenen Wohnung erfahren
habe, und ob die behördliche Untätigkeit bis zur formellen Bauverweigerung am
14. Dezember 2009 einen Vertrauenstatbestand darstelle, denn selbst bei
langjähriger Duldung des baurechtswidrigen Zustands könne sich die
Bauherrschaft dann nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn sie die
Rechtswidrigkeit bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können, also insofern
bösgläubig gewesen sei. Bei der Umnutzung einer Wohnung in einen Erotikbetrieb
sei das Bewilligungserfordernis ohne Weiteres erkennbar. Dass ein Massagesalon,
in dem sexgewerbliche Dienstleistungen angeboten würden, in baurechtlicher
Hinsicht eine wesentlich andere und immissionsreichere Nutzung darstelle als
eine Wohnung, müsse auch einem baurechtlichen Laien bewusst sein. Im zu
beurteilenden Fall deute zudem nichts auf eine vertrauensbegründende Handlung
oder Zusicherung der Baubehörde gegenüber der Beschwerdeführerin oder deren
Rechtsvorgängerin hin.
Die Vorinstanz hat weiter ausgeführt, die Wiederherstellung sei
verhältnismässig, da die Abweichung vom Erlaubten angesichts des
wirtschaftlichen Interesses der Bauherrschaft nicht geringfügig sei. Ausserdem
könne die jahrelange zonenwidrige Nutzung einer ganzen Wohnung nicht mehr als
geringfügige Abweichung von einer Bauvorschrift betrachtet werden. Hinzu komme,
dass es der Beschwerdeführerin freigestanden wäre, ihr Atelier in einer Zone
einzurichten und bewilligen zu lassen, die eine entsprechende Nutzung zulasse.
Stattdessen habe sie sich für die Übernahme der streitbetroffenen Wohnung
entschieden, ohne sich um die Einholung einer baurechtlichen Bewilligung zu
bemühen. Damit seien die geltend gemachten beträchtlichen Investitionen in das
Atelier selbst verschuldet und bei der Interessenabwägung nicht zu
berücksichtigen. Demgegenüber stelle die Vermeidung ideeller Immissionen ein
berechtigtes öffentliches Interesse dar, welches das wirtschaftliche Interessen
der Beschwerdeführerin im Ergebnis überwiege.

3.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist grosse Zurückhaltung
geboten bei der Deutung einer behördlichen Untätigkeit als Duldung. Aber selbst
wenn Baubehörden durch eine langjährige Duldung eines baurechtswidrigen
Zustands einen Vertrauenstatbestand schaffen, kann sich die betroffene Person
nur dann auf den Vertrauensschutz berufen, wenn sie die Rechtswidrigkeit bei
zumutbarer Sorgfalt nicht hätte erkennen können, also insofern gutgläubig ist (
BGE 111 Ib 213 E. 6a S. 221 ff.; Urteil 1P.768/2000 E. 4c, in: ZBl 103/2002 S.
188 ff.). Wusste die Bauherrschaft um das Bewilligungserfordernis für die
vorgenommene Nutzungsänderung oder hätte sie darum wissen müssen, so ist sie in
ihrem Vertrauen in die behördliche Duldung nicht zu schützen (Urteil 1P.198/
2003 vom 19. August 2003 E. 3.4).
Nach der Rechtsprechung kann sich zwar auch die Bauherrschaft, die nicht
gutgläubig gehandelt hat, gegenüber einem Wiederherstellungsbefehl auf den
Grundsatz der Verhältnismässigkeit berufen. Sie muss aber in Kauf nehmen, dass
die Behörden aus grundsätzlichen Erwägungen, nämlich zum Schutz der
Rechtsgleichheit und der baurechtlichen Ordnung, dem Interesse an der
Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustands erhöhtes Gewicht beilegen und die
der Bauherrschaft allenfalls erwachsenden Nachteile nicht oder nur in
verringertem Masse berücksichtigen. Vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
hält eine Massnahme stand, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Ziels
geeignet und erforderlich ist und das verfolgte Ziel in einem vernünftigen
Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln, d.h. den zu ihrer Verwirklichung
notwendigen Freiheitsbeschränkungen, steht. Ein Wiederherstellungsbefehl
erweist sich dann als unverhältnismässig, wenn die Abweichung vom Gesetz gering
ist und die berührten allgemeinen Interessen den Schaden, der dem Eigentümer
durch die Wiederherstellung entstünde, nicht zu rechtfertigen vermögen (BGE 111
Ib 213).

3.4 Die Beschwerdeführerin kann sich nicht mit Erfolg auf einen
Vertrauenstatbestand berufen. Die pflichtgemässe Sorgfalt walten zu lassen,
hätte bedeutet, sich nicht auf die in keiner Weise belegte Auskunft ihrer
Vorgängerin, wonach die kommunalen Behörden den sexgewerblichen Atelierbetrieb
als zulässig erachteten, zu verlassen, sondern sich bei der Übernahme des
Betriebs bei den Baubehörden nach dem Erfordernis einer Nutzungsbewilligung zu
erkundigen. Dies wäre erst recht geboten gewesen, da die Beschwerdeführerin
gemäss eigenen Angaben mit dem schweizerischen Rechtssystem nicht vertraut ist.
Die Wiederherstellung erweist sich als verhältnismässig. Die Auffassung der
Vorinstanz, die jahrelange zonenwidrige Nutzung einer ganzen Wohnung als
Sexgewerbe könne nicht mehr als geringfügige Abweichung von einer Bauvorschrift
betrachtet werden, verletzt kein Bundesrecht. Wie hoch der wirtschaftliche
Nutzen der Beschwerdeführerin aus dem Betrieb ist, kann insoweit offen bleiben.
Das gewichtige planerische Interessen, in Wohnzonen keine sexgewerblichen
Einrichtungen zuzulassen, überwiegt das betriebswirtschaftliche Interesse der
Beschwerdeführerin an der Weiterführung des sexgewerblichen Ateliers. Dies gilt
im zu beurteilenden Fall umso mehr, als dass mit der Nutzungsänderung keine
baulichen Massnahmen verbunden gewesen sind, weshalb auch keine kostspieligen
baulichen Instandstellungsarbeiten vorgenommen werden müssen. Nicht begründet
erscheint ferner die in diesem Zusammenhang geäusserte Befürchtung der
Beschwerdeführerin, bei einem Umzug ihren Kundenstamm zu verlieren, ist doch
die Adressänderung über den Internetauftritt des Ateliers leicht
kommunizierbar.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Gemeinde, die in ihrem amtlichen
Wirkungskreis obsiegt, hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art.
68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Baubehörde Wangen-Brüttisellen,
dem Baurekursgericht des Kantons Zürich, dem weiteren Beteiligten und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juli 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner